Knappe und König

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Rainer Lieser

Mitglied
Knappe und König

König: Vor der Ameise ragt ein gigantischer Steinhaufen aus dem Erdreich. Gestern hatte es den hier noch nicht gegeben. Wieso ist er heute da? Die anderen Ameisen laufen links und rechts an dem Steinhaufen vorbei. Einige machen sich daran ihn zu besteigen. Nur unsere Ameise tut nichts dergleichen. Sie bleibt vor dem Hindernis wie angewurzelt stehen. Weiß nicht, was sie tun soll. Ein Falke taucht schließlich hinter ihr auf und frisst sie.

Er legte eine kurze Pause ein.

König: Mancmal fühle ich mich wie diese Ameise sich gefühlt haben muss, bevor der Vogel sie verspeist. Alle um mich herum versuchen mit den Widrigkeiten des Alltags klar zu kommen. Wenn sie ein Problem erkennen, schlagen sie die entsprechende Richtung ein, um es zu lösen. Ich tue das nicht. Ich versinke in Grübelei und Untätigkeit.

Der Knappe runzelt die Stirn: Ähem....
König: In Ordnung, stell dir eine Warteschlange in einer Bäckerei vor. Mit dir selbst als einem der Wartenden darin. Alle Menschen vor dir werden der Reihe nach bedient. Dann kommst du dran. Doch statt dich als Nächsten zu bedienen, blickt die Verkäuferin fragend in die Runde und spricht davon die Übersicht verloren zu haben – der Nächste solle sich doch nun einfach zu Wort melden. Bist du derjenige, der in diesem Augenblick den Mund aufmacht? Oder bist du derjenige, der schweigt und sich später über den Typen ärgert, der den Mund aufgemacht hat.
Natürlich hältst du den Mund und der Andere hat selbstverständlich auch gerade noch das LETZTE Stücklein Bienenstich erhalten. Und war es nicht so, dass du die Bäckerei ausschließlich wegen eines Stücks Bienenstich betreten hattest? Dumm gelaufen, würden einige nun sagen. In meinem Leben geschehen solche Dinge andauernd.
Knappe: Aber mein König, ihr seid doch der König.
König: Ich weiß das und du weißt das. Aber mein Volk weiß es nicht. Die Leute kennen mich einfach nicht. Wenn ich mit Mantel, Krone und Zepter durch die Straßen laufe, verspotten sie mich. Manchmal wünschte ich wirklich, ich hätte einen herrschaftlichen Landsitz und einen großen Hofstaat, wie andere Könige auch. In einem großen Hofstaat findet sich immer jemand, den man foltern lassen kann – und wer foltern lassen kann, vor dem haben die Menschen Respekt.
Knappe: Ihr könnt mich foltern lassen.
König: Von wem denn? Ich habe doch NUR dich. Genau das ist doch das Problem. Niemand nimmt einen König ernst, der nur EINEN Knappen hat.
Knappe: Und wenn ich mich selbst foltern würde – so etwas lässt sich doch bestimmt lernen.
König: Zum foltern braucht man einen rechtmäßig ausgebildeten Folterknecht. So einen Job kann man nicht eben mal in der Abendschule machen. Ein Folterknecht hat ein vollkommen anderes Berufsbild als ein Knappe. Es wäre absolut unglaubwürdig, wenn du neben deiner Tätigkeit als Knappe auch noch als mein Folterknecht auftreten würdest. Ließe ich das trotzdem zu, würden meine Untertanen mit Recht auch noch jeden letzten Funken Hochachtung mir gegenüber verlieren.
Knappe: Ich würde mein Leben für euch geben, mein König.
König: Ich weiß mein Getreuer – und ich bete dafür, dass dies nie geschehen möge. Denn wenn dieser Fall eintritt, stehe ich völlig alleine da.
Knappe: Entschuldigt diese Frage, aber warum eigentlich ist das so? Warum habt ihr keinen herrschaftlichen Landsitz und warum besteht euer Hofstaat allein aus mir?
König: Einer meiner Vorfahren, König Otmar der Sechzehnte verfügte das so im Jahre 1137. Er hielt das damals einfach für wahnsinnig "cool". Das war schon ein komischer Typ. Auf König Otmar ist übrigens auch die Einführung des Wortes "cool" zurück zu führen. Von ihm stammt diese Wortschöpfung.
Knappe: Ich dachte immer das Wörtchen "cool" wäre aus Amerika zu uns rüber geschwappt - und es sei noch sehr jung.
König: Das denken viele. Dennoch sieht die Wahrheit anders aus. Habe ich dir davon wirklich noch nie etwas erzählt?
Knappe: Nicht das ich wüsste. Aber mit meinen 96 Jahren kann ich mich auf mein Gedächtnis nicht mehr allzu gut verlassen.
König: 96 bist du schon. Herrje.
Knappe: Wie alt seid ihr eigentlich, mein König?
König: Ich glaube so Mitte 30. Ungefähr zumindest. Denkst du manchmal über den Tod nach?
Knappe: Ich mache mir größere Sorgen um euch.
König: Das ist brav so. Doch soweit ich mich erinnere, hast du noch keine leiblichen Nachkommen.
Knappe: Das stimmt.
König: Denn ich darf nur über einen Knappen gebieten, der aus deiner Blutlinie stammt. Darüber solltest du dich sorgen.
Knappe: Stand das in dem Buch, dass seit so vielen Jahren als Unterlage für das verkürzte Bein des Esszimmertisches genutzt wurde?
König: Ja. Wäre nicht der Semmelknödel vom Teller gefallen und zu dem Buch gerollt – das verschollen geglaubte Tagebuch von König Otmar dem Sechzehnten, wäre womöglich auf ewig verschollen geblieben. Zuvor waren mir seine Gebote nur mündlich von Vater und Mutter, Gott hab sie selig, überliefert worden und ich habe den Wahrheitsgehalt immer ein wenig angezweifelt. Otmars Gebote erschienen mir einfach zu ungeheuerlich. Weshalb ich sie dir gegenüber auch nie erwähnte. Erst jetzt liegt mir deren genauer Wortlaut schwarz auf weiß vor – und darin schreibt Otmar unter anderem: sollte eines meiner Gebote gebrochen werden, so ist es meine erklärte Absicht, zu den Lebenden zurück zu kehren und den zu diesem Zeitpunkt amtierenden König zur Rechenschaft zu ziehen. Dieser König wird seinen Kopf durch das Schwert verlieren.
Knappe: Wann habt ihr das Buch entdeckt?
König: Gestern.
Knappe: Selbstverständlich müsst ihr unbedingt davor bewahrt werden von König Otmars Geist enthauptet zu werden. Ich werde alles in meinen Kräften stehende unternehmen, um das zu verhindern.
König: Dann sind wir uns einig. Du musst jetzt also möglichst bald Vater werden.
Knappe: Oh!
König: Zier dich nicht so. Soll ich etwa ganz ohne Knappe weiter leben, wenn es dich eines Tages dahin rafft?
Knappe: Natürlich nicht.
König: Das wird aber geschehen, wenn du nicht bald ein Kind zeugst - oder aber ich nehme mir einen Knappen aus einer anderen Blutlinie und werde dafür geköpft.
Knappe: Sie glauben wirklich der alte Otmar würde zurückkommen?
König: Ich möchte es nicht darauf ankommen lassen. Immerhin war er schon zu seinen Lebzeiten ein völlig durch unberechenbarer Geselle. Ich möchte mir lieber gar nicht erst vorstellen, wozu so einer fähig wäre, wenn er heute noch mal die Chance erhielte unter uns Menschen zu wandeln.
Knappe: Verständlich.
König: Schön. Dann suchen wir jetzt eine Frau für dich.
Knappe: Darf ich Wünsche äußern?
König: Hast du nicht gerade eben noch davon gesprochen, dein Leben für mich geben zu wollen, wenn es von Nöten ist?
Knappe: Demnach darf ich keine Wünsche äußern?
König: Ich glaube wir sollten dem Herrn danken, wenn dich überhaupt noch eine nimmt.
Knappe: Harte Worte.
König: Den Tatsachen entsprechend.

