Das Fest der Schäfer

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Pfefferminze

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Das war ja mal wieder eine Hektik im Hause. Schon seit heute morgen.
Tom war voller Freude aufgewacht und hatte das letzte Türchen am Adventskalender aufgemacht.
\"Hurra, heute ist Heilig Abend! Heute kommt das Christkind!\" schrie er lautstark, als er mit voller Wucht zu seinen Eltern ins Bett sprang.
\"Sti-hi-lle Nacht!\" sang er und \"Oh, du fröhliche-e!\"
Verschlafen schaute Papa auf seine Uhr. Überhaupt nicht fröhlich sprang er aus dem Bett und rief: \"Was? Schon so spät?\"
Still war es nun auch nicht mehr. Papa zählte auf, was noch alles erledigt werden musste: einen Baum kaufen, den Gänsebraten vorbereiten, die letzten Geschenke verpacken und ein Geschenk für Mama kaufen.
Sonst schmusen Mama, Papa und Tom am Wochenende noch lange oder toben im großen Bett oder erfinden Geschichten und verstecken sich unter der Bettdecke. Aber dazu war heut keine Zeit.
Mama und Papa waren so schnell aufgestanden und in Bad und Küche verschwunden, dass Tom ganz verwundert und alleine im großen Bett saß.
\"Okay, dann erst mal frühstücken und dann ruf ich Oma und Opa an. Vielleicht haben die Zeit für mich.\"
Als Tom in die Küche kam, war er sehr erstaunt: Papa, schon fertig angezogen, trank seinen Kaffee im Stehen und war schon auf dem Weg zur Wohnung raus. Mama war zwar noch im Bad, aber sie rief Papa noch 142 Dinge zu, die er in der Stadt erledigen sollte.
\"Hallo Tom! Ein bisschen stressig heute, ich weiß\", entschuldigte sich Papa, \"hier eine Tasse Kaba und ein Nutellabrot. Ich muss schnell los, hilf der Mama ein bisschen.\" Er drückte Tom einen Kuss auf die Stirn, ließ seine nur halbleergetrunkene Tasse stehen und war verschwunden.
\"Seltsam!\", dachte Tom und trank schweigend seinen Kaba und kaute an seinem Nutellabrot.
Mama kam aus dem Bad und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Aber statt sich zu Tom an den Frühstückstisch zu setzen, fing sie an in der Küche zu werkeln. Kartoffeln schälen, Gemüse putzen, nebenbei noch einen Kuchenteig rühren. \"Ich helf dir Mama,\" sagte Tom, denn er war ein ganz großer Kartoffelschäler.
\"Du hilfst mir am meisten, wenn du ganz lieb bist und in deinem Zimmer ein bisschen spielst. Ich hab noch sooo viel zu tun.\"
Hatte Mama denn vergessen, dass heute Heilig Abend ist?
Tom ging in den Flur und rief Oma an.
\"Hallo Oma, kommst du mich besuchen?\" fragte Tom, kaum dass Oma den Hörer abgenommen hatte. \"Du kannst einen Cappuccino trinken und wir können einen Legoturm bauen.\"
\"Tut mir leid mein Engel,\" antwortete Oma, \"ich hab noch sooo viel zu tun. Aber heute Abend kommen wir ja zu euch, da können wir zusammen spielen. Ich geb dir mal den Opa.\"
\"Hallo Tom, hat heute auch keiner für dich Zeit?\" begrüßte Opa seinen Enkel. \"Oma hat mich verjagt, sie hat gesagt, ich soll am besten aus dem Haus gehen, damit sie in Ruhe alles vorbereiten kann.\"
\"Kommst du zu mir?\"
\"Ich hol dich gleich ab, wir gehen ein bisschen spazieren, die Sonne scheint und vielleicht können wir einen Schneemann bauen.\"
\"Bis gleich!\" verabschiedete sich Tom und legte auf.
Dann rannte er ins Bad zum Zähneputzen, zog seinen Lieblingspullover an und die Schneehose.
\"Wo sind meine Mütze, mein Schal von Oma und meine Handschuhe?\" schrie Tom durch die Wohnung.
\"Pass besser auf deine Sachen auf, ich hab keine Zeit, dir ständig hinterherzuräumen!\" kam die genervte Stimme von Mama aus der Küche.
