Dat Notgröschelchen - Püttmann ... Folge 14

Dat Notgröschelchen

Irgendwie musste ich wohl den Immobilienheini mächtig stinkig gemacht haben!
Berta war auf mich auch nicht gut zu sprechen. Sie hätte den Kaufvertrag für die Ibiza-Wohnung am liebsten noch abends im Rausche der salbungsvollen Maklerworte und der untergehenden Sonne unterschrieben.
Alle Einwände gegen den Kauf prallten bei ihr ab! Die Frau war einfach nich mehr zu bremsen. Die Insel macht die Menschen verrückt! Deshalb gibt et hier auch so viele Seelenklempner, quasi so Kollegen von mir. Die Brüder malochen zwar nich mit die Rohrzange, dafür schreiben se aber fettere Rechnungen. Wenn Berta so weiter machte, war ich auch bald reif für son Psychoheini.

Kaum lag ich inne Heia, fing Berta schon wieder mit dem verdammten Reizthema "Makler“ an: „Also", sachte se, "wie Du den Mann behandelt hass, dat war sehr unhöflich. Er hat sich doch sonne Arbeit gemacht, stundenlang iss er mit uns die vielen Wohnungen abklabastert. Nee, Wilhelm, dat war wirklich nich schön von Dir!
Die letzte Wohnung hat mir besonders gut gefallen. Der Wohnungszuschnitt, die Größe, die Südwestlage, der Blick auf dat Meer, Schiebefenster, zwei Schlafzimmer, zwei Bäder, herrlich! Bei der Größe könnten wir auch gut meine Mutter mit in Urlaub. die Wohnung iss wie für uns alle gebacken.“
Dat mit ihrer Mutter überhörte ich ma ausnahmsweise.

Sorgenvoll erinnerte ich mein Bertalein an den hohen Kaufpreis: „Ja, ja, Berta, bei dem vielen Geld kann sonne Wohnung jeder backen.“
Ich kriegte die Frau nich klein: „Fängse schon wieder an mit Deine verdammte Pfennigfuchserei?
Willi, und wenn wir schon ma beim Thema Geld sind, wie kannze eigentlich so plötzlich dreißigtausend Euro aussem Ärmel zaubern? Wie geht dat, so mir nix, dir nix? Hasse im Lotto gewonnen und Dir die Moneten heimlich inne Tasche gesteckt?“
„Berta, dat verstehsse nich, dat iss allet schwer verdientet Negergeld - Plattgeld, wat schön versteckt im Schreibtisch schlummert. Lass Papa jetz endlich schlafen, ich bin völlig fertig, gute Nacht!“

Beim Frühstück ging dat Theater mit die Wohnung wieder los. Da war Berta wie en Terrier, wie son fiesen Wadenbeißer, nur viel, viel gefährlicher!
„Wilhelm“, sachte se, „ich hab die ganze Nacht kein Auge zugetan! Du rufst jetz sofort den Makler an und bittest höflich um en neuen Termin! Er möchte schon ma den Vertrag vorbereiten und backs bei ihm kleine Brötchen. Für Deine Ungebührlichkeit von gestern entschuldigst Du Dich! Verstanden?“

Restlos geschafft und des Streites müde ergab ich mich dem Schicksal: „Mein liebet Bertaken, Du hass ja so Recht mit die eigene Wohnung. Ich ruf sofort Deinen netten Makler an. Außerdem möchte ich Dir noch sagen, ich bin sehr glücklich, dat ich Deinen Lebenstraum erfüllen darf.“

Natürlich war dat gelogen! Bisher glaubte ich Trottel, dat ich ihr Lebenstraum und einzige Erfüllung war. Jetz war dat plötzlich sonne beschissene Wohnung!
Ich machte mir schwere Vorwürfe: Hätt ich doch diese Insel nie, nie betreten. Ich Idiot!

Son bissken Hoffnung auf ne Schicksalswende hatte ich immer noch. Willi, dachte ich, vielleicht ändert sich dat Blatt doch noch ma zu Deinen Gunsten. Abwarten und Tee trinken.

Wir also am nächsten Tag wieder ab zum Makler. Der Immogeier wollte als Zeichen unserer ernsten Kaufabsicht jetzt schon ma seine Provision in bar und die Hälfte vom Kaufpreis schwatt sehen.
Dann erwähnte er so ganz nebenbei, dat da noch sonne Art Gründererwerbsteuer fällig wär. Darüber hinaus auch noch Notarkosten, Gebühren usw.! Davon sachte der Mistbock vorher kein Sterbenswörtchen! Summa summarum waren dat noch ma ungefähr fünfzehntausend Euro. Ich hätte den Kerl abmurksen können!
„Berta“, sachte ich, „aus der Traum, Pflaumenbaum, da kommen für nix und wieder nix noch ma locker dreißigtausend Deutsche Märker auf unser Haupt zu. Inne Bude kannze auch keine Appelsinenkisten und Klappliegen stellen. Dat sind dann noch ma so dreißigtausend DM!
Aus, aus, basta, ich ruinier mich doch nich für son Luxuskram fern vonne Heimat! Für zwei oder drei Mal im Jahr mit dem Hintern inne Sonne liegen! Ich bin doch nich bekloppt!“
Ich rechnete ganz bewusst noch inne alten DM, weil dat höhere Zahlen ergab, von wegen der psychologischen Beeinflussung, wenn Se dat verstehen tun.

Berta sah dat Gott sei Dank genauso. Nich wegen dem nahenden Ruin, nee, nur wegen der Gesamtkosten gab se mir Recht. „Ja“, sachte se, „dat sind ungefähr sechzigtausend DM zusätzlich, dat iss wirklich nen Haufen Geld!“
„Berta, wie willze denn an so viel Kohle rankommen? Die Bank gibt uns keinen Pfennig mehr, wir stottern ja auch noch die Hypothek für unser Häusken ab! Dein Traum iss endgültig ausgeträumt! Werd endlich wieder normal, komm auf’n Teppich, Berta!“
Sie zeigte noch keinen Schimmer von Kapitulation. Nee, im Gegenteil, sie hatte ganz entspannte Gesichtszüge. Ein winziget, hinterhältiget Lächeln spielte um ihre Mundwinkel, ein komischet Strahlen inne Augen machte sie mir unheimlich! Wat ging da schon wieder in ihrem Kopp vor?
Sie beobachtete mich ausse Augenwinkel und lüftete erst nach ner wohlbedachten Pause ihr Geheimnis: „Williken, Du muss nich immer gleich die Flinte in dat Korn werfen. Glaubsse denn, Deine Berta hätte nich noch son heimlichet Notgröschelchen aufe hohen Kante? Mama hat für mich dreißig Jahre lang regelmäßig wat gespart, weil se kein Vertrauen zu Dir und Deiner Klempnerbude hatte. Sie fürchtete bereits am Tage unserer Hochzeit schweret Leid, Not und Unheil für mich aufziehen!
Jetz iss der Tag X gekommen, wo et kein Zurück mehr gibt! Dat Sparschwein von Mama wird heute noch geschlachtet!“
 



 
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