Eins ent.zwei

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Walther

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Eins ent.zwei


Du sprichst zu mir in leisen kleinen Worten
Und sagst mir alles, was ich nie versteh.
Ich staune über was, das ich nicht seh,
Und kann Dich nicht und kann mich nicht verorten.

Die Denke ist Gedanken in Kohorten,
Und Töne dudeln keine Melodei.
Wir fügten schnell in eins, das doch ent.zwei,
Als sich die Pfeile in die Herzen bohrten.

Du hörst mich nicht ich hör dich nicht alleine
Das können wir zu mehren zwei drei vier.
Wir stolpern über fremde eigne Beine:

Erst bist Du fort dann bin ich weit von Dir.
Die Zahlung aber hat nur falsche Scheine.
Das kleinste aller Wörter lautet: Wir.
 

Der Andere

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ein schönes, klares gedicht, ohne kompliziert sein zu wollen. und gerade das ist auch eine kunst. ich möchte an erich fried erinnern und so weiter, oder, was mich total überrascht hat: michael lentz neuer lyrikband "100 liebesgedichte" im s.fischer verlag, auch sehr einfach gehalten in der sprache und gerade dadurch spitzfindig. sicher, das gedicht hier kann sich noch nicht damit messen, geht aber auf den spuren dieser tradition und weiß darin zu überzeugen.
was mich aber stört: das sprachspiel mit ent.zwei. da bricht der text aus seinem sich selbst auferlegten prinzip aus. da will es etwas machen, was, wie ich finde, vollkommen deplatziert ist.
lässt sich aber sicherlich drüber streiten, nur: für mich ergibt sich dieses spiel nicht aus den prinzipien des textes und fällt raus, und wirkt inkohärent...
 

Walther

Mitglied
Lb. der Andere,

danke für Deinen Eintrag. Meine Gedichte sollen unprätentiös sein, was aber durch nicht immer klappt, das will ich nicht bestreiten. In der Tat ist Kunst eher etwas, das leicht aussieht, aber dadurch besonders schwer herzustellen ist, da sind wir uns einig.

Nun ist das "ent.zwei" bewußt so gesetzt. Damit wird herausgearbeitet, worum es beim "Wir" letzten Endes geht: um die Unmöglichkeit, aus zweimal "eins" mehr und zugleich weniger zu machen als "zwei" - wir sind eben niemals "eins", allenfalls temporäre Näherungen davon.

Es mag sein, daß ich da zu sehr den Hammer einsetze. Der ist leicht geschwungen, der dicke Nagel leicht eingeschlagen. Das Loch bleibt leider, selbst wenn man ihn hernach wieder herauszieht, den Nagel. ;)

Natürlich würde ich mich nicht mit den von Dir so freundlich (herbei)zitierten Lyrikern vergleichen wollen, weil das eine andere Liga ist, in der diese spielen, als ich das jemals tun werde. Aber natürlich liegst Du richtig, wenn Du das Unaufgeregte in Gedichten, gerade solchen, die über die (Alltags)liebe gehen, besonders charmant findest. Das Lapidare in diesen Texten zeigt an, daß sich der Autor tiefsinnige Gedanken darüber gemacht hat, worauf es bei der Liebe ankommt, und das Ergebnis - im Verbund mit exemplarischem Ereignis und jedenfalls partieller schmerzvoller, aber verarbeiteter, Erfahrung - zur Anregung für den Leser verdichtet in wohlgesetzte Verse kleidet.

LG W.
 

Der Andere

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das hast du gut zusammen gefasst, lieber walther, und ja: das ist der hammer, den du da rausgeholt hast, und dieses prinzip widerspricht eben dem stil des gedichts, ich würd fast dafür plädieren, den punkt einfach rauszunehmen. das ist einfach unnötig...
naja, wie gesagt, ich konnte mich an deinem gedicht erfreuen. auf ein nächstes mal!
 

Walther

Mitglied
Eins entzwei


Du sprichst zu mir in leisen kleinen Worten
Und sagst mir alles, was ich nie versteh.
Ich staune über was, das ich nicht seh,
Und kann Dich nicht und kann mich nicht verorten.

Die Denke ist Gedanken in Kohorten,
Und Töne dudeln keine Melodei.
Wir fügten schnell in eins, das doch entzwei,
Als sich die Pfeile in die Herzen bohrten.

Du hörst mich nicht ich hör dich nicht alleine
Das können wir zu mehren zwo drei vier.
Wir stolpern über fremde eigne Beine:

Erst bist Du fort dann bin ich weit von Dir.
Die Zahlung aber hat nur falsche Scheine.
Das kleinste aller Wörter lautet: Wir.
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Walther,

auch mir gefällt "Eins entzwei" besser. Die Bedeutung, dass das Eine sich verzweit hat und damit kein Wir mehr gegeben ist, wird für mich auch ohne den Punkt klar.

Nur eine Kleinigkeit: Warum schreibst Du nicht

Ich staune über [blue]das, was[/blue] ich nicht seh,
Das klänge für mich sprachlich klarer.

Auf jeden Fall aber: Ein schönes Sonett, ganz ohne Frage.

lG

Herbert
 

Walther

Mitglied
Eins entzwei


Du sprichst zu mir in leisen kleinen Worten
Und sagst mir alles, was ich nie versteh.
Ich staune über das, was ich nicht seh,
Und kann Dich nicht und kann mich nicht verorten.

Die Denke ist Gedanken in Kohorten,
Und Töne dudeln keine Melodei.
Wir fügten schnell in eins, das doch entzwei,
Als sich die Pfeile in die Herzen bohrten.

Du hörst mich nicht ich hör dich nicht alleine
Das können wir zu mehren zwo drei vier.
Wir stolpern über fremde eigne Beine:

Erst bist Du fort dann bin ich weit von Dir.
Die Zahlung aber hat nur falsche Scheine.
Das kleinste aller Wörter lautet: Wir.
 



 
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