König und Knappe verließen alsbald die zwei Zimmer, Küche, Bad Wohnung. Sie machten sich auf den Weg in das Stadtzentrum. Unterwegs bemerkten die beiden eine junge Frau in einem Waschsalon.

König: Die ist doch hübsch. Los, Knappe, sprich sie an.
Knappe: Ihr meint ich solle sie direkt fragen, ob sie ein Kind mit mir haben möchte?
König: Das wäre vielleicht eine Spur zu direkt. Frage doch stattdessen lieber ganz unverbindlich nach dem Namen des Waschmittels, welches sie gerade benutzt.
Knappe: Ihr seid wahrhaft gerissen, mein König. Auf eine solche List wäre ich nie und nimmer gekommen.

Der Knappe sprach die Wäscherin an, während der König das Geschehen aus dem Verborgenen beobachtete. Was allerdings weder Knappe noch König ahnten war, dass der Wäscherin der Salon gehörte. Die Frage des Knappen weckte Argwohn bei der jungen Frau. Sie vermutete in dem Knappen einen Spitzel, der ihr im Namen der Konkurrenz Unternehmensgeheimnisse entlocken wollte. Wahrscheinlich, so glaubte die Waschsaloninhaberin, hielt der Fremde sie gar für dumm genug, dass sie ihm die geheime Rezeptur ihres Waschmittels verraten würde. Nur weil sie klein, schlank und blond war, dachten stets alle Männer leichtes Spiel mit ihr zu haben. Doch das Wäschereigeschäft war hart. Um in diesem Geschäft bestehen zu können, musste man selbst sehr hart sein. Und die junge Waschsaloninhaberin vor der Knappe gerade stand, war eine der härtesten und verschlagensten Charaktere dieser Zunft.

Frau: Ich werde euch doch nicht so mir nichts dir nichts verraten, womit ich die Schmutzwäsche reinige. Meine Oma hat mir die Rezeptur hinterlassen - und ihr wollt mir nun diese Information auf eine derart plumpe Art entlocken? Ich glaub´s ja nicht. Nein, guter Mann. So läuft das nicht. Nein, nein und nochmals nein. Verschwindet von hier, bevor ich die Polizei herbei rufe.
Knappe: Aber ich wollte doch unser Gespräch nur mit einem möglichst unverbindlichen Thema beginnen...
Frau: Natürlich. Wie sollte es auch anders sein. Für wie doof haltet ihr mich eigentlich? Am Ende bekomme ich gar noch erzählt, ihr seid der Knappe eines edlen Königs und möchtet mit mir Kinder haben, um euren Herren aus einer Notlage zu befreien.
Knappe: Genau. Woher wisst ihr das?
Frau: Wollt ihr mich jetzt völlig für dumm verkaufen?
König: Seid bedacht mit euren Worten, holde Frau. Ich bin in der Tat ein König und dies ist mein Knappe – und ihr könntet mich in der Tat aus einer Notlage befreien. Mein Knappe ist nämlich schon sehr alt und hat noch keine Nachkommen. Ich darf mir aber nur einen Knappen aus seiner Blutlinie wählen. Weil die Blutlinie meines Knappen jedoch mit seinem Tod endet, stehe ich womöglich schon sehr bald ganz alleine da. Was für einen König eine extrem unangenehme Situation wäre.
Frau: Und woher soll ich wissen, dass ihr ein echter König seid?
König: Hier bitte, lest selbst. In meinem Ausweis steht es.

Augenblicklich wurde der jungen Waschsalonbesitzerin klar, was für ein Angebot ihr da gerade vom Schicksal unterbreitet wurde. Womöglich reichte man ihr gerade den Schlüssel zu einem völlig neuen Leben. Einem Leben in Prunk und Pracht, mit Geld und Macht. So wie sie es sich immer erträumt hatte. Wenn sie sich jetzt geschickt verhielt, konnte sie schon bald diesem öden Waschsalon „Lebe wohl“ sagen.

