Albträume

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Vonnie

Mitglied
Habe bei einem Unrecht zugesehen.
Hätt`ich mich bewegen können, wär`es nicht geschehen ?

Habe an den Fesseln gerissen,
am Kampf mit ihnen meine Kraft verschlissen.

Habe meine Kehle stumm geschrien,
keine Möglichkeit, der Starre zu entfliehen.

Kurz nachdem der anderen Blut vergossen,
hat Dunkelheit meine Augen geschlossen.

Der Wille zu sehen ließ mich nicht los,
unfähig zu spüren, preßte ich die Hände in den Schoß.

Aber noch war nicht alles verloren,
aus dem Nichts noch wird Hoffnung geboren.

"Noch kann ich hören !", stellte ich euphorisch fest.
"Wahrnehmen bedeutet leben - was interessiert mich der Rest ?"

Also lauschte ich gebannt in des Grausamen Richtung,
hörte ihn schleichen, ahnte, auf dem Weg nun zu meiner Vernichtung.

Ganz nah war er bald, woher das Klirren wohl stammte ?
Aha, vom Schleifen der Eisen, die er mir jetzt in die Gehörgänge rammte.

Nun konnt`ich weder sehen noch hören noch tun,
mein Körper zwar wehrlos, wollt`meine Seele doch nicht kampflos ruh`n.

Im Innern verfluchte ich und begehrte auf
- als könnt`er`s spüren, stoppte er der Schläge Lauf.

Licht dämmert sacht, sehen kann ich fast,
mein Halbschlafblick sucht voller Hast.

Der Bedrohliche hat sich davongemacht,
ich kenne ihn gut, aktiv wird er nur bei Nacht.

Mein Seelenschrei ließ den Morgen grauen,
meine Fesseln fallen, voller Mißtrauen

rühr' ich die Glieder, vielleicht kann ich sie bewegen,
und höre - ja, wirklich !- das Opfer sich regen,

bei dessen Unrechtserleiden ich zugesehen
- bald scheint die Sonne.

Nur wir beide wissen, es ist wirklich geschehen.
 



 
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