EIN DUNKLER ORT
Eddie M. Angerhuber gewidmet
Dort wo ich lebe, wird es rasch dunkel. Die Sonne ist hier noch nie ein gern gesehener Gast gewesen, und deshalb verschwindet sie auch schon nach wenigen Stunden hinter den verwitterten Fassaden der alten Gebäude, die das Bild der Stadt prägen.
Am Tag sind die Straßen stets gefüllt mit Menschen, deren Schritte eine merkwürdige Hast erkennen lassen, als ob die Leute vermeiden wollen, nach Einbruch der Nacht im Freien angetroffen zu werden. Niemand spricht über diese Tatsache, aber je niedriger die Sonne steht, desto unruhiger schweifen die Blicke der Passanten umher.
Wenn die Dämmerung hereinbricht, sind nur noch sehr wenige Menschen unterwegs; bei Nacht liegt die Stadt schließlich wie ausgestorben unter dem schwarzen Himmel.
Es gibt keine Straßenbeleuchtung in meiner Stadt. Das einzige Licht stammt vom fahlen Schein der Sterne über den Häuserschluchten. Die Vorhänge hinter den Fenstern sind immer zugezogen, und noch niemals habe ich ein bei Dunkelheit geöffnetes Fenster gesehen.
Ich selbst finde seit einiger Zeit Gefallen daran, die Straße vor meinem Haus bei Nacht zu beobachten. Während der meisten Zeit gibt es natürlich nichts aufregendes zu sehen, aber erst vor einer Woche bot sich mir ein überraschender Anblick.
Unter meinem Fenster, auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig, stand eines Nachts ein Mann in einem langen Mantel. Er stand einfach breitbeinig da, beide Arme über der Brust verschränkt. Sein offener Mantel bewegte sich sanft in einer leichten Brise, wie die Schwingen eines trägen Vogels. Ich konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, dazu reichte das Sternenlicht nicht aus, aber irgendwie wusste ich, dass der Unbekannte mich sehen konnte.
Über diese Erkenntnis erschrocken, wich ich rasch vom Fenster zurück und zog die Vorhänge zu. Für den Rest der Nacht wagte ich nicht mehr hinauszuspähen.
Seitdem habe ich das Gefühl, dass mir jemand oder etwas auf Schritt und Tritt folgt, sobald ich meine Wohnung verlasse. Mir ist bisher noch nicht gelungen, die Identität meines heimlichen Begleiters auszumachen, aber ich glaube zu wissen, um wen es sich handelt.
Die Sonne geht jetzt immer früher unter; jeder neue Tag ist ein wenig kürzer als der vorherige. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass ich eines Tages aufwachen und kein Morgengrauen mehr sehen werde.
Dann wird der Fremde in dem langen Mantel hinter mich treten, und mit zischender Stimme wird er das Geheimnis dieses dunklen Ortes in mein Ohr flüstern.
Eddie M. Angerhuber gewidmet
Dort wo ich lebe, wird es rasch dunkel. Die Sonne ist hier noch nie ein gern gesehener Gast gewesen, und deshalb verschwindet sie auch schon nach wenigen Stunden hinter den verwitterten Fassaden der alten Gebäude, die das Bild der Stadt prägen.
Am Tag sind die Straßen stets gefüllt mit Menschen, deren Schritte eine merkwürdige Hast erkennen lassen, als ob die Leute vermeiden wollen, nach Einbruch der Nacht im Freien angetroffen zu werden. Niemand spricht über diese Tatsache, aber je niedriger die Sonne steht, desto unruhiger schweifen die Blicke der Passanten umher.
Wenn die Dämmerung hereinbricht, sind nur noch sehr wenige Menschen unterwegs; bei Nacht liegt die Stadt schließlich wie ausgestorben unter dem schwarzen Himmel.
Es gibt keine Straßenbeleuchtung in meiner Stadt. Das einzige Licht stammt vom fahlen Schein der Sterne über den Häuserschluchten. Die Vorhänge hinter den Fenstern sind immer zugezogen, und noch niemals habe ich ein bei Dunkelheit geöffnetes Fenster gesehen.
Ich selbst finde seit einiger Zeit Gefallen daran, die Straße vor meinem Haus bei Nacht zu beobachten. Während der meisten Zeit gibt es natürlich nichts aufregendes zu sehen, aber erst vor einer Woche bot sich mir ein überraschender Anblick.
Unter meinem Fenster, auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig, stand eines Nachts ein Mann in einem langen Mantel. Er stand einfach breitbeinig da, beide Arme über der Brust verschränkt. Sein offener Mantel bewegte sich sanft in einer leichten Brise, wie die Schwingen eines trägen Vogels. Ich konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, dazu reichte das Sternenlicht nicht aus, aber irgendwie wusste ich, dass der Unbekannte mich sehen konnte.
Über diese Erkenntnis erschrocken, wich ich rasch vom Fenster zurück und zog die Vorhänge zu. Für den Rest der Nacht wagte ich nicht mehr hinauszuspähen.
Seitdem habe ich das Gefühl, dass mir jemand oder etwas auf Schritt und Tritt folgt, sobald ich meine Wohnung verlasse. Mir ist bisher noch nicht gelungen, die Identität meines heimlichen Begleiters auszumachen, aber ich glaube zu wissen, um wen es sich handelt.
Die Sonne geht jetzt immer früher unter; jeder neue Tag ist ein wenig kürzer als der vorherige. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass ich eines Tages aufwachen und kein Morgengrauen mehr sehen werde.
Dann wird der Fremde in dem langen Mantel hinter mich treten, und mit zischender Stimme wird er das Geheimnis dieses dunklen Ortes in mein Ohr flüstern.