Frau: Na gut. Das scheint zu stimmen. Ich habe da aber ein Problem. Ich würde nämlich lieber das Kind eines Königs in mir tragen, als das eines Knappen.
König: Das kann ich schon verstehen. Allerdings bietet mir euer Gedankengang keinen Lösungsvorschlag für MEIN akutes Problem. Darum bitte ich euch folgenden Vorschlag zu überdenken. Wenn ihr das Kind des Knappen ausgetragen habt, kann ich euch ja direkt im Anschluss schwängern. Da spricht laut königlichem Recht absolut nichts dagegen. Im Gegenteil. Ich könnte mir in diesem Fall die ganze zeitraubende Brautschau ersparen, die normalerweise üblich ist. Als König darf ich nämlich nur meine Ehefrau schwängern. So zumindest hat das Otmar der Sechzehnte verfügt. Wir müssten demnach heiraten bevor ich sie schwängere. Wäre diese Vorgehensweise für euch akzeptabel?
Frau: Das Kind des Knappen dürfte ich aber empfangen, auch ohne mit ihm verheiratet zu sein?
König: So ist es. Immerhin gehört er zum gemeinen Volk.
Frau: Einverstanden.
Knappe: Dann darf ich euch jetzt ein Kind machen?
Frau: Nicht so voreilig, alter Mann. Nicht gleich hier. Lasst uns in das Hinterzimmer gehen, in dem ich sonst das Waschpulver anmische. Ich denke dieser Ort ist den Geschehnissen angemessener als die Waschmaschinenhalle.
König: Ah, ich stelle fest, ihr legt wert auf Etikette. Das ist sehr von Vorteil für eine zukünftige Königin. Folge der Wäscherin geschwind, edler Knappe und erfülle deine Aufgabe pflichtgemäß.
Knappe: Ich werde mein Bestes geben.

Neun Monate später gebar die junge Frau einen stattlichen Jungen. Er wurde Julius getauft.

Schwere Zeiten kamen danach auf den König zu. Denn direkt nach der Geburt, noch im Kreissaal, forderte die ehemalige Waschsaloninhaberin ihre Vermählung mit ihm ein. Zwar hatte die junge Frau inzwischen längst spitz gekriegt, wie es um den König und seine finanziellen Mittel stand, doch hielt sie sich für clever genug, um aus seinem Titel dennoch jede Menge Profit für sich selbst heraus zu schlagen. Der sicherste Weg dorthin führte über die Kontrolle sämtlicher geschäftlicher Angelegenheiten. Alles was in Zukunft mit Geld zu tun haben würde, sollte über ihren Schreibtisch laufen. Sollte dem König das nicht gefallen, würde sie ihn nach der Hochzeit eben einfach vergiften, nahm sich die junge Frau vor.
Kaum waren die beiden verheiratet, erdrosselte die junge Frau den alten Knappen, als er vom Markt mit den Brötchen für das Frühstück zurückkam. Die Brötchen ließ sie dabei ebenso spurlos verschwinden, wie die Leiche des Knappen.
Beim Frühstück fiel dem König auf, dass der sonst so prall gefüllte Brötchenkorb heute leer vor ihm stand. In diesem Zusammenhang erkundigte er sich dann auch gleich nach dem Verbleib des Knappen, den er ebenfalls vermisste. Die Königin fuhr ihren Gatten daraufhin garstig an und nannte den Knappen einen alten Faulenzer und Nichtsnutz, der sich nun wohl endgültig zum Teufel geschert hatte. Denn er sei zwar heute Morgen mit dem Geld für die Einkäufe fort gegangen, doch zurückgekommen sei er nicht mehr. Eine Träne müsse man so einem ganz sicher nicht nachweinen.
Der König erinnerte sich daran, wie er dem Knappen vor vielen Monaten das Gleichnis von der handlungsunfähigen Ameise erzählte hatte, die letztlich von einem Falken aufgefressen worden war. War vielleicht seine Frau dieser Raubvogel und waren er und sein Knappe in diesem Bild die Ameise? Nein, so durfte er nicht denken. Das hatte die Königin wirklich nicht verdient. Die Ehe zwischen ihnen verlief zwar nicht sonderlich glücklich, wie der König empfand, aber dieser Umstand gab ihm noch lange kein Recht, der Königin schlimme Taten zu unterstellen – oder sie mit einem Raubvogel auf eine Stufe zu stellen.

Innerhalb weniger Jahre schaffte die Königin ein ihr würdig erscheinendes Reich. Sie residierte in einem gewaltigen Schloss, welches sie nach eigenen Plänen auf der Spitze des Matterhorns errichten ließ. Ihre drei Kinder saßen in den Vorständen der sieben größten Weltkonzerne. Der König, ihr Gatte, war während einer Radtour im Hunsrück in eine tiefe Schlucht gefallen und tödlich verunglückt. Zwei Tage nachdem er in seinem Testament alle königlichen Rechte vollständig auf seine Ehefrau übertragen hatte. Der Ehrgeiz, die Rücksichtslosigkeit und Boshaftigkeit der Monarchin kannte von da an keine Grenzen mehr. Niemand wagte es mehr sich ihr in den Weg zu stellen. Einzig der junge Julius hatte damit keine Probleme, er bot ihr immer wieder die Stirn – weshalb die Herrscherin ihn bodenlos hasste. Doch wie sehr sie sich auch mühte, sie wurde den Jungen einfach nicht los. Dank glücklicher Fügungen überstand er stets unbehelligt alle von der Mutter eingefädelten Anschläge auf sein Leben. Es schien als wachte eine unsichtbare Macht über ihn.

Julius war das vollständige Gegenstück seiner Mutter. Er lag den ganzen Tag auf einer Decke vor dem warmen Ofen in der Küche und stopfte sich alles in den Mund, was ihm die Köche zu essen gaben. Er liebte den Müßiggang, konnte den ganzen Tag mit Träumen verbringen. Selten erhob er sich von seinem Lager. Wenn er das aber tat, staunte jeder über ihn – und das nicht schlecht. Julius war ein Riese, wohlbeleibt, stattlich, kräftig; trotz seiner enormen Größe flink und wendig wie ein Eichhörnchen. Ein ausgesprochen hübscher Kerl dazu.

Offiziell nahm Julius den Rang des obersten und einzigen Knappen der Königin ein. Doch weder er noch die Königin legten Wert auf die pflichtgemäße Ausübung des Dienstes. Ihm war die Arbeit zuwider und die Herrscherin wollte ihn nicht in ihrem direkten Umfeld wissen. Sie empfand diesen Kerl als zu absonderlich, zu unkontrollierbar, am Ende würde er ihr gar noch aus einer Laune heraus den Thron streitig machen wollen – immerhin war er ihr erstgeborener Sohn, der erstgeborene Sohn der Königin also.

