Marius Speermann
Mitglied
Natasha fürchtet sich vor nichts, außer vor Horrorfilmen, Mäusen, österreichischen Kabarettfilmen, Laufmaschen, Sektkorkenknall, Finanzamt und dem Altwerden. Seit neuestem ist die Furcht vor Erdbeben hinzugekommen. Die Gegend um San Francisco, muß man nämlich wissen, ist eine Erdbebenzone. Alle paar Jahre schüttelt sich der Boden, Häuser stürzen ein, Feuer bricht aus, Autos parken falsch, Gasleitungen explodieren, Eichhörnchen fallen von den Bäumen, Plünderungen beginnen, kurzum: es passiert alles, was zu so einem Erdbeben dazu gehört.
Wir hatten das natürlich längst verdrängt, als sich kürzlich in unserer Post ein Schreiben der örtlichen Gemeindeverwaltung fand, das uns auf die möglichen Gefahren eines Erdbebens hinwies. Natasha verschlang Seite für Seite des liebevoll dramaturgisch und graphisch anschaulich aufbereiteten Heftes mit immer unruhiger werdenden Blicken. An der letzte Seite angekommen rief sie atemlos: „Wir müssen uns auf ein Erdbeben vorbereiten“. Sie hielt mir eine Notfallsliste mit überlebenswichtigen Gegenständen, die man für den Fall der Fälle bereithalten sollte, vor die Augen. Angefangen von Knäckebrot, gefüllten Konservendosen, Soundsoviel Kanister Wasser pro Person und Tag, über Bargeld, Taschenlampen, Batterien, Batterieradio, Kohlengrill bis hin zu Schußwaffen, Kondomen und Wohnwagen reichte die Aufzählung.
Ehe ich mich’s versah, hatte Natasha die hintere Sitzbank ausgebaut, mich ins Auto verfrachtet und den nächsten Supermarkt angesteuert. Es galt keine Zeit zu verlieren, immerhin pflegt sich solch ein Erdbeben nicht einfach telephonisch anzumelden, sondern erscheint so unerwartet wie eine Schwiegermutter. Wobei Erdbeben bekannterweise harmloser sind.
Es schien, als ob die ganze Nachbarschaft das Schreiben der Gemeindeverwaltung erhalten und sich zu Herzen genommen hatte. Der Verkehr in den Strassen um den Supermarkt war bereits zusammengebrochen. An ein Weiterkommen war nicht zu denken. Wir ließen den Wagen stehen und liefen mit einigen anderen Autofahrern zu Fuß zwischen den wild geparkten Autos zum Supermarkt vor. Natasha hatte einen noch freien Einkaufswagen erblickt, als ein untersetzter Glatzkopf mit wildem Blick ebenfalls gierig nach ihm haschte. Gerade rechtzeitig klammerte ich mich an seinen Beinen fest und brachte ihn zu Fall. Natasha nutzte den Überraschungseffekt, um den Einkaufswagen in ihren Besitz zu bringen. Ich ließ den wimmernden Glatzkopf am Boden liegen und folgte Natasha, die sich bereits zielstrebig in das Getümmel gestürzt hatte.
Noch versuchten die Supermarktangestellten Ordnung zu halten, aber schließlich wurden sie von der Übermacht ergriffen und ins Innere gespült. Natasha und ich bahnten uns die Wege zwischen den vollgestopften Regalgängen und luden Konservendosen hier, Wasserkanister dort und Munition am Regalende auf. Während sich Natasha noch einige Säcke mit Grillkohle und ein paar Kaviargläser schnappte, robbte ich zwischen den Einkaufswagen zu den Flammenwerfern.
Einige nicht weiter nennenswerte und mit Hilfe meines Flammenwerfer gütlich geregelte Zwischenfälle später war die Notfallsliste abgearbeitet. Die Fahrt nach Hause verlief ruhig, abgesehen vom Jammern des irrtümlich in den Kofferraum mitverstauten Supermarktkassiers.
Zu Hause stapelten wir die Notfallsausrüstung bis unters Dach. Im Schlafzimmer befanden sich die Wasserkanister und Knäckebrotpackungen, in der Küche die Konserven und Batterien, im Bad die vierzig Packungen Shampoo, Zahnpasta und das Radio, und das Wohnzimmer hatte keinen Platz mehr, wegen der fünf Tonnen Kohlesäcke. Zwar konnte wir nicht mehr ins Haus und mußten im Garten im Zelt schlafen, aber uns beruhigte der Gedanke, daß wir gut auf ein Erdbeben vorbereitet waren. Es würde uns nicht mehr so einfach obdachlos machen.
Wir hatten das natürlich längst verdrängt, als sich kürzlich in unserer Post ein Schreiben der örtlichen Gemeindeverwaltung fand, das uns auf die möglichen Gefahren eines Erdbebens hinwies. Natasha verschlang Seite für Seite des liebevoll dramaturgisch und graphisch anschaulich aufbereiteten Heftes mit immer unruhiger werdenden Blicken. An der letzte Seite angekommen rief sie atemlos: „Wir müssen uns auf ein Erdbeben vorbereiten“. Sie hielt mir eine Notfallsliste mit überlebenswichtigen Gegenständen, die man für den Fall der Fälle bereithalten sollte, vor die Augen. Angefangen von Knäckebrot, gefüllten Konservendosen, Soundsoviel Kanister Wasser pro Person und Tag, über Bargeld, Taschenlampen, Batterien, Batterieradio, Kohlengrill bis hin zu Schußwaffen, Kondomen und Wohnwagen reichte die Aufzählung.
Ehe ich mich’s versah, hatte Natasha die hintere Sitzbank ausgebaut, mich ins Auto verfrachtet und den nächsten Supermarkt angesteuert. Es galt keine Zeit zu verlieren, immerhin pflegt sich solch ein Erdbeben nicht einfach telephonisch anzumelden, sondern erscheint so unerwartet wie eine Schwiegermutter. Wobei Erdbeben bekannterweise harmloser sind.
Es schien, als ob die ganze Nachbarschaft das Schreiben der Gemeindeverwaltung erhalten und sich zu Herzen genommen hatte. Der Verkehr in den Strassen um den Supermarkt war bereits zusammengebrochen. An ein Weiterkommen war nicht zu denken. Wir ließen den Wagen stehen und liefen mit einigen anderen Autofahrern zu Fuß zwischen den wild geparkten Autos zum Supermarkt vor. Natasha hatte einen noch freien Einkaufswagen erblickt, als ein untersetzter Glatzkopf mit wildem Blick ebenfalls gierig nach ihm haschte. Gerade rechtzeitig klammerte ich mich an seinen Beinen fest und brachte ihn zu Fall. Natasha nutzte den Überraschungseffekt, um den Einkaufswagen in ihren Besitz zu bringen. Ich ließ den wimmernden Glatzkopf am Boden liegen und folgte Natasha, die sich bereits zielstrebig in das Getümmel gestürzt hatte.
Noch versuchten die Supermarktangestellten Ordnung zu halten, aber schließlich wurden sie von der Übermacht ergriffen und ins Innere gespült. Natasha und ich bahnten uns die Wege zwischen den vollgestopften Regalgängen und luden Konservendosen hier, Wasserkanister dort und Munition am Regalende auf. Während sich Natasha noch einige Säcke mit Grillkohle und ein paar Kaviargläser schnappte, robbte ich zwischen den Einkaufswagen zu den Flammenwerfern.
Einige nicht weiter nennenswerte und mit Hilfe meines Flammenwerfer gütlich geregelte Zwischenfälle später war die Notfallsliste abgearbeitet. Die Fahrt nach Hause verlief ruhig, abgesehen vom Jammern des irrtümlich in den Kofferraum mitverstauten Supermarktkassiers.
Zu Hause stapelten wir die Notfallsausrüstung bis unters Dach. Im Schlafzimmer befanden sich die Wasserkanister und Knäckebrotpackungen, in der Küche die Konserven und Batterien, im Bad die vierzig Packungen Shampoo, Zahnpasta und das Radio, und das Wohnzimmer hatte keinen Platz mehr, wegen der fünf Tonnen Kohlesäcke. Zwar konnte wir nicht mehr ins Haus und mußten im Garten im Zelt schlafen, aber uns beruhigte der Gedanke, daß wir gut auf ein Erdbeben vorbereitet waren. Es würde uns nicht mehr so einfach obdachlos machen.