Anne Playa - Püttmann auf Ibiza ... Folge 6

Anne Playa

Schlaftrunken peilte ich morgens den Wecker an und stellte fest, dat wir ma wieder viel zu lange inne Betten lagen.

„Bertaken, wach auf, et iss wieder en herrlichen Tach, lass uns wacker machen, dat wir anne Platja kommen!“ Platja sagen se hier auf Katalanisch für Playa, dat heißt auf Neudeutsch: Beach.
„Wenne Dich nich beeilen tus, kriegen wir keine Liegen mehr, Du weiß doch genau, wat da am Strand jetz für’n Betrieb iss.“
Mürrisch bewegte Berta sich int Bad. Ich bereitete inzwischen dat Frühstück vor, damit et voran ging.
„Komm jetz ma langsam inne Pötte, Berta!“ rief ich genervt nach ner geschlagenen Stunde.
Prompt kam die Antwort: „Willi, lass bloß dat verdammte Hetzen! Ich werd mich doch wohl noch schminken dürfen, hab ich Urlaub, oder wat? Du kannz Deinen Lehrling scheuchen, mich scheuchsse nicht, hasse dat kapiert?“
Au Backe, Berta war schon wieder in Rage.

Nach dem Frühstück folgte die übliche Abfragerei: „Berta, hasse auch allet schön eingepackt? Wat zum Lesen und nen zweiten Badeanzug, von wegen Pips anne Blase kriegen und so? Hasse auch wat zum Beißen und Schlucken inne Tasche? Anne Strandbude iss et zu teuer und auch nich ganz koscher!“
Bertas Antwort: „Herr Püttmann, kümmern Sie sich um Ihnen!“

Vierhundert Meter latscht man vom Edificio Paradiso bis zur Platja. Son engen Trampelpfad durch Oleanderhecken, Kaktüsse, Pinienwurzelgedöns und Felsen führt direkt an dat Meer.

Schweißtriefend peilten wir auf dat türkisblaue Wasser. Einfach Herrlich! Ein Meeresrauschen wie im Fernsehen – bei "Traumschiff“.
„Cala Busento Libre” heißt hier der Strand wegen der vielen Haut, die man bei den Damen mal mehr, mal weniger gern peilen möchte.
Ja, da lag die breite Platja mit den bunten Sonnenschirmen vor uns ausgerollt, und ich dachte so bei mir: Den herrlich weißen Sand haben se bestimmt extra für uns ausse Karibik eingeflogen und mit som Spezialhubschrauber hier abgekippt.
Leider war der feine Sand heute viel zu heiß. Ich hüppte wie angestochen von einem Bein auf dat andere. Bloß nich die Quanten verbrennen! Wie konnte denn der beschissene Sand nur so heiß werden?
Berta lachte über meine Sprünge. Sie, die Oberschlaue, hatte ja Badelatschen anne Füße!
„Bisse selbst schuld“, warf se mir auch noch vor, Du muss ja unbedingt fünf Euro für son Paar Strandschuhe sparen! Willi, dat iss typisch für dich!“ Ich hätte se würgen können!

Plötzlich entdeckte ich ne Lücke in dem großen Meer vonne Strandstühle: „Berta, kuck ma, da vorne, siebte Reihe, vierte und fünfte Liege von rechts, die sind noch frei!“
Jetzt wurde Berta schnell, schnell, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Toll! Sie rannte zu den von mir angepeilten "Strandkurnaten" 7-4-5 und knallte u n s e r e Handtücher auf die Liegen!
„Besetzt!“, sollte dat heißen. Hier iss Alemania! Dat iss jetz unser Reich - deutschet Hoheitsgebiet!
Dat blaue Meer erahnte man zwar nur noch durch die vielen Sonnenschirme, egal, wir hatten en Plätzken anne Platja ergattert.
Ringsherum hörten wir Wortfetzen von Tommys, Spaghettis, Käsköppen und Franzmännern. Wir waren eine große europäische Strandfamilie - so ganz ohne Feindbildcharakter. Alle Völker lagen hier selten friedlich zusammen.

Ein Insulaner vonne Strandbude kam zu uns geschlurft und fragte in Deutsch, ob wir auch einen Sonnenschirm wollten.
„Berta“, sachte ich, „wat sind die Spanier hier zuvorkommend, bieten uns Deutsche sogar nen Sonnenschirm an.“
„Si“, sachte ich für den Mann, „por favor, muchas gracias.” Ja, dat konnte ich schon fast perfekt aussprechen, ohne neu Luft zu holen.
Da sachte doch der Strandheini: „Zwölf Euro!“
Mit meiner Gemütlichkeit war jetz aber Feierabend! „Wat?“, sachte ich für den Kerl, „vierundzwanzig Mark sind dat, Du hass doch einen anne Klatsche. Dat iss Strandräuberei! Bei zwanzig Tagen anne Platja sind wir wirklich platt, ja!
Für Deine vergammelten Liegen und son rostigen Sonnenschirm sind dat locker fünfhundert gute, alte Deutsche Mark in der kurzen Zeit! Berta“, rief ich laut vor alle Leute, „komm, wir hauen ab, ausbeuten lassen wir uns auf Ibiza nich! Dat läuft nich mit Willi Püttmann!“
Wir bezogen dann am nahen Felsen Quartier. Fünf Meter vom Wasser, erste Reihe. Unsere eigenen Handtücher kosteten nix und waren viel hygienischer als die fiesen Strandliegen, auf die sich schon Millionen ölverschmierte Leiber gerekelt hatten!

Berta rieb mich liebevoll mit Nivea ein und setzte mir fürsorglich ne weiße Kappe auf’n Dez. Dann haben wir den ganzen Tag dat blaue Meer bekuckt, gepennt und gebadet. Et war traumhaft!
Neben uns lagen aus ganz Europa genauso vernünftige Leute wie wir – alle ohne Sonnenschirm. Gut, die hatten bereits nen schweren Sonnenbrand, aber konnten noch ohne Fieber sprechen.
Wat ich so mitbekam von den Vernunftsleuten - die meckerten alle über die unverschämten Preise auf der Insel. Anne Strandbude würden se fünf Euro für’n drögen „Boccadildo“ verlangen, oder für son kleinet, abgepacktet Eis vier Euro. Selbst für son beschissenen Parkplatz auf som staubigen Acker neben ner Schafherde verlangten die Ausbeuter vier Euro! Gläser und Tassen „säuberten“ se inne Strandbar in sonne grauen Drecksbrühe!
„Berta“, sachte ich, „wat meinze, wat die armen Familien mit zwei oder drei Blagen hier abdrücken müssen! Dat geht auf Dauer nich gut, dat gibt hier noch ma n ganz böset Erwachen, warte ma ab! Die Touristen sind doch nich bekloppt!“

Abends marschierten wir stolz unserem Edificio Paradiso entgegen. Dat Kreuz schmerzte zwar vom Liegen und der Balg war so rot wie die hier so beliebten „Langostinostos“. Egal, die Rettung von vierundzwanzig Märker vor dieser schrappigen Strandräuberbande war uns der Sonnenbrand wert.
 



 
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