Einmal hatte die Königin auf dem kleinen Regal über der Lagerstätte des ungeliebten Sohnes unzählige Säcke von Weizenmehl ablegen lassen. Weil die Vorratskammer bis zum Bersten voll gewesen war und sie keinen besseren Platz gewusst habe, hatte es geheißen. Stören ließ Julius sich dadurch nicht. Etwa 200 Tonnen Weizenmehl lagerten da auf dem dünnen Holzbrettchen über ihm. In der Nacht brach das Regal und alles krachte auf Julius herunter. Regelrecht begraben wurde er von dem Mehl. Als am Morgen die ersten Köche den Raum betraten, läuteten sie sofort die Alarmglocken. Überall in der Küche lag Mehl. Nur dort wo Julius schlief befand sich kein einziges Körnchen. Der Junge hatte von dem Unfall nicht das Geringste bemerkt. Wenn Julius schlief, da schnarchte er so laut und fest, dass ihm solche Dinge einfach nicht auffielen. Durch eben dieses Schnarchen erklärte sich auch, wie er das schlimme Unglück hatte unbeschadet überstehen können. Nachdem der Mehlberg nämlich über ihm zusammengebrochen war, verteilte sein heftiges Ausatmen beim Schnarchen die eine Hälfte des Weizenmehls in der großen Küche, die andere Hälfte sog er beim Einatmen in seine riesigen Lungen auf. Beim Aufwachen hustete er zweimal kurz, ein paar kleine Wölkchen bildeten sich vor seinem Mund und damit war die Sache für ihn auch schon erledigt. Die Anderen säuberten noch die Küche, da döste Julius bereits wieder gedankenverloren vor sich hin.

Seit frühester Jugend gab es einen Traum den Julius immer wieder durchlebte – in Form einer Fortsetzungsgeschichte. Darin leckte er an einer Kugel Vanilleeis, deren Durchmesser einem dreistöckigen Haus entsprach. Jedes Mal wenn Julius davon träumte, hatte er von der Eiskugel etwas mehr weggeleckt. Im Zentrum gab es einen Kern der aussah wie ein überdimensionaler Pfirsich. Manchmal dauerte es recht lange, bis es in der Traumgeschichte weiter ging, denn es gab nicht jede Nacht eine Fortsetzung. Es konnte durchaus sein, dass er ein bis zwei Jahre von ganz anderen Dingen träumte. Wurde der Traum dann aber wieder fortgesetzt, überkam Julius stets aufs Neue die Befürchtung, dass ihm dadurch etwas mitgeteilt werden sollte. Etwas worauf ihn sein Unterbewusstsein schonend aufmerksam zu machen versuchte. Etwas schlimmes also aller Wahrscheinlichkeit nach. Und dieses schlimme Etwas trieb ihm einen heftigen Schauer über den Rücken. Wenn der Traum über einen längeren Zeitraum keine Fortsetzung fand, wie das in den vergangenen beiden Jahren der Fall gewesen war, zog Julius es vor ihn dem Reich der Hirngespinste zuzuordnen. War der Traum dorthin verbannt, fühlte Julius sich glücklich und zufrieden. Allerdings war genau dann auch der Zeitpunkt erreicht, an dem der Traum in der Regel eine Fortsetzung fand.

Im Laufe der Jahre kam immer mehr von dem Kern in der großen Vanilleeiskugel zum Vorschein. In der Nacht als die Mehlsäcke auf Julius heruntergestürzt waren, hatte er den Kern erstmals in voller Größe gesehen. Riesig wie Julius selbst war er gewesen. Der junge Mann hatte die unbändige Lust verspürt dieses Ding zu zertrümmern. Nie zuvor in seinem Leben war er von einem derart heftigen Verlangen überkommen worden. Mit bloßen Fäusten hatte Julius auf den Kern eingeschlagen.

Kern: Los, du Anfänger. Zeig, was du kannst. Mal sehen wer von uns beiden aus härterem Material gemacht ist.

Dann war Julius aufgewacht.

Ein Wachhabender betrat das Gemach der Königin. Er hatte letzte Nacht beobachtet, wie die Monarchin aus der Küche mit einer Säge gekommen war. Mit diesem Wissen beabsichtigte der Mann seine Herrin nun zu erpressen. In einem Gespräch unter vier Augen brachte er sein Anliegen vor. Danach ward er nie mehr gesehen.

Punkt 10 Uhr nahm die Königin wie gewohnt ihren Platz im Thronsaal ein. Sie befahl Julius zu holen.

Königin: Wie du weißt, mein Sohn, betrachte ich dich als das Licht meiner Augen. Umso schmerzhafter ist es für mich dir, die nächsten Worte kund zu tun.
Julius: Ach komm Mutter, wir beide wissen, dass du keinen Pfifferling auf mich gibst. Spar dir also dieses schöne Gerede. Allen Anwesenden ist unser Verhältnis ebenso bestens bekannt.
Königin: Es tut mir weh, diese Worte von dir zu hören, wo doch gerade du es besser wissen solltest. Bist nicht gerade du es, den ich hier in meiner Nähe behalten habe, während deine Brüder in der Ferne weilen? Glaube mir, du tust deiner dich liebenden Mutter schweres Unrecht. Ich war wohl viel zu lange viel zu gnädig mit dir. Jedem meiner Untertanen der mich berauben würde, ließe ich den Kopf abschlagen. Dir aber erspare ich dieses Schicksal und spreche eine mildere Strafe aus.
Julius: Wofür willst du mich bestrafen?
Königin: Bist du derart nichts ahnend? Hast du soviel Blut deines Vaters in den Adern, dass du die Wirklichkeit nicht mehr erkennst?
Julius: Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.
Königin: Du hast mich eines großen Anteils meines Mehlvorrats beraubt. Das niedere Volk macht sich bereits Gedanken darüber, wem ich deiner statt die Schuld anlasten möge. Vor wenigen Minuten erst wurde ich von einer Wache darüber informiert. Davon gejagt habe ich den Mann, als er mir von den Gerüchten erzählte. Verbannt wurde der brave Mann, obwohl ihn doch nur die Ergebenheit zu seiner Königin jene Worte sprechen ließ. Recht hat er gehandelt – und gerecht werde nun auch ich handeln. Geh. Verlasse mein Reich.
Julius: So also legst du dir das Ganze zurecht. Ich verstehe. Nun denn. Es sei wie es sei. Ich werde gehen.
Königin: Sofort!

Äußerlich rannen der Herrscherin Tränen über das Antlitz. Innerlich vollführte sie einen Freudentanz. Endlich war es ihr gelungen, den Dorn aus ihrem Fleisch zu entfernen.

