Das Summen

AngeloS.

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Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Das Metall war kalt. Fest umschlossen drückte er die Klinke runter, unsicher, was er vorfinden würde. Mit einem Ruck öffnete er die alte Tür und sah sich um. Ein muffiger Duft durchzog den Raum. Der Staub wirbelte umher, füllte den Raum mit kleinen Partikeln, sodass es schien, als sei der Raum lebendig. Das wenige Licht, das durch die Beschädigungen der am Fenster befestigten Bretter in den Raum gelangte, offenbarte das Innere des Raumes. Den Blick zum Boden richtend bemerkte er einen kleinen Riss im Holz, der sein Interesse zutiefst erregte und ihm automatisch anzog, als sei es vorbestimmt gewesen.

Er kniete sich hin, wobei er Mühe hatte, nicht umzukippen. Die Anspannung, gemischt mit dem niedrigen Sauerstoffgehalt, wirkte stark auf seinen Kreislauf. Die Hand glitt in den Spalt, und für einen kurzen Moment machten sich Sorgen in ihm breit. War er bereit? Konnte er den Träumen solchen Glauben schenken? Wieso war sein Drang so groß, das Geheimnis zu lüften? Doch er war hier, und seine Neugierde war zu groß.

Mit einem Ruck zog er das Brett hoch, und es löste sich leichter als erwartet. Das alte Holz legte er beiseite und nahm sein Handy hervor. Schnell schaltete er es ein, öffnete die Taschenlampenfunktion und machte deutlich, was im Verborgenen lag. Eine kleine Holzkiste, deutlich in die Jahre gekommen, aber von unfassbarer Schönheit. Nicht von der glänzenden oder wertvollen Sorte, sondern das Gesamtbild mit den kleinen Details und der sauberen Verarbeitung ließen diesen kleinen Gegenstand erstrahlen.

Er packte sie ein, zog seinen Rucksack vorsichtig an und verließ den Raum.

Gegen Abend kam er zuhause an. Ein Gefühl der Geborgenheit und der Wärme machte sich in ihm breit. Das Gewohnte erfüllte ihn mit Sicherheit und Ruhe. Er schloss sein Auto ab und schritt Richtung Haustüre, um sich endlich der Kiste zu widmen. An seinem Küchentisch angekommen, nahm er die Kiste vorsichtig aus seinem Rucksack und legte sie auf die Tischplatte, um sie erneut zu betrachten. In dem lichtdurchfluteten Raum wirkte sie noch schöner, löste jedoch etwas in ihm aus.

Hier in seinem Reich nahm sie die Gestalt eines Fremdkörpers an. Dies war kein neues Gefühl für ihn, da er alles in seiner Wohnung bestens kannte und Zeit brauchte, bis er sich an neue Gegenstände oder Menschen gewöhnt hatte. Aber bei dieser Kiste war es intensiver als sonst. Vielleicht, weil er sie nicht besaß, sie nie jemandem wirklich gehörte, dieser Gegenstand keinen Preis hatte.

Irritiert, aber entschlossen, öffnete er den Deckel. Seine Hände schwitzten, und sein Puls beschleunigte sich. Sein voller Fokus lag auf dem, was sich in der Kiste befand.

Leere...

Eine Weile starrte er hinein. Dann schoss Wut in ihm empor. War er wirklich einen halben Tag lang gereist und hatte sich gefreut auf ... Nichts? War er also doch einer Spur ins Leere gefolgt? Seine Träume waren so klar, und seine Hoffnung auf deren Wahrheit enorm. Und nun blickte er in die ernüchternde Leere.

Er ging gedankenversunken zu seinem Sessel und ließ sich hineinfallen. Erst jetzt bemerkte er, wie müde er eigentlich war. Nachdem er noch eine Weile dort saß und sich seiner Enttäuschung hingegeben hatte, entschied er sich schlafen zu gehen.

Er brauchte nicht lange, und er verlor das Bewusstsein, während er langsam in den Schlaf glitt.

In der Dunkelheit regte sich etwas. Ein Mann, bedeckt mit grauer Kleidung, schritt langsam hinter der Tür hervor, eine Tür, die er so oft schon gesehen hatte. Der Mann lief durch ihn hindurch, in seinen Händen ein Gegenstand, bedeckt durch ein schwarzes Tuch. Der Mann legte den Gegenstand in ein Loch im Boden, doch er konnte nicht sehen, um was es sich handelte, da der Rücken des Mannes die Sicht versperrte. Nachdem der Gegenstand verstaut war, ging der Mann aus dem Raum heraus, erneut durch ihn hindurch. Neugierde stieg in ihm empor, und er versuchte sich dem Loch zu nähern oder dem Mann hinterherzurufen, doch er konnte sich weder bewegen noch sprechen.