Tom traute sich nicht noch mal zu fragen und suchte lieber selbst an all den Plätzen, an denen Mama sonst eine Sachen fand: unter der Kommode, im Schirmständer, auf der Heizung.
Kaum war Tom fertig angezogen, klingelte es schon an der Haustür.
Opa war da.
\"Hallo Papa\", begrüßte Mama Opa mit Händen voller Kuchenteig, \"kannst du nicht ein bisschen mit Tom spielen? Ich hab noch sooo viel zu tun!\"
\"Ich nehm Tom mit, wir machen einen Weihnachts-Winter-Schnee-Spaziergang. Und mit diesen Worten waren Tom und Opa schon zur Tür draußen.
Tom und Opa gingen oft spazieren. Sie kannten die besten Stellen um Steine in den Bach zu werfen oder um Pferde zu füttern. Auch diesmal gingen sie die verschneiten Wege entlang und waren neugierig, was sie heute entdecken würden.
Und tatsächlich gab es heute etwas besonderes. Auf der großen Wiese hütete ein Schäfer seine Schafe.
\"Guten Tag und frohe Weihnachten!\" rief ihnen der Schäfer schon von weitem zu.
\"Kommt doch ein bisschen zu mir rüber, ich hab grad Tee gekocht, wollt ihr euch nicht ein bisschen zu mir setzen?
Da entdeckte Tom den kleinen Wohnwagen, der unter einem Baum stand. Nicht so ein neuer, wie sie auf Campingplätzen stehen, sondern so ein alter aus Holz, der mit Schafen bemalt war.
Opa und Tom sagten natürlich nicht nein, denn so einen Wohnwagen wollten beide gerne Mal aus der Nähe sehen.
\"Willkommen in meinem Zuhause!\" begrüßte sie der Schäfer. \"Ich bin Karl und ich freue mich, Gäste zu meinem Schäferfest zu haben! Setzt euch doch bitte.\" Karl zeigte auf eine gemütliche Holzbank mit einem kleinen Tisch davor auf dem schon drei Tassen Tee dampften.
\"Ich bin Tom und das ist mein Opa.\" stellte Tom sich vor. \"Aber heute ist nicht Schäferfest, sondern Weihnachten.\"
Lange sagte der Schäfer gar nichts und blickte nur in den Dampf, der aus seiner Teetasse aufstieg.
\"Hmmm, für uns Schäfer macht das keinen Unterschied.\"
Tom schaute begeistert zu dem Schäfer. Das klang so, als sollte jetzt eine spannende Geschichte folgen. Und er wurde nicht enttäuscht.
\"Weißt du Tom, schon lange leben wir Schäfer so wie ich hier. In kleinen Holzwägen, in einfachen Hütten. Wir wachen bei unseren Schafen und wir sind für sie da, wenn sie uns brauchen. Seit Tausenden von Jahren ist das so.
Aber alle Leute sind so in Hektik, dass sie keine Zeit haben, sich zu uns Schäfern zu setzen und unseren Geschichten zu lauschen.
Es freut mich, dass ihr beide heute die Zeit gefunden habt, bei mir vorbei zu schauen.\"
\"Heute hat ja keiner Zeit für mich,\" beschwerte sich Tom, \"alle haben immer sooo viel zu tun.
Was ist denn das Fest der Schäfer?\" drängte er Karl weiter zu erzählen. \"Was feierst du denn eigentlich?\"
\"Wie schon gesagt,\" setzte Karl seine Geschichte fort, \" den Beruf des Schäfers gibt es schon seit vielen Tausend Jahren. Und immer saßen die Schäfer bei ihren Schafen und achteten darauf, dass ihnen nichts passierte.
Und so war es auch vor über 2000 Jahren in einem fernen Land. Da saßen ein paar Schäfer des Nachts zusammen. Sie hüteten ihre Schafe, sie tranken warmen Tee um sich zu wärmen, sie erzählten sich Geschichten um sich die Zeit zu vertreiben. Es war sehr kalt und sie hatten nicht so einen schönen Wohnwagen wie ich. Sie saßen um ein Feuer und um nicht zu frieren wickelten sie sich immer fester in ihre Decken.
Es wurde Nacht und einer nach dem anderen schief ein. Nur ein Schäfer blieb wach. Er saß alleine da und bewunderte die Sterne am Himmel.
