Füchse

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Peter ist ein Fuchs. Er ist schlau, trägt den Nachnamen Fuchs und ist tatsächlich ein Fuchs. Alles Begebenheiten, die ebenfalls auf Stefan, Peters Bruder, zutreffen. Und mit schlau meine ich wirklich schlau. Mit ihrer Geistesanstrengung gelingt den beiden so einiges und so hatten die zwei dann auch recht schnell genug vom Diebstahl der Gans und ähnlichem und begaben sich auf die Reise auszuloten, wo sie denn das Leben hinführe.
Es führte sie auf eine Straße. Am Rande derselben lag Peter nun verwundet, blutüberströmt, ächzend, vermeintlich seinen letzten Atemhauch atmend und blickte den vorbeifahrenden Autos durch die Scheiben, zu den Fahrern, zu den Kindern. Er blickte den Blick des „töte mich, ich leide“, vergoss so manche Träne und nach einiger Zeit erbarmte sich jemand – er sah aus wie ein altdeutscher Jäger – parkte sein Gefährt einige Meter vor dem toten Fuchs in spe und ging den Gang des Todes mit dem Stein der Erlösung in der rechten und eine glühende Zigarette in der linken. Als der Jägersmann über Peter stehend nun mit beiden Händen den schweren Stein ausholend über den Kopf hob, wieselte der Fuchs schon an seinen Beinen vorbei in den Wald hinein und ließ den Mann verwirrt zurück.
„Jackpot!“ sagte Stefan, einen Jutesack lässig um die Schulter schwingend, von der Straße her kommend, „fette Ausbeute!“.
Peter lächelte, wischte sich mit einem nassen Handtuch das Kunstblut aus dem Fell, fischte sich eine der Zigaretten aus der Schachtel, die er im Jutesack fand und nickte zufrieden. Der Coup war aufgegangen. Ein Stück reicher verstauten sie die Beute in der großen Lagerhalle, am Rande der Stadt.
„Zeit zu feiern, wir brauchen Mädels“, sagte Stefan und sie holten sich Nutten aus der Gosse. Nicht die stolzen Füchsinnen aus dem Wald, wo sie tobten und die nur bei Läufigkeit zu Ferkeleien aufgelegt waren, nein, es mussten die fertigen sein, die sich in der Stadt verirrt hatten und nun, vor Hunger und Sehnsucht sterbend bereits für einmal an der Gans riechen dürfen Peter oder Stefan oder auch Peter und Stefan jeden Wunsch erfüllten.
Sie vögelten am Tag und schliefen in der Nacht und als sie die vom Glas der Lagerhalle gebrochenen Sonnenstrahlen weckten, war es schon zu spät. Peter wusste es als erster: Sie wurden beraubt. Die dreisten Diebinnen hatten ihren Medizinschrank restlos geplündert und waren über alle Berge verschwunden.
Resigniert holte Stefan die Whiskeyflasche und die paar Vicodin aus dem kleinen Versteck hervor und teilte mit Peter. Nachdem die beiden die Flasche geleert und die Pillen eingeschmissen hatten, fielen sie um, in den Schlaf, auf den Boden.
„Verdammte Scheiße“, rief Stefan, weckte Peter, der sich langsam aufrichtete, gähnte, gemächlich die Gliedmaßen von sich streckte.
„Was ist denn?“ fragte er Stefan.
„Meine Hinterbeine sind gelähmt!“ Und er klapperte mit den Zähnen, versuchte sich wie ein Spasti aufzurichten, um nur wieder umzufallen.
„Du wirst wohl zu viel erwischt haben, das letzte…“ und Peter stockte noch im Reden, wie er auf seinen Bruder zuging, dem der Schaum vor dem Mund stand und der mit gefletschten Zähnen zunächst nach der Luft und dann auch nach Peter schnappte.
„Was geschieht mit mir? Mir ist so kalt!“ sagte Stefan.
„Nichts, mein Bruder, es ist alles in Ordnung!“erwiderte Peter, streichelte seinem Blut sanft über die Stirn und rammte ihm des Jägers Messers ins Herz, um ihn vor den weiteren Strapazen der Tollwut zu bewahren.
Verfluchte Dirndeln, brüllte Peter verbittert in den Raum, leerte die letzten Tropfen der Whiskeyflasche und knallte sie splitternd auf den Boden. Behutsam schloss er die Augen seines Bruders und lieh ihnen Geld für den Fährmann.
Der Frühling wird kommen und mit ihm der Regen, dachte Peter und zog an seiner Zigarette, die Zeit ist gekommen, ich werde mich niederlassen, denn ich bin nun der letzte Fuchs.
 



 
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