zieh blank cowboy

Stefan_Senn

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"Wow, guck die die mal an, wäre die nicht was für dich?" Charley´s Stimme überschlug sich fast, während er mit einer hastigen Handbewegung, die fast seinen Colabecher umgeschüttet hätte, auf ein ca. 16-jähriges Mädchen in einem engen hellblauen Top mit Sonnenblumenprint und ausgefranster dunkelblauer Schlaghose zeigte. "Vergiss es, Mann, die ist vergeben-1000 Pro!" "Phh, die Standartausrede aller Feiglinge, die Schiss davor haben, sich ein Mädchen aufzureissen, aber mir kann das egal sein, im Gegensatz zu anderen hier am Tisch habe ICH ja eine Freundin!"
Wir saßen, hamburgeressend in einer Filiale einer amerikanischen Schellimbisskette, eigentlich wollten wir uns noch besaufen, aber Charley´s "Atsch Bätsch-Ich habe eine Freundin und du nicht"Attitüde, ging mit jetzt schon auf den Zeiger und liess die Lust auf ein gemeinsames Besäufnis immer mehr schwinden.
"Komm aufstehen, die Nacht ist noch jung!" Charley hatte nun auch seinen Hamburger gegessen und drängte zum Aufbruch. Ich folgte ihm. Draußen angekommen, beschlossen wir, zum Aufwärmen einen Sixer Guiness zu uns zu nehmen, wir statteten also der nächsten Tanke am Weg einen Besuch ab und machten uns auf den Weg zum nahegelegenen Fluss, wo wir eine ruhige Bank erspäht hatten. Wir setzten uns. ich knackte mit meinem Feuerzeug die erste Flasche und liess das Bier durch meine Kehle rinnen. Ah, war das gut. Alkohol-das einzige, was einem depressiven, wenig ansehnlichen Teenager hilft, sein Leben einigermaßen zu ertragen. ich zündete mir eine Chesterfield an und starrte auf den Fluss.
"Sag mal, Kev, wieso reisst du dir nicht einfach eine Tussi auf? Ich verstehe dich nicht, du sitzt immer nur da und jammerst vor dich hin, du redest darüber, wie scheisse die Welt ist, und darüber dass du keinen leiden kannst-Wahrscheinlich kannst du dich nichtmal selbst leiden!"
"That´s it-Ich bin Scheisse, die Frauen sind scheisse und die Welt-hey die ist auch Scheisse!"
Ich knackte die zweite Flasche, mann Charley hatte es einfach, Moralpredigten zu halten, er hatte seine Tussi, seinen Charme und sein gutes Aussehen, was hatte ich? Nun gut-einen Sixer Guiness. Ich hatte gerade die zweite Flasche geleert und machte Anstalten, nach der dritten zu greifen, als sich Charley wieder zu Wort meldete:" Hey hey, mach ma langsam, wir sind keine 10 Minuten hier, du sitzt da, sagst kein Wort, starrst auf den Fluss und hast schon zwei Bier geleert!" "Yeah Bier-das einzige was ich habe, um mich etwas zu betäuben!" Ich setzte die dritte Flasche an. "Sag mal, wieso suchst du dir nicht einfach eine Freundin?" "Guck mich doch an, glaubst du dass mich ein Girl haben will, außerdem habe ich keinen Bock auf ein Mädchen!" "Kein bock auf ein Mädchen?" "Yeah, ich hasse
Frauen!" "Du hasst Frauen? Mann mann, man könnte denken, du seiest schwul!"
"Also echt, schwul bin ich wirklich nicht!" "Woher willst du das wissen-du hasst doch Frauen!"
"Weil ich Männer noch mehr hasse, als Frauen!"
Charley nuckelte immer noch an seiner ersten Flasche herum. "Ich meine, Actio heisst das Zauberwort, hättest du nicht Lust, heute abend nach einem Girl für dich zu suchen?"
Ok er meinte es offensichtlich gut und ich war echt dankbar dass er sich seine ewigen Sticheleien bisher verkniffen hatte. Obwohl ich wusste, dass die Suche erfolglos bleiben würde, willigte ich ein.
"Du kannst doch nicht wirklich glücklich sein mit deinem derzeitigen Lebensstil!" Auweia, jetzt verfiel er wieder in seine Gymnasiasten Wortwahl und meinte, mich therapieren zu müssen-ein paar Unterrichtsstunden Psychologie in der Woche-vom Stoff die Hälfte verstanden und er sah sich als professioneller Seelenklempner und versuchte mir glaubend zu machen, er könnte mir helfen.
