Im Zirkuszelt der Eitelkeiten

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Herzog

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Im Zirkuszelt der Eitelkeiten




Auftritt die ganze Plunderschar
Im Zirkuszelt so wunderbar
Mit falschem Glanz und Talmiglitter
Im Beifallsrausch und Blitzgewitter:
Der Gaukler gaukelt vor sich hin
Der Denker sucht den tiefren Sinn
Der Sänger singt aus voller Brust
Dem Dichter fehlt dazu die Lust.
Er denkt: Ich bleib im Hintergrund
Und halte erst mal meinen Mund.

Miss Busenschön aus Hollywood
Macht sich im Zelt besonders gut:
Sie lässt - man sieht es nur von weitem -
Den Träger von der Schulter gleiten.
Sie zeigt Beachtliches fürwahr
Und gilt sofort als Superstar.
Die Dichterschultern sind nur schmal
Ihm scheint, er hat da keine Wahl.
Er denkt: Ich bleib im Hintergrund
Und halte erst mal meinen Mund.

Das Fürstenpaar tritt majestätisch
An seinen wohlgedeckten Teetisch.
Homestorymäßig attraktiv
Lächeln sie in das Objektiv
Lustwandeln durch den Rosengarten
Wo schon die lieben Kleinen warten
An ihrer Seite der Retriever.
Der Dichter fragt: Geht’s nicht noch tiefer?
Er denkt: Ich bleib im Hintergrund
Und halte erst mal meinen Mund.

Doch ganz weit vorne an der Rampe
Im Licht der hellsten Zirkuslampe
Stehn Bohlen und sein schlechtes Buch
(Als gäbs davon nicht schon genug).
Im Publikum grölt heller Jubel
Es fließen Euro, Dollar, Rubel
In unsres Dieters Taschen rein.
Der Dichter ist dafür zu fein.
Er denkt: Ich bleib im Hintergrund
Und halte weiter meinen Mund.

Ironisch, leise und bescheiden
Mag er die and’ren nicht beneiden.
Braucht keine Groupies Fans Verehrer
Sieht manchmal sich als Müllaufkehrer
Der sogenannten Popkultur.
Und hofft dabei im stillen nur
Das Wörtchen „Pop“ sei hoffentlich
Nicht Abkürzung für „popelig“...
(So schießt er aus dem Hintergrund
Und hält nicht immer seinen Mund.)​
 



 
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