Hinter die Dinge sehen

1,00 Stern(e) 1 Stimme

vreni

Mitglied
Diese Übung dient dazu sich besser in Charaktere einleben zu können und Gefühle auszudrücken.



Wie nur konntest Du das tun?
Hast Du nichts dabei gefühlt?
Was nahm Dir all die Skrupel, all die Scham?

Du hast gewissenlos gehorcht
Mord befohlen, ausgeführt
Das Gas war leise, nur die Schrei laut

Die Bilder machen fassungslos
Gruben voller Leichen
Voller nicht erfüllter Hoffnungen

Du hast als Richter, Henker
Ihre Zukunft geraubt
Wie kann ein Mensch zum Unmensch werden?
Das höchste Gut mit Füßen treten

Leben - mehr als nur zu überleben
Leben - das ist Ursprung und Ziel
Leben - als kleiner Teil des großen Ganzen
Lebenswert zu sein

Dass im Namen einer Politik
Dass im Namen einer Religion
Menschenverachtung uns in Kriege führt

Und dass der Wahnsinn triumphiert
Wo ein Leben nur als Opfer dient
All das blieb uns bis jetzt erspart

Wir kennen nur die Bilder
Das genau ist unsere Chance
Wenn wir begreifen, wenn wir lernen wollen
Wie Du und Ich und wir gemeinsam



Dies ist ein Songtext von der Gruppe "PUR" überlegt euch nun Antworten auf die folgenden Fragen

1. Was denkt ihr an wen ist der Songtext gerichtet?

2. Welches Ereignis kommt euch beim durchlesen in den Sinn?

3. In welcher Stimmung waren die "Komponisten" als sie
Diese Lied schrieben?

4. Was bedeutet Lebenswert sein ?

5. Was für Gefühle hattet ihr beim durchlesen des Textes?

6.In welcher Stimmung müsstet ihr sein damit euch der Text anspricht?

7. Könnte euch dieser Text in eine andere Stimmung versetzen (so à la Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt)?

8. Wenn ja weshalb?




Greez Verae
 

Aspirin

Mitglied
1.

Der Text ist an zwei Personen gerichtet.
Ein mal an die „Henker“ und „Mörder“ und ein mal an den Leser bzw. Hörer.
Die ersten werden gefragt, den zweiten wird gesagt. Die ersten fragt man wie sie ihre Taten verantworten konnten, den zweiten wird gesagt, sie sollen das Geschehene sich als Lehre für die Zukunft dienen lassen.

2.

Als erstes natürlich die Opfer der KZs. Man kennt diese alten Schwarzweißaufnahmen, die nach der Befreiung gemacht wurden. Abgemagerte Menschen, die wie Tote aussehen, riesige Gruben von Leichen, die nackt aufeinander geworfen wurden. Als nächstes kam mir unwillkürlich das Gedicht „Todesfuge“ in den Sinn. Danach tauchten auch die Bilder aus Vietnam in meinem Kopf auf, die ermordeten Kurden, die bis zur Unkenntlichkeit verbrannten irakischen Soldaten im Golfkrieg.

3.

Keine Ahnung. Die nahe liegende Antwort wäre wohl, sie waren aufgebracht/betrübt/erschüttert. Allerdings wären das alles bloß Hypothesen und Vermutungen, vielleicht waren sie das, vielleicht haben sie aber auch nur einen Joint geraucht und gedacht, es wäre wieder an der Zeit einen Song zu schreiben, der die Hörer emotional aufwühlt, einen sozialkritischen Touch hat und sich gut verkaufen lässt. Auch das wäre möglich, darum sage ich, ich weiß es nicht.

4.

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Für mich bedeutet „lebenswert sein“ die Tatsache, dass man morgens nach dem Aufwachen nicht gerade darüber traurig ist, dass man noch atmet und die Welt um einen herum noch heil ist, sondern dass man froh ist aufstehen zu können, wenn man einmal gefallen ist. Das hieße für mich lebenswert.

5.

Ich war schrecklich müde. Der erwünschte Eckel, Schock oder Trauer wollten in mir nicht recht aufsteigen. Ich bin erkältet und wie banal sich das jetzt auch anhören mag, das stumpft unheimlich ab, denn da bricht für einen die Welt für den Bruchteil der Sekunde auseinander und man bemitleidet sich immer noch am liebsten (auch wenn man es nicht gerne zugeben würde).

