Das Kürbisfest

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Wendy

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Das Kürbisfest

Heute Abend will sich die Vorschulklasse zu einem Laternenumzug treffen. Dennis, Marc und Amanda sind schon ganz aufgeregt und plappern laut durcheinander.
„Stopp, stopp, stopp, Kinder! Nicht alle auf einmal reden! Wer kann mir denn sagen warum wir heute diesen Laternenumzug machen?“, fragt die Lehrerin.
„Damit wir unsere selbst gebastelten Laternen durch die Straßen tragen können!“, antwortet der blonde Dennis.
Marc meldet sich: „Gar nicht wahr, wir feiern das Kürbisfest.“
„Gut, Marc“, lobt ihn Frau Billert. „Kannst du uns noch ein bisschen mehr darüber erzählen?“
„Na ja, das ist so…“, beginnt Marc etwas schüchtern.
Amanda fällt ihm gleich ins Wort: „Mein Papa schlachtet einen Kürbis und schnitzt ein gruseliges Gesicht in den Kopf und dann schimpft meine Mutter immer mit ihm, weil er die Küche so schmutzig macht.“
Frau Billert muss sich das Lachen verkneifen und ermuntert Marc weiter zu sprechen.
„Na ja, meine Oma hat gesagt, dass dieser Brauch vom Erntedankfest stammt, so war es früher. Dieser neumodische Kram, wie Halloween, kommt aus Amerika und ist nur Volksverdummung.“
Dennis mischt sich ein: „Frau Billert, ich weiß das ganz genau, mein Opa Rick kommt aus Amerika. Er hat mir alles klitzeklein von Halloween erzählt. Die Kinder verkleiden sich dort als Hexen, Geister oder auch als Gute Fee, sie gehen von Haus zu Haus und klopfen an die Türen und sagen: Trick or Treat. Viele Nachbarn sind freundlich, sie schenken den Kindern Süßigkeiten, aber wenn sie nichts geben, dann, oh je, oh je…“ Dennis lacht sich halb schief und hält seine Hand vor den Mund.
„Was machen sie dann, wenn sie nichts geschenkt bekommen?“, fragt Marc neugierig.
Geheimnisvoll kichert Dennis und flüstert naseweiß: „Die schmieren schwarze Schuhcreme auf die Türklinke oder beschmieren die Fenster mit Spüli und manche Kinder kippen sogar volle Mülltonnen um.“
„Ach nein, Dennis. Das finde ich gar nicht so toll was dir da dein Opa beibringt. Ich glaube, ich muss mit ihm mal ein ernstes Wörtchen reden. Halloween wurde nämlich schon lange vor Christi Geburt in Irland gefeiert. Bei den Kelten endete damals das Kalenderjahr schon am 31. Oktober. Die Einwohner gingen von Tür zu Tür und tauschten ausgehöhlte, beleuchtete Zuckerrüben gegen andere Opfergaben aus. Wer nichts gab, bei dem wurde eine Hexe an die Tür gemalt. Tja, so war das damals, aber jetzt legt eure Decken und Kissen in einen Kreis und ich erzähle euch wie das Kürbisfest bei uns zu Hause gefeiert wurde.

Damals war ich ungefähr so alt wie ihr jetzt. Ich erinnere mich noch ganz genau daran. Meine Eltern hatten einen Garten, im Frühjahr legte mein Vater Kürbiskerne in die umgepflügte Erde. Jeden Tag rannte ich zum Feld und schaute nach, ob die orangefarbenen Kürbisse endlich so weit waren, doch es war noch nichts zu sehen. Nach einiger Zeit lugten die ersten Sprösslinge aus dem Boden. In den nächsten Wochen schlängelten sich verzweigte Ranken auf dem Boden entlang. Später bildeten sich an den grünen, rauen Blättern wunderschöne goldgelbe Blüten. Munter summten die Bienen umher und saugten den süßen Nektar aus den Blütenkelchen. Wenn meine Mutter das sah, sagte sie zufrieden: „Das wird wieder ein gutes Kürbisjahr.“
Bis zur Ernte dauerte es so lange, dass ich meistens die Kürbisse vergessen hatte.
Im September war es endlich soweit, meine Mutter holte die ersten Kürbisse in die Küche. Sie hatte von meiner Oma einige Rezepte und machte süß-saures Kürbisgemüse ein. Sehr zu meinem Leidwesen kochte sie auch Kürbissuppe, die ich überhaupt nicht mochte. Am leckersten war ihr Kürbiskuchen. Wenn meine Mutter mit allem fertig war, legte sie die weißen Samen zum trocknen auf ein sauberes Küchentuch. Vater und ich konnten es kaum abwarten, bis wir den leeren Kürbiskopf haben durften. Ich malte ein schönes Gesicht mit Mund, Nase und Augen darauf und mein Vater schnitt die von mir markierten Stellen mit einem kleinen, scharfen Küchenmesser aus. Den fertigen Kürbiskopf stellten wir abends mit einer brennenden Kerze auf den breiten Zaunpfeiler. Uuuh, in dem Jahr grinste das Gesicht besonders furchterregend, es zog die Nachbarn magisch an.