Die kommende Nacht verbrachte Julius im Wald. Er legte sich im dichten Moos unter einer stämmigen Eiche zur Ruhe. Manchmal ging das Leben schon seltsame Wege, dachte der junge Mann. Sein gesamtes früheres Leben erschien ihm nun nur noch wie ein Traum. Wie hatte das geschehen können? Er hatte doch im Grunde genommen gar nichts getan. War das der Fehler gewesen? Hätte er für seinen Machtanspruch streiten sollen? Doch weshalb? Der Thron bedeutete ihm nichts. Er wollte ihn gar nicht, auch wenn ihm seine Mutter das nicht glaubte. Er hatte andere Pläne. Wirklich? Welche Pläne denn? War es nicht eher so, dass er seine Zeit sinnlos verplemperte? Was tat er denn schon? Vom Leben war er mit wunderbaren Talenten gesegnet worden. Genutzt hatte er die bisher kaum. Fehlte es ihm an Ehrgeiz? Sicherlich. Wenn er daran dachte, wozu seine Mutter durch ihren Ehrgeiz getrieben wurde, war er darüber auch recht froh. Wie sie wollte er nicht sein. Aber mussten alle Herrscher so wie seine Mutter sein? Hätte er an ihrer Stelle nicht viel Gutes bewirken können? Ja, das hätte er. Wären ihm auf dem Weg zur Macht aber nicht alle Ideale ausgetrieben worden? Nicht wenn er sich dagegen gewehrt hätte. Nicht wenn er für die Wahrung seiner Ideale gekämpft hätte. Über all diesen Gedanken bemerkte Julius nicht, wie sein Geist langsam ins Reich des Schlafes hinüber glitt.

Julius: Verdammt. Ich hätte etwas tun sollen. Früher. Jetzt ist alles zu spät. Meine Chancen sind verspielt. Was mache ich nun?
Kern: Schlag zu! Komm schon. Mach. Oder gibst du auch hier klein bei? Bist schon ein ziemlicher Feigling, mein Junge.
Julius: Kannst du nicht die Klappe halten. Ich versuche mir gerade Gedanken darüber zu machen, wie es in meinem Leben weiter gehen soll. Da wird es doch wohl nicht zu viel verlangt sein, wenn ich einige ruhige Minuten haben möchte.
Kern: Jammerlappen! Du hast schon oft genug darüber nachgedacht - und wir beide wissen, was es dir gebracht hat. Tu jetzt endlich mal etwas. Hau mich kaputt. Dann geht es dir anschließend besser. Glaub mir.
Julius: Wenn du es unbedingt so haben willst!

Mit aller Kraft schlug Julius auf den Kern. Ein Mal. Dann noch ein Mal. Und wieder. Immer wieder. Es schien ihm, als würde er bei jedem Schlag stärker werden. Die neu gewonnene Kraft legte er gleich in den nächsten Fausthieb hinein. Der Kern spaltete sich. Vor Julius stand ein Mann, der ihm in Statur und Anmut nicht unähnlich war.

Otmar: Cool. Ich spüre wie der Stolz die Gebeine euerer Vorfahren empor steigt. Endlich habt ihr die irdischen Fesseln durchtrennt und eine große Tat begangen. Durch euch wurde ich zurück ins Reich der Lebenden geführt, um die Königin für den Bruch des heiligen Gebots zu strafen. Lange schon ist es mir ein Anliegen durch Einflussnahme auf euer Geschick dem unwürdigen Treiben der Königin ein Ende zu setzen. Doch erst seit heute steht dies wahrhaft in meiner Macht. Tausend Dank dafür entbietet euch, junger Recke, König Otmar der Sechzehnte. Eben jener Otmar der Sechzehnte, auf dessen Geheiß die innige Verbindung zwischen Knappe und König zurückzuführen ist. Und in einer innigen Verbindung, werden auch ihr und ich die nächsten Tage miteinander verbringen – und zwar gemeinsam in EUREM Leib.
Julius: Wie das denn? Hey, hättest du mich vorher nicht wenigstens fragen können?
Otmar: Ihr seid nicht gerade für euere Entschlusskraft bekannt, junger Julius. Da erschien es mir ratsam, mich dieser Sache selbst anzunehmen. Lehnt euch also zurück und überlasst mir das handeln.
Julius: Was habt ihr denn vor?
Otmar: Gemeinsam werden wir euere Mutter enthaupten. Dann werden auch euere Brüder ihre Köpfe verlieren. Zuletzt werdet ihr zum neuen König gekrönt.
Julius: Und warum soll das so kommen?
Otmar: Die Königin hat gegen eines meiner Gebote verstoßen, wie euch sicherlich nicht verborgen geblieben ist. Der einzige Knappe der Königin muss aus der Blutlinie stammen, aus der auch ihr stammt, Julius. Ihr jedoch seid der letzte Nachkomme eben dieser Blutlinie. Gestern enthob euch die Königin euerer Aufgaben und eueren Ranges. Sie übertrug euere Aufgaben und eueren Rang an einen Mann aus dem gemeinen Hofstaat.
Julius: Deshalb müssen vier Menschen sterben?
Otmar: Ja.
Julius: Ist das nicht ein wenig unangemessen?
Otmar: Nein. Gebote sind da, um eingehalten zu werden. Die Ordnung muss wieder hergestellt werden.
Julius: Ordnung durch Tod?
Otmar: Ihr solltet das nicht allzu tragisch sehen. Bald gehört euch Krone und Zepter. Erfüllt das euer Herz nicht mit Freude?
Julius: Eigentlich möchte ich gar kein König werden.
Otmar: Euere Haltung birgt keine Lösung, sondern vergrößert nur das Problem. Das ist eines Edelmannes unwürdig – oder lehnt ihr es etwa auch ab als Edelmann angesehen zu werden? Entweder folgt ihr meinen Anweisungen, Julius – oder ich verdamme euch zum Schweigen, solange bis die Missetat der Königin gesühnt wurde.
Julius: Heißt das etwa, du kannst meinen Geist ausknipsen und hast dann die vollständige Kontrolle über meinen Körper?
Otmar: So ist es.
Julius: Dann muss ich mich ja wohl fügen. Ich tue das aber unter striktem Protest.

Mit roher Gewalt verschafften sich die beiden im Körper des einen Zutritt in das Schlafgemach der Königin.

