- Püttmann auf Ibiza ... Folge 3

Neue Freunde

Berta hatte mich vergrämt. Sie hatte mich vor den Augen meines reizenden Poolflirts lächerlich gemacht!
Natürlich war ich deshalb stinksauer und musste mich dringend abreagieren!
Zweihundert Meter vor dem Apartheidsblock erspinkste ich schon aufe Hinfahrt ne kleine Kneipe, die jede Menge Biersorten anpries. Claro, ich schnurstracks dahin!
Au Backe, dachte ich, wat sachse jetz für den Wirt? Auf Mallorca sprach man ja überall inne Pinten Alemannisch.
Son paar Sprachbrocken Spanisch hatte ich wohl noch aufe Pfanne, ob dat aber auf d i e s e r Insel auch hinhaute, dat musste ich jetz ma ganz schnell testen!
Die wichtigsten spanischen Wörter wie „Hola, una cerveza, por favor, vino tinto, paella, gracias ...“, die sollten ma für’n Anfang reichen!
Ich setzte mich am Tresen dran und wollte gerade eine "Cerveza grande" (großet Bier) bestellen, da spricht mich der Wirt in meine Heimatsprache an, wie zu Hause in meine Stammkneipe in Herne-Baukau.
Son Zufall! Wie konnte der dat nur wissen, dat ich Deutscher bin und dann noch außem Kohlenpott kommen tat?
Der Kerl musste Hellseher sein! Ich war vonne Socken, so wat hier auf Ibiza! Ich weinte fast vor Freude!

Der Wirt hieß Jürgen. Er war sofort mein bester Freund. Natürlich hab ich ihm direkt ein paar Drinks ausgegeben, claro, auch den beiden Typen links von mir am Tresen. Und noch ne Thekenrunde! Ich war überglücklich, so fern von zu Hause Kohlenpottisch hören zu dürfen!

Im Laufe sehr langer Diskussionen, die komischerweise immer lauter wurden, erfuhr ich, dat der Wirt son Aussteigertyp aus Castrop-Rauxel war, der hier jetz mit Charme und Gespür Touristen ausbeuten tat.
Wir palaverten erst ma über die neue Arena auf Schalke und grölten dabei die vertrauten Schalkefanlieder. Nee, war dat schön!
Bertas bösartigen Angriffe und meine angeknackste männliche Psyche waren längst Schnee von gestern.
Dortmunder Biersorten haben wir mit den bayrischen verglichen und alle sehr ausgiebig getestet. Dortmunder Bölkstoff war natürlich viel, viel besser! Dat hatte beim Zappen noch son richtigen, hohen Feldwebel, oder Wilhelm, wie man zu der Tulpe auch sagen tut, also richtig viel con spuma.
Die beschissene Sozipolitik mit die leeren Versprechungen und auch der Papst kamen bei unserer hochentwickelten, tiefschürfenden Herrenrunde ganz schlecht wech. Ich fühlte mich den ganzen Abend selbstverständlich nich als Tourist, sondern als Freund ausse geliebten Heimat.
Dat war wohl en groben Fehler!

Mein Kopp lag schon auf’m Tresen, da hör ich von ganz fern eine mir sehr bekannte Stimme: „Dat fängt ja hier schon gut an, ich maloch mich inne Wohnung kaputt und du lässt dich hier volllaufen!“
Allet lachte!
Ich nahm mein Bertaken in den Arm und bestelle ihr ein „freies Cuba“.
Dat war aber nich ihre Richtung: „Nix Cuba libre, Schampus will ich und eine Dorada in Salzkruste für die ganze Maloche inne Wohnung.“ Natürlich hatte sie meine liebreizende Poolperle auch noch nich vergessen.
Ich weiß zwar bis heut nich, wat ne „Dorada“ iss, ich weiß nur noch, dat ich am ersten Abend zweihundertvierzig Euro anne Backe hatte und mein Bertaken mich liebevoll in die Heia brachte.

Um drei Uhr nachts wurde unser Tiefschlaf jäh beendet.
Stöckelschuhgetrommel wie von einem ganzen Bataillon Weiber über uns! Tische und Stühle wurden über den Boden gezoooogen. Ein Kind schrie zum Erbarmen und lief trappelnd hin und her. Flaschen und andere Gegenstände knallten auf den Boden, den Höllenlärm begleitete lautet Weibergibbeln. Eine Weinflasche landete sogar auf unserer Terrasse. Wat war da bloß los? Ein Remmidemmi, nich zum Aushalten! Wahrscheinlich waren alle bis auf dat arme Kind voll besoffen!
Wir hatten den Eindruck, dat die Wände und Fußböden nur hauchdünn und überhaupt nicht gedämmt waren. Der ganze Apartheidsblock musste hohl sein! Einsturzgefahr nich ausgeschlossen!
Der Lärm da oben wurde für meinen Brummschädel unerträglich. Ich würgte mir ganz subito zwei Aspirin und vorsichtshalber noch zwei Sodbrennos-Tabletten rein und beschloss: Die Krawallbrüder werde ich mir nach dem Frühstück ma vornehmen.
Nein, nein, nich wie Sie denken, mit lauter Stimme oder mit Klopperei, nee, mehr auf die listige Tour!
Filzplättchen für Stuhl- und Tischbeine lagen bei Kalle inne Werkzeugschublade und leise Stoffbadelatschen hatte ich aus irgendeinem Hotel mitgenommen. Im Bademantel schlich ich dann morgens eine Etage höher und legte den Krakeelbrüdern und Raudauschwestern allet schön vor die Tür. Wink mit nem dicken Zaunpfahl!
„Bertaken“, sach ich, „wenn die da oben nich ganz bekloppt sind, wissen se genau, wat ich meinen tu.“

Wat soll ich Ihnen sagen, die Kameraden von oben haben uns en Pülleken Schabau vor die Tür gestellt, mit nem Zettel dran: „Excuse me, Ihre unmöglichen Nachbarn Christian and Eva-Maria Gerstelhuber“.
Mann, dat hätt ich von den Bayern nich erwartet. Hut ab! Dat Kriegsbeil war damit begraben!
Bertaken heulte vor Rührung und peilte mich wegen meiner diplomatischen Genialität hochachtungsvoll an.
 



 
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