Ameisenkrieg - Püttmann auf Ibiza Folge 7

Ameisenkrieg

Skatbruder Kalle hatte für seine Gäste son schwattet Brett im Flur angebracht. Da standen Telefonnummern vonne Ärzte, dem Hausverwalter-Blockwart und vonne LTU drauf.
Da hing auch en Zettel mit som komischen Hinweis dran: „Ameisen besitzen einen feinen Geruchssinn. Krümel, Zucker und Speisereste locken Ameisen unverzüglich in die Wohnung“.

Ich dachte: Son Blödsinn! Typisch Kalle! Leider kapierten wir die Warnung erst viel später.

Mein Bertaken bereitete mir jeden Morgen dat Frühstück, claro, immer schön aufe Terrasse. Ich freute mich schon auf Muckefuck con leche, Spiegeleier mit Speck und mein Spezial-Vitamingetränk aus frisch gepressten Appelsinen, en Schuss Rotwein und en geschlagenet Eigelb.

Die Sonne schien herrlich, allet deutete wieder auf en prächtigen Strandtag hin.
Plötzlich hörte ich en furchtbaren Schrei: „Iiiiih ... Williiiii!"
Ich raste inne Küche rein und sah Berta kreidebleich vor dem Wandschrank stehn. Sie wirkte völlig entgeistert und starrte ungläubig auf ne schwatte, marschierende Masse. Ameisen! Ich sah mir die Bescherung näher an.
Im Zuckerpott wimmelte et nur so! Im Brotkorb tummelten sich auch Heerscharen von den Viechern, richtig ekelhaft sah dat aus! Ich verfolgte ihre Marschrichtung.
Eine drei Zentimeter breite Ameisenstraße krabbelte vonne Terrasse über dat Wohnzimmer inne Küche, die Wände hoch, inne Schränke rein. Und dann gingen die Viecher ran anne Buletten!
„Tu wat, Willi, steh da nich nur rum und glotz die Ameisen an!", kommandierte Berta verzweifelt.

Jetzt galt et erst ma Ruhe inne Truppe zu bringen!
„Berta", sachte ich beruhigend, „sei nich hysterisch, von Ameisen stirbt man nich. Dat sind keine Raubtiere oder Kannibalen, auch keine Giftschlangen. Kapiersse dat? Und jetz lauf ma schnell in den Abstellraum, da steht über der Waschmaschine dat Ameisenspray!“
Als Berta die Tür zum Abstellraum öffnete, schrie sie wieder dieses furchtbare „Iiiiiih“, nur noch etwat lauter.

Et lief mir kalt den Rücken runter. Die Schmutzwäsche vor der Waschmaschine war ebenfalls schwatt von den Ungeheuern!
Ich muss zugeben, et war auch für mich im Moment schwer, nich die Beherrschung zu verliern.
Ich versuchte mein Bertalein ein zweitet Mal sehr behutsam zu beruhigen: „Ruhe jetz, verdorri noch ma, lass dat widerliche, hysterische Kreischen, dat sind nur Ameisen!“

Berta drehte sich um, knallte die Tür zu und schrie von draußen: „Hier bleib ich keine Minute länger! Saustall!" Weg war se.

Willi, sachte ich für mich, jetz bloß nen kühlen Kopp behalten, wie damals beim großen Hochhausrohrbruch in Herne-Baukau. Also, schön Ruhe bewahren, nich ausrasten, beherzt handeln.
Dat Ameisenspray tat ich inne Hand nehmen, verschaffte mir Übersicht, und dann ging et strategisch ran an den krabbelnden Feind! Ich überlegte kurz:
Zuerst musse die breite Straße anne Hauswand bekämpfen, also die Nachschubwege abschneiden, dann dich langsam zur Terrasse vorarbeiten, zum Wohnzimmer, zur Küche und dann zum Abstellraum. Nur so kann dat laufen! Also, auf in den Kampf Torero!

Zucker, Brot und andere belagerte Esswaren kloppte ich inne Müllbeutels, und dann ging et damit nach draußen - ab inne große Abfalltonne. Die Wäsche schmiss ich flott inne Badewanne, schleuderte die kräftig hin und her, duschte se ab und jagte die Plage in den Abfluss.
Dann wurde der Staubsauger aktiviert. Die Straße mit der organisierten Ameisenbande wurde mit 2000 Watt Saugleistung in den Staubsaugersack befördert.
Nach fünfzig Minuten war der Spuk vorbei. Ich schob noch zwei Stunden mit en paar Flaschen Bier Wache, um eventuell auftauchende feindliche Spähtrupps, nachrückende Logistik- und Nachschubbataillone aufzuspüren.
Glück gehabt! Es gab nicht ma en einzigen Reservisten, der et wagte, seinen Kopp rauszustrecken.
Stolz blies ich innerlich Entwarnung.
Dat war dat gedankliche Signal, mir nach diesem tapferen Kampf kräftig einen zu genehmigen!

Aber wat war eigentlich mit Berta? Wo konnte sie nur stecken?
Ich musste als Nächstes ausrücken und mein Bertaken einfangen. Stolz wollte ich ihr verkünden, dat ich als Sieger aus der Ameisen-Schlacht hervorgegangen war und ihrer Heimkehr nix mehr im Wege stand.
Wo war se nur? Hoffentlich hatte se nich schon irgendwo en Hotelzimmer genommen und ließ mich hier schmorn.
Vielleicht war se sogar mit nem Taxi zum Flughafen gefahrn, um mit der erstbesten Maschine nach Hause zu düsen. Dat brachte die Frau fertig!
Sie hatte doch hoffentlich vor lauter Ameisenekel keinen Schock bekommen und irrte jetz irgendwo völlig verwirrt herum?
Fragen über Fragen! Hoffentlich war ihr nich noch wat Schlimmeret passiert. Nee, daran durfte ich gar nich denken! Mein liebet, kleinet Bertaken, tu mir dat bitte nich an!

Verzweifelt suchte ich mehrere Strände ab, rannte wie bekloppt inne näheren Umgebung rum und fragte alle Leute, ob se nich meine Berta irgendwo gesehen oder am Strand ne Leiche gefunden hätten. Alle Kneipen hab ich abklabastert. Nix war von ihr zu sehen oder zu hören!
Bei meinem großen Kummer vergaß ich allerdings nich, mich zwischendurch für den Kampf mit die verdammten Ameisen mit en paar Pilskes zu belohnen. Natürlich schöpfte ich dabei auch neue Kräfte für die weitere Suche nach meinem lieben Bertaken.

Restlos kaputt und geknickt kam ich ohne meine Berta zurück!

Wat soll ich Ihnen sagen! Dat Berta lag die ganze Zeit hinter unserem Apartheidsblock - am Pool. Ich erwischte se gerade in sonne aufreizende Anmachpose mit nem Glas Schampus inne Hand. Sie schwadronierte mit som jungen spanischen Stenz rum.

Mit Sicherheit hatten die beiden nich dat Thema „Ameisen“ drauf.
 



 
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