Königin: Julius – du hier? Ich lasse dich in Ketten legen.
Julius: Das ist jetzt alles echt nicht so, wie es gerade scheint, Mutter.
Otmar: Ich bin der Geist von König Otmar dem Sechzehnten. Weil ihr gegen eines meiner Gebote verstoßen habt, werde ich euch nun enthaupten, Königin.
Königin: Wegen der Sache mit der Blutlinie des Knappen?
Otmar: Genau.
Königin: Verdammt.
Julius: Jeder macht Fehler.
Königin: Stimmt. Ich stell dich wieder als meinen obersten und einzigen Knappen ein und kündige dem derzeitigen Amtsinhaber augenblicklich.
Otmar: Das ist nicht zulässig.

Otmar ergriff ein Schwert und schlug der Königin den Kopf ab.

Otmar: Nun zu ihren Söhnen.
Julius: Ich glaub das nicht. Du hast das echt getan. Oh mein Gott, mir wird übel.
Otmar: Ihr werdet euch doch wohl nicht in das Blut euerer Mutter übergeben? So etwas gehört sich nicht.
Julius: So etwas gehört sich nicht? Aber Menschen den Kopf abschlagen ist in Ordnung? Wie kannst du nur ...
Otmar: Es reicht. Ich verdamme Euch jetzt zum Schweigen. Dieses Geplärre ist Gift für meine Ohren.

Schweigend musste Julius verfolgen, wie König Otmar der Sechzehnte innerhalb der nächsten Tage die drei Söhne der getöteten Königin ebenfalls ins Jenseits beförderte. Sehr diskret. Sehr zielstrebig. Ohne Spuren. Nicht der geringste Hinweis auf den Täter wurde entdeckt. Die Polizei tappte völlig im Dunkeln. Weil es sich bei den Morden um Verbrechen an hoch gestellten Persönlichkeiten handelte, musste man der Öffentlichkeit allerdings um jeden Preis möglichst schnell einen Täter präsentieren. So wurde der Gesanglehrer der Königin für schuldig erklärt. Der Mann war zwar blind, taub und an einen Rollstuhl gebunden, doch da ihn niemand leiden konnte, gab es keinen Widerspruch. Am Tag der Ernennung von Julius zum neuen König, hieb man den Leib des Gesanglehrers in vier Stücke.

Otmar war mit sich außerordentlich zufrieden. Es schien ihm an der Zeit sich aus dem Reich der Lebenden zu verabschieden. Er hob den Schweigebann von Julius auf. Immerhin musste Julius bei der Vereidigung zum König das eine oder andere Wort von sich geben.

Otmar: Seid ihr bereit über euere Untertanen zu herrschen?
Julius: Gut heißen kann ich das Geschehene nicht. Auch halte ich es nicht für richtig, als neuer König aus der Sache hervor zu gehen. Das ist nicht fair gegenüber den Anderen, die um dieses Amt gekämpft haben.
Otmar: Gibt es irgendwo einen, der ernsthaft behaupten kann das Leben sei gerecht? Dieser Mensch möge sich mir zeigen. Nein, mein junger Recke. Das Leben ist nicht gerecht. Ihr könnt es von jetzt an aber sein und euere Untertanen daran Anteil haben lassen. Ist das nicht cool?
Julius: Wie ist das nun mit meinem Knappen? Wen darf ich dazu bestimmen?
Otmar: Da gibt es keinen. Ihr seid es, aus dessen Knappenblut auf wundersame Weise Königsblut wurde. Von heute an ist es euch nur noch möglich Könige zu zeugen. Die Blutlinie der Knappen ist versiegt. Wenn es euch dennoch nach einem Knappen verlangt und ihr einen erwählt, so geschieht das in Widerspruch zu meinen Geboten. Dann erhebe ich mich erneut aus dem Grab und werde auch euch den Kopf abschlagen. Denn so wird es verlangt.
Julius: Mir gefällt das alles nicht. Ich will so ein Leben nicht führen.
Otmar: Das Volk verlangt nach einem König. Ohne kann es nicht sein. Euch ist es auferlegt diese Bürde zu tragen. So ist es nun einmal bestimmt.
Julius: Ich werde dieser König nicht sein. Nie und nimmer. Mach du es doch. Du bist doch ohnehin gerade wieder da. Bleib doch einfach da.
Otmar: Meine Aufgabe ist erfüllt. Ordentliche Verhältnisse wurden wieder hergestellt. Alles nimmt seinen gewohnten Lauf. Sobald der neue König den Eid geschworen hat, kehre ich zurück ins Reich der Schatten.
Julius: Nichts nimmt seinen gewohnten Lauf. Es gibt keinen neuen König.
Otmar: Ihr seid der neue König. Außer euch gibt es keinen, der ein ordentliches Anrecht auf den Thron hat.
Julius: Dann musst eben doch du den Job übernehmen.
Otmar: Ich gehöre zu den Toten und nicht zu den Lebenden.
Julius: Nicht so ganz.
Otmar: Was wollt ihr mir damit sagen?
Julius: Ich passe nicht in die Rolle eines Königs. Ich passe auch nicht in diese Zeit oder in diesen Körper. Nimm du meinen Leib. Die letzten Tage in denen ich zum Schweigen verurteilt war, waren die besten meines Lebens.
Otmar: Empfindet ihr so wenig Freude an euerem Körper und Leben?
Julius: Nicht unter den Bedingungen, die mir ständig auferlegt werden. Ich ziehe mich lieber vollständig zurück, als auf diese Art zu leben.
Otmar: Wenn dem so ist, soll alles so bleiben, wie in den letzten Tagen, denn euer Leib gefällt mir wohl. Nur zu gern bin ich bereit darin zu verweilen. Ich empfinde das als cool.

So wurde König Otmar der Sechzehnte zum zweiten Mal König. Diesmal unter dem Namen Julius der Erste.

Er fügte seinen ursprünglichen Geboten um den Königsthron noch zahllose weitere hinzu und veröffentlichte im 11. Jahr seiner Amtszeit eine Schrift mit vielen trendigen Adjektiven, von denen jedoch keines den Verbreitungsgrad des Wörtchens COOL erreichte.
 

agilo

Mitglied
Irgendwie merkwürdig, aber ganz lustig, man hat den Eindruck, dass du einfach mal angefangen hast und dich dann von der Geschichte hast treiben lassen - und so sollte man sie auch lesen: einfach treiben lassen.
Allerdings: Ich bezweifle, dass Falken nach Ameisen jagen.
agilo
 

Rainer Lieser

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Knappe und König

König: Vor der Ameise ragt ein gigantischer Steinhaufen aus dem Erdreich. Gestern hatte es den hier noch nicht gegeben. Wieso ist er heute da? Die anderen Ameisen laufen links und rechts an dem Steinhaufen vorbei. Einige machen sich daran ihn zu besteigen. Nur unsere Ameise tut nichts dergleichen. Sie bleibt vor dem Hindernis wie angewurzelt stehen. Weiß nicht, was sie tun soll. Ein Falke taucht schließlich hinter ihr auf und frisst sie.

