Der Urschrei (ein gravitationslinguistisches Poem)

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Urschrei
ist die Ursache
der Entstehung
unseres Alls
aus dem Nichts.

Im Anfang
war
alles
in einem Punkt
konzentriert.

Der Punkt
war
äußerst schwer
und
nicht zu sehen,
denn
ihn umgab
nichts,
denn
es gab
ja
noch nichts.

Insofern
wusste
der Punkt
nicht einmal,
ob er ein Punkt
war.

Das tat
ihm
sehr weh.

Als er begriff,
dass er
nicht
einmal
wusste ob er wusste,
weshalb
er nicht einmal
sagen konnte:
"Ich weiß, dass ich nichts weiß!"
oder
"Ich denke, also spinn ich!",
da
wurde er
sehr traurig.

Es tat ihm weh.

Wirklich sehr weh.

Ihm,
dem Primorialen Punkt,
der kein Punkt war,
denn es gab ja noch nichts,
entrang sich also ein Schrei,
und was für ein Schrei,
der erste Schrei,
gefolgt von einer Explosion,
die so gewaltig war,
dass sich alles ringsum zu drehen begann,
die Wirtschaft zusammenbrach,
eine Weltweite Gewaltige Inflation entstand,
die Elementarteilchen sich färbten,
Quarks sich vereinigten,
und
die Welt die Antimaterie vertrieb,
so dass sie heute im Wesentlichen aus Materie besteht.

So also war er,
der Urschrei,
das Urwort.

Er schuf.

Und später
trennte er
Hell von Dunkel,
Wasser von Land,
Tier von Pflanze,
Mann von Weib
(in beispiellosen Scheidungsprozessen),
Arm von Reich,
Ost von West,
Nord von Süd,
und
als er fast fertig war,
der Schrei,
da kam einer der Propheten und sprach:
Es wachse zusammen,
was da zusammen gehört!" -
und da war sie,
unsere
Welt.
 
N

nachtlichter

Gast
Danke, Bernd, für diese einleuchtende Erläuterung. Ich erkläre mich hiermit solidarisch mit dem Punkt, weil auch ich nicht weiß, warum ich spinne. Ich wüßte nur gern, ob es der Punkt auf dem Nïchts oder aber der Punkt auf dem Schreï ist und wenn ja dann welcher und wo das Universum eigentlich aufhört.

nachtlïchter
(auch mit Punkt)
 
C

casy01

Gast
Was mir hier sehr gefällt ist

das es zum schmunzeln und auch zum denken anregt

das es Bilderbeladen ist um es Geistig in sich auch zu erfassen

die Idee ist entzückend


als Märchen und Epik
 

Gerd Geiser

Mitglied
Nun soll es ja so sein, dass im Universum die Antimaterie die Materie nach wie vor um das 9 bis 10fache übersteigt. Ich muss aber zugeben, die Sendung lief nachts um 2 Uhr und ich war schon ein bischen eingeschlafen. Und dein Text ist auch viel verständlicher als die Sendung. Von daher kriegt die Sendung von mir auch nur die Note 6.
Punkt.

Gruß
GG
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
neue Weltordnung? Ja!

Vergesst die Bibel, vergesst Hawking.Endlich mal einer, der uns alles erklärt...und noch ein wenig mehr. Dem ausführlichen Kommentar des Dubidu ist nichts mehr hinzuzufügen.

Mein Kompliment Otto
 

DorisS

Mitglied
Hallo,

eine wirklich gelungene Auseinandersetzung mit dem ersten Augenblick. Endlich macht das Anfangswort mal einen Sinn.
Eine kleine Anmerkung hätte ich noch:

"Insofern
wusste
der Punkt
nicht einmal,
ob er ein Punkt
war."

Aus irgendeinem Grund fände ich hier besser, er wüsste nicht, dass er ein Punkt ist. Ein "ob" implizierte ja, dass er den Begriff des Punkts kennt: "bin ich ein Punkt oder bin ich ein Quadrat?", und außerdem wird die Tatsache, dass er ein Punkt ist, durch das "ob" selbst vom Verfasser infrage gestellt.
Oder habe ich da jetzt ein bisschen zu weit gedacht?

Anyway, klasse gemacht!

Liebe Grüße,

Do
 
H

HFleiss

Gast
Der Urschrei

Bernd, du erklärst uns die Welt, fügst zu allen bestehenden eine neue Theorie hinzu. Ja, hat Spaß gemacht. (Einzig stört mich der Vers: Das tat ihm sehr weh, finde ich überflüssig).

Gruß
Hanna
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Punkt weiß alles und nichts, ebenso, wie das All. Was weiß mein kleiner Finger? Er ist Teil von mir. Es ist etwas vertrackt. Ob der Punkt etwas weiß und was er weiß, weiß ich nicht. Deshalb kann ich es nicht schreiben. Eine andere Frage ist, ob der Konjunktiv zu verwenden sei.

Durch die Personifizierung gewinnt er an Gegenwart, hat sie gleichwohl auch unabhängig davon und verschmilzt mit der Welt, die er ist.
 



 
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