Fasse dich kurz

2,80 Stern(e) 4 Bewertungen

Raniero

Textablader
Fasse dich kurz!

Else Borgerding hatte in der Tat ein recht merkwürdiges Hobby, wenn man dieses denn als solches bezeichnen konnte; sie frönte dem sogenannten AB Marathon, das heißt ihre Leidenschaft war das Zuquatschen von Anrufbeantwortern.
Wo andere Zeitgenossen sich damit begnügten, dem Teilnehmer am anderen Ende der Leitung eine kurze Nachricht zu hinterlassen, legte Else los, kaum dass beispielsweise die monotone Aufforderung „Sprechen Sie bitte nach dem Signalton!“ verklungen war.
Hierbei verfuhr sie im krassen Widerspruch zu der ungeschriebenen Regel, sich am Telefon kurz zu fassen, denn Else liebte es nun einmal lang.
Natürlich reichte im Allgemeinen der knappe Zeitraum einer Einzelnachricht eines normalen AB bei weitem nicht aus, für das, was Else so zu erzählen hatte, und flugs rief sie ein zweites Mal an, um fortzufahren, denn es gab ja noch soviel zu berichten, und ein drittes Mal und so weiter, bis der AB je nach Kapazität komplett zugekleistert war, mit Elses Neuigkeiten.
In der Regel waren es Freundinnen, denen Else längere Ansprachen hielt, und die meisten dieser Freundinnen lebten nicht allein, sondern verfügten daheim über einen Ehemann oder ähnlichen Lebenspartner, und bei diesen kam jedes Mal helle Freude auf, wenn sie nach harter Tageslast feststellen mussten, dass einige wichtige Nachrichten, auf die sie schon länger warteten, nicht auf dem AB zu finden waren, weil dieser mit Monologen von Elses süßer Stimme angereichert war.


Allerdings nahm sie nicht nur mit den Anrufbeantwortern ihrer zahlreichen Freundinnen vorlieb, sondern unterhielt sich auch freudig mit ihnen, wenn sie zuhause anwesend waren.
Diese Gespräche waren dann keineswegs kürzer als die zuvor erwähnten Langnachrichten, doch erkannte so manch ein genervter Ehemann an den relativ einsilbigen Antworten seiner Ehefrau, dass Else wohl den Monolog mehr liebte als den Dialog.


Mit der Zeit aber stellte Else Borgerding fest, dass die Kapazität der Anrufbeantworter bei einigen ihrer Freundinnen für ihr Mitteilungsbedürfnis zu wünschen ließ, und sie bat die Betroffenen dringend um Abhilfe.
„Ach, ich hätte ja noch soviel zu erzählen, liebe Ursula“ klagte sie, mit unverhohlener Enttäuschung, „aber du hast ja so einen vorsintflutlichen Anrufbeantworter, da passt ja nichts drauf; ich kam noch nicht mal dazu, dir das Wesentliche zu berichten. Also tschüß, ich ruf später noch mal an.“

Einige Freundinnen nahmen diese Aufforderung wörtlich und schmollten bei ihren Männern nach neuen, moderneren AB’s, hüteten sich aber, den wahren Grund für ihren Wunsch zu offenbaren.
Nun traf es sich aber, dass fünf der Ehemänner von Elses Freundinnen auch untereinander Kontakt hatten und auf diese Weise erfuhren, dass sie nicht allein standen, auf dem Erdenrund, mit ständig voll gequatschten Anrufbeantwortern, und so entwarfen sie einen genialen Plan.
Die besseren Hälften dieser fünf bildeten nämlich seit langer Zeit schon eine feste Frauengemeinschaft, die sich einmal im Monat zum Kaffeekränzchen traf.
Darüber hinaus zogen die Damen einmal im Jahr hinaus in die Welt, für eine gute Woche, um ihren daheim geblieben Männern das Fürchten zu lernen, indem sie hierbei mehr Geld ausgaben, als notwendig war.
Diese Gelegenheit ließen sich die Männer natürlich nicht entgehen, um ihre Sorgen bei einem gemeinsamen Zusammentreffen auszutauschen und den Tränen freien Lauf in die Biergläser zu lassen.
Else Borgerding gehörte nicht zu diesem Damenkränzchen, noch nicht, denn all ihre Aufnahmeanträge waren in der Vergangenheit abgeschmettert worden, doch sie nutzte natürlich die Jahrestour der Freundinnen ausgiebig dazu, um wie gewohnt, alle fünf AB’sder Reihe nach zu füllen.