Da wurde es plötzlich ganz hell um ihn und er sah einen Engel vor sich stehen. Kannst du dir vorstellen, wie er da erschrocken ist, Tom? Einen Engel zu sehen, so schön, hell und strahlend? Er weckte die anderen Schäfer und auch sie waren sehr erschrocken.
\"Habt keine Angst vor mir!\" beruhigte sie der Engel. \"Ich will euch nichts Böses tun. Ich will euch erzählen, was heute Nacht passiert ist. Es ist etwas wunderbares, das alle Welt glücklich machen wird. Heute Nacht ist ein König geboren.\"
Das verwunderte die Schäfer sehr, denn sie hatten nichts davon gehört, dass die Geburt eines Königssohnes erwartet wurde. Und sie wunderten sich auch darüber, dass dieser Engel gerade zu ihnen gekommen war, zu den Schäfern, die doch niemand mag. Nein, das konnte doch nicht stimmen.
Aber da sahen die Schäfer noch ganz viele Engel und die sangen so wunderschön, dass ihnen ganz leicht wurde und sie sich glücklich fühlten wie noch nie.
\"Kommt!\" riefen sich die Schäfer zu, \"Wir wollen uns das Kind ansehen, dort in dem Stall, wie es uns die Engel erzählt haben!\"
Und sie gingen los und sie fanden den Stall und tatsächlich fanden sie auch das Kind. Und obwohl das Kind nur in einer Krippe lag, spürten die Schäfer, dass der Engel recht hatte. In dieser Nacht war ein König geboren.
Die Schäfer gingen wieder zurück zu ihren Schafen und sie erzählten allen Menschen, was sie gesehen hatten. Und wenn immer sich jemand die Zeit nahm und sich zu den Schäfern ans Feuer setzte, erzählten sie ihm ihre Erlebnisse.
Und so ist das Fest der Schäfer entstanden. Wir Schäfer feiern es um an diese wundersame Nacht zu erinnern.\"
\"Also dann ist Weihnachten auch ein Schäferfest?\" fragte Tom begeistert. \"Und wie feierst du das?\"
\"Ich lade Leute ein, die hier vorbeikommen mit mir eine Tasse Tee zu trinken und vielleicht zu Abend zu essen und wenn sie Lust haben, erzähle ich ihnen Schäfergeschichten.\"
\"Das würde mir gefallen,\" schwärmte Tom, \"Heute kommen Oma und Opa zu Besuch und es gibt einen Gänsebraten. Ich würde aber lieber Würstchen essen.\"
\"Oh, ja! So wie früher.\" erinnerte sich Opa. \"Da hat es bei uns immer Würstchen und Kartoffelsalat gegeben. Das war schön und es gab auch nicht so eine große Hektik, weil ja gar nicht so viel vorzubereiten war.\"
Und so saßen Opa, Tom und Karl noch lange zusammen, bis es für Opa und Tom Zeit wurde sich zu verabschieden und heimzugehen.
Zuhause angekommen, spürten die beiden gleich, dass etwas nicht in Ordnung war. Es roch irgendwie komisch. Mama saß in der Küche und weinte, Papa schimpfte im Wohnzimmer vor sich hin und Oma lief aufgeregt durch die ganze Wohnung.
Was war passiert?
Papa hatte den Gänsebraten im Ofen vergessen, Mama hatten den Kuchen fallen lassen und Oma war beim Schmücken des Baumes auf die Lichterkette getreten.
\"Das ist nur, weil wir noch sooo viel zu tun hatten!\" entschuldigten sich alle drei.
\"So, jetzt ist genug mit der Weihnachtshektik!\" rief Opa energisch durch das ganze Durcheinander.
\"Alle warm anziehen. Wir gehen weg.\"
Niemand wagte zu widersprechen. Opa ging in die Küche, suchte ein paar Dinge zusammen, packte sie in einen großen Korb und dann machten sich alle zusammen auf den Weg. Tom war neugierig und wollte wissen, wo es hinginge.
\"Dahin, wo es keine Weihnachtshektik gibt. Zum Fest der Schäfer.\"
Und so kamen am Weihnachtsabend fünf vermummte Gestalten mit einem großen Korb am Wohnwagen des Schäfers an.
Opa packte die Würstchen aus, die er in der Kühltruhe gefunden hatte und Karl machte ein kleines Lagerfeuer in dem sie Kartoffeln garen konnten.