Er legte eine kurze Pause ein.

König: Manchmal fühle ich mich wie diese Ameise sich gefühlt haben muss, bevor der Vogel sie verspeist. Alle um mich herum versuchen mit den Widrigkeiten des Alltags klar zu kommen. Wenn sie ein Problem erkennen, schlagen sie die entsprechende Richtung ein, um es zu lösen. Ich tue das nicht. Ich versinke in Grübelei und Untätigkeit.

Der Knappe runzelte die Stirn: Ähem....
König: In Ordnung, stell dir eine Warteschlange in einer Bäckerei vor. Mit dir selbst als einem der Wartenden darin. Alle Menschen vor dir werden der Reihe nach bedient. Dann kommst du dran. Doch statt dich als Nächsten zu bedienen, blickt die Verkäuferin fragend in die Runde und spricht davon die Übersicht verloren zu haben – der Nächste solle sich doch nun einfach zu Wort melden. Bist du derjenige, der in diesem Augenblick den Mund aufmacht? Oder bist du derjenige, der schweigt und sich später über den Typen ärgert, der den Mund aufgemacht hat.
Natürlich hältst du den Mund und der Andere hat selbstverständlich auch gerade noch das LETZTE Stücklein Bienenstich erhalten. Und war es nicht so, dass du die Bäckerei ausschließlich wegen eines Stücks Bienenstich betreten hattest? Dumm gelaufen, würden einige nun sagen. In meinem Leben geschehen solche Dinge andauernd.
Knappe: Aber mein König, ihr seid doch der König.
König: Ich weiß das und du weißt das. Aber mein Volk weiß es nicht. Die Leute kennen mich einfach nicht. Wenn ich mit Mantel, Krone und Zepter durch die Straßen laufe, verspotten sie mich. Manchmal wünschte ich wirklich, ich hätte einen herrschaftlichen Landsitz und einen großen Hofstaat, wie andere Könige auch. In einem großen Hofstaat findet sich immer jemand, den man foltern lassen kann – und wer foltern lassen kann, vor dem haben die Menschen Respekt.
Knappe: Ihr könnt mich foltern lassen.
König: Von wem denn? Ich habe doch NUR dich. Genau das ist doch das Problem. Niemand nimmt einen König ernst, der nur EINEN Knappen hat.
Knappe: Und wenn ich mich selbst foltern würde – so etwas lässt sich doch bestimmt lernen.
König: Zum foltern braucht man einen rechtmäßig ausgebildeten Folterknecht. So einen Job kann man nicht eben mal in der Abendschule machen. Ein Folterknecht hat ein vollkommen anderes Berufsbild als ein Knappe. Es wäre absolut unglaubwürdig, wenn du neben deiner Tätigkeit als Knappe auch noch als mein Folterknecht auftreten würdest. Ließe ich das trotzdem zu, würden meine Untertanen mit Recht auch noch jeden letzten Funken Hochachtung mir gegenüber verlieren.
Knappe: Ich würde mein Leben für euch geben, mein König.
König: Ich weiß mein Getreuer – und ich bete dafür, dass dies nie geschehen möge. Denn wenn dieser Fall eintritt, stehe ich völlig alleine da.
Knappe: Entschuldigt diese Frage, aber warum eigentlich ist das so? Warum habt ihr keinen herrschaftlichen Landsitz und warum besteht euer Hofstaat allein aus mir?
König: Einer meiner Vorfahren, König Otmar der Sechzehnte verfügte das so im Jahre 1137. Er hielt das damals einfach für wahnsinnig "cool". Das war schon ein komischer Typ. Auf König Otmar ist übrigens auch die Einführung des Wortes "cool" zurück zu führen. Von ihm stammt diese Wortschöpfung.
Knappe: Ich dachte immer das Wörtchen "cool" wäre aus Amerika zu uns rüber geschwappt - und es sei noch sehr jung.
König: Das denken viele. Dennoch sieht die Wahrheit anders aus. Habe ich dir davon wirklich noch nie etwas erzählt?
Knappe: Nicht das ich wüsste. Aber mit meinen 96 Jahren kann ich mich auf mein Gedächtnis nicht mehr allzu gut verlassen.
König: 96 bist du schon. Herrje.
Knappe: Wie alt seid ihr eigentlich, mein König?
König: Ich glaube so Mitte 30. Ungefähr zumindest. Denkst du manchmal über den Tod nach?
Knappe: Ich mache mir größere Sorgen um euch.
König: Das ist brav so. Doch soweit ich mich erinnere, hast du noch keine leiblichen Nachkommen.
Knappe: Das stimmt.
König: Denn ich darf nur über einen Knappen gebieten, der aus deiner Blutlinie stammt. Darüber solltest du dich sorgen.
Knappe: Stand das in dem Buch, dass seit so vielen Jahren als Unterlage für das verkürzte Bein des Esszimmertisches genutzt wurde?
König: Ja. Wäre nicht der Semmelknödel vom Teller gefallen und zu dem Buch gerollt – das verschollen geglaubte Tagebuch von König Otmar dem Sechzehnten, wäre womöglich auf ewig verschollen geblieben. Zuvor waren mir seine Gebote nur mündlich von Vater und Mutter, Gott hab sie selig, überliefert worden und ich habe den Wahrheitsgehalt immer ein wenig angezweifelt. Otmars Gebote erschienen mir einfach zu ungeheuerlich. Weshalb ich sie dir gegenüber auch nie erwähnte. Erst jetzt liegt mir deren genauer Wortlaut schwarz auf weiß vor – und darin schreibt Otmar unter anderem: sollte eines meiner Gebote gebrochen werden, so ist es meine erklärte Absicht, zu den Lebenden zurück zu kehren und den zu diesem Zeitpunkt amtierenden König zur Rechenschaft zu ziehen. Dieser König wird seinen Kopf durch das Schwert verlieren.
Knappe: Wann habt ihr das Buch entdeckt?
König: Gestern.
Knappe: Selbstverständlich müsst ihr unbedingt davor bewahrt werden von König Otmars Geist enthauptet zu werden. Ich werde alles in meinen Kräften stehende unternehmen, um das zu verhindern.
König: Dann sind wir uns einig. Du musst jetzt also möglichst bald Vater werden.
Knappe: Oh!
König: Zier dich nicht so. Soll ich etwa ganz ohne Knappe weiter leben, wenn es dich eines Tages dahin rafft?
Knappe: Natürlich nicht.
König: Das wird aber geschehen, wenn du nicht bald ein Kind zeugst - oder aber ich nehme mir einen Knappen aus einer anderen Blutlinie und werde dafür geköpft.
Knappe: Sie glauben wirklich der alte Otmar würde zurückkommen?
König: Ich möchte es nicht darauf ankommen lassen. Immerhin war er schon zu seinen Lebzeiten ein völlig durch unberechenbarer Geselle. Ich möchte mir lieber gar nicht erst vorstellen, wozu so einer fähig wäre, wenn er heute noch mal die Chance erhielte unter uns Menschen zu wandeln.
Knappe: Verständlich.
König: Schön. Dann suchen wir jetzt eine Frau für dich.
Knappe: Darf ich Wünsche äußern?
König: Hast du nicht gerade eben noch davon gesprochen, dein Leben für mich geben zu wollen, wenn es von Nöten ist?
Knappe: Demnach darf ich keine Wünsche äußern?
König: Ich glaube wir sollten dem Herrn danken, wenn dich überhaupt noch eine nimmt.
Knappe: Harte Worte.
König: Den Tatsachen entsprechend.