Diesmal sollte es anders kommen.
Noch am Vorabend des Ausflugs rief Else alle Teilnehmerinnen des Kränzchens nacheinander an, um ihnen in mehrstündigen Ansagen alles Gute für die Reise zu wünschen.
Mehr oder weniger abgekämpft begaben sich die Damen anschließend zur Ruhe, in freudiger Erwartung der kommenden Tage.
Am nächsten Tag rief Else zunächst alle anderen Freundinnen an, um diese teilweise persönlich und zum Teil via Anrufbeantworter ausgiebig über den letzten Stand der Dinge und hierbei vor allem über die Reise des Damenkränzchens zu informieren.
Die AB’s der Damen selbst aber, die sparte sie sich als besonderes Vergnügen für später auf.


Der Abend war gekommen.
Else hatte es bequem gemacht, es bestand ja auch ein besonderer Anlass dazu.
Ein Glas Wein vor sich, genügend Knabbermaterial in Reichweite, nahm sie kampfeslustig den Telefonhörer zur Hand.
Wie groß aber war ihre Enttäuschung, die zum namenlosen Entsetzen wuchs,
als sie statt der gewohnten liebevollen Ansage des AB’S ihrer ersten Freundin eine männliche Grabesstimme, die direkt aus dem Schattenreich zu kommen schien, mit folgendem Wortlaut vernahm:

„Guten Tag.
Dies ist der Anrufbeantworter von Ursula und Bernd G.
Wir können Ihren Anruf nicht entgegennehmen, und das hat seinen besonderen Grund. Wir sind nämlich gerade verstorben, alle beide, vor genau fünf Minuten. Wir bitten Sie daher, von weiteren Anrufen abzusehen.
Aufwiederhören.“

Else tat einen spitzen Schrei und warf mit Grausen den Hörer von sich.
So kurz hatte sie sich noch nie gefasst, bei einem Telefonat.

Am anderen Ende der Leitung jauchzten fünf Freunde vor Vergnügen und ließen ihren Tränen freien Lauf in die Biergläser.
Dieses Mal waren es Freudentränen.
 
O

Orangekagebo

Gast
Hallo Raniero,

da ist wirklich noch mehr rauszuholen und nicht nur wegen verschiedener Ausdruckspatzer. Ich bin ein Freund witziger Pointen und genau deswegen müsste Dein Text überarbeitet werden. Der Plot ist gut, aber die Pointe punktet nicht wirklich.

LG, orangekagebo
 

maerchenhexe

Mitglied
Hallo Raniero,

Der Einstieg in die Geschichte ist gut, hat mich neugierig gemacht, dann bekommt sie allerdings unnötige Längen und der Schluss ist leider nicht wirklich gelungen. Else hätte, so wie du sie charakterisiert hast, nach einer solchen AB-Ansage garantiert sofort wieder zum Hörer gegriffen, um sämtliche Abs der übrigen Freundinnen mit dieser Sensationsmeldung zu überfluten. Sprachlich könnte der Text auch noch ein bisschen Feintuning vertragen.
Lieber Gruß
maerchenhexe
 

Raniero

Textablader
Hallo
Orangekagebo,

hallo maerchenhexe,

vielen Dank für Eure Kommentare und Anregungen.
Ihr habt Recht, ich werde die Story noch einmal überarbeiten.

Gruß Raniero
 
G

Gelöschtes Mitglied 7520

Gast
hallo raniero,

ich kann mich nur anschließen, da ist mehr drin. hab's aber gerne gelesen. vielleicht sollstes du auf einige erzählerische "überheblichkeiten verzichten" z.b.: in der Tat, sondern verfügten daheim, diesmal sollte es anders kommen, nun traf es sich aber, darüber hinaus.
die stilistische umsetzung des ironischen titel ist mir aber durchaus nicht entgangen.

gruß
nofrank
 

Raniero

Textablader
Hallo nofrank,

Dank für Deine Kommentare und Anregungen, werde ich mir zu Herzen nehmen. Freut mich, dass Dir die Story gefallen hat.

Gruß Raniero
 
G

Gelöschtes Mitglied 7520

Gast
hi raniero,

freut mich, wenns's dir nützt.

liebe grüße
nofrank
 
H

Haki

Gast
Hallo Raniero,

ich finde auch den Einstieg in deinen Text wirklich gut. Er hat mich gepackt und so las ich weiter. Doch sprachlich bedarf es wirklich noch ein wenig Feinarbeit. Auch der logische Widerspruch, den mearchenhexe bereits angesprochen hat, trübt das Gesamtbild. Das Ende hat einen guten Ansatz, die Idee der Männer ist schön und lässt schmunzeln, aber in meinen Augen müsste da noch eine Wendung erfolgen, dann wäre es gelungen...

Liebe Grüße,
Haki
 



 
Oben Unten