6.

Ich müsste gut ausgeschlafen sein, darum werde ich den Text, morgen noch ein mal lesen.

7.

Ja ich denke schon, dass es möglich wäre.

8.

Normalerweise würden (geistig)gesunde Menschen auf diesen Text emotional reagieren. Man wäre oder besser gesagt man ist dann schockiert (weil es nicht alltäglich und normal ist), wütend (weil man nichts dagegen machen kann), traurig (weil man die beschriebenen Umstände auch auf sich projiziert) und im Endeffekt ist man motiviert, voller Tatendrang und sucht verzweifelt nach humanitären Hilfsorganisationen, in die man eitreten kann, um die Welt zu retten (letzteres rührt auf dem Wunsch der Veränderung und ist in der Beschreibung etwas übertrieben). Die Frage, ob nun auch andere Reaktionsfolge möglich wäre, lässt sich durchaus mit JA beantworten.
- Man könnte geisteskrank sein und die Welt anders empfinden
- Man könnte unter dem Einfluss von Drogen stehen (da erscheinen einem manchmal die banalsten Sachen als lustig)
- Man könnte versuchen sich dagegen zu wehren auf emotionaler Ebene angesprochen zu werden, würde anfangen über das Geschriebene nachzudenken, irgendwann sich in den Fragestellungen der Ethik verfangen, das Leid vergessen und irgendwann frustriert und verärgert alles und jeden zum Teufel schicken
 

ex-mact

Mitglied
Moin,

mir ist absolut unklar, wie diese ,,Übung'' das Einleben in Charaktere üben soll. Vielleicht kannst Du das erklären? Die Fragen, die Du stellst, sind jedenfalls typische Schulfragen, die höchstens von einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit dem Thema abschrecken.

> 1. Was denkt ihr an wen ist der Songtext gerichtet?

Na, an Käufer der CD. Das merkt man schon an der ,,betroffenen Wortwahl'', die typisch für Leute ist, die nicht wirklich selber betroffen sind.

> 2. Welches Ereignis kommt euch beim durchlesen in den Sinn?

Feuerzeuge von Fans, die in den Himmel gereckt werden - und ein weiblicher Fan, der tränenaufgelöst sagt, daß es mehr solche Band geben müsste, die über ernsthafte Themen singen.

> 3. In welcher Stimmung waren die "Komponisten" als sie
> Diese Lied schrieben?

Ich nehme an, die ,,Komponisten'' (das sind die, die die Melodie und die Orchestrierung schreiben) waren in der verzwickten Lage, zu den Worten eine passende Musik zu schreiben, die dennoch kommerziell verwertbar ist. Der Texter war vielleicht irgendwann wirklich betroffen und sauer über das, was seine Eltern oder Großeltern zugelassen haben.

> 4. Was bedeutet Lebenswert sein?

In welchem Zusammenhang? Ich bin - dank der Aufgabe - nicht mehr in der Stimmung, Philosophisches zu schreiben.

> 5. Was für Gefühle hattet ihr beim durchlesen des Textes?

Langeweile, Entrüstung über die billigen Effekte.


> 6.In welcher Stimmung müsstet ihr sein damit euch der Text
> anspricht?

Eine ernsthafte Antwort von mir: ich müsste besoffen sein. Leider trinke ich keinen Alkohol.

> 7. Könnte euch dieser Text in eine andere Stimmung
> versetzen (so à la Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt)?

Nein. Dazu müsste der Text handwerklich gut gemacht sein.

> 8. Wenn ja weshalb?

Eine Antwort erübrigt sich hier.

Ich möchte abschließend sagen, daß ich weder etwas gegen den Weichspülsänger Hartmut Engler, noch gegen PUR oder diesen Text speziell habe. Ich habe aber etwas gegen aufgesetzte philosophische Betrachtungen von sehr seichten, für einen Massenmarkt hingeworfenen Popsong-Texten.
 
P

Parsifal

Gast
Hallo Vreni,

ich finde es - ehrlich gesagt - zum Kotzen, wenn Popgruppen glauben, sich durch solchen Betroffenheits-Schmonzes nobilitieren zu müssen.

Das einzig mögliche Gedicht zum Thema hat Paul Celan mit seiner "Todesfuge" geschrieben - und die widersetzt sich jeder Vertonung!

Peter
 



 
Oben Unten