Nachtfahrt

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Arcos

Mitglied
Laternen zerschneiden die Dunkelheit.

Das Kind will nicht mehr,
doch die Mutter stopft die Flasche
noch tiefer in seinen Mund,
während sie auf das Handy schaut.
Die Milch zeichnet einen Streifen
auf die Wange des Säuglings,
bis zu seinem Ohr.
Tropfendes Weiß.

Neben der Frau sitzt ein Tätowierter.
Totenköpfe lachen auf seiner Haut.
Manche haben Zigaretten zwischen den Zähnen
und manche einen Riss in der Stirn.
Das Sterben ist verherrlicht.
Der Schluss bringt den Segen.
Wir sind befreit.

An der nächsten Haltestelle
steige ich aus,
lasse manche Gedanken zurück.
Sie fahren weiter,
bis der Nebel alles verschluckt.

Ein Mann begrüßt mich
mit verzerrtem Lächeln,
will mir eine Weinflasche reichen.
„Hier nimm ein Schluck, für die Rosabrille“,
krächzt seine Stimme.
Der Atem ist eine Mischung
aus Rauch und Alkohol und Fäulnis.
In seinen Augen wohnt die Nacht.
Ich schüttle den Kopf.

Meine Schritte hallen
an den Häuserwänden.
Stille legt die leisen Geräusche frei
und die Krallen der Kälte
bohren sich ins Gesicht.

Ich ziehe den Reißverschluss.
 



 
Oben Unten