König und Knappe verließen alsbald die zwei Zimmer, Küche, Bad Wohnung. Sie machten sich auf den Weg in das Stadtzentrum. Unterwegs bemerkten die beiden eine junge Frau in einem Waschsalon.

König: Die ist doch hübsch. Los, Knappe, sprich sie an.
Knappe: Ihr meint ich solle sie direkt fragen, ob sie ein Kind mit mir haben möchte?
König: Das wäre vielleicht eine Spur zu direkt. Frage doch stattdessen lieber ganz unverbindlich nach dem Namen des Waschmittels, welches sie gerade benutzt.
Knappe: Ihr seid wahrhaft gerissen, mein König. Auf eine solche List wäre ich nie und nimmer gekommen.

Der Knappe sprach die Wäscherin an, während der König das Geschehen aus dem Verborgenen beobachtete. Was allerdings weder Knappe noch König ahnten war, dass der Wäscherin der Salon gehörte. Die Frage des Knappen weckte Argwohn bei der jungen Frau. Sie vermutete in dem Knappen einen Spitzel, der ihr im Namen der Konkurrenz Unternehmensgeheimnisse entlocken wollte. Wahrscheinlich, so glaubte die Waschsaloninhaberin, hielt der Fremde sie gar für dumm genug, dass sie ihm die geheime Rezeptur ihres Waschmittels verraten würde. Nur weil sie klein, schlank und blond war, dachten stets alle Männer leichtes Spiel mit ihr zu haben. Doch das Wäschereigeschäft war hart. Um in diesem Geschäft bestehen zu können, musste man selbst sehr hart sein. Und die junge Waschsaloninhaberin vor der Knappe gerade stand, war eine der härtesten und verschlagensten Charaktere dieser Zunft.

Frau: Ich werde euch doch nicht so mir nichts dir nichts verraten, womit ich die Schmutzwäsche reinige. Meine Oma hat mir die Rezeptur hinterlassen - und ihr wollt mir nun diese Information auf eine derart plumpe Art entlocken? Ich glaub´s ja nicht. Nein, guter Mann. So läuft das nicht. Nein, nein und nochmals nein. Verschwindet von hier, bevor ich die Polizei herbei rufe.
Knappe: Aber ich wollte doch unser Gespräch nur mit einem möglichst unverbindlichen Thema beginnen...
Frau: Natürlich. Wie sollte es auch anders sein. Für wie doof haltet ihr mich eigentlich? Am Ende bekomme ich gar noch erzählt, ihr seid der Knappe eines edlen Königs und möchtet mit mir Kinder haben, um euren Herren aus einer Notlage zu befreien.
Knappe: Genau. Woher wisst ihr das?
Frau: Wollt ihr mich jetzt völlig für dumm verkaufen?
König: Seid bedacht mit euren Worten, holde Frau. Ich bin in der Tat ein König und dies ist mein Knappe – und ihr könntet mich in der Tat aus einer Notlage befreien. Mein Knappe ist nämlich schon sehr alt und hat noch keine Nachkommen. Ich darf mir aber nur einen Knappen aus seiner Blutlinie wählen. Weil die Blutlinie meines Knappen jedoch mit seinem Tod endet, stehe ich womöglich schon sehr bald ganz alleine da. Was für einen König eine extrem unangenehme Situation wäre.
Frau: Und woher soll ich wissen, dass ihr ein echter König seid?
König: Hier bitte, lest selbst. In meinem Ausweis steht es.

Augenblicklich wurde der jungen Waschsalonbesitzerin klar, was für ein Angebot ihr da gerade vom Schicksal unterbreitet wurde. Womöglich reichte man ihr gerade den Schlüssel zu einem völlig neuen Leben. Einem Leben in Prunk und Pracht, mit Geld und Macht. So wie sie es sich immer erträumt hatte. Wenn sie sich jetzt geschickt verhielt, konnte sie schon bald diesem öden Waschsalon „Lebe wohl“ sagen.

Frau: Na gut. Das scheint zu stimmen. Ich habe da aber ein Problem. Ich würde nämlich lieber das Kind eines Königs in mir tragen, als das eines Knappen.
König: Das kann ich schon verstehen. Allerdings bietet mir euer Gedankengang keinen Lösungsvorschlag für MEIN akutes Problem. Darum bitte ich euch folgenden Vorschlag zu überdenken. Wenn ihr das Kind des Knappen ausgetragen habt, kann ich euch ja direkt im Anschluss schwängern. Da spricht laut königlichem Recht absolut nichts dagegen. Im Gegenteil. Ich könnte mir in diesem Fall die ganze zeitraubende Brautschau ersparen, die normalerweise üblich ist. Als König darf ich nämlich nur meine Ehefrau schwängern. So zumindest hat das Otmar der Sechzehnte verfügt. Wir müssten demnach heiraten bevor ich sie schwängere. Wäre diese Vorgehensweise für euch akzeptabel?
Frau: