Generationenkonflikt

HajoBe

Mitglied
Jan van Dongen kämpfte am Steuer seines Hymermobils gegen den Sekundenschlaf, während sich Frau Meitjes Gedanken hinter ebenfalls schweren Lidern in die flimmernde, provenzalische Mittagslandschaft verloren.
Unterdessen flegelte sich Sohn Pit auf dem Rücksitz, mit Ohrstöpseln verkabelt, und trommelte den Takt der Musik meinenden Beschallung gelangweilt mit dem Barfuß gegen die Türverkleidung.
"Jan, wir sollten pausieren", ließ sich Meitje vernehmen, räkelte sich mit einem tiefen Seufzer und streckte die Arme zur Decke der Fahrerkabine. Jan schien es nicht gehört zu haben, lenkte jedoch das Gefährt auf den nächsten Rastplatz an der Autoroute del Sur. Noch 185 Kilometer bis Nice. Das Fahrzeug rollte aus, kam unter Schattenbäumen zu Stehen.

Endlich Urlaub, lang ersehntes Highlight des Jahres für Jan und Meitje. Pit hielt sich, was Urlaub betraf, mit seiner Meinung seit jeher abweisend bedeckt und hatte den Kontakt mit der elterlichen Präsenz schon unmittelbar nach der holländisch-belgischen Grenze abgebrochen, sich die Ohren zugestöpselt und jeglicher Zwiesprache verweigert.

Den verwitterten Tisch aus Stein unter ebensolchen Eichen hatte Meitje mit einem rot umrandeten, blau-weiß karierten Tischtuch in den vaterländischen Farben bedeckt und Gouda, hart gekochte Eier, Bagett, Obst und Cola aufgetragen. Jan legte seine Füße daneben - das müsse er so machen, sie seien geschwollen - und Pit ließ sich nach wiederholter Aufforderung aus dem Wohnmobil - und auch ansonsten - herab, um schließlich mit mürrischer Miene bei Tisch zu erscheinen. Meitje hatte vorsorglich Kissen für die harten, splitterverdächtigen Holzbänke aus dem Alkoven geordert. Pit wischte das ihm zugedachte mit einer lässig-provokanten Handbewegung zu Boden. Jan vermied es, sich hierzu zu äußern, und hob es, sichtlich genervt, auf.
"Soll ich dir ein Brot schmieren, Pit?" Der zog einen Stöpsel aus dem Gehörgang. "Was hast du gesagt?" Mutter wiederholte die Frage, doch sie blieb unbeantwortet. Pit griff nach einem Apfel und trottete - jetzt wieder zwiefach verkabelt - auf die nahe Wiese. Seine beredte Körpersprache verriet unmissverständlich gelangweilte Unlust und hartnäckigen Protest.

"Jan, ich habe dir immer gesagt, es macht dem Jungen keinen Spaß mit uns nach Frankreich in den Urlaub zu fahren. Er wäre lieber bei seinen Kumpels geblieben, wir hätten ihn bei Oma lassen sollen." Jan - jetzt ganz Aufmerksamkeit - nahm die Füße vom Tisch und ein Stück Käse, schob es zwischen die Zähne und meinte kauend: "Du hättest ihm den Urlaub schmackhafter machen sollen. Meer, Sand, Sonne und jeden Tag Pizza...". -
"Jan, das interessiert den Jungen nicht. Selbst der in Aussicht gestellte Kauf eines Gummibootes schien ihn nicht zu beeindrucken." Jan, jetzt sichtlich erzürnt: " Er wird uns den ganzen Urlaub vermiesen, rede einfach nochmal mit ihm!"
Er selbst hatte es aufgegeben, sich mit seinem Sohn auf einen weiteren frustrierenden Disput, die Ferien betreffend, einzulassen.