Es gab Tee für alle und es war das wunderschönste Weihnachtsfest, das Tom je erlebt hatte.
 

Pfefferminze

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Das war ja mal wieder eine Hektik im Hause. Schon seit heute morgen.
Tom war voller Freude aufgewacht und hatte das letzte Türchen am Adventskalender aufgemacht.
"Hurra, heute ist Heilig Abend! Heute kommt das Christkind!" schrie er lautstark, als er mit voller Wucht zu seinen Eltern ins Bett sprang.
"Sti-hi-lle Nacht!" sang er und "Oh, du fröhliche-e!"
Verschlafen schaute Papa auf seine Uhr. Überhaupt nicht fröhlich sprang er aus dem Bett und rief: "Was? Schon so spät?"
Still war es nun auch nicht mehr. Papa zählte auf, was noch alles erledigt werden musste: einen Baum kaufen, den Gänsebraten vorbereiten, die letzten Geschenke verpacken und ein Geschenk für Mama kaufen.
Sonst schmusen Mama, Papa und Tom am Wochenende noch lange oder toben im großen Bett oder erfinden Geschichten und verstecken sich unter der Bettdecke. Aber dazu war heut keine Zeit.
Mama und Papa waren so schnell aufgestanden und in Bad und Küche verschwunden, dass Tom ganz verwundert und alleine im großen Bett saß.
"Okay, dann erst mal frühstücken und dann ruf ich Oma und Opa an. Vielleicht haben die Zeit für mich."
Als Tom in die Küche kam, war er sehr erstaunt: Papa, schon fertig angezogen, trank seinen Kaffee im Stehen und war schon auf dem Weg zur Wohnung raus.
Mama war zwar noch im Bad, aber sie rief Papa noch 142 Dinge zu, die er in der Stadt erledigen sollte.
"Hallo Tom! Ein bisschen stressig heute, ich weiß", entschuldigte sich Papa, "hier eine Tasse Kaba und ein Nutellabrot. Ich muss schnell los, hilf der Mama ein bisschen."
Er drückte Tom einen Kuss auf die Stirn, ließ seine nur halbleergetrunkene Tasse stehen und war verschwunden.
"Seltsam!", dachte Tom und trank schweigend seinen Kaba und kaute an seinem Nutellabrot.
Mama kam aus dem Bad und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Aber statt sich zu Tom an den Frühstückstisch zu setzen, fing sie an in der Küche zu werkeln. Kartoffeln schälen, Gemüse putzen, nebenbei noch einen Kuchenteig rühren.
"Ich helf dir Mama," sagte Tom, denn er war ein ganz großer Kartoffelschäler.
"Du hilfst mir am meisten, wenn du ganz lieb bist und in deinem Zimmer ein bisschen spielst. Ich hab noch sooo viel zu tun."
Hatte Mama denn vergessen, dass heute Heilig Abend ist?
Tom ging in den Flur und rief Oma an.
"Hallo Oma, kommst du mich besuchen?" fragte Tom, kaum dass Oma den Hörer abgenommen hatte. "Du kannst einen Cappuccino trinken und wir können einen Legoturm bauen."
"Tut mir leid mein Engel," antwortete Oma, "ich hab noch sooo viel zu tun. Aber heute Abend kommen wir ja zu euch, da können wir zusammen spielen. Ich geb dir mal den Opa."
"Hallo Tom, hat heute auch keiner für dich Zeit?" begrüßte Opa seinen Enkel. "Oma hat mich verjagt, sie hat gesagt, ich soll am besten aus dem Haus gehen, damit sie in Ruhe alles vorbereiten kann."
"Kommst du zu mir?"
"Ich hol dich gleich ab, wir gehen ein bisschen spazieren, die Sonne scheint und vielleicht können wir einen Schneemann bauen."
"Bis gleich!" verabschiedete sich Tom und legte auf.
Dann rannte er ins Bad zum Zähneputzen, zog seinen Lieblingspullover an und die Schneehose.
"Wo sind meine Mütze, mein Schal von Oma und meine Handschuhe?" schrie Tom durch die Wohnung.
"Pass besser auf deine Sachen auf, ich hab keine Zeit, dir ständig hinterherzuräumen!" kam die genervte Stimme von Mama aus der Küche.
