1 x Vergewaltigung verhindert

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Lio

Mitglied
Also: Wenn mein Freund mich nicht dazu überredet hätte mit ihm noch wegzugehen und ich den Mut gehabt hätte den Club sofort wieder zu verlassen, weil mir alles eigentlich vom ersten Augenblick an zuwieder war (zu viele langweilige Leute, zu laute Musik und eine zu große, stinkende Schweiß-Rauchwolke), dann wäre ich wahrscheinlich viel früher zuhause gewesen und hätte auch nicht diesen komischen Typen in Lederjacke bemerkt, der auf mich deshalb einen subjekten Eindruck machte, weil er so einen brennenden Ausdruck in den Augen hatte, während er einem Mädchen in weißen T-Shirt hinterher jagte.
Ich sah sowohl das Mädchen als auch den Typen nur aus den Augenwinkeln, weil ich mich mit meinem Freund stritt – wir fuhren beide auf Fahrrädern – der sauer war, weil ich darauf bestanden hatte zu gehen. Genervt von meinem Freund, der übrigens Klaus heißt, aber sein Name ist eigentlich unwichtig, weil er sowieso gleich von der Bildfläche verschwindet, genervt von Klaus also, wendete ich mein Rad und fuhr dem Typen und dem Mädchen hinterher. Klaus rief mir noch irgendwas nach und war dann weg.
Der Typ lief inzwischen neben dem Mädchen her und sie unterhielten sich. Das Mädchen redete laut und bestimmt. Was der Typ sagte, konnte ich nicht verstehen. Sie gingen um ein paar Ecken und ich fuhr ihnen hinterher, bis das Mädchen sagte: „Ich muss hier hoch!“ und nach rechts ging, während der Typ kurz verwundert stehen blieb und ihr dann folgte. Beide verschwanden kurz aus meinem Blickfeld. Ich fuhr schneller und als ich sie wieder zu Gesicht bekam, konnte ich sehen, wie der Typ sie am Arm zerrte und sie sich stumm versuchte zu wehren.

Also schmeiße ich mein Fahrrad auf die Straße (der Typ und das Mädchen schauen auf) und renne auf den Typen zu. Wir wälzen uns auf dem Asphalt, ringen miteinander (ich bin übrigens ein Mädchen und nicht so stark). Er gewinnt an Oberwasser, setzt sich auf mich, gibt mir eine Kopfnuss und lacht mir fies ins Gesicht. Das Mädchen steht neben uns und starrt uns an. Ich ramme ihm mein Knie in den Po, wälze mich unter ihm und komme los. Da kommen drei andere Jugendliche herangeeilt und brüllen, was hier los sei. Das Mädchen kann noch immer nichts sagen. Ich rufe: „Der Typ hat das Mädchen belästigt!“ Daraufhin rennt er weg, ich folge ihm noch ein paar Meter, bleibe dann stehen. Schwindelig ist mir. Einer der Typen reicht mir ein Taschentuch. „Dein Gesicht sieht ziemlich blutig aus“, sagt er.
Ich frage das Mädchen, ob wir zusammen zu ihr nach Hause gehen sollen. Bestehe sogar darauf, als sie sagt, sie wolle lieber alleine gehen. Aber als sie sich nicht davon abbringen lässt und schließlich auch die drei Jungs sagen, dass ich sie doch gehen lassen solle, zucke ich mit den Schultern und hoffen, dass der Typ nicht noch irgendwo in der Nähe herum strolcht. Ich schiebe mein Rad nach Hause (ich kann nicht mehr fahren, weil ich mein rechtes Bein nicht mehr anwinkeln kann (wahrscheinlich habe ich dort einen Schlag drauf gekommen oder bin dumm drauf gefallen).Ich schiebe also nach Hause. Als ich vor meiner Eingangstür stehe, schon den Schlüssel in der Hand habe, um aufzuschließen, sehe ich aus den Augenwinkeln einen Typ in Lederjacke von rechts auf mich zukommen. Sofort macht mein Herz einen Sprung und hämmert wie wahnsinnig. Aber es ist nicht der Typ von vorhin. Ich schließe auf und knalle die Tür hinter mir zu.

Klaus pennt natürlich schon, als ich ins Wohnzimmer komme. Dass da gerade fast ein Mädchen vergewaltigt wurde, davon hat er keine Ahnung. Interessiert ihn wahrscheinlich auch nicht. Obwohl es ihn schon interessieren würde, dass ich ´mal vergewaltigt worden bin. Aber das wird er absolut nie erfahren.
 

Lio

Mitglied
Hallo Eenemenetekel,

danke für deine Antwort.

Die Klammern habe ich hinzugenommen, um den komplizierten Charakter der Erzählerin zu verdeutlichen. Ich finde Klammern beim Lesen nicht störend, aber das ist wohl Ansichtssache.

Viele Grüße!