Der Junge stand abseits, hatte zwischenzeitlich - die nahe Toilettenanlage ignorierend - an einen Baum gepinkelt, wobei ihn die zahlreichen Leute nicht zu stören schienen, verharrte mit gesenktem Kopf in einiger Entfernung und starrte den Apfel in seinen Händen unschlüssig an. Dann schleuderte er ihn in weitem Bogen in die nahen Büsche.
"Bist du noch bei Trost?" Jan wurde richtig wütend. "Willst du uns den ganzen Urlaub versauen? Deine Mutter und ich haben das ganze Jahr gespart und uns darauf gefreut..." - "Aber ich nicht!", war die kurzgefasste Meinung des Sprösslings und sie hatte etwas entwaffnend Endgültiges.
Meitje bemühte sich, den Machtkampf zwischen Vater und Sohn zu schlichten. "Kommt, lasst uns weiterfahren!" Pit nahm einen Schluck aus der Colaflasche und knallte sie verächtlich auf den Tisch. Jan war versucht, ihm auch Eine zu knallen, beherrschte sich und zündete eine Zigarette an, die erste seit Monaten. "Du rauchst wieder?" Jan strafte Meitje mit Schweigen und schlenderte Richtung Toiletten.
Sie dachte: Der ist wie sein Sohn oder "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm". Schließlich war dieser der definitive Auslöser für den väterlichen Unmut, letztendlich das Corpus delicti.

Pit lümmelte bereits wieder auf dem Rücksitz, natürlich die Strippen im Ohr, und kaute Gummibärchen. Meitje hatte abgeräumt und Jan war noch beschäftigt, seine Hose zuzuknöpfen und das Hemd reinzustecken. Dann schwang er sich hinter das Lenkrad, gab Gas, mehr als nötig, seine Wut hatte sich in den rechten Fuß verlagert. Der Hymer setzte sich in Bewegung, Kies stob auf, dann nahm er Fahrt auf Richtung Süden.

Ich hatte die Szenerie auf dem Rastplatz aus einiger Distanz verfolgt und mir diese Geschichte daraus geformt.
Übrigens, mein Sohn war früher auch nicht anders. Wir hatten die Strecke auf dem Weg in die Ferien oft zurückgelegt. Und ich selbst? Na, ja...
Ich startete meinen Golf. Musste noch weiter nach Barcelona.
Die Hitze tanzte flimmernd vor mir über den Asphalt. Da sah ich ihn plötzlich, den Hymer, auf der Gegenfahrbahn, Richtung Holland. Im Rückspiegel bemerkte ich mein Grinsen. Das war keine Fata morgana. Nur familiärer Konflikt-Alltag.
Hier sagen sie: C`est la vie! Und ich dachte: Bon voyage, Oranje!
 

knychen

Mitglied
alltag

hallo hajobe!
solide notiert, paar kleine ungereimtheiten, ein absatz zuviel.
nämlich der letzte.
meinst du wirklich, jemand möchte die story hinter der story wissen?
ich fand es überflüssig.
wie der sohn bei einem wohnmobil - egal ob integriert oder alkoven - auf dem rücksitz lümmelnd den takt der musik gegen die türverkleidung trommeln kann, ist mir ein rätsel. es sei denn, das fahrerhaus ist eine sogenannte doppelkabine mit türen zur hinteren sitzbank. sowas gibt es aber von hymer nicht, sowas gibt es nur in eigenbauvariante.
die autoroute dort heißt "autoroute du soleil".
ansonsten halt ne solide alltagsbeobachtung.
gefällt mir.
wir nehmen übrigens jedes jahr ne freundin unserer tochter mit in den süden. jedes jahr eine andere.
das kostet zu viert marginal mehr wie zu dritt und verschafft uns ne menge freiraum.
gruß aus berlin.
knychen
 
U

USch

Gast
Hallo HaJoBe,
den letzten Absatz würde ich auch streichen. Mit solchen Urlaubs"erlebnissen" habe ich keine Erfahrungen, liest sich schreibtechnisch aber flüssig nachvollziehbar.
LG USch
 

