Lal und seine Freunde

Geschöpfe
der
S t i l l e

behindert im Computerzeitalter



Das alte Pflaster war leer. Lal zog es ab und legte ein neues auf. Weinrot, klein und rund lag es wie ein Schönheitspflaster auf seiner glatten Wange. Schön und attraktiv machten Lal nicht seine Form und Farbe, sondern das Medikament, das es enthielt. Der Hemmer bewirkte, dass Lal auch mit 8,7 metrischen Jahren* nicht wie ein Erwachsenes, sondern wie ein halb so altes Heranwachsendes aussah. Es war schlank, langgliedrig und nicht sehr groß. Dichtes und drahtiges schwarzes Haar wuchs auf dem Kopf, doch Gesicht und Körper waren völlig haarlos. Auch unter den Achseln war nur glatte Haut. Das lange Haar frisierte Lal wie eine Frau und das verlieh ihm eine erotische Ausstrahlung, wie sie weder Männer noch Frauen hatten. Wie bei Mondern üblich hatte es an jeder Hand sechs Finger. Seine Hände waren schmal, doch nicht zu schmal und die langen Finger konnten ebenso fest zupacken wie sanft streicheln.
Lal zog die Blades auf die Füße und verließ die wie ein T geformte Dreimaleins-Wohnung, die es sich mit Án und Klôd teilte. Es sprang in den Fallschacht und schwebte nach unten. Stockwerk um Stockwerk des Wohnhotels blieben über ihm zurück. Elegant setzte es auf und glitt auf seinen Blades aus dem Schacht. Schon plumpste der nächste Benutzer auf den Boden, nicht so gekonnt wie Lal, das aus dem Wohnhotel heraus auf die Crescent Road bladete.
Die breite Straße führte vom Wall des Tycho-Kraters über den Ringsee und am Zentralberg vorbei zum gegenüberliegenden Wall. Sie war voller Blader, die wie Lal zum Vergnügen durch Tycho sausten. Der Fahrtwind strich durch sein Haar und beim Anblick der anderen Blader fragte sich Lal, wie es wohl mit Implantat war.
»Fahren wir ohne Helm?«
Die Pranke des Ordners lag wie ein Schraubstock um Lals Oberarm. Abrupt stand es. Der Typ war zwei Meter groß und dreimal so breit wie Lal. Er trug den vorgeschriebenen Helm und eine Armbinde mit der Aufschrift