Wir standen lange auf der Straße und sangen Laternenlieder. Eines ging so:


Ich gehe mit meiner Laterne
Und meine Laterne mit mir
Dort oben leuchten die Sterne
Und unten leuchten wir
Mein Licht geht aus
Ich geh nach Haus
Ra-bimmel, ra-bammel, ra-bumm.

Wenn es dann draußen richtig dunkel und kalt wurde, brachte meine Mutter uns warmen Kakao und selbstgebackene Plätzchen vor die Tür, und mein Opa erzählte uns tolle Geschichten. Viel später als sonst, wurde es leider auch für mich Schlafenszeit. Meine Mutter musste immer erst unter meinem Bett und in den Schränken nachsehen, damit sich auch keine Geister in meinem Zimmer versteckten. Etwas ängstlich zog ich mir die Decke über den Kopf. Noch lange lag ich wach und summte ganz leise: Ra-bimmel, ra-bammel, ra-bumm. Insgeheim freute ich mich schon auf das nächste Kürbisfest.“

Dennis guckt seine Lehrerin fragend an. „Komisch, Frau Billert“, sagt er, „ sie brauchten doch gar keine Angst zu haben, die beleuchteten Kürbisse verscheuchen doch alle Gespenster. Oder?“
Frau Billert nickt: „Da hast du vollkommen recht, Dennis. Du bist ein kluges Kerlchen, aber daran habe ich als kleines Mädchen nicht gedacht.“

Bing, bang, bong, der Schulgong ertönt und verkündet das Ende der Stunde. Langsam erheben sich die Kinder und legen ihre Decken zusammen.
„Also, wir treffen uns heute Abend um sechs Uhr vor der Schule und vergesst bitte nicht eure Laternen mitzubringen“, erinnert Frau Billert die Kleinen noch einmal. „Bis dann!“

Fröhlich singen Dennis, Marc und Amanda beim Verlassen des Klassenzimmers: "Die Schul´ ist aus, wir geh´n nach Haus, ra-bimmel, ra-bammel, ra-bumm."
 
Hallo Wendy,

eine nette Geschichte, die den Kindern auch mal erzählt, wo Halloween tatsächlich seinen Ursprung hatte. Übrigens haben wir das Lied von der Laterne immer zum Laternenumzug und nicht zu Halloween gesungen, macht aber nix.

Lieber Gruß
Märchentante
 

Wendy

Mitglied
Da hast du recht, Märchentante, dieses Lied haben wir in Berlin auch zum Laternenumzug gesungen. Hm, hier in Hessen singen es die Kids bei jedem "Laternenanlass".
Danke für deine netten Zeilen.

Liebe Grüße

Wendy
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

sehr nette geschichte. anschaulich und gut für kinder geeignet. nur die rüge an den opa würde ich etwas überarbeiten, kommt sonst so holhammermäßig rüber.
wir haben damals auch gesungen
laterne, laterne, sonne, mond und sterne, brenne auf, mein licht, brenne auf, mein licht, aber nur meine liebe laterne nicht.
ich finde halloween auch ziemlich bescheuert. das mit den streichen.
lg
 

Wendy

Mitglied
Meine Enkel fragten mich eines Tages: "Woher kommen die großen Kürbisse, die auf dem Feld liegen?"
Dennis wollte dann wissen, warum es eigentlich Halloween gibt.
Mein Mann setzte sich mit den Jungens hin und erzählte ihnen, wie er in Amerika Halloween als Kind erlebte. Als ich das hörte, schimpfte ich mit ihm und sagte, er setze den Kleinen Flausen in den Kopf.

Herzliche Grüße
Wendy
 

Mimmikux

Mitglied
Warum lässt du da nicht den Großvater die Geschichte den Enkeln erzählen und den vorlauten Enkel sagen " Unsere Lehrerin hat da aber was anderes erzählt...." Für eine Schulgeschichte finde ich es zu ungruselig. Vielleicht haben sie sich unter eine Decke gekuschelt oder vor den Kamin.

Die Idee für die Geschichte finde ich toll, aber wie gesagt, das Umfeld ist mir noch zu ungemütlich.

LG

Mimmi
 

Wendy

Mitglied
Hallo Mimmikux,

danke für deinen Kommentar. Die Idee hatte ich auch mit dem Opa, aber ich hatte davor die Geschichte mit der hochnäsigen Sonnenblume geschrieben. Opa Julius spielte hier mit. So musste die Lehrerin herhalten.
Die Geschichte war auch nicht als gruselige Sache zu verstehen, sondern eher für Fragen wie: Woher kommt der Kürbis und warum feiern wir Halloween.
Werde trotzdem deine Idee aufnehmen und sie nächstes Jahr umsetzen.

Liebe Grüße
Wendy
 



 
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