Freundlicher Dichterleser!

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Willibald

Mitglied
An
den freundlichen Dichterleser
dieser Zeilen

Schlange und Kröte und Maus
sowie Flöhe solln fliehen Dein Feld.
Ich wünsch Dir den Teich voller Fische
und heilsames Wasser dazu.

In Deinem Garten ein Hahn,
soll die zweimal fünf Weibchen
begatten. Es bleibe von deinem
Heim die surrende Fliege ganz fern.

Der Frosch, geschwätzig und groß,
der halte sein Maul, denn dann schenkt
bei Tag und auch bei der Nacht
Dein Landgut die nötige Ruh.

Ähem:
Die schwärzliche Winters-Nacht
mischt Du am besten, hörst du,
mit weißem, köstlichem Wein.
Und trinkst Du, so denke an mich!

Und ja:
ein lyrischer Faun,
wohl aus Apollos Gefolge,
der reiche Dir Griffel
und Stift und streichle
gar sanft Dir die Stirn -

Du weißt ja:
den Schreiber belebt´s,
wenn eine Antwort er liest.​
 

GabiSils

Mitglied
Lieber Willibald,

so will ich dir denn freundliche Worte spenden; dies ist ein gar schönes Gedicht mit endlich einmal wirklich nützlichen Segenswünschen :)

Gruß,
Gabi
 

Willibald

Mitglied
Dear GabiSils


In Deines Hauses Gehege,
die Nachtigall niste sich ein,
dass sie altes Geschluchz
und ihre Lieder dort führt!

Der leise murmelnde Bach,
schenk Dir besänftigend Schlaf.
Den Boden trächtig mit Gold
von Liedern halt er Dir feucht.

Es schenke Dir Jahr für Jahr
die Erde Obst an den Bäumen.
Und kristallklar sprudle der Quell,
der Deine Sinne erhell.