HajoBe

Mitglied
Jan van Dongen kämpfte am Steuer seines Wohnwagengespanns gegen den Sekundenschlaf, während sich Frau Meitjes Gedanken hinter ebenfalls schweren Lidern in die flimmernde, provenzalische Mittagslandschaft verloren.
Unterdessen flegelte sich Sohn Pit auf dem Rücksitz, mit Ohrstöpseln verkabelt, und trommelte den Takt der Musik meinenden Beschallung gelangweilt mit dem Barfuß gegen die Türverkleidung.
"Jan, wir sollten pausieren", ließ sich Meitje vernehmen, räkelte sich mit einem tiefen Seufzer und streckte die Arme zur Decke des Geländewagensm. Jan schien es nicht gehört zu haben, lenkte jedoch das Gefährt auf den nächsten Rastplatz an der Autoroute de Soleil. Noch 185 Kilometer bis Nice. Das Fahrzeug rollte aus, kam unter Schattenbäumen zum Stehen.

Endlich Urlaub, lang ersehntes Highlight des Jahres für Jan und Meitje. Pit hielt sich, was Urlaub betraf, mit seiner Meinung seit jeher abweisend bedeckt und hatte den Kontakt mit der elterlichen Präsenz schon unmittelbar nach der holländisch-belgischen Grenze abgebrochen, sich die Ohren zugestöpselt und jeglicher Zwiesprache verweigert.

Den verwitterten Tisch aus Stein unter ebensolchen Eichen hatte Meitje mit einem rot umrandeten, blau-weiß karierten Tischtuch in den vaterländischen Farben bedeckt und Gouda, hart gekochte Eier, Bagett, Obst und Cola aufgetragen. Jan legte seine Füße daneben - das müsse er so machen, sie seien geschwollen - und Pit ließ sich nach wiederholter Aufforderung aus dem Wohnmobil - und auch ansonsten - herab, um schließlich mit mürrischer Miene bei Tisch zu erscheinen. Meitje hatte vorsorglich Kissen für die harten, splitterverdächtigen Holzbänke aus dem Caravan geordert. Pit wischte das ihm zugedachte mit einer lässig-provokanten Handbewegung zu Boden. Jan vermied es, sich hierzu zu äußern, und hob es, sichtlich genervt, auf.
"Soll ich dir ein Brot schmieren, Pit?" Der zog einen Stöpsel aus dem Gehörgang. "Was hast du gesagt?" Mutter wiederholte die Frage, doch sie blieb unbeantwortet. Pit griff nach einem Apfel und trottete - jetzt wieder zwiefach verkabelt - auf die nahe Wiese. Seine beredte Körpersprache verriet unmissverständlich gelangweilte Unlust und hartnäckigen Protest.

"Jan, ich habe dir immer gesagt, es macht dem Jungen keinen Spaß mit uns nach Frankreich in den Urlaub zu fahren. Er wäre lieber bei seinen Kumpels geblieben, wir hätten ihn bei Oma lassen sollen." Jan - jetzt ganz Aufmerksamkeit - nahm die Füße vom Tisch und ein Stück Käse, schob es zwischen die Zähne und meinte kauend: "Du hättest ihm den Urlaub schmackhafter machen sollen. Meer, Sand, Sonne und jeden Tag Pizza...". -
"Jan, das interessiert den Jungen nicht. Selbst der in Aussicht gestellte Kauf eines Gummibootes schien ihn nicht zu beeindrucken." Jan, jetzt sichtlich erzürnt: " Er wird uns den ganzen Urlaub vermiesen, rede einfach nochmal mit ihm!"
Er selbst hatte es aufgegeben, sich mit seinem Sohn auf einen weiteren frustrierenden Disput, die Ferien betreffend, einzulassen.

