Ciao, Bella, schau

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Walther

Mitglied
Ciao, Bella, schau


Schau mir in mein triefends Auge,
Schau mir tief in mein Glaukom:
Wenn ich Dir zu nichts mehr tauge,
Schrumpf ich gleich zum alten Gnom.

Streichle mir die Wangenfalten,
Wuschle durch mein karges Haar:
Kann mein Wasser kaum noch halten,
Denke auch nicht dauernd klar.

Doch im Herz drin bin ich immer
Jung und Dein und voller Lust:
Ohne Taten schmerzt das schlimmer,
Schlimmer als der ärgste Frust.

Nimm sie, meine Rheumafinger,
Führ sie an die linke Brust:
Liebe wird nicht viel geringer,
Wenn Du langsam gehen musst.

Zeig noch mal Dein sanftes Lachen,
Fahr mir zart am Bein entlang:
Schon gehn sie, die Todesdrachen,
Mir wird warm und gar nicht bang.

Lass uns die Geschichten fühlen,
Die uns bleiben bis zuletzt:
Ich möcht Dir Dein Haar zerwühlen
Und dann wegsein.

Langsam.

Jetzt.
 

Walther

Mitglied
Danke, lb. Elke,
gemein und hinterhältig bin ich eben doch "am besten". :D
Es war mir jedenfalls ein Vergnügen zu vergnügen.:)
Grüßle W.
 
Ciao

Hallo Walther,
die [red]Metrik[/red] stimmt wie immer.
Ich möchte noch etwas dazu sagen.
Liebe im Alter ist ja angeblich etwas sehr Schönes, doch nicht alle alten Augen triefen. Der Glaukom kann operiert werden.
Für mich ist dein Gedicht deprimierend.
Viele Grüße
Marie-Luise
 

Gurke

Mitglied
Hallo Walther,

ich denke bei diesem Titel sofort an das alte italienische, antifaschistische Lied, aber einen Zusammenhang kriege ich nicht zum Text. Er ist übrigens trotzdem gut, auch wenn ich wegen des Titels verzweifelt einen Polit-Inhalt hineininterpretieren will. Aber das sagt der Text nicht. Es geht um einen liebenden Alten. Die letzte Strophe ist stark.

Späte Grüße

Jürgen
 

Walther

Mitglied
Hallo Marie-Louise,
dieses Gedicht ist alles, aber nicht ernst zu nehmen. Meine Augen triefen übrigens gelegentlich, und mein Glaukom muß noch nicht operiert werden.
Worauf ich hinaus will: Auch der Verfall gehört zum Leben, und über Ärgerliches, aber Unvermeidliches lacht man sich am besten hinweg.
Schade, daß Dir diese Absicht verschlossen blieb. Aber gut: Die Lehre ist, daß Humor und Ironie, prustendes Lachen über gut gelungenen Blödsinn nicht auf jeden Einzelnen einfach übertragen werden kann. Es gibt Witze, die nicht für alle welche sind. Und so ist es hier mit uns zwei Beiden.
Trotzdem ein schönes und entspannendes Wochenende.
Lieber Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Hallo Jürgen,
das Ciao, Bella, schau ist in der Tat von diesem Lied "abgeschaut". Der Grund für die Verwendung ist die Wortähnlichkeit des ersten und dritten Worts in der Aussprache; und zweitens: es geht hier auch um einen Abschied.
Statt Tschö oder Tschüß habe ich Ciao verwandt, um das anzuzeigen. Die drei Wörter haben übrigens die gleiche Sprachwurzel.
Ich bin ein passionierter Umdieeckedenker. Das macht den Umgang mit meinen Einfällen manchmal schwierig. Dafür entschuldige ich mich ausdrücklich, werde aber keine wirkliche Besserung geloben, da mein Hirn eben so verdrahtet ist. :)
Lieber Gruß W.
 
Ciao

Hallo Walter

Ich habe noch nie über die Gebrechen anderer Leute lachen können. Da sind wir wirklich verschieden. Doch wie ich aus den Kommentaren der anderen entnehmen kann, stehe ich wohl mit meiner Meinung alleine da.
Danke für die netten Wochenendwünsche.
Ich grüße dich
Marie-Luise

Ps. Folgende Sätze finde ich besonders schlimm:

Schau mir in mein triefends Auge,
Schau mir tief in mein Glaukom:

Kann mein Wasser kaum noch halten,
Denke auch nicht dauernd klar.



Nimm sie, meine Rheumafinger,
Führ sie an die linke Brust:
 

Walther

Mitglied
Moin Marie-Louise,
hier schreibt ein Lyrikich. Und das dürfte das fundamentale Mißverständnis sein. Hier wird nicht sich am Leid Anderer geweidet, hier wird, was sicher kommt, das eigene Schicksal verballhornt bzw. auf die Schippe genommen.
Alles Andere würde ich als eine ungeheuerliche Unterstellung auffassen müssen, die ich mit deutlichen Worten zurückweisen müßte. Das zur Klarstellung.
Aber da es sich hier sicherlich nur um ein bedauerliches Mißverstehen handelt, lasse ich es gut sein. Und wünsche Dir einen besinnlichen Sonntagnachmittag.
Lieber Gruß W.
 



 
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