hieronimus
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Sie setzte sich nach dem Frühstück ihre Sonnenbrille auf, öffnete das Fenster und blickte hinaus. Autos starteten und fuhren in die Arbeit, Hunde wurden Gassi geführt, Vögel wechselten die Bäume, Leute diskutierten oder gingen schweigend nebeneinander her. Autos um Autos passierten ihr Gesichtsfeld, auch Fußgänger, Mopeds und Radfahrer, Stunde für Stunde bis der Abend hereinbrach und sie die Brille beim Untergehen der Sonne wieder abnahm. Sie wachte die ganze Nacht hindurch, registrierte aufblitzende Katzenaugen, Rascheln im Unterholz, die betrunken zu spät Heimkommenden, ob fröhlich oder schlecht gelaunt, und schob die Bügel der Brille zum Sonnenaufgang, nachdem sie gefrühstückt hatte, wieder über die Ohren und harrte Stunde für Stunde am Fenster bis der Abend das Zeichen zum Abnehmen der Brille gab und die Nacht bis zum Morgen bevorstand. Tag für Tag verbrachte sie am Fenster, ohne zu zählen vergingen die Wochen, die nahtlos in Monate und Jahre übergingen.