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Edgars Sohn

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Das Angebot

Es war eine der mondlosen Wüstennächte in Nevada. Sein schwarzer Umhang wehte im Wind, als er den staubigen Weg von seinem Pick-up zu der heruntergekommenen Truckerraststätte ging. Mit großen Schritten näherte er sich der Glastür, über der in einem gefährlichen Winkel eine flackernde Neonreklame hing. Sie zeigte einen Cowboy, der auf den Schriftzug Rodeo deutete.
Es klingelte, als der Mann die Tür aufstieß. Er war Mitte 40, hoch gewachsen und hatte breiten Schultern. In der rechten Hand hielt er einen Cellokasten. Zielstrebig ging er zur Bar.
„Du kommst spät. Der Boss wartet schon. Wärst du noch später gewesen, hätte er dich wohl schon in Stücke gerissen.“ „Schon, klar Matt. Gib mir ´n Bier“. Der Barmann wandte sich ab, schlurfte zum Kühlschrank und nahm eine Dose Schlitz heraus. „Hier. Geht aufs Haus.“ Der Gast griff die Dose und ging an einigen Spielautomaten vorbei zu einer Holztür. Vorsichtig öffnete er sie und trat in einen verräucherten Raum. Hinter einem riesigen Schreibtisch saß ein massiger Kerl in einem Ledersessel. Er grinste. Das diffuse Licht der grünbeschirmten Schreibtischlampe ließ einen Goldzahn aufblitzen. Die Zigarre in seiner Hand entsandte weiterhin dicken Qualm in den Raum. Zu seinen Seiten standen zwei gut gekleidete Herren mittleren Alters. Der Besucher schloss die Tür und lehnte den Cellokasten gegen die Wand.
„Ciao, Tony.“, sagte der Dicke mit rauchiger Stimme, „Ich mache dir ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst. Eigentlich sollte Sunny diesen Job übernehmen, aber er hat mich enttäuscht. Nächsten Freitag wird der Bürgermeister von Powder Junction hier einer Wohltätigkeitsverantstaltung beiwohnen. Du wirst ihm einheizen.“ Mit einem angedeuteten Nicken verabschiedete Tony sich, nahm den Kasten und verließ den Raum wortlos.
An dem folgenden Freitag hielt wieder der Pick-up vor dem Rodeo und wieder lief Tony mit dem Cellokasten den staubigen Weg zur Raststätte entlang. Der Cowboy über der Eingangstür leuchtete nicht. Allerdings hing an der Glastür ein Pappschild mit der Aufschrift:„Dance Tonite“. In dem Gebäude waren Transparente mit den Namen mehrer karitativer Einrichtungen gespannt. Der Bereich vor der Bühne war voller Menschen, die tanzten. Auf der Bühne selbst stand der Barmann mit einer Trompete. Die Band begleitete seinen Blues. Nachdem die schwermütige Melodie verklungen war, nickte er Tony zu. Der erwiderte den Gruß und schritt auf die Bretter. Er legte seinen Cellokasten vor sich und öffnete ihn. Es ertönte ein Klicken und Ratschen. Das Publikum verstummte und richtete den Blick in Richtung Bühne. In der ersten Reihe stand der Bürgermeister. Tony schaute ihn an. Langsam griff er in den Kasten und grinste.
Plötzlich ging alles ganz schnell: Mit einer routinierten Bewegung hob Tony das Instrument heraus. Die Menge johlte, als der Bogen den Saiten die ersten Akkorde des Nevada Waltz entlockte und die Band einstimmte. Die Tanzfläche schien zu brodeln und besonders der Bürgermeister stampfte wie von Sinnen mit seiner Ballschönheit durch den Saal.
In dieser Nacht spielte er zu Ehren des Bürgermeisters noch viele Stücke. Am Ende des Auftritts kam Mr. Corleone aus seinem Hinterzimmer und nickte wohlwollend. Tony wusste, dass seine Zukunft als Cellist gesichert war.

© 2004 by Hans-Rasmus Steinke
 

chrissieanne

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hallöchen edgars sohn,
hat mir gut gefallen die geschichte. so wie ich sie gelesen habe, sollte eine düstere spelunkenatmosphäre gezeichnet werden mit dem klassischem barmann und dem bad big boss im hinterzimmer. der leser soll denken, dass der bürgermeister erledigt werden soll.
das ist dir schon gelungen. nur würde ich nicht von anfang an von einem cellokasten schreiben. nur einfach ein schwarzer kasten.
dann kommt der schluss wirklich überraschend.
an einer stelle schreibst du "der gast" nimmt das bier. . da würde ich beim "der mann" bleiben.
ansonsten hats mir spaß bereitet, deine kleine geschichte zu lesen.
viele grüße von
chrissieanne
 

Edgars Sohn

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liebe chrissieanne!
ich wollte gezielt mit den mafiaclishees arbeiten, dies kam am besten mit dem cellokasten rüber. das mit dem der mann könnt ich mir noch überlegen.
vielen damk und liebe grüße
Edgars Sohn
 



 
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