tödlich ohne waffen

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wiesner

Mitglied
tödlich ohne waffen


wenn die gepflegten quälereien
in schwarzstinkenden kellern
die lustigen waffendeals
mit blutgrüner unterschrift
die heiteren stilllegungen
von lauter bunten pillen
all diese werten werte
nicht schon genug wären
sie sind nicht genug
wie wärs mit einem
todleben als kultur
tot bittschön wie ewig

dann knöpfen wir uns mal
die kultur vor
denn wohin das auge schaut
kultur nichts als kultur
zurechtkulturte fremdkultur
zum kulturtun
als ob wir was sind
was wir nicht sind
dort empörungskultur hin
hier erregende eigenkultur her
fickfressfolterkultur
unterhaltungskultur
wir stecken uns die kultur
sonstwo rein

und fummeln wir fröhlich
an der kultur herum
weil wir uns so gerne
klugkulturen wollen
dass es nur so kulturkracht
fitten wir uns out
zum kultivierten palaver
denn kultur muss sein
erzogen haben wir das ja
nicht ohne grund
aus unsern werten
diesen alten wiederwerten
also los kanonenonisch

im keller
im krankenhaus
im kabinett
im krieg
im kaputtsein
 
Zuletzt bearbeitet:

petrasmiles

Mitglied
Sehr kraftvoll, sublimierte Wut.
So etwas fiele mir nicht ein, ich werde einfach nicht wütend genug ... und trauere gleich.
Dein Text gefällt mir außerordentlich!

Liebe Grüße
Petra
 

wiesner

Mitglied
danke Petra

so wütend bin ich gar nicht, eher traurig (wie du)
wir haben uns verlaufen und wissen nicht mehr wohin mit uns
vielleicht ist es das ...

gruß
wiesner
 

Mimi

Mitglied
Die erste Strophe ist für meinen Geschmack mit Adjektiven übersättigt ... das Gedicht hat das gar nicht nötig ... es ist auch so ausdrucksstark.

Ich habe es gerne gelesen!

Gruß
Mimi
 

wiesner

Mitglied
das adjektivische draufgängertum, die begriffsvariablen zum wortzentrum 'kultur' und schließlich das kanonische als ironische übersteuerung - diese linie wollte ich möglichst fließend und in sich stabil vortragen
vielleicht sind die gewichtungen ein wenig ungleich verteilt

deutlich sollte aber der standpunkt des autors sichtbar werden
von verrätselungen und den daraus sich ergebenen fehlsichtungen wollte ich unbedingt abstand halten

danke Mimi den freundlichen besuch

gruß
wiesner
 



 
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