Der Junge stand abseits, hatte zwischenzeitlich - die nahe Toilettenanlage ignorierend - an einen Baum gepinkelt, wobei ihn die zahlreichen Leute nicht zu stören schienen, verharrte mit gesenktem Kopf in einiger Entfernung und starrte den Apfel in seinen Händen unschlüssig an. Dann schleuderte er ihn in weitem Bogen in die nahen Büsche.
"Bist du noch bei Trost?" Jan wurde richtig wütend. "Willst du uns den ganzen Urlaub versauen? Deine Mutter und ich haben das ganze Jahr gespart und uns darauf gefreut..." - "Aber ich nicht!", war die kurzgefasste Meinung des Sprösslings und sie hatte etwas entwaffnend Endgültiges.
Meitje bemühte sich, den Machtkampf zwischen Vater und Sohn zu schlichten. "Kommt, lasst uns weiterfahren!" Pit nahm einen Schluck aus der Colaflasche und knallte sie verächtlich auf den Tisch. Jan war versucht, ihm auch Eine zu knallen, beherrschte sich und zündete eine Zigarette an, die erste seit Monaten. "Du rauchst wieder?" Jan strafte Meitje mit Schweigen und schlenderte Richtung Toiletten.
Sie dachte: Der ist wie sein Sohn oder "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm". Schließlich war dieser der definitive Auslöser für den väterlichen Unmut, letztendlich das Corpus delicti.

Pit lümmelte bereits wieder auf dem Rücksitz, natürlich die Strippen im Ohr, und kaute Gummibärchen. Meitje hatte abgeräumt und Jan war noch beschäftigt, seine Hose zuzuknöpfen und das Hemd reinzustecken. Dann schwang er sich hinter das Lenkrad, gab Gas, mehr als nötig, seine Wut hatte sich in den rechten Fuß verlagert. Das Gespann setzte sich in Bewegung, Kies stob auf, dann nahm es Fahrt auf Richtung Süden.

Ich hatte die Szenerie auf dem Rastplatz aus einiger Distanz verfolgt und mir diese Geschichte daraus geformt.
Übrigens, mein Sohn war früher auch nicht anders. Wir hatten die Strecke auf dem Weg in die Ferien oft zurückgelegt. Und ich selbst? Na, ja...
Ich startete meinen Golf. Musste noch weiter nach Barcelona.
Die Hitze tanzte flimmernd vor mir über den Asphalt. Da sah ich sie plötzlich, die Holländer von vorhin, auf der Gegenfahrbahn, Richtung Norden. Im Rückspiegel bemerkte ich mein Grinsen. Das war keine Fata morgana. Nur familiärer Konflikt-Alltag.
Hier sagen sie: C`est la vie! Und ich dachte: Bon voyage, Oranje!
 

HajoBe

Mitglied
Hallo Knychen, Hallo Usch, danke für die wohlmeinende Kritik und die Korrekturvorschläge. Habe sie teilweise verwirklicht, das mit dem Hymer stimmt, Caravan ist ja auch viel hollandtypischer.
Den letzten Absatz finde ich wichtig, er spannt den Bogen und zeigt auf, dass der Junge sich offenbar durchgesetzt hat und die genervten Eltern es vorgezogen haben, den Urlaub zuhause zu gestalten. Hier tun sich Fragen der Erziehungskultur auf und ebensolche, wie weit uns die Jugend auf dem Kopf herumtanzt.
Genauer vermutet: Passt denn Jung und Alt überhaupt noch zusammen? Demografisches Rätselspiel?
Lieben Gruß HajoBe
 

HajoBe

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Jan van Dongen kämpfte am Steuer seines Wohnwagengespanns gegen den Sekundenschlaf, während sich Frau Meitjes Gedanken hinter nicht weniger schweren Lidern in die flimmernde, provenzalische Mittagslandschaft verloren.
Unterdessen flegelte sich Sohn Pit auf dem Rücksitz des Kombi, mit Ohrstöpseln verkabelt, und trommelte den Takt der musikalischen Beschallung gelangweilt mit dem Barfuß gegen die Türverkleidung.
"Jan, wir sollten pausieren", ließ sich Meitje vernehmen, räkelte sich mit einem tiefen Seufzer und streckte die Arme zur Decke. Jan schien es nicht gehört zu haben, lenkte dennoch das Gefährt auf den nächsten Rastplatz an der Autoroute du Soleil. Noch 185 Kilometer bis Nice. Fahrzeug und Wohnwagen rollten aus, kamen unter Schattenbäumen zum Stehen.

