Auf der Insel

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Walther

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Auf der Insel


Am Ende sieht man nur mehr Meer:
Der Strich am Horizont scheint leer,
Er trennt ein Blau vom andern Blau.
Und wo man steht, bleibt ungenau.

Man spürt vom Wasser leis den Hauch
Unds Wellenschlagen hört man auch.
Der Kopf wird weit wie schon das Auge,
Und alles schmeckt nach Salz und Lauge.

Das Auge senkt sich auf den Strand
Und sieht nur weißgelb, weißgelb, Sand.
Der Fuß fühlt sich wie festgebacken.
Die Sonne warm strahlt auf den Nacken.

So federleicht liegt jetzt die Hand
Auf einer Balustrade Rand.
Und wie Gedanken sich entleeren,
Scheint endlich Ruhe einzukehren.
 

anbas

Mitglied
Hallo Walther,

schönes Gedicht! Da kommt Urlaubssehnsucht auf - und bei mir die konkrete Frage, ob ich wirklich wie geplant meinen Urlaub in den Bergen machen soll :D .
Etwas störend finde ich "mehr Meer" und "weißgelb, weißgelb Sand". Ist als Wortspiel ganz witzig, stört aber für mein Gefühl den Lesefluß.

Liebe Grüße

Andreas
 

Walther

Mitglied
Hallo Anbas,

es geht nichts über (Wellen-)Berge. :) Im Ernst: Berg und Meer wäre die Idealkombination. Das machte Laune. :D

Zu Deinen Hinweisen:

(1) "mehr Meer"
In der Tat auf den ersten Blick deplatziert. Allerdings sind wir nicht bei Romantikern an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, Goethe und Armin und von Hofmannsthal sind doch seit einigen Jahren tot. Romantik ist gut, Naturseligkeit auch, zuviel davon kann man heute kaum mehr ertragen.

(2) "weißgelb, weißgelb, Sand"
S.o. Aber: Wenn das Auge aus dem beruhigenden Blau auftaucht und dann auf/in den heißen, gleißenden Sand fällt, das schmerzt fast und führt auch zu wenigstens zwei Versuchen des Fixierens, trotz Sonnenbrille. Diesen Vorgang habe ich lyrisch aufgreifen wollen.

Generell: Die beiden flapsigen Ausflüge machen die Heileweltstimmung, wie ich meine, erst erträglich, ohne sie zu zerstören. Sie lassen gerade jenen leisen Zweifel in den Text, der uns sowieso - als neuzeitliche Skeptiker, die sich auf nichts mehr wirklich einlassen können, weil sie, aus leidvoller Erfahrung, hinter jeder glatten Oberfläche irgendein Aber vermuten - umtreibt. Warum also nicht zu diesem Gefühl im Gefühl stehen.

Am Ende versinken wir ja doch
So federleicht liegt jetzt die Hand
Auf einer Balustrade Rand.
Und wie Gedanken sich entleeren,
Scheint endlich Ruhe einzukehren.
hoffnungslos und hoffnungsvoll zugleich, ambivalent eben, wie alles in diesem Leben.

Viel Spaß beim Urlaub in den Bergen.

Grüße und Dank

W.
 



 
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