Lio
 
B

bluefin

Gast
hallo @lio,

eine sehr nett erzählte, gut beobachtete kleine geschichte aus dem "richtigen" leben, die etwas ganz eigenes, lakonisches hat. die amis nennen es "understatement" und meinen damit eine geschickte form von übertreibung: der text gewinnt seinen reiz nicht durch das sonst branchenübliche gepolter und räucherstäbchengequalme, sondern durch die gezielte vermeidung dieser requisiten.

cool!

kleine tipps:
Also: Wenn mein Freund mich nicht dazu überredet hätte [blue]komma*[/blue] mit ihm noch wegzugehen und ich den Mut gehabt hätte [blue]komma*[/blue] den Club sofort wieder zu verlassen, weil mir alles eigentlich vom ersten Augenblick an zuwi[blue](e)[/blue]der war (zu viele langweilige Leute, zu laute Musik und eine zu große, stinkende Schweiß-Rauchwolke), dann wäre ich wahrscheinlich viel früher zuhause gewesen und hätte auch nicht diesen komischen Typen [blue]mit der [/blue]Lederjacke bemerkt, der auf mich deshalb einen subjekten [blue]suspekten[/blue] Eindruck machte, weil er so einen brennenden Ausdruck in den Augen hatte, während er einem Mädchen in weiße[blue]m[/blue] T-Shirt hinterher jagte.
geh mal den ganzen text durch, da sind sind noch ein paar andere flüchtigkeitsfehler drin.

liebe grüße aus münchen

bluefin

[blue]* nach der neuen rechtschreibregel sind die kommas bei infinitiverweiterungen nicht mehr obligatorisch, aber ich fände sie hier besser[/blue]
 

Lio

Mitglied
Also: Wenn mein Freund mich nicht dazu überredet hätte mit ihm noch wegzugehen und ich den Mut gehabt hätte den Club sofort wieder zu verlassen, weil mir alles eigentlich vom ersten Augenblick an zuwider war (zu viele langweilige Leute, zu laute Musik und eine zu große, stinkende Schweiß-Rauchwolke), dann wäre ich wahrscheinlich viel früher zuhause gewesen und hätte auch nicht diesen komischen Typen in Lederjacke bemerkt, der auf mich deshalb einen suspekten Eindruck machte, weil er so einen brennenden Ausdruck in den Augen hatte, während er einem Mädchen in weißem T-Shirt hinterher jagte.
Ich sah sowohl das Mädchen als auch den Typen nur aus den Augenwinkeln, weil ich mich mit meinem Freund stritt – wir fuhren beide auf Fahrrädern – der sauer war, weil ich darauf bestanden hatte, zu gehen. Genervt von meinem Freund, der übrigens Klaus heißt, aber sein Name ist eigentlich unwichtig, weil er sowieso gleich von der Bildfläche verschwindet, genervt von Klaus also, wendete ich mein Rad und fuhr dem Typen und dem Mädchen hinterher. Klaus rief mir noch irgendwas nach und war dann weg.
Der Typ lief inzwischen neben dem Mädchen und sie unterhielten sich. Das Mädchen redete laut und bestimmt. Was der Typ sagte, konnte ich nicht verstehen. Sie gingen um ein paar Ecken und ich fuhr ihnen hinterher, bis das Mädchen sagte: „Ich muss hier hoch!“, und nach Rechts ging, während der Typ kurz verwundert stehen blieb und ihr dann folgte. Beide verschwanden aus meinem Blickfeld. Ich fuhr schneller und als ich sie wieder zu Gesicht bekam, konnte ich sehen, wie der Typ sie am Arm zerrte und sie sich stumm versuchte zu wehren.

Also schmeiße ich mein Fahrrad auf die Straße (der Typ und das Mädchen schauen auf) und renne auf den Typen zu. Wir wälzen uns auf dem Asphalt, ringen miteinander (ich bin übrigens ein Mädchen und nicht so stark). Er gewinnt an Oberwasser, setzt sich auf mich, gibt mir eine Kopfnuss und lacht mir fies ins Gesicht. Das Mädchen steht neben uns und starrt uns an. Ich ramme ihm mein Knie in den Po, wälze mich unter ihm und komme los. Da kommen drei Jugendliche heran geeilt und brüllen: „Was ist hier los?“ Das Mädchen kann noch immer nichts sagen. Ich rufe: „Der Typ hat das Mädchen belästigt!“ Daraufhin rennt er weg, ich folge ihm noch ein paar Meter, bleibe dann stehen. Schwindelig ist mir. Einer der Jugendlichen reicht mir ein Taschentuch. „Dein Gesicht sieht ziemlich blutig aus!“, sagt er.
Ich frage das Mädchen, ob wir zusammen zu ihr nach Hause gehen sollen. Bestehe sogar darauf, als sie sagt, sie wolle lieber alleine gehen. Aber als sie sich nicht davon abbringen lässt und schließlich auch die drei Jungs sagen, dass ich sie doch gehen lassen solle, zucke ich mit den Schultern und hoffe, dass der Typ nicht noch irgendwo in der Nähe herum strolcht. Ich schiebe mein Rad nach Hause (ich kann nicht mehr fahren, weil ich mein rechtes Bein nicht mehr anwinkeln kann (wahrscheinlich habe ich dort einen Schlag drauf gekommen oder bin dumm drauf gefallen). Ich schiebe also nach Hause. Als ich vor meiner Eingangstür stehe, schon den Schlüssel in der Hand habe, um aufzuschließen, sehe ich aus den Augenwinkeln einen Typen in Lederjacke von rechts auf mich zukommen. Sofort macht mein Herz einen Sprung und hämmert wie wahnsinnig. Aber es ist nicht der Typ von vorhin. Ich schließe auf und knalle die Tür hinter mir zu.