Tom traute sich nicht noch mal zu fragen und suchte lieber selbst an all den Plätzen, an denen Mama sonst eine Sachen fand: unter der Kommode, im Schirmständer, auf der Heizung.
Kaum war Tom fertig angezogen, klingelte es schon an der Haustür.
Opa war da.
"Hallo Papa", begrüßte Mama Opa mit Händen voller Kuchenteig, "kannst du nicht ein bisschen mit Tom spielen? Ich hab noch sooo viel zu tun!"
"Ich nehm Tom mit, wir machen einen Weihnachts-Winter-Schnee-Spaziergang. Und mit diesen Worten waren Tom und Opa schon zur Tür draußen.
Tom und Opa gingen oft spazieren. Sie kannten die besten Stellen um Steine in den Bach zu werfen oder um Pferde zu füttern. Auch diesmal gingen sie die verschneiten Wege entlang und waren neugierig, was sie heute entdecken würden.
Und tatsächlich gab es heute etwas besonderes. Auf der großen Wiese hütete ein Schäfer seine Schafe.
"Guten Tag und frohe Weihnachten!" rief ihnen der Schäfer schon von weitem zu.
"Kommt doch ein bisschen zu mir rüber, ich hab grad Tee gekocht, wollt ihr euch nicht ein bisschen zu mir setzen?
Da entdeckte Tom den kleinen Wohnwagen, der unter einem Baum stand. Nicht so ein neuer, wie sie auf Campingplätzen stehen, sondern so ein alter aus Holz, der mit Schafen bemalt war.
Opa und Tom sagten natürlich nicht nein, denn so einen Wohnwagen wollten beide gerne Mal aus der Nähe sehen.
"Willkommen in meinem Zuhause!" begrüßte sie der Schäfer. "Ich bin Karl und ich freue mich, Gäste zu meinem Schäferfest zu haben! Setzt euch doch bitte."
Karl zeigte auf eine gemütliche Holzbank mit einem kleinen Tisch davor auf dem schon drei Tassen Tee dampften.
"Ich bin Tom und das ist mein Opa." stellte Tom sich vor. "Aber heute ist nicht Schäferfest, sondern Weihnachten."
Lange sagte der Schäfer gar nichts und blickte nur in den Dampf, der aus seiner Teetasse aufstieg.
"Hmmm, für uns Schäfer macht das keinen Unterschied."
Tom schaute begeistert zu dem Schäfer. Das klang so, als sollte jetzt eine spannende Geschichte folgen. Und er wurde nicht enttäuscht.
"Weißt du Tom, schon lange leben wir Schäfer so wie ich hier. In kleinen Holzwägen, in einfachen Hütten. Wir wachen bei unseren Schafen und wir sind für sie da, wenn sie uns brauchen. Seit Tausenden von Jahren ist das so.
Aber alle Leute sind so in Hektik, dass sie keine Zeit haben, sich zu uns Schäfern zu setzen und unseren Geschichten zu lauschen.
Es freut mich, dass ihr beide heute die Zeit gefunden habt, bei mir vorbei zu schauen."
"Heute hat ja keiner Zeit für mich," beschwerte sich Tom, "alle haben immer sooo viel zu tun.
Was ist denn das Fest der Schäfer?" drängte er Karl weiter zu erzählen. "Was feierst du denn eigentlich?"
"Wie schon gesagt," setzte Karl seine Geschichte fort, "den Beruf des Schäfers gibt es schon seit vielen Tausend Jahren. Und immer saßen die Schäfer bei ihren Schafen und achteten darauf, dass ihnen nichts passierte.
Und so war es auch vor über 2000 Jahren in einem fernen Land. Da saßen ein paar Schäfer des Nachts zusammen. Sie hüteten ihre Schafe, sie tranken warmen Tee um sich zu wärmen, sie erzählten sich Geschichten um sich die Zeit zu vertreiben. Es war sehr kalt und sie hatten nicht so einen schönen Wohnwagen wie ich. Sie saßen um ein Feuer und um nicht zu frieren wickelten sie sich immer fester in ihre Decken.
Es wurde Nacht und einer nach dem anderen schief ein. Nur ein Schäfer blieb wach. Er saß alleine da und bewunderte die Sterne am Himmel.