Endlich Urlaub, lang ersehntes Highlight des Jahres für Jan und Meitje. Pit hielt sich, was Urlaub betraf, mit seiner Meinung seit jeher abweisend bedeckt und hatte den Kontakt mit der elterlichen Präsenz schon unmittelbar nach der holländisch-belgischen Grenze abgebrochen, sich die Ohren verkapselt und jeglicher Zwiesprache verweigert.

Den verwitterten Tisch aus Stein unter ebensolchen Eichen hatte Meitje mit einem rot umrandeten, blau-weiß karierten Tischtuch in den vaterländischen Farben bedeckt und Gouda, hart gekochte Eier, Baguette, Obst und Cola aufgetragen. Jan legte seine Füße daneben - das müsse er so machen, sie seien geschwollen - und Pit ließ sich, nach wiederholter Aufforderung, aus dem Auto gleitend dazu herab, mit mürrischer Miene bei Tisch zu erscheinen. Meitje hatte vorsorglich Kissen für die harten, splitterverdächtigen Holzbänke aus dem Caravan geordert. Pit wischte das ihm zugedachte mit einer lässig-provokanten Handbewegung zu Boden. Jan vermied es, sich zu äußern, hob es, sichtlich genervt, auf.
"Soll ich dir ein Brot schmieren, Pit?" Der zog einen Stöpsel aus dem Gehörgang. "Was hast du gesagt?" Mutter wiederholte die Frage, doch sie blieb unbeantwortet. Pit langte nach einem Apfel und trottete - jetzt wieder zwiefach verkabelt - auf die nahe Wiese. Seine beredte Körpersprache verriet unmissverständlich gelangweilte Unlust und hartnäckigen Protest.

"Jan, ich habe dir immer gesagt, es macht dem Jungen keinen Spaß mit uns nach Frankreich in den Urlaub zu fahren. Er wäre lieber bei seinen Kumpels geblieben, wir hätten ihn bei Oma lassen sollen." Jan - jetzt merklich zugewandter - nahm die Füße vom Tisch und ein Stück Käse, schob es zwischen die Zähne und meinte kauend: "Du hättest ihm den Urlaub schmackhafter machen sollen. Meer, Sand, Sonne und jeden Tag Pizza...". -
"Jan, das interessiert den Jungen nicht. Selbst der in Aussicht gestellte Kauf eines Gummibootes schien ihn nicht zu beeindrucken." Jan, jetzt sichtlich erzürnt: " Er wird uns den ganzen Urlaub vermiesen, rede einfach nochmal mit ihm!"
Er selbst hatte es aufgegeben, sich mit seinem Sohn auf einen weiteren frustrierenden Disput, die Ferien betreffend, einzulassen.

Der Junge stand, den Rücken zugewandt, in einiger Entfernung, hatte zwischenzeitlich - die nahe Toilettenanlage ignorierend - an einen Baum gepinkelt, wobei ihn die zahlreichen Leute nicht zu stören schienen, verharrte mit gesenktem Kopf und starrte den Apfel in seinen Händen unschlüssig an. Dann schleuderte er ihn in weitem Bogen in die nahen Büsche.
"Bist du noch bei Trost?" Jan, jetzt richtig wütend: "Willst du uns den ganzen Urlaub versauen? Deine Mutter und ich haben das ganze Jahr gespart und uns darauf gefreut..." - "Aber ich nicht!", war die kurzgefasste Einlassung des Sprösslings und sie hatte etwas entwaffnend Endgültiges.
Meitje, bemüht, den Machtkampf zwischen Vater und Sohn zu schlichten, bemerkte beschwichtigend: "Kommt, lasst uns weiterfahren!" Pit nahm einen Schluck aus der Colaflasche und knallte sie verächtlich auf den Tisch. Jan war versucht, ihm auch Eine zu knallen, beherrschte sich und zündete eine Zigarette an, die erste seit Monaten. "Du rauchst wieder?" Jan strafte Meitje mit Schweigen und schlenderte Richtung Toiletten.
Sie dachte: Der ist wie sein Sohn oder "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm". Schließlich war dieser der definitive Auslöser für den väterlichen Zornesausbruch, das Corpus delicti.

