Dat Schweigegesetz - Püttmann folge 16. Folge

Dat Schweigegesetz - Püttmann ... Folge 16

Dat Schweigegesetz.

Also, Reisen bildet ja wirklich.
Da glaubte ich doch noch vor drei Wochen, Eivissa (Katalan für Ibiza) sei sonne Nebeninsel vonne Baleuten! Nachdem wir uns aber langsam mit die Insel infiziert und hier sogar ne Wohnung gekauft haben, wissen wir dat natürlich jetz genau, dat Ibiza ne Nebeninsel vonne Kanarien iss!

Von Erholung oder Muße spürte ich in diesem Urlaub leider immer noch nix. Der ärgerliche Wohnungskauf, die viele Maloche und Tanzen nach Bertas Pfeife, dat sollten meine schönsten Wochen vom Jahr gewesen sein?
Hinzu kam noch die Sorge, dat irgendjemand zu Hause von dem Wohnungskauf auf Ibiza wat gewahr wurde. Neid würde uns dat ganze Leben lang verfolgen! Man kennt doch die missgünstigen Fötte.
Berta hab ich deshalb nachdrücklich vergattert: „Berta, sach keinem Menschen auch nur en Sterbenswörtchen vonne Wohnung, Schweigen iss ab sofort Gesetz!“

Der Abreisetag war en besonders ekliger Tag. Nein, nich wegen dat Sauwetter, nee, wegen Bertas Putzfimmel.
Berta besaß den krankhaften Ehrgeiz, Kalles Bruchbude so picobello zu verlassen, dat man ihr nix nachsagen konnte. Ich stand ihr heute ständig im Weg. Ösig, nee richtig fies wurde sie. Verlangte Berta doch tatsächlich, ich sollte ma schön selbst meinen Koffer packen und auch noch so andere niedrige Arbeiten erledigen, wie Eisschrank putzen oder die Bude fegen!

Heilfroh war ich als der Flieger, ohne unterwegs abzustürzen, wieder in Düsseldorf landen tat. Meine Füße berührten wieder Heimatboden. Herrlich!

Wir schoben unsere zwei Gepäckkarren durch den Zollausgang, da kriegte ich en Schock für dat Leben! Träumte ich? Bertas Bagage - zwei Brüder, drei Schwestern mit Krötengefolge sprangen in meine entsetzten Augen rein!
Die hatten da son dämlichet Transparent entfaltet. „Ob Süd, ob West, daheim ist’s Best. Willkommen in der Heimat!“

Die Bande holte uns doch sonst nie vom Flughafen ab! Im Gegenteil, wenn se uns ma zum Flugplatz fahren sollten, hatten se immer billige Ausreden. Und jetz dat Schmierentheater hier vor alle Leute! Hier stimmte auch gar nix mehr!
Bertas Küsse flogen hin und her und dann platzte die Bombe! „Herzlichen Glückwunsch zu Eurer Traumwohnung am Meer!“, brüllte dat Empfangskomitee wie im Chor.
Ich wechselte die Farbe, mir schwoll der Kamm! Berta hatte dat Schweigegesetz gebrochen – per Handy, vonne Insel aus! Der Mischpoke hatte se schon allet brühwarm vom Wohnungskauf erzählt. Und wat ich jetz so mitbekam, hatte se beim Geheimnisverrat so unheimlich gestrunzt, dat mir die wenigen Haare hoch zu Berge standen.

Mordgelüste erkannte Berta in meinen verkniffenen Augen. Trotzdem wagte sie et, mich in den Arm zu nehmen, als wenn gar nix gewesen wär. Sachte se tatsächlich vor alle Leute: „Ja, kuckt Euch ma meinen Willi an. Dat iss mein guter Mann, nein, der beste zwischen Rhein-Herne- und Dortmund-Ems-Kanal. Er hat mir meinen Lebenstraum erfüllt!“
Dann säuselte sie mir noch leise inne Lauscher rein: „Wilhelm, wat hasse davon, wenne dat allet für Dich behalten tus? Dat Glück musse rausposaunen, nur dann kannze dat erst richtig genießen. Und noch mehr tusse dat auskosten, wenn se alle vor Neid platzen!“

So iss meine Berta eben. Vielleicht hatte se sogar son klein bissken Recht, aber son Schweigegesetz muss doch wirklich auch Schweigegesetz bleiben! Da muss man dat Maul halten!

Berta hatte zu allem Überfluss auch noch nen Tisch in meiner Stammkneipe reservieren lassen und meine Spendierhosen angezogen. Ja, da saßen se alle mit ihren Freibiergesichtern, auch meine Skatbrüder. Alle gaben sich schön auf meine Kosten die Kante. Sonst zählten se jedet Bier und drehten jeden Cent dreimal um!
Unser Ibiza-Wohnungsvermieter Kalle saß wie versteinert in der Runde. Neid fraß an seinen Mundwinkeln, sein Blick war unruhig. Er zitterte. Als ich ihm dann auch noch vor versammelter Mannschaft die ganzen Sauereien in seiner Bruchbude um die Ohren haute und den Mietpreis auf ein Viertel senkte, haute er ab und hat sich auch nich wieder in der Skatrunde zurückgemeldet.

Berta kam jetz mit der Strunzerei erst richtig in Wallung. Die Wohnung war bereits doppelt so teuer! Berta rechnete bereits die Wertsteigerungsraten für die nächsten Jahrzehnte hoch und krückte, dat sich die Kneipenstühle bogen!

Auf einma fragte einer von ihre Brüder, wo wir denn plötzlich dat viele Geld her hätten, ob Vadder schon wat vom Erbe für uns rausgerückt hätte. Ihm stand die Angst im Gesicht, dat er eventuell beim Erben zu kurz kommen könnte!
Die älteste Schwester fragte, warum denn ausgerechnet eine Wohnung auf Ibiza? Eine Schickimicki-Insel sei dat doch, voll von Lasterhöhlen, Hippies und Perverse! Ob wir jetz total durchgeknallt wären, wir kämen doch nur aus ganz einfachen Verhältnissen.
Gleichzeitig fragten die scheinheiligen Aasgeier aber, ob se auch ma inne Wohnung Urlaub machen dürften, schlimmer noch, die luden sich selbst ein!
Ja, da kamen se aber bei mir anne richtige Adresse: „Schluss jetz mit dem dämlichen Gequatsche, nix iss mit Vermietung! Dat iss unsere Altersversorgung, und die wird von Euch und Euren Blagen nich ruiniert. Merkt Euch dat! Basta!“
„Wieso Vermietung?“, fragte da eine vonne lieben Schwägerinnen, „Ihr habt doch vor fünf Jahren auch ma en ganzet Wochenende in unser Schrebergartenhäusken verbracht. Haben wir Euch damals dat Fell über die Ohrn gezogen?“
Ich konnte und wollte nix mehr darauf sagen, abgemurkst hätt ich se am liebsten. Ich wollte den Müll nich mehr hören. Kurz vor Bertas nächsten Redeschwall schnappte ich ich sie und floh mit ihr nach Hause.

Die ganze Nacht piesackte mich son ganz fieser Albtraum: Die Sippschaft hatte mein Bertaken und mich in dat Schrebergartenhäusken eingesperrt und war mit Sack und Pack in unsere Traumwohnung auf Ibiza eingezogen.
 



 
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