Da wurde es plötzlich ganz hell um ihn und er sah einen Engel vor sich stehen. Kannst du dir vorstellen, wie er da erschrocken ist, Tom? Einen Engel zu sehen, so schön, hell und strahlend? Er weckte die anderen Schäfer und auch sie waren sehr erschrocken.
"Habt keine Angst vor mir!" beruhigte sie der Engel. "Ich will euch nichts Böses tun. Ich will euch erzählen, was heute Nacht passiert ist. Es ist etwas wunderbares, das alle Welt glücklich machen wird. Heute Nacht ist ein König geboren."
Das verwunderte die Schäfer sehr, denn sie hatten nichts davon gehört, dass die Geburt eines Königssohnes erwartet wurde. Und sie wunderten sich auch darüber, dass dieser Engel gerade zu ihnen gekommen war, zu den Schäfern, die doch niemand mag. Nein, das konnte doch nicht stimmen.
Aber da sahen die Schäfer noch ganz viele Engel und die sangen so wunderschön, dass ihnen ganz leicht wurde und sie sich glücklich fühlten wie noch nie.
"Kommt!" riefen sich die Schäfer zu, "Wir wollen uns das Kind ansehen, dort in dem Stall, wie es uns die Engel erzählt haben!"
Und sie gingen los und sie fanden den Stall und tatsächlich fanden sie auch das Kind. Und obwohl das Kind nur in einer Krippe lag, spürten die Schäfer, dass der Engel recht hatte. In dieser Nacht war ein König geboren.
Die Schäfer gingen wieder zurück zu ihren Schafen und sie erzählten allen Menschen, was sie gesehen hatten. Und wenn immer sich jemand die Zeit nahm und sich zu den Schäfern ans Feuer setzte, erzählten sie ihm ihre Erlebnisse.
Und so ist das Fest der Schäfer entstanden. Wir Schäfer feiern es um an diese wundersame Nacht zu erinnern."
"Also dann ist Weihnachten auch ein Schäferfest?" fragte Tom begeistert. "Und wie feierst du das?"
"Ich lade Leute ein, die hier vorbeikommen mit mir eine Tasse Tee zu trinken und vielleicht zu Abend zu essen und wenn sie Lust haben, erzähle ich ihnen Schäfergeschichten."
"Das würde mir gefallen," schwärmte Tom, "Heute kommen Oma und Opa zu Besuch und es gibt einen Gänsebraten. Ich würde aber lieber Würstchen essen."
"Oh, ja! So wie früher." erinnerte sich Opa. "Da hat es bei uns immer Würstchen und Kartoffelsalat gegeben. Das war schön und es gab auch nicht so eine große Hektik, weil ja gar nicht so viel vorzubereiten war."
Und so saßen Opa, Tom und Karl noch lange zusammen, bis es für Opa und Tom Zeit wurde sich zu verabschieden und heimzugehen.
Zuhause angekommen, spürten die beiden gleich, dass etwas nicht in Ordnung war. Es roch irgendwie komisch. Mama saß in der Küche und weinte, Papa schimpfte im Wohnzimmer vor sich hin und Oma lief aufgeregt durch die ganze Wohnung.
Was war passiert?
Papa hatte den Gänsebraten im Ofen vergessen, Mama hatten den Kuchen fallen lassen und Oma war beim Schmücken des Baumes auf die Lichterkette getreten.
"Das ist nur, weil wir noch sooo viel zu tun hatten!" entschuldigten sich alle drei.
"So, jetzt ist genug mit der Weihnachtshektik!" rief Opa energisch durch das ganze Durcheinander.
"Alle warm anziehen. Wir gehen weg."
Niemand wagte zu widersprechen. Opa ging in die Küche, suchte ein paar Dinge zusammen, packte sie in einen großen Korb und dann machten sich alle zusammen auf den Weg. Tom war neugierig und wollte wissen, wo es hinginge.
"Dahin, wo es keine Weihnachtshektik gibt. Zum Fest der Schäfer."
Und so kamen am Weihnachtsabend fünf vermummte Gestalten mit einem großen Korb am Wohnwagen des Schäfers an.
Opa packte die Würstchen aus, die er in der Kühltruhe gefunden hatte und Karl machte ein kleines Lagerfeuer in dem sie Kartoffeln garen konnten.
Es gab Tee für alle und es war das wunderschönste Weihnachtsfest, das Tom je erlebt hatte.
 



 
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