Pit lümmelte bereits wieder auf dem Rücksitz, natürlich die Strippen im Ohr, und kaute Gummibärchen. Meitje hatte abgeräumt. Jan war noch beschäftigt, seine Hose zuzuknöpfen und das Hemd reinzustecken. Dann schwang er sich hinter das Lenkrad, gab Gas, mehr als nötig, seine Wut hatte sich in den rechten Fuß verlagert. Das Gespann setzte sich in Bewegung, Kies stob auf, dann nahm es Fahrt auf Richtung Süden.

Ich hatte die Szenerie auf dem Rastplatz aus einiger Distanz verfolgt und mir diese Geschichte daraus geformt.
Übrigens, mein Sohn war früher auch nicht anders. Wir hatten die Strecke auf dem Weg in die Ferien oft zurückgelegt.
Ich startete meinen Golf. Musste noch weiter nach Barcelona.
Die Hitze tanzte flimmernd vor mir über den Asphalt. Da erblickte ich sie plötzlich, die Holländer von vorhin, auf der Gegenfahrbahn tauchten sie auf, Richtung Norden. Im Rückspiegel sah ich mich grinsen. Keine Fata morgana. Familiärer Konflikt-Alltag hatte offenbar eine neue Wendung genommen.
Hier sagen sie: C`est la vie! Und ich dachte: Bon voyage, Oranje!
 

HajoBe

Mitglied
Jan van Dongen kämpfte am Steuer seines Wohnwagengespanns gegen den Sekundenschlaf, während sich Frau Meitjes Gedanken hinter schweren Lidern in die flimmernde, provenzalische Mittagslandschaft verloren.
Gelangweilt flegelte sich Sohn Pit auf dem Rücksitz des Kombi, mit Ohrstöpseln verkabelt, und trommelte im Takt der musikalischen Beschallung mit den Füßen gegen die Türverkleidung.
"Jan, wir sollten pausieren", ließ sich Meitje vernehmen, räkelte sich mit einem tiefen Seufzer und streckte die Arme zur Decke. Jan schien es nicht gehört zu haben, lenkte dennoch das Gefährt auf den nächsten Rastplatz an der Autoroute du Soleil. Noch 185 Kilometer bis Nice. Fahrzeug und Wohnwagen rollten aus, kamen unter Schattenbäumen zum Stehen.

Endlich Urlaub,lang ersehntes Highlight des Jahres für Jan und Meitje. Pit hielt sich, was Urlaub betraf, mit seiner Meinung seit jeher abweisend bedeckt und hatte den Kontakt mit der elterlichen Präsenz schon unmittelbar nach der holländisch-belgischen Grenze abgebrochen, sich die Ohren verkapselt und jeglicher Zwiesprache verweigert.

Den verwitterten Tisch aus Stein hatte Meitje mit einem rot umrandeten, blau-weiß karierten Tischtuch in den vaterländischen Farben bedeckt und Gouda, hart gekochte Eier, Baguette, Obst und Cola aufgetragen. Jan legte seine Füße daneben - das müsse er so machen, sie seien geschwollen - und Pit ließ sich, nach wiederholter Aufforderung, aus dem Auto gleitend dazu herab, mit mürrischer Miene bei Tisch zu erscheinen. Meitje hatte vorsorglich Kissen für die harten, splitterverdächtigen Holzbänke aus dem Caravan geordert. Pit wischte das ihm zugedachte mit einer lässig-provokanten Handbewegung zu Boden. Jan vermied es, sich zu äußern und hob es sichtlich genervt auf.
"Soll ich dir ein Brot schmieren, Pit?" Der zog einen der Stöpsel aus dem Gehörgang. "Was hast du gesagt?" Mutter wiederholte die Frage, doch sie blieb unbeantwortet. Der Filius langte nach einem Apfel und trottete - jetzt wieder zwiefach verkabelt - auf die nahe Wiese. Seine beredte Körpersprache verriet unmissverständlich Unlust und hartnäckigen Protest.

"Jan, ich habe dir immer gesagt, es macht dem Jungen keinen Spaß mit uns nach Frankreich in den Urlaub zu fahren. Er wäre lieber bei seinen Kumpels geblieben, wir hätten ihn bei Oma lassen sollen." Jan - jetzt merklich zugewandter - nahm die Füße vom Tisch und ein Stück Käse, schob es zwischen die Zähne und meinte kauend: "Du hättest ihm den Urlaub schmackhafter machen sollen. Meer, Sand, Sonne und jeden Tag Pizza...".
"Jan, das interessiert den Jungen nicht. Selbst der in Aussicht gestellte Kauf eines Gummibootes schien ihn nicht zu beeindrucken." Jan, jetzt sichtlich erzürnt: " Er wird uns den ganzen Urlaub vermiesen, rede einfach nochmal mit ihm!"
Er selbst hatte es aufgegeben, sich mit seinem Sohn auf einen weiteren frustrierenden Disput die Ferien betreffend einzulassen.

Der Junge stand, den Rücken zugewandt, in einiger Entfernung, hatte zwischenzeitlich - die nahe Toilettenanlage ignorierend - an einen Baum gepinkelt, wobei ihn die zahlreichen Leute nicht zu stören schienen, verharrte mit gesenktem Kopf und starrte den Apfel in seinen Händen unschlüssig an. Dann schleuderte er ihn in weitem Bogen in die nahen Büsche.
"Bist du noch bei Trost?" Jan, jetzt richtig wütend: "Willst du uns den ganzen Urlaub versauen? Deine Mutter und ich haben das ganze Jahr gespart und uns darauf gefreut..." - "Aber ich nicht!", war die kurzgefasste Einlassung des Sprösslings und sie hatte etwas entwaffnend Endgültiges.
Meitje, bemüht, den Machtkampf zwischen Vater und Sohn zu schlichten, bemerkte beschwichtigend: "Kommt, lasst uns weiterfahren!" Pit nahm einen Schluck aus der Colaflasche und knallte sie verächtlich auf den Tisch. Jan war versucht, ihm auch Eine zu knallen, beherrschte sich und zündete eine Zigarette an, die erste seit Monaten. "Du rauchst wieder?" Jan strafte Meitje mit Schweigen und schlenderte Richtung Toiletten.
Sie dachte: Der ist wie sein Sohn oder "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm". Schließlich war ein solcher der definitive Auslöser für den väterlichen Zornesausbruch, das Corpus delicti.

Pit lümmelte bereits wieder auf dem Rücksitz, natürlich die Strippen im Ohr, und kaute Gummibärchen. Meitje hatte abgeräumt. Jan war noch beschäftigt, seine Hose zuzuknöpfen und das Hemd reinzustecken. Dann schwang er sich hinter das Lenkrad, gab Gas, mehr als nötig, seine Wut hatte sich in den rechten Fuß verlagert. Das Gespann setzte sich in Bewegung, Kies stob auf, dann nahm es Fahrt auf Richtung Süden.

Ich hatte die Szenerie auf dem Rastplatz aus einiger Distanz verfolgt. Übrigens, mein Sohn war früher auch nicht anders. Wir hatten die Strecke auf dem Weg in die Ferien oft zurückgelegt.
Ich startete meinen Golf. Musste noch weiter nach Barcelona.
Die Hitze tanzte flimmernd vor mir über den Asphalt. Da erblickte ich sie plötzlich, die Holländer von vorhin, auf der Gegenfahrbahn tauchten sie auf, Richtung Norden. Im Rückspiegel sah ich mich grinsen. Keine Fata morgana. Familiärer Konflikt-Alltag hatte offenbar eine neue Wendung genommen.
Hier sagen sie: C`est la vie!
Bon voyage, Oranje!
 



 
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