salute
 

sekers

Mitglied
alter-naiv

Da kommt eine gar schauerliche Vogelscheuche ins Land gezogen. Der Begriff Vogelscheuche beschreibt dieses Wesen, besser Unwesen, nur ungenau. Phänomenologisch scheint er halbwegs angemessen: auf dem hageren Körper baumelt ein besenstielbreiter Kopf, viel zu schmal für ein ordentliches Gesicht, daher ohne Mund, Platz nur für die Andeutung eines einzelnen Auges und einer - allerdings vollständigen – Nase, welche rhythmisch (3/4 Takt) ihre Flügel bläht. Die Ohren, besser die äußeren Gehörgänge, sind als seitliche Bohrlöcher markiert, die Haare, könnten aus dem Gerätefonds einer abgetakelten Cheerleaderin stammen. Ferner stehen zwei Stecken aus dem Leib, die vor der absonderlichen Gestalt meterhohe Kreise in der Luft zeichnen und dabei ein unheimliches Sausen generieren. Beinäquivalente sind nicht auszumachen, die Fortbewegung erfolgt durch ruckartiges Aus- und Einziehen eines Stahlstampfers, quasi Presslufthammerbasis. Dabei wird die Gestalt nach oben und vorne geworfen, um danach mit gewaltigem Getöse zu landen.
Funktionell allerdings ist der Begriff „Vogelscheuche“ eine einzige Untertreibung, es fliehen nicht nur die meisten Vögel, sondern anderes Getier, darunter Schlange, Kröte und Maus. Obwohl die Schlange normalerweise weder mit Kröten noch mit Mäusen lange Diskussionen zu führen pflegt, hält sie sich diesmal mit dem Zuschnappen, Vergiften und Verschlucken gar artig zurück und zischelt sogar etwas von, wenn sie das überlebte dann würde sie nie wieder die armen nützlichen Tiere belästigen. Sie beweist in dieser schweren Stunde somit ein schlechtes Gewissen und dieser Umstand wird später ein oft zitiertes Highlight der vergleichenden Verhaltensforschung werden.
Der Tierexodus ist fast vollständig. Nur die Fische müssen in den Weihern ausharren. Wie immer hörte niemand ihr Schreien.
Das Hühnervolk zeigt ein paradoxes Verhalten auf die heranstampfende Gefahr. Die Weibchen, mehr all neun an Zahl, erinnern sich, sei es, weil sie kurz zuvor eine große Zahl gebundener Blumen gesehen haben, sei es, weil über das Radio im Bauernhaus liebliche Walzerweisen gesendet worden sind, an ihren großen Verwandten, und fangen wie besessen an, die Köpfe in den Sand zu stecken. Wobei der Ausdruck besessen auch nicht ganz stimmig scheint, stemmen sie doch dabei die Pürzel was weiß ich wie in die Höhe. Der Hahn wird zum Opfer eines bisher noch nie beobachteten Gemischs von Vogelscheuchen-bedingten Stress- und durch Pürzel-in-die-Höh-Sehens-induzierten Sexualhormonen und packt die gesamte Vogelschar, wie die Hennen später aussagen werden, unbeschreiblich, mit Rücksicht auf die, die es wirklich wissen, erspare ich mir hier also weitere Einzelheiten.
Der schwerhörige und fast blinde Frosch schließt sein weit geöffnetes Maul ansatzlos. Trotz seiner Behinderung dürfte es ihm gedämmert sein, dass der Stahlstampferfuß, nur wenige Zentimeter entfernt von seiner großen Zehe gelandet ist. Einer Fliege, die darauf vertraut, dass die Klappe sich erst nach Abgeben eines unüberhörbaren Warn-Tons schlösse, wie immer halt, wurde diese Plötzlichkeit zum Schicksal und ihrem Leben zum Ende.
Hermann, der Bauer, kann seinen Augen nicht glauben. Solche Ungetüme, die in unerhörter und dabei doch so ohrenbetäubender Weise über seine Äcker springen, gehörten doch in ein schlechtes Kino. Seine bis dahin labile Trunksucht verfestigt sich in diesem Moment, er greift, endgültig zur Flasche und trinkt bis in die frühen Morgenstunden, wobei er mit seinem bodenständigen Akzent „Will I? Bald? Bald will I“ vor sich herlallt. Drüben, auf der Erde freut sich jetzt jemand, ganz spontan.
Ach ja, die Erscheinung stellt sich später als ein Teil einer Rakete, Apollo 25, heraus, die sie zu uns auf den Mars geschickt haben. Ich suche nach einem Schweißtuch, um mir die Stirn zu trocknen. Sollte ich einmal mit solchen Erscheinungen konfrontiert werden, höre ich mit dem - oder heißt es mit den? - Internetten auf.
 

Willibald

Mitglied
Na, Du wackerer Marsianer und Dichter des Pantagruel, dann probieren wir halt im Spiel den Sechsheber und versuchen den Mund Dir wässrig zu machen mit Daktylen und auch Tröchäen, wie es das freie Gesetz wohl gebeut:

Wenn Du dich mal ins Geheg des grünen Gartens gesetzt hast
unter die Bäume mit Obst, die mit laubreichem Wipfel beschattet
und in der hohlen Hand du die flaumigen Pfirsiche rollst,
grimmiger Meister, ach, dann bedenke der Versfüße Schreiten
Und pflücke die Rosen im Krieg, brich freudige Lilien im Frieden.
Hoc pater, hoc natus, hoc spiritus annuat almus!​

Und nun ein "Gratias ago" für den mächtigen Text aus der Etho-, Ethno- und Anthropo- und Poetologie, über den sich drüben, nein drunten auf der Erde ganz spontan freut:

Will I am
(dulcis sapor est in ore/vini constat ex sapore/laetitia)
 

Willibald

Mitglied
Im Gargantua- und Pantagruel-Ton weiter:

Während nun unser Gedicht, ein Segenswunsch lauter und hehr
im forum schon wird verlesen, stellt sich die Vogelscheuch ein:

Ein Gräuel, grausige Pest, ein gräßlicher Teufel, ein Scheusal.
Zankseuche, wildes Stück, luftgefülltes Biest, ruchloses Etwas.

Den Weisen ein Widerborst und jedem Wackren absurd.
Die Hände sind ihm krumm, gebeugt ist ein wenig der Nacken,
Mit eiligen Gesten bedräut er bald diese, bald jene,
Bald Seufzer ausstoßend, bald wildes Geschimpf.

Und dieser tolle Gast ereifert sich hitzig im Schelten.
Er wisse, so glaubt er recht laut, alles, was er nicht weiß.
 

sekers

Mitglied
Von Sonn und Welten, steil das Auge richtet sich nach oben,
Und alsgleich zurück das vorlaut Getue wird beschämt dann genommen
Da kann er absolut gar nichts nur sagen, der sternene Bruder.
Schier unmöglich, so fährt er fort, beherzteren Tons wiederum
Wär es den langbeinigen Zikaden, die Zahl der Lichter
Am schwarzen Firmament auch beiläufig nur zu erfassen.
Was sollt er dann das himmlische Erkennen tiefsten Seins
Hier unten zu verbreiten auch versuchen nur. Wiewohl die Weisen,
Gar angestrengt alsbald die Schädel wiegten als wollten sie
Den Rhythmus fernen Wissens, wie bei den Clubbings oft geübt,
In liebliche Bewegung übersetzen und begreifen.
Die Vogelscheuch ließ aber weiter nicht mehr mit sich reden
Auf dem Gebiet und hub an, Rezepte vorzutragen,
Wie man die Schlange auf ein Spießlein brächte, und Maus und Kröte,
Als Zuspeis gleichsam in die Pfanne gäbe. Mit Feuer
All zusammen sie wärmte, grillte, schmorte, briete,
Mit Kräuterlein, die fein zerstoben noch am Stahlfuß klebten,
Das Etwas das gewisse an die Kochstell holte
(Und Jamie, Weiser selbst der kulinarischen Klasse,
hub tief den Atem um dann doch in Ehrfurcht zu verstummen.)
Und groß war das Fest. Gepriesen ward die Nouvelle Cuisine,
Und Bruderschaft geschlossen zwischen all den ungleichen TeilnehmerInnen.
Leicht besoffen schon musste das fremdartige Wesen, auf Ehr und Gewissen,
Versprechen, das Geheimnis der Welt zu wahren und so tun als ob
Eine technische Panne geschehen, und unscharfe Bilder nur senden
An die, welche gehofft hatten auf eine neue, unerschlossene, auf eine bessere Welt.
 

Willibald

Mitglied
Allerdings gab es da einen, Wibod mit Namen, ein gliedergewaltiger Recke.
Er schüttelt den feisten Kopf dreimal, ja viermal dazu,
finster schaut er drein und droht mit blicken und worten,
schleudert Drohung auf den, der da unten doch ferne verweilt.
Steht dann auf in der Gruppe, geht mit krummen Schritten zum Sender.
Und es schwebt seiner Brust voraus der geschwollene Schmerbauch.
Sein Gang gleicht dem Vulkans, die Stimme Jupiters Stimme:
 

sekers

Mitglied
Wehe der Pflanze, die von meiner Hand aus dem Torfe gerissen!
Weh dem Getier, das fliehend mit eisernem Speer ich durchbohrte!
Wehe der Fresse, die meine Faust hat einmal erspüret!
Wehe der Rüstung, die von meinem Leibe einmal berühret
Wie Pappe sich faltet, wenn Rainung, der Regengott, Wasser drauf strahlet!
Wehe der Meldung, wenn wagen sie sollte, durch Äther und Lüfte
Quer durch das Weltall, von Schüsseln aus Weichblech zuletzt fokussieret,
Endlich entschlüsselt durch Kraft der Computer Kunde tut von dem
Hiesigen Leben. Wibod verbietet jetzt weiteres Fummeln!
Knöpfe und Schalter, Tasten und Hebel verbleibt unberühret!
 

Willibald

Mitglied
Der Kämmerer Thyris steht stets bereit, den Ärger zu lockern.
Tüchtig und flink mit dem Fuß, auch mit dem Herzen, der Hand.
In der Mitter der Gruppe steht er, ein unverdrossener Kahlkopf.
Alles betreibt er klug, alles mit ehrfurcht zugleich.
Stark als Gelehrter ist er und ein klangreicher dichter dazu.
Mächtig im Denken ist er, lockert mit lieblichem Scherz die Fesseln des Rhythmus im Vers.
Früchte trägt er im Korb, Weisheit in seinem Herzen und honigseim auf seiner Zunge.
Doch nun rüstet Pfeile, bestimmt für des Dickwansts Verderben:
 

sekers

Mitglied
Ach Fettbauch macht dich doch nur wieder wichtig,
Und stör das interplanetare Spiel,
Gehörst doch auf den krummen Besenstiel,
gesetzt und fort geschossen unnachsichtig.
Wie Hexen es uns zeigen in der Blocksnacht,
wenn manche ungeliebte Freundin fort
ganz plötzlich, und an weit entferntem Ort
mit fremdem Mann im Arm bestücket aufwacht.
Doch darf ich mich zu sehr nicht echauffieren,
denn Wibold hat mir, Thyris, allzu oft gedroht,
gar grausig Händel einst er mir entbot.
Drum sollt ich Contenance nur nicht verlieren.
Ich werde in den Korb nach Früchten greifen
Bananenschalen seid zu Diensten mir.
Er rutsch' drauf aus, und fall grad aufs Visier.
Freund Hermann soll ihn dann weit weg bloß schleifen.
 

Willibald

Mitglied
Zum königlichen Mal gebeten setzet man sich jetzt,
Vater sekers hebet die Hand und spricht nun Worte des Danks.
Flößt mit der Hand und dem Mund gern dann die
Speisen sich ein.
Und dass er besser dozier, die Stimme ihm besser erschalle,
benetzt er die Schächte der Brust.

Dicken Brei gibt es nicht, nicht Klumpen von Milchquark wie üblich.
Heut ist die Tafel vielmehr von würzigem Essen gefüllt.
Und auf die tische verteilt sind die Gänge, die köstlichen speisen.
Man isst, man trinket den Wein, stehend und sitzend zugleich.
Auch Wibod, der gliedergewaltige Recke, sitzet in Frieden,
bei Bruder Willibald, Aug in Auge, Hand und Sinn und Fuß.

Ja da herrscht Freude und Theodolfs Lieder erklingen.
Man liebt sie, man schätzt sie, ergetzen sie doch das Gemüt:
(Puh, muss jetzt nach München fahren, bin also etwas außer Gefecht)
 

sekers

Mitglied
Tarallala, tarallala ist das ein gutes Schmausen!
Tarallala, tarallala so schenkt doch noch mehr Wein!
O Gärtnerinnen fühlt euch frei!
Folgt euren jungen Trieben!
Verfallt keiner Bauchpinselei!
Und wenn dann soll die Farb’ dabei -
Vom Sepp sein abgerieben!
Tarallala, tarallala, tarallalallala
O Tänzerinnen fühlt Euch frei!
Zieht an heut das Hellrote!
Verknotet Eure Körper zart!
Und gebt dem Partner ganz apart -
Zurück die Hasenpfote!
Tarallala, tarallala, tarallalallala

(sekers bedankt sich bei Willibald mit marsianischem Handschlag)
 

Willibald

Mitglied
(Und Willibald schüttelt Sekers die Hand, herzliche Worte begleiten diese Geste .....)

Die dicke Spinne bleibe
von Deinem Hause recht fern.
Ihr Gewebe soll vor dem Tor
dem Freunde nicht hinderlich sein.

Das Gewebe der Texte jedoch,
die Du in Fülle so spinnst,
es möge weiden mein Aug
und glätten die Stirn, wo es not.

Aus Silber fürwahr ein Krug
soll uns den Mischtrunk kredenzen,
der uns das Dunkel erhellt,
das mit dem Feber so kömmt.

Weiche Feder im Bett ,
sie erfrische die müden Glieder.
Der poetische Vers strahle ab
die lächelnde Wärme des Lenz.

Wisse, Du Leser, des Liedes:
Wem Fortuna dies alles schenkt,
dem kann sie nichts Besseres schenken.
Gegrüßet seiest Du von

Sekers samt Willibald​
 

Willibald

Mitglied
[red]Hua,[/red]
[blue]dear lectores,[/blue]
[red]kommet zuhauf,
Psalter [/red][blue]und Harfe wacht auf,[/blue]
[red]lasset die Verse doch hören ...[/red]
 



 
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