Freunde

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asdff

Mitglied
Ich lebe im Vergangenen.
Ich habe so Angst darum, meine Kindheit zu verlieren, meine Jugend, meine Freunde.
All die guten Menschen, die ich in mein Herz geschlossen habe, die für mich da sind, die mir immer geholfen haben... und die mich nie losgelassen haben.
Ich schaff das einfach nicht. Die Agnst davor, dieses stille Bewusstsein darüber, dass das Leben aufhört, dass es vorangeht, dass sich Lebenswege trennen... ein Albtraum, und niemand wacht auf.
Der Gedanke, all die Menschen, die ich liebe, in Zukunft nie wieder auf einem Fleck zu sehen, macht dieses Leben unerträglich. Jeden Tag, an dem ich sie sehe... wie sie mit mir irgendwohin setzen, wie wir reden, wie wir Spaß haben... da sehe ich jeden einzelnen als ein Wunder. Sie alle bedeuten mir
unglaublich viel, und ich möchte sie nie verlieren, möchte niemals meine Jugend verlieren, diese Zeit der Freiheit, der Leichtigkeit. Mag sein, dass sie durchzogen war von einigen Problemen, von Schmerzen, doch immer konnte ich weitergehen, immer gab es etwas zum Freuen, Sicherheit, Vertrauen... ohne es zu merken. Das ist die höchste Leichtigkeit, die man nur erreichen kann. Der höchste Berg, unter 1000
Strapazen erklommen... und nun schaut man hinunter, die Welt zu Deinen Füßen, und niemand, der dir
diesen goldenen Moment, diese Ewigkeit nehmen kann.
Ja, dieses Gefühl weiß ich nun zu schätzen. Gehe ich in die Stadt, dann sehe ich zahlreiche Menschen.

Viele davon liebe ich, mehr als sie es wissen, mehr als ich es weiß... und ich weiß, sie alle sind ganz
nah bei mir. Ich befinde mich in einem Netz, das so eng geknüpft ist, dass ich nicht fallen werde, niemals.
Jetzt sitze ich hier, verheult, erschöpft, wie ein alter König, der mitansieht, wie sein Reich auseinanderbricht, wie die Jungfrauen geschändet und die Burg geplündert. Wie er dasteht, ratlos, Panik in seinen Augen, die stille Verzweiflung seinen Nacken hochkriechend. Die stille Angst schnürt ihm die Kehle zu... er sieht das Geschehen... und doch lebt er im Gestern, weil er weiß, in dieser Welt, da gibt es keinen Platz für ihn. Er hängt an seinem Reich, seiner Zeit...
Ich weiß, wie er sich fühlt...

Ich sehe sie. Und ich lache mit ihnen, als gäb es nur diesen Moment des Glücks. Mit jedem verbinde mich ein Band. Ich bin ein Teil von ihnen, und sie von mir. Wir sind miteinander groß geworden. Und nichts, und niemand, und kein Mensch auf dieser Welt kann für mich das sein, was sie mir geworden sind. Kein Mensch kennt unsere Gemeinschaft, unseren Zusammenhalt. Das stille Wissen um unsere gemeinsamen Erfahrungen; um die gemeinsamen Abende, betrunken und verraucht auf iregndwelchen Parties; die Streifzüge durch die Stadt, bei Tag, bei Nacht; der Schmerz und die Trauer um Dinge, die wir so geliebt hatten; all das machte uns zu solchen Freunden. Und wenn wir uns versammeln, wenn wir eine Einheit bilden... einen Kreis aus Freundschaft, aus Vertrauen, dann funkelt es nur so vor Glück und
Leichtigkeit, dann sind wir unsterblich. Und jeder Witz, jeder Blick ist wie eine Liebkosung, als Dank
für das, was wir uns gegenseitig bedeuten.

Doch inzwischen weiß ich - habe es mit einer gnadenlosen Härte zu spüren bekommen - dass das ein Ende
haben wird. Das Leben ist nicht dazu geschaffen worden, einen einheitlichen Eindruck zu hinterlassen.

Das Leben geht voran, os wie wir es tun. Wir werden uns trennen. \"Uns trennt das Leben\", so wie Thomas
D. es mal so schön gesagt hat. Natürlich wird man Kontakt aufrecht erhalten. Aber niemals, und für keinen von uns, wird es so sein, wie es jetzt für uns ist. Es geht vorbei. Und wir mit ihm.

Und der Gedanke daran, dass es in Zukunft wohl keinen Moment mehr geben wird, in dem wir einmal wieder
in einer Runde sein werden, der lässt mich schier sterben. Jeder ist für sich schon ein Wunder, doch das Gefühl der vollkommenen Geborgenheit zeigt sich mir nur in einer Gemeinschaft. Wenn wir uns in ein paar Jahren ienmal sehen werden, mit ein paar Einzelnen, dann werden wir uns anlächeln, mit jenem verliebten, träumerischen Verstehen im Blick, an eine Zeit, die uns unser Glück schenkte und uns sorgsam behütete.

An eine Zeit, in der wir das kosten durften, was das Leben so lebenswert machte. An eine Zeit, in der uns niemand im Weg stehen konnte. An eine Zeit, die uns niemand mehr nehmen kann, wie sie uns schöner nicht hätte sein können.

...

An eine Zeit, die niemals wiederkehren wird.

... und dann, wenn man nach durchzechter Nacht, in der man 1000 Worte an die Vergangenheit verschwendet hat, dann kommt das Morgengrauen ...

... unaufhaltsam ...

bis in alle Ewigkeit.
 
Hallo asdff,

dein Tagebuch-Beitrag stimmt mich irgendwie bedrückend.

Für mich ist in deinem Text kein Gleichgewicht drin. Du deutest es ja schon mit dem ersten Satz an: "Ich lebe im Vergangenen."
In mir erweckt sich der Eindruck, dass der Ich-Erzähler an einer Schwelle, an der Wand oder einem tiefen Abgrund steht. Der Blick nach vorn wird vermieden, bzw. direkt wieder nach hinten, auf die Vergangenheit gerichtet ("Wenn wir uns in ein paar Jahren ienmal sehen werden, mit ein paar Einzelnen, dann werden wir uns anlächeln, mit jenem verliebten, träumerischen Verstehen im Blick, an eine Zeit, die uns unser Glück schenkte und uns sorgsam behütete.

An eine Zeit, in der wir das kosten durften, was das Leben so lebenswert machte. An eine Zeit, in der uns niemand im Weg stehen konnte. An eine Zeit, die uns niemand mehr nehmen kann, wie sie uns schöner nicht hätte sein können.")

Dein Text enhält einiges, was mich auf einen Übergang in einen neuen Lebensabschnitt (privat, beruflich oder räumlich) schließen lassen kann, oder auch auf größere gesellschaftliche Veränderungen, die sich auf jeden einzelnen (unterschiedlich) auswirken. Mir ist jedoch nicht ganz klar, ob es nicht besser wäre, bei solchen Ereignissen auch die positiven Aspekte für künftige Entwicklungen mit einzubeziehen. Aber das liegt wohl an mir, dass ich die Hoffnung nicht so schnell aufgeben will.

Liebe Grüße
 



 
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