zuschauen und darüber hinaus

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verbannt hinter eine fensterscheibe
von meinem atem halb beschlagen
die weiß gekörnten stürme
treiben hundebesitzer mit ihrem haustier
in windschatten bewacht
von toten der vergangenheiten
versuche ich täglich meine ausbrüche
gegen herzversagen betonte vernunft
verlassen gegenwärtige puppenspieler
schräge nebenrollen
versuchen hysterisch
den ernst des lebens
mit ausdauer zu verlachen
ein dunkler drachen flieht
gehetzt von hellgrauen wolken
blassgrün widerstehen
vorm fichtenwald steile winterweiden

sie will ich bald
durch wiesenschaumkraut
herunterrollen
 

Kaleidoskop

Mitglied
Hallo Karl,

teilweise komme ich nicht hinterher, verliere den Anschluß. Die Zeilen sind sehr fragmentiert, die Umbrüche schwierig.

Oder ...
ich bin noch nicht so weit.

lg,
kalei
 
Hallo Kalei,
zugegeben, ich habe relativ wild zusammengefügt. Aber ich denke, wenn du es langsam liest, wirst du ein Lyr-Ich erkennen, dass aus dem Fenster seine Welt beobachtet und von alten Geistern verfolgt, auf wärmere Jahreszeiten wartet.
Danke für deinen ehrlichen Kommentar.
Gruß
Karl
 
M

Marc Leistner

Gast
Lieber Karl,

Dein Gedicht schenkte mir einen vorzüglichen Nachgeschmack.
Will sagen- beim ersten Mal verbarg es mir noch seine edle Note :)

Es ist wunderbar, wenn sich ein Geheimnis nicht zu billig lüftet. Deine Bilder hinterlassen Eindruck und sind gut gewählt.

LG und eine 8
Marc
 
Hallo Karl,
dein Gedicht hat mich wieder einmal vor ein großes Rätsel gestellt.
Ich habe es für mich mal hingebogen.
Liege ich da in etwa richtig?
Gruß
Marie-Luise

Hinter einer,
von meinem Atem beschlagenen Fensterscheibe
verbannt,
schaue ich den weiß gekörnten Stürmen zu,
die einige Hundebesitzer mit ihrem Haustier
vor sich her treiben.
Von Toten der Vergangenheit (im Windschatten)
bewacht,
versuche ich täglich meine Ausbrüche
gegen Herzversagen, betonte Vernunft,
schräge Nebenrollen,
gegenwärtige Puppenspieler
hysterisch den Ernst des Lebens
mit Ausdauer zu verlachen.

Ein dunkler Drache flieht,
gehetzt von hellgrauen Wolken-
Blassgrün und steil die Wiesen vor dem Fichtenwald.

Sie will ich bald
durch Schaumkraut
herunterrollen

Ps. Bei Winterweiden habe ich an Bäume gedacht und überlegte,
warum will er die durch Wiesenschaumkraut herunterrollen will.
 
Liebe Marie-Luise,
ja, so ist der Text gemeint.
Die steilen winterweiden sind allerdings Winterwiesen...
Lieben Dank für deine Mühe
und herzliche Grüße
Karl
 
G

gitano

Gast
Lieber Karl!
Ich finde hier wieder die wunderbare Sichtweise des erkundenden Blickes in dem die nach außengerichtete Wahrnehmung Fragen im Inneren ankickt...

Es ist mit Sicherheit eines der schwierigsten Unterfangen des Lebens, für sich selbst eine Ethik zu finden, die tauglich für Orientierung ist...Sich zerfleischen ist ein Risiko, sich selbst und anderer Nöte zu vernachlässigen auch...das individuelle birgt auch das Risiko der Isolation...usw.

Die nichtstatische Balance zwischen Allem mag eine heroische Sehnsucht sein...aber für ein Menschenleben und seine Natur vielleicht etwas viel....denn ist es Aufgabe, bedeutet höchste Bemühung...manche sagen Kasteiung...


aber die Sehnsucht bleibt...weil wir erkennen können.

Nach einigen etwas anders gearteten Texten von Dir erkenne ich hier wieder deutlicher Deine Handschrift :) das ist schön! Soll Dich aber nicht darin bestärken darauf hocken zu bleiben. Mir haben Deine andersartigen Texte (Dezember) imponiert...auch weil ich dachte: sieh an, er versucht etwas Anderes...

Liebe Grüße zu Dir
gitano
 
M

Moony

Gast
Gute Lyrik wie diese hier ist kein Rätsel, sondern was Anspruchsvolles, das vom Leser Zuwendung verlangt. Man kann es auch Einfühlung nennen. Sehr gut gelungen!

Einziges Kritikpünktchen: die
in windschatten bewacht
von toten der vergangenheiten
versuche ich
sind ein bisschen zuviel des Guten. Ich würd den Pleonasmus vermeiden und nur sagen:
in windschatten bewacht
von den vergangenheiten
versuche ich ...
das reichte, um schön zum Ausdruck zu bringen, dass die Puppenspieler ihre Faxen vergeblich machen.

lg

Moony
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Karl,

was mich hier besonders anspricht, ist der versöhnliche Schluss. Zeigt er doch eindrucksvoll, dass wir Lyriker nicht nur rettungslos verlorene Jammerlappen sind, sondern durchaus einen positiven Blick auf die Zukunft werfen.

Liebe Grüße
Manfred
 

revilo

Mitglied
..gibt es denn noch ein Happy-End für Deinen Protagonisten????
.........oder wartet er einfach nur ab???.......ein wirklich schöner Text.........
LG revilo
 
A

AchterZwerg

Gast
Siehste, Karl,
Gitano sind deine gelegentlichen Neuorientierungsversuche auch nicht entgangen. ;):)
In diesem Werk vereint sich für mich beides: Es trägt ganz deutlich deine Handschrift, ohne jedoch in den üblichen Textbausteinen zu verharren.
Ein Genuss & eine kluge Herausforderung zugleich.
Ach, wenn wir dich nicht hätten ... *soifz.
Heidrun
 



 
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