Liebeserklärung

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Liebeserklärung

Du bist es, die ich meine, du stattliche,
imposante Frau, mit Augen die alles sahen
und Händen die so flink die Teller spülten
das mir beim Zuschauen schwindelig wurde.
Wir waren arm, aber deine Töpfe immer gefüllt.
Deine kreative Kochkunst, schmeckte oft seltsam,
aber wir wurden satt, besonders dann wenn es Puddingtorte gab.

In der Weihnachtszeit lehrtest du uns gern singen,
doch schiefe Töne waren dir bis aufs Blut verhasst.
das Christkind hat niemals darüber gemeckert. Aber du,
die in Windeseile alle unsere Probleme zu lösen bereit war,
spontan auch mit einer deftigen Ohrfeige,
die dann eventuell das falsche Kind traf.

Es machte dir nichts aus dich zu entschuldigen.
Du hattest zwei wundervolle Riesenbusen,
an denen konnten wir wieder Herzlichkeit tanken.
Und wenn du lachtest, dann lachte dein Bauch und
dein Gesäß auch. Meine Arme waren viel zu kurz
um dir zu zeigen wie lieb ich dich hatte.

Kleine Frau, du bist es, die ich meine,
die ich heute Früh nicht mehr zu erkennen glaubte.
Verkörpertest doch einst, „meinen Fels in der Brandung.“

Lange habe ich dich nicht angerufen,
dich noch viel länger nicht gesehen.
Die Zeit hat keine Beine, trotzdem sie rennt fort.
Manchmal möchte ich laut Stopp rufen,
sie anhalten, ums Verweilen bitten.

Nimm bitte meine Hand.

Kleine Frau, mehr und mehr gleicht dein Gesicht
dem Plissee’ - Rock den du heute trägst.
Dein ergrautes Haar will sich immer noch wild locken.
Deine einst stechend gelb-grünen Katzenaugen
tragen den weißlichen Schleier des Alters.
Um deinen Mund ranken wehmütige Züge,
die verraten, das auch du an die große Reise denkst.

Doch noch wirkt dein Mund unerschöpflich fidel,
wenn du wieder einmal einen Witz erzählst
und wir alle voller Frohmut lachen.
Ist es wirklich nur der Witz oder ist es
die bewusste Freude das wir dich noch
bei uns haben dürfen. Ich beuge mich nieder
und drücke dir einen Kuss auf deine Stirn.

Ganz leise, fast verstohlen flüstere ich dir zu,
was ich dir schon vor langer Zeit hätte sagen sollen:


Du bist als Vergissmeinnicht
in mein Hirn gepflanzt,
Als bunte Vielfalt blühst
du auf meiner Sommerterrasse.
In meinen Gedanken versprühst
du die Würze eines Kräuterbeetes.
Meine Seele streichelst du wie
die Weidekätzchen in unserem Garten.

Lass mich einst an deiner Ruhestätte
ein Rosenstock sein, dessen Duft
an deinen Atem erinnert...“

Heike
 

ENachtigall

Mitglied
Liebe Heike,

ein sehr warmes und persönliches Bild zeichnest Du hier von einer "großen, mütterlichen, alten Dame". Wäre ich "sie", wäre ich sehr gerührt davon, wenngleich ich vermute,
Um deinen Mund ranken wehmütige Züge,
die verraten, das auch du an die große Reise denkst.
dass die wehmütigen Züge eher daher rühren, dass der einst so redseelige Mund heute nicht mehr die gewohnten Zuhörer findet, oder schlicht dem Zahn der Zeit standzuhalten nicht mehr gewachsen ist.

Liebe Grüße
Elke
 
Liebe Elke,

von deiner vermutung im zweiten absatz stimmt von beidem etwas. besagte dame erhofft nächstes jahr ihr "achzigstes" feiern zu dürfen, spricht dies aber mit der einschränkung, "wenn ich es noch erlebe", aus. Jetzt Im KKH. wurde festgestellt, das der zahn der zeit noch deutlich mehr an ihr nagt als alle um sie herum wahrhaben wollten.
ein pflegeantrag läuft.

aber, lach, die dame ist immer noch eitel genug um sich ein wenig über das plissee im gesicht zu ärgern ( sie hat dort in wahrheit nicht viel davon, ich wollte aber im gedicht die aussage damit verstärken).

zum stil selbst hatte ich angst das er zu schlicht ist und garnicht wahrgenommen würde. Nun danke ich dir das du mir diesen com. geschrieben hast, ich fühle mich ermutigt und erfreut.
besonders da ich mehr dazu übergehe einfach, klar und deutlich zu schreiben ohne das man hirnwindungen bekommt. was ja in der lupe zeitweilig als modern erscheint.

freundlichst heike
 



 
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