[ 4]Ordner Tycho-Stadt
[ 4]Mond, Region Erde
[ 4]Hilar Toosk

Außer der Armbinde, die ihn als Ordner kennzeichnete, trug er eine angeberische schwarze Kombination, auf der sein über Brust und Rücken gelegter Gerätegürtel besonders martialisch wirkte. Aaarrgghh! Lal hatte nicht nur seinen Helm zu Hause vergessen. Es war auch noch einem dieser Typen in die Arme gebladet, die zu viele Holos gesehen hatten und Ordner wurden, um wenigstens auf kleiner Flamme den Helden zu spielen. Ereignisse lebte so einer auch. dunkle Wut stieg in Lal auf. Es konnte das nicht!
»Du hast die Wahl«, erklärte der Ordner. »Entweder avenzen wir zu dir nach Hause und du kommst mit dem Helm, den du zweifellos nur vergessen hast, wieder raus oder wir gehen auf die Station.«
»Schon gut«, sagte Lal. »Wir äh avenzen zu mir und ich komme mit dem Helm wieder raus.«
Der Ordner hatte einen Avenzer in seinem Gerätegürtel, doch er und Lal latschten zum nächsten Portal, mit ihren Blades unter dem Arm. Mist! Hätte Lal ein paar Sekunden früher geblickt, dass es den Helm vergessen hatte, wäre es allein zum Portal gegangen und der Ordner hätte nur bräsig genickt. Aber so, bloß weil es Hemmer nahm, musste es sich nicht wie ein dummes Halbwüchsiges aufführen. Dann fiel Lal wieder ein, warum es Hemmer nahm und es biss sich auf die Zunge, um nicht vor dem Kerl los zu heulen.
An der nächsten Kreuzung stand ein Portal, das flackerte wie ein kaputter Monitor. Der Boulevard Ives in Lals Heimatstadt Kopernikus erschien, ein Nachthimmel mit fremden Sternbildern, die Hänge des Kraterwalls von Tycho mit einem herrlichen Blick über die Stadt, eigenschaftslose Fassaden unter eigenschaftslosem grauen Himmel, zwei eng beieinander stehende Sonnen über flirrender Wüste, die beiden Sonnen etwas höher am Himmel über sattem Grün. Ein dunkler Typ in schweren grauen und braunen Wollkleidern und schwarz-weiß gemusterten Turban kam aus der Wüste, vom fruchtbaren Land avenzten zwei Mädels in knappen schwarzen Kleidern und auffälligen pinkfarbenen Kopftüchern. Normalen hätte ein Blick in den Datenraum genügt, um zu wissen, von welchem Planeten sie kamen. Mehrdim-Verbindungen öffneten und schlossen sich in rascher Folge, Passanten eilten hinein und hasteten heraus, avenzten in alle Welt oder wie Lal mit dem Ordner nur eine kurze Strecke nach Hause.
Klôd hockte traurig vor seinem Computer, sagte aber nichts. Das war für Lal schlimmer als Fragen und Frotzeleien wegen des vergessenen Helms. Klôd war schmal und blass, hatte ein ebenmäßiges Gesicht und langes weißblondes Haar. Der Hemmer hielt ihn zierlich und am Körper so haarlos wie Lal. Das Medikament verhinderte nicht nur den Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Es erhielt auch jene Sprunghaftigkeit und schnelle Aufnahmefähigkeit, wie sie für begabte Jugendliche typisch war. Nur nützte das Klôd ohne Interface zu Konts und Computern nichts! Die Implantat-Unverträglichkeit machte Klôd nicht nur zum Gefangenen in seinem Gehirn, sondern verbaute ihm auch die Zukunft als Wissenschaftler. »Ach Klôd!« Lal drückte den Leib des anderen und schluchzend lagen sie sich in den Armen.
»Wo bleibst du!« Der Ordner stand in der Diele der Dreimaleins-Wohnung.
»Mein Mitbewohner ist still und erträgt das nicht«, erklärte Lal. »Ich bin auch still.« Es tippte an den Helm auf seinem Kopf. »Zufrieden?«
»Ja, schon gut.«
Das Gesicht des Ordners zuckte, als ob Lal ihn geschlagen hätte.
Er riss sich zusammen, salutierte so zackig wie die Helden in seinen Geschichten, nickte ihm zu und verschwand. Aus anderem Anlass hätte sich Lal gefreut, dem Großmaul Benehmen zu lehren. Aber der war kleinlaut geworden, weil es nichts Schlimmeres gab als kein Implantat benutzen zu können. Die Stillen konnten nicht von Geist zu Geist mit ihren Mitmenschen kommunizieren, nicht in Ereigniswelten abtauchen, keine Informationen aus Computern in ihren Geist strömen lassen und keine Maschinen durch ihre Gedanken steuern. Die Wunder des Datenraumes waren ihnen verwehrt, nicht nur das körperlose Gleiten durch seine Welten aus Information und Imagination. Für jede noch so bescheuerte Information, die Normale durch Andenken direkt in ihren Geist erhielten, mussten Lal und seine Freunde einen Computer bemühen. Wie im Dampfzeitalter!
Ja, der Ordner hatte dreingeschaut wie Lal und seine Schulkameraden in der Geschichtseinheit über die Verbrechen in den Alten Epochen. Als die Menschen grausam gewesen waren. Und still.
Lal fluchte auf Hindi.
Nun sah Klôd ihn so an wie es vorhin Klôd.
Er nahm Lals Blades und seinen Helm. »Ich baue Abstandsmesser ein.« Lal begriff und fast so schnell, wie es begriff, hatte sein Freund die Arbeit getan. Würde es wieder ohne Helm losbladen, piepten die Abstandsmesser in den Blades, wenn die Entfernung zum Helm größer als drei Meter wurde. Mit einer Fernsteuerung konnte Lal die Vorrichtung ausschalten.
»Danke.«
Traurig sah Lal auf das winzige Kästchen.