Dann ertönte eine tiefe Stimme, die er nicht zuordnen konnte. Sie klang, als komme sie direkt aus seinem Inneren. Eine Abfolge von Koordinaten ... wieder und wieder... Stille für einen Moment. Plötzlich erfüllte ihn ein Gefühl der puren Angst. Sie drang in ihm durch jede Zelle seines Körpers, erfüllte ihn, nahm den Platz ein, an dessen Stelle man die Seele vermuten würde. Im Anschluss nur Taubheit. Er atmete schwer, und seine Glieder zuckten unkontrolliert. Es war, als sei etwas sehr Mächtiges durch ihn gefahren. Sein Blick richtete sich auf das Loch im Boden...

Er fuhr hoch, sein Bett durchnässt mit Schweiß. Sein Körper war taub, und er atmete schwer.

"Schon wieder dieser Traum," dachte er, während er nach seinem Lichtschalter tastete. Er hatte doch das Rätsel gelöst, war den Koordinaten gefolgt und hatte eine Kiste gefunden, die nichts als Leere enthielt. Er stand auf und torkelte ins Badezimmer, um sich das Gesicht vom Schweiß zu waschen. Das kalte Wasser brachte ihn zurück in die Realität, und er bemerkte erst jetzt dieses anhaltende Summen. Sein Ohr ausrichtend, versuchte er des Summens Ursache zu finden.

Ein Fuß nach dem anderen tastete er sich langsam in Richtung der Treppe, die in sein Wohnzimmer im Erdgeschoss führte. Seine ganze Aufmer

ksamkeit lag auf dem Geräusch, das immer lauter zu werden schien. Am Treppengeländer blickte er nach unten und sah eine Bewegung. Nun waren alle seine Sinne aktiv, und er spürte das Adrenalin in seinem Körper. Er überlegte kurz, sich auf sich aufmerksam zu machen, um den ungebetenen Gast zu vertreiben, doch das Summen hielt ihn zurück.

"Wer auch immer dort unten ist, erzeugt ein Geräusch und macht somit auf sich aufmerksam. Ziemlich untypisch für einen Einbrecher," dachte er. Er ging kurz seine Optionen durch, doch zwei Situationen schienen ihm am sinnvollsten. Entweder er versteckt sich und hofft, unentdeckt zu bleiben, oder er stellt sich der Situation und riskiert sein Leben. Letzteres war zu gefährlich, also schlich er zurück in das Schlafzimmer. Ein gutes Versteck gab es nicht, und die Panik, die zunehmend seinen Körper einnahm, half nicht weiter, also nahm er das erstbeste Versteck, das er sah.

Leise öffnete er den Schrank und stieg hinein. Das Summen war hier deutlich leiser, unterschwelliger. Kurz dachte er über seinen Traum nach, über die Holzkiste, die er am Vortag gefunden hatte, und über die Ernüchterung, die der Blick in die Kiste mit sich brachte.

"Und nun auch noch dieser Eindringling," dachte er sich. Das Summen wurde lauter, und Schritte waren auf den Stufen der Treppe zu hören. Sie kamen näher. Ihm war bewusst, dass es nicht lange bräuchte, und er würde entdeckt werden. Das Summen war nun so laut, dass er es in seinem Körper spürte, er bebte förmlich. Diese Person, oder was auch immer es war, stand nun in dem Zimmer. Er wusste, er hätte keine Chance, unentdeckt zu bleiben. Er entschied sich zum Kampf.

Ruckartig öffnete er die Schranktür, ballte seine Fäuste und blickte in Richtung des Eindringlings. Er senkte seine Fäuste, und sein Gesicht entkrampfte. Vor IHM stehend, erfüllte ihn ein Gefühl von purem Glück. Ein Grinsen zeichnete sein Gesicht und ließ ihn wirken wie ein kleines Kind; all seine Sorgen und Enttäuschungen waren verflogen.

"Du hast sie also gefunden," die tiefe Stimme erfüllte den Raum. "Somit hast du deine Wahl getroffen, dich, trotz der Angst, entschieden."

Er konnte nur grinsen, war bereit für alles, was danach geschehen möge. Sein Gegenüber ging auf ihn zu und berührte seinen Arm. "Nun wirst du sehen, was der Mensch nicht zu sehen vermag. Die Wahrheit, der viele hinterherjagen, wird dir bewusst werden."

Sein Körper sackte zusammen, die Pupillen weiteten sich, sein Grinsen verschwand, und ein Schrei verließ seine Kehle, um wenige Momente später zu verstummen.

Dort lag er... regungslos... tot.
 
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lapismont

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Der Text hat etwas, Du solltest aber unbedingt noch einmal rüber gehen, es sind einige Schreib- und Komma-Fehler vorhanden.
Gleich im ersten Absatz etwa: richted
 



 
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