"Glücklich? Sag mal, wer ist denn heutzutage schon glücklich??"
"Ich zum Beispiel!"
Hervorragend-1 bis 2 Ficks pro Woche und die Seele schreit hurra-Ist es das wert??
"Aber heute wirst du auch glücklich sein-wir werden sehen wir finden ein girl für dich!" "Hrrmpf!"
Ich stand also auf und folgte Charley wiederwillig in eine Bar, in der es, wie er sagte leicht für mich, ja sogar für mich, mit einer Betonung auf "sogar" werden würde, ein Mädchen aufzureissen. Ich hatte für mich, sollte sich nicht irgendwann noch ein großer Zufall ergeben mit der Welt des Anbaggerns und der subtilen Schmeicheleien abgeschlossen.
Und-ich war verbittert in Bezug auf Mädchen geworden, aber wer wäre das nicht, nach zwei jahren, intensivster Kennenlernversuche, von einer inneren Sehnsucht nach Brüsten und einer zarten weiblichen Seele getrieben.
Ich hatte es versucht-dutzende Male, hunderte Male, in denen ich wie ein Krieger in die Schlacht der Liebe gezogen war, um Momente später das eiskalte Schwert der Ablehnung im Brustkorb zu spüren, meist verbunden mit fadenscheinigen Ausreden. Nur wenige Frauen hatten die Courage, mir die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, nämlich dass einer Beziehung mein unattraktives Äußeres im Weg stand.
Naja um der alten Zeiten willen-starten wir halt noch einen Versuch.
Mittlerweile waren wir fast angelangt, von Ferne sah ich eine blinkende Reklametafel "STARDUST".
"Also ab dafür!" Charley öffnete die Tür und ließ sich auf einen Barhocker fallen, ich tat es ihm nach. "Mann, ist das ´ne Studentenkneipe?" Überall waren die Tische bevölkert von diesen entsetzlich hip aussehenden Mid-Twenties und ihren noch hipperen Kumpels oder Freundinnen. Sie saßen zusammen, redeten über irgendwas Schlaues, in einer lauten Tonlage natürlich, um einem eventuellen zufälligem Ohrenzeugen wissen zu lassen, mit wem man es hier zu tun hatte.
Untermalt wurde dieses Szenario im Moment von "Californication" von den Red Hot Chili Peppers ( ;-) )
Charley winkte dem Barkeeper und bestellte zwei Mo´7.
Ich weiss nicht, wie lange wir schon an der Bar gessesen waren und wieviele Mo´7 wir schon intus hatten, als dieses Mädchen zur Türe hereinkam. Der klassische Typ: Traumfrau, lange braune Locken, dunkle Augen endlos lange Beine, umhüllt von einem tief ausgeschnittenen schwarzen Kleid mit Spaghettiträgern, unter dem sie offensichlich keinen BH trug.Sie schien auch schon etwas angetrunken. Sie winkte dem Barkeeper, bestellte einen Caipininha und setzte sich neben Charley. "Du trinkst Caipirinha? Dieses süße Zeug konnte ich noch nie leiden!" "Hast du ´ne Ahnung Süßer, Caipirinha schmeckt süß, so süß wie das Leben und die Liebe!"
Hervorragend, wie leicht es Charley fiel, mit Mädchen ins Gespräch zu kommen, wieder hatte er mir eindrucksvoll bewiesen, mit welcher Leichtigkeit dies für von optischer Attraktivität gesegneten Zeitgenossen vonstatten ging, sehr gut...
Plötzlich knuffte mir Charley verschwörerisch in die Rippen und zwinkerte mir zu, um Minuten später dem Mädchen zu verkünden, dass er dringendst austreten musste, in dieser Zeit könne sie sich ja mit mir unterhalten.
Ich fühlte mich ob dieser Maßnahme leicht brüskiert, beschloss aber auf den Deal einzusteigen und ein Gespräch mit dem Girl zu beginnen, kurz nachdem Charley verschwunden war.
"Hey, was machst´n du so?" "Trinken, sieht man das nicht! Und du?" "Gar nichts!" "Gar nichts?" "Yeah!" "Und sonst?"