Klaus pennt natürlich schon, als ich ins Wohnzimmer komme. Dass da gerade fast ein Mädchen vergewaltigt wurde, davon hat er keine Ahnung. Interessiert ihn wahrscheinlich auch nicht. Obwohl es ihn schon interessieren würde, dass ich ´mal vergewaltigt worden bin. Aber das wird er absolut nie erfahren.
 

Lio

Mitglied
Hi Bluefin,

freut mich, dass dir der Text gefällt und danke für deine Anmerkungen!

Flüchtigkeitsfehler habe ich versucht zu finden und zu verbessern. Die fehlenden Kommas im ersten Satz empfinde ich dagegen nicht als störend:)

Mit frohem Gruß!

Lio
 
B

bluefin

Gast
"typ in lederjacke" geht nicht. das ist kein deutsch, sondern jargon. "mädchen im pullover" geht: der pullover steht erkennbar im dativ.

...*bubbles*...

bluefin
 

Lio

Mitglied
obwohl man auch sagen kann "eine Dame in Kostüm" oder "ein Beamter in Uniform"...

...aber mir stellt sich eigentlich eine ganz andere Frage, und zwar: ist ein Jargon störend, wenn es sich um einen kurzen Text handelt? Vielleicht beherrscht die Prot. kein gestochen scharfes hochdeutsch, vielleicht steht sie auch noch unter Schock und verfällt deshalb in ihre gewohnte Sprechweise. Ich finde es passt nicht, wenn sie sagt: "ein Mann, der eine schwarze Lederjacke trug, kam auf mich zu" oder "beim Hinabfallen musste ich unglücklich auf mein Bein gestürzt sein".

nachdenkdlich...

Lio
 
B

bluefin

Gast
eine dame "in kostüm" int genauso falsch wie eine dame "in mantel", @lio. das dativ-m ist nur entbehrlich, wenns nicht um die kleider selbst, sondern um etwas übergeordnetes ginge, z. b. "in hut und mantel" als adverbialen zusatz im sinne von "aufbruch".

"jargon" geht nur in direkter rede oder bei mundartdichtung. beides ist hier nicht der fall. wenn du deine protagonisitn als simpel darstellen möchtest, dann tu's besser so hübsch literarisch, wie du's ja kannst, und nicht dadurch, dass du als autor syntaxfehler machst (oder einbaust). warum sagst du nicht
"ein Mann(, der eine) [blue]in einer [/blue]schwarze[blue]n[/blue] Lederjacke (trug), kam auf mich zu" oder "beim Hinabfallen musste ich unglücklich auf[blue]'s[/blue] (mein) Bein gestürzt sein".
liebe grüße aus münchen

bluefin
 

Lio

Mitglied
"jargon" geht nur in direkter rede oder bei mundartdichtung.Ist das tatsächlich so? In der angelsächsischen Literatur ist es doch gerade sogar modern die Umgangsprache zu verwenden. Und das vor kurzem in den Medien so hochgelobte "Brüder" des Chinesen Yu Hua enthält sogar sehr viele Passagen mit Kraftausdrücken (das Lieblingswort des Prot. ist "Bastard")
 
B

bluefin

Gast
der gebrauch von kraftworten wie "scheiße" oder "bastard" ist (im deutschen) durchaus möglich, wenn sie einem ich-prot zugeschrieben werden können und im übrigen in den richtigen zusamenhang bzw. casus gestellt werden. hier ging's aber nicht um krauftausdrücke, sondern darum, ob es richtig ist, zu sagen "alice in wunderland", "apfel in schlafrock" oder "abiturient in anzug": alles nix gut deutsch.

über chinesische literatur resp. deren syntax weiß ich gar nichts, da müsstest du andere fragen. ich glaube aber nicht, dass dir die chinesen beim gebrauch der korrekten deutschen sprache behilflich sein können.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

Lio

Mitglied
ich glaube aber nicht, dass dir die chinesen beim gebrauch der korrekten deutschen sprache behilflich sein können.Jetzt hast du mich auf eine Idee für einen neuen Text gebracht. :)
 
B

bluefin

Gast
gut so!

übrigens: beim "beamten in uniform" will nicht à priori zum ausdruck gebracht werden, dass der beamte irgendeine joppe anhat, sondern dass er einen bestimmten status aufweist. vor solchen hüte man sich!

...*bubbles*...

bluefin
 



 
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