Abstandsmesser
ein aus

leuchtete auf dem Display. Gut, dass es so zierliche Finger hatte. Normale steuerten so etwas durch Andenken.
Unheilbare Implantat-Unverträglichkeit bedeutete für den Betroffenen den Ausschluss vom modernen Leben. Kein richtiges Lernen, keine normale Arbeit und keine tiefe geistige und emotionale Beziehung ohne Implantat! Egal ob mensch im Null-G-Lünett oder im Dorf auf der Erde lebte: Interface benutzten alle! Leute, die erwerbstätig waren ebenso wie die, die nur vom Allgemeinen Geldkont lebten. Hätte Lal zu dem Ordner gesagt: »Ich bin tot«, hätte den das kaum mehr entsetzt als »ich bin still«.
Lals Stimmung war gründlich verdorben und es hatte keine Lust mehr auf die Crescent Road. Klôd tat immer so als ob das Leben in der Stille für ihn nur die Hölle war, aber Lal glaubte, dass ihn ausgerechnet die Prostitution mehr anmachte als er zugab. Ohne Interface und Wahrdenken konnte Lal das schwer ergründen, aber es hatte gelernt, auf kleine Anzeichen in Stimme und Körperhaltung zu achten. Diese Anzeichen waren jetzt da. Klôd argumentierte nicht sehr überzeugend: »Wir waren doch erst im Hurenviertel.«
»Die Stadt schläft nicht«, erklärte Lal und wackelte mit dem Hintern.
»Wenn die Ordner dahinterkommen, dass wir -«
»Da war eben einer ganz glücklich darüber, mich beim Bladen ohne Helm erwischt zu haben«, entgegnete Lal. »Und selbst im schlimmsten Fall können sie uns nicht im Interface verhören.«
»Da hast du allerdings Recht«, antwortete Klôd melancholisch. »Also gut. Lass uns ein paar VE machen.«
Eifrig frisierte er sich, stieg in silbrig glänzende Shorts und zog seine Blades an. Lal warf ihm den Helm zu: »Damit du nicht auch noch einem Ordner in die Arme bladest.«
»Oh ja.« Klôd stülpte den Helm über seine langen Haare und klopfte an die Tür von Áns Wohndrittel: »Án, wir gehen anschaffen!«
»Ich hab keine Lust.«
»Deine Freier um so mehr. Komm schon!«
Da Án wusste, dass ihre Freunde sie nicht in Ruhe lassen würden, kam sie nach wenigen Minuten heraus. Ihr violettes Haar hatte sie aufgesteckt und sie musste es mühsam unter ihren Helm zwängen. »Bist schön genug«, meine Lal. »Auf gehts!«