"Hmm ich bin Hobbyschriftsteller!" "Und was schreibst du so?" "Gedichte!" "Gedichte?? Mann mann die alte Masche, wann werdet ihr Kerle endlich lernen, dass die Poetenmasche nicht mehr zieht?" "Aber ich schreibe echt Gedichte!" "Sicher und ich bin Klosterschwester!" "Soll ich dir eins zitieren?" "Hmmm eher nicht, aber OK, solange es keine Spontaninspiration ist, und mir verdeutlichen soll, wie sehr du in mich verliebt bist!"
Ich zitierte ihr ein Gedicht, das ich einmal aus enttäuschter Liebe zu einer Klassenkameradin geschrieben hatte.
"Hey, das ist gut! Und das ist echt von dir?" "Nein, erwischt, es ist in Wirklichkeit ein Songtext von Jürgen Drews.."
"Hey, du bist witzig!" "Yeah bei uns zuhause nennt man das Galgenhumor!" "Genau, sag mal wenn du Gedichte schreibst, dann liest du doch sicher auch gerne?" "Naja manchmal!" "Kennst du Danny Brooks?" "Danny Brooks? Machst du Witze? Zieh blank Cowboy kann ich fast auswendig!" "Auch die Stelle mit dem Blowjob?" "Yeah BESONDERS die Stelle mit dem Blowjob!"
Es war der Himmel, das Elysium, der honigsüße Sündenstrauch, von dessen Früchten zu kosten, ich mich schon immer geseht hatte.
Ich trank mir meine Depressionen, meine Selbstzweifel, ja alles was mich bisher von diesem guten, wilden Leben abgehalten hatte, einfach weg, während ich das unfassbare Glück hatte, ein Gespräch mit diesem bezaubernden Wesen
zu führen.
Wir unterhielten uns und tranken bis spät in die Nacht, bis das Girl meinte:"Du, es war echt super, mit dir zu plaudern, aber jetzt muss ich leider los...sag mal, hättest du nicht Lust, mit mir zu kommen, ich wohn´ hier gleich um die Ecke!"
YES JA JA JA JA (Und so weiter, Setzer, bis die Seite voll ist ;-) )
Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. Die Erfüllung meiner Wünsche, nur noch ein simples Ja entfernt. Ich blickte mich um, nach Charley suchend, und fand ihn an einem Tisch sitzend, mit einem alten Kumpel redend. Er grinste mir zu und hielt einen Daumen in die Höhe.
OK, er würde auch ohne mich den Weg nach Hause finden.
Ich bezahlte also unsere Drinks und machte mich noch schnell auf den Weg zur Toilette. Ich hatte viel getrunken, vielleicht etwas zu viel, dennoch fühlte ich mich unglaublich gut und eine Vorfreude auf etwas, das ich bisher nur vom Hörensagen kannte, kroch in mir hoch.
Pfeifend öffente ich die Türe des Herrenpissoirs, um zu urinieren. Ich hatte die Tür kaum geöffnet, als mir ein ein beißender Schwall eines undefinierbaren ekligen Geruchs in die Nase stieg. Ich spürte eine immer intensiver werdende Übelkeit, der ich mich nur mit Mühe erwehren konnte. Ich erledigte meine Notdurft, mit vermutlich waldmeistergrünen Gesichtsfärbung, heldenhaft den Drang mich übergeben zu müssen unterdrückend. Doch nach dem Betätigen der Spülung wusste ich, dass ich den Kampf verloren hatte. Ich eilte in eine Toilettenkabine, fand nicht einmal mehr die Zeit, hinter mir zuzuschließen und würgte einen Schwall M0´7 in die Kloschüssel und noch einen und noch einen.
Zitternd hockte ich auf den Knien, mir den Mund mit Klopapier abwischend, in Erwartung des nächsten Schwalls, als Charley plötzlich in der Kabine stand. "Scheisse scheisse scheisse..., dein Aufriss ist gerade zur Tür raus-Hey die hättest du echt ficken können!"
Ich schloss die Augen und würgte den nächsten Schwall in die Toilettenschüssel...
 

Deminien

Mitglied
Danke

Hallo Stefan,


die Geschichte liest sich recht entspannt, ab der Hälfte hatte ich die schlimme Befürchtung, es könnte ein Happy End geben. Ich bin froh, daß ich bis zum Ende gelesen habe ;-)


Deminien
 



 
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