Wilhelm Riedel
Mitglied
Im Jahr nach dem Ende des Krieges, die Häuser und Kirchen unsrer Stadt lagen noch in Trümmern, wurde ich in dem notdürftig hergestellten zentralen Gotteshaus vom Bischof unsrer Diözese gefirmt. Kinder aus der ganzen Umgebung kamen dorthin, wir waren viele. Ich fühlte mich verlassen und verloren, in den Straßen, in der Ruine, auf der Empore, von wo aus ich durch das zerstörte Dach in den Himmel schauen konnte.
Unten vollzog sich ein prächtiges Schauspiel. Der Bischof zog ein, begleitet von vielen Geistlichen und Ministranten, buntfarbig bekleidet, Weihrauchfässer wurden geschwenkt, Glöckchen bimmelten.
Nun war mir das nicht unbekannt. Zu Hause in dem notdürftig für die Messe eingerichteten Raum trug unser Pfarrer, den ich in dem Gefolge erblickte, ebensolches farbiges und besticktes Tuch, auch ich wurde als Messdiener mit roten Röcken und weißen Hemden geschmückt.
Die Inszenierung ging über die Bühne, mit Worten und Gesten, die ich kannte, aber, so schien mir, mit göttlichem Glanz. So musste der Herr im Himmel aussehen, fantasierte ich durch das zersplitterte Gebälk, nur noch strahlender und ohne Makel.
Die regelmäßige Teilnahme am Gottesdienst war für mich nicht ohne Kummer. So verhedderte ich mich mit meinen Füßen im Messdienergewand, verschüttete den Weihrauch auf den Altarstufen und versuchte vergeblich Kerzen anzuzünden. Nicht selten war mir übel, Kopfschmerzen quälten, ich wurde vorzeitig nach Hause geschickt.
Als die Feierlichkeiten in der Ruine ihrem Ende entgegen gingen, führte uns ein Mann in schwarzer Kutte nach unten. Ich fühlte mich elend, war erregt, auf der engen Treppe strauchelten meine Füße.
Dann standen wir vor den Stufen des Altars, ich kniete nieder, die erhabene Gestalt näherte sich, Gewand und Stab glitzerten. Als sie vor mir stand und die Hand auf meinen Kopf legte, wankte die Welt. Ich kotzte.
Es haben gar nicht alle gemerkt, was geschehen war. Schnell eilten zwei Frauen herbei, sie wischten und machten den Bischof wieder rein. Ich wurde nach draußen gebracht, auf eine Bank gesetzt. Irgendwie kam ich nach Hause.
Es wurde wenig über mein Ungeschick gesprochen, meine Patentante lächelte.
Wahrscheinlich hätte ich den Vorfall vergessen. Doch viele Jahre später fand ich ein Buch, in dem zu lesen ist, dass eben dieser Bischof, der mir die Hand auflegte und den ich bekotzte, in der Zeit des Dritten Reiches sich für ein Übereinkommen mit den Nationalsozialisten eingesetzt und Stillehalten vor den Verbrechen befürwortet hatte.
Unten vollzog sich ein prächtiges Schauspiel. Der Bischof zog ein, begleitet von vielen Geistlichen und Ministranten, buntfarbig bekleidet, Weihrauchfässer wurden geschwenkt, Glöckchen bimmelten.
Nun war mir das nicht unbekannt. Zu Hause in dem notdürftig für die Messe eingerichteten Raum trug unser Pfarrer, den ich in dem Gefolge erblickte, ebensolches farbiges und besticktes Tuch, auch ich wurde als Messdiener mit roten Röcken und weißen Hemden geschmückt.
Die Inszenierung ging über die Bühne, mit Worten und Gesten, die ich kannte, aber, so schien mir, mit göttlichem Glanz. So musste der Herr im Himmel aussehen, fantasierte ich durch das zersplitterte Gebälk, nur noch strahlender und ohne Makel.
Die regelmäßige Teilnahme am Gottesdienst war für mich nicht ohne Kummer. So verhedderte ich mich mit meinen Füßen im Messdienergewand, verschüttete den Weihrauch auf den Altarstufen und versuchte vergeblich Kerzen anzuzünden. Nicht selten war mir übel, Kopfschmerzen quälten, ich wurde vorzeitig nach Hause geschickt.
Als die Feierlichkeiten in der Ruine ihrem Ende entgegen gingen, führte uns ein Mann in schwarzer Kutte nach unten. Ich fühlte mich elend, war erregt, auf der engen Treppe strauchelten meine Füße.
Dann standen wir vor den Stufen des Altars, ich kniete nieder, die erhabene Gestalt näherte sich, Gewand und Stab glitzerten. Als sie vor mir stand und die Hand auf meinen Kopf legte, wankte die Welt. Ich kotzte.
Es haben gar nicht alle gemerkt, was geschehen war. Schnell eilten zwei Frauen herbei, sie wischten und machten den Bischof wieder rein. Ich wurde nach draußen gebracht, auf eine Bank gesetzt. Irgendwie kam ich nach Hause.
Es wurde wenig über mein Ungeschick gesprochen, meine Patentante lächelte.
Wahrscheinlich hätte ich den Vorfall vergessen. Doch viele Jahre später fand ich ein Buch, in dem zu lesen ist, dass eben dieser Bischof, der mir die Hand auflegte und den ich bekotzte, in der Zeit des Dritten Reiches sich für ein Übereinkommen mit den Nationalsozialisten eingesetzt und Stillehalten vor den Verbrechen befürwortet hatte.