* ein metrisches Jahr entspricht 3,1689 Erdjahren

Die Stadt Tycho lag im gleichnamigen Krater auf dem Erdmond. Im flachen Inneren des Kraters ragten anmutige Hochhäuser mit weißen Fassaden und dunkel getönten Fensterfronten in den tagsüber zumeist von Schönwetterwolken gesprenkelten blauen Himmel. Das tiefste Terrain rings um den Zentralberg war von einem kreisförmigen See bedeckt und an den Hängen des Zentralbergs wuchsen dichte Wälder. Eine um den Erdmond gelegte Hülle aus durchsichtiger virtueller Materie hielt die Luft fest und schützte Menschen, Tiere und Pflanzen vor harter Strahlung aus dem All.
Das Wohnhotel von Lal, Án und Klôd lag in der Nähe des Kraterwalls, zwischen den Vierteln mit großen und weitläufigen Villen und Domizilen an den Hängen des Walls und den eleganten Hochhäusern im Zentrumsring. Im Mittelring von Tycho lebten einfache Menschen, Tiefgeschoss und Bohème. Seit 0,3 metrischen Jahren hatten die drei Freunde ihre Dreimaleins-Wohnung im Wohnhotel YiYoYa und sie würden sie bald aufgeben und weiterziehen. Ehe jemand fragte, wann sie ihre Implantate bekommen würden.
In einem der Segmente des Mittelringes lag das Hurenviertel von Tycho. Im hellen Schein des langen Mittags bladeten die drei Freunde zwischen seinen runden Häusern hindurch und hofften, dass jemand Gefallen an ihnen fand.
»Nicht so hastig!«
Ein bärtiger Kerl, der über zwei Meter groß war, grinste sie an. Er saß mit einigen anderen Männern um einen Tisch eines Straßencafés. Lal umkreiste den Tisch und Án und Klôd taten es ihm nach. Klôd konnte sich nicht beherrschen und ließ seine Shorts fallen. Bis auf die Blades nackt machte er eine Runde um das Haus, in dem sich das Café befand, kam wieder und stoppte vor dem bärtigen Kerl. Abrupt wandte er ihm die runden Hinterbacken mit dem Poloch zu. Es zuckte durch seinen dünnen nackten Leib.
!
!
!
»Wie teuer? Mit Implantat.«
Klôd schüttelte den Kopf. »Implantate haben wir noch nicht. Wir machen es, weil wir jung mehr kriegen!« Der Kerl atmete schwer und Klôd glitt näher zu ihm. Sein Hintern war dicht vor dem Gesicht des Mannes und Klôd ließ die Spitzen seiner langen Haare über seine bärtigen Wangen gleiten. »Fünfhundert! Für alle von euch und für uns alle. Solange, wie ihr wollt.«
Lal und Án waren in der Zwischenzeit nicht müßig geblieben. Sie bladeten nackt um die Gruppe. Lal steuerte denjenigen an, der am intensivsten auf seinen Spalt starrte und lächelte ihn an: »Meine Mutter meint, dass ich mit Spalt mehr mache.«
»Wo gibt es denn Mütter, die so ihre Kinder auf den Strich schicken?« Der Typ tat empört, doch seine Hand lag schon auf Lals Seite. Abrupt entzog es sich ihm und streckte ihm die Zahlkarte entgegen: »Fünfhundert!«
Die Kerle ließen Lals Karte herumgehen und jeder übertrug von seiner Karte einen Geldbetrag. Der Bärtige gab sie Lal zurück: »Hier Kleines. Fünfhundert!« Zufrieden steckte Lal die Zahlkarte weg und setzte sich auf den Schoß seines Freiers. »Ich bin aus Kopernikus«, erzählte es. »Meine Mutter geht da auf den Strich und sie meint, ich solle nicht warten, bis ich mein Implantat habe. Schließlich ist Fleisch am besten, wenn es jung und zart ist.«
»Und am teuersten.«
Die Kerle lachten.
Lals Mutter war zwar Prostituierte, aber sie hatte nicht gewollt, dass sich ihr Kind auch verkauft. Das war Lals eigener Entschluss gewesen, den es gefasst hatte, nachdem ihm Implantat-Unverträglichkeit diagnostiziert wurde. Ähnlich war es bei Klôd und Án. Án erzählte ihrem Liebhaber, dass sie gern einkaufte und mit Freunden ausgehe und entdeckt habe, wie sie als junges Mädchen immer genug Geld dafür bekommen konnte. »Was über bleibt, lege ich an, damit es nicht verfällt.« Án machte auf altklug und Lal staunte wieder, wie diese Nummer zog. Ihre Freier glaubten ihnen alles, was sie erzählten und mochten es sogar für eine interessante Abwechslung halten, mal Huren zu ficken, die kein Implantat hatten.
Weil sie glaubten, dass ihre Huren noch zu jung dafür waren.
Ein riesiger Prügel schien Lals dünnen braunen Leib zu zerteilen. Es wand sich in den Pranken seines Liebhabers und ein zweiter Kerl stand über ihn und schob seinen Prügel in Lals Mund. Es hörte Gläser klirren und Án schreien. Ihr Freier wischte das Geschirr vom Tisch, warf Áns blassen Leib auf die Tischplatte und drückte grob ihre Beine auseinander. Er stellte sich zwischen ihre weißen Schenkel und Án schrie!
Lal konnte nicht schreien und bekam kaum Luft, weil das fleischige Ding in seinem Mund alles ausfüllte. Der Kerl, der es mundfickte, zwängte seine Finger in Lals Spalt und stöhnte brünstig. Alles in Lal brannte. Es fragte sich, wie es wohl wäre, wenn seine Liebhaber im Interface seine Qualen mitleben konnten. Machte es sie noch geiler oder würden sie mehr Rücksicht nehmen?
Rücksicht nahmen die Kerle weder auf Lal, Klôd und Án noch auf andere Gäste des Lokals oder Passanten. Sex auf der Straße war im Hurenviertel erlaubt. Für so etwas war es da. Klôd genoss die neugierigen Blicke der Zuschauer und ließ sich vor den Augen von einem Dutzend Passanten nacheinander von allen Freiern von hinten nehmen. »Genug«, sagte der letzte und gab ihm einen Klaps auf den Po. Trotz seiner Schmerzen richtete sich Klôd auf und lächelte in die Runde der Zuschauer. Hätte Lal ihm das nicht strikt verboten, hätte er mit ihnen weiter gemacht, ohne Geld zu nehmen.

»Lass uns an den Strand fahren«, schlug Klôd vor und Lal nickte gleichmütig. Sie schwangen ihre schlanken Beine und rasten zwischen den eleganten Hochhäusern des Zentrumsrings hindurch. Lal überlegte, dass für ihre Rolle als heranwachsende Hobby-Prostituierte, die noch zu jung für ein Implantat waren, die Bladerei ganz gut war. An der Strandpromenade mochte es noch besser funktionieren als eben im Hurenviertel.
Still zu sein versperrte gewöhnlich sogar Prostitution als Lebensunterhalt. Schließlich wollten die Freier Implantat-Sex und geilten sich am Eindringen in den Geist ihrer Hure ebenso auf wie am fleischlichen Verkehr. Um dem auszuweichen, hatte Klôd Lal und Án vorgeschlagen, Hemmer zu nehmen und zu behaupten, für ein Implantat noch zu jung zu sein.
Vor ihnen schimmerte blau der Ringsee. Sie ließen ihre Shorts fallen und nahmen die Helme ab. Bis auf die Blades, ihre Umhängetaschen und die Zahlkarte am Ohr nackt glitten sie im Schritttempo über die Promenade. Der nackte und glatte Leib von Lal zog die Blicke wie magisch auf sich. Selbst Klôd sah immer wieder mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung zu ihm. Lal legte die Hand auf den glatten und haarlosen Penis seines Freundes und spürte, wie er hart wurde.
»Na, ihr Hübschen!«
Klôd lächelte und wackelte mit dem weißen Hintern. Án lächelte auch. Ihm ging es um das Abenteuer. Ihr um die VE. Den Thrill, für ein bisschen Sex hundert oder mehr davon zu bekommen. Die Befriedigung, wenn sie einkaufte oder das Geld anlegte. Das Gefühl, wie die Normalen zu sein, wenn sie beim Ausgehen VE springen ließ. Ach Án! Seufzend ergab sich Lal in sein Schicksal.
Der Mann, der sie angesprochen hatte, war kaum größer als Lal, aber enorm stämmig. Er hatte hellbraune Haut, ein kaukasisches Dutzendgesicht mit nicht ganz schwarzen Haaren und Augen von unbestimmter Farbe. Alles an ihm war Kraft und Muskeln, Härte und Entschlossenheit. »Sie sind ein Harter!«, stellte Lal fest. Es war sicher, dass der Mann an ein Leben in hoher Schwerkraft gewohnt war, ohne zu wissen, woher es das wusste.
»Richtig.« Er nickte. Auf Venera geboren und aufgewachsen.
Er musste laut gesprochen haben.
Der Hartweltler legte seine Hand um Lals Arm. Der Griff war scheinbar leicht, aber Lal wusste, dass er nicht loslassen würde. Bei Klôd musste er sich die Mühe nicht machen. Lals Freund war so geil, dass er ihm überallhin folgen würde. Án mimte das schüchterne und brave Mädchen, für das die Männer jeden Preis zahlten.
»Ihr seid still«, erklärte ihre neue Bekanntschaft und zog an Lals Zahlkarte. »Ihr macht auf jugendlich, um eure Freier auszunehmen!«
Jetzt war der Moment gekommen, wo Klôd in seine Tasche greifen und seine Hand mit einem Schocker an jeder Fingerkuppe wieder herauskommen musste. Fingerkuppen-Schocker hatten so manchen renitenten Freier abgeschreckt. Die konnten danach nicht zu den Ordnern rennen und sich beschweren, weil sie versucht hatten, Lal oder seine Freunde zu vergewaltigen und die ihnen Stromschläge und Hitzeschocks verpasst hatten.
Klôd tastete in seiner Tasche nach den Schockern, doch der Mann legte seine freie Hand um Klôds Handgelenk und drückte zu. Klôd seufzte und lächelte und wackelte noch mehr mit dem Hintern. Der Blödmann hatte sich nur geziert, weil er hoffte, jetzt auch genommen zu werden! Lal stöhnte innerlich und fragte sich, wieso es Klôds Gefühle so gut erriet. »Wenn ihr zu den Ordnern rennt, müsst ihr denen eure Nummer als jugendliche Hobbystricher erklären!«, sagte Piit und streichelte Klôds Seite: »Wobei ich glaube, dass es bei ihm keine Vergewaltigung ist.« Na, dann sollten Piit und Klôd doch eine Nummer schieben, wenn sie es beide brauchten! Án war sauer, weil Klôd die Preise verdarb.
Piit atmete schwer und Lal schwindelte. Jetzt fühlte es Geilheit, aber es war die von jemand anderem. So sollte es beim Implantat-Sex sein. Aber es war doch still und hatte kein Implantat!
»Wir sind im Interface«, stellte Án fest. »Mit ihm und auch mit uns.«
Piit nickte. »Ihr seid nicht nur geil, sondern auch clever.«
»Wenn du uns zeigst, wie das geht, machen wir alles für dich!«, erklärte Klôd und Án nickte heftig. Wirre Bilder von hartem Sex und seltsamen Wesen, spritzendem Sperma und mörderischer Schwerkraft zuckten durch Lals Geist. Was hatte das alles miteinander zu tun? Piit tippte unter sein rechtes Ohr, wo gewöhnlich der winzige Schalter zum Ein- und Ausschalten des Implantats saß. Bei Piit war da nichts. »Ich war auch still.«
Woher wussten sie seinen Namen?
Durch Andenken.
Ohne Implantat.
So, wie sie sich jetzt andachten.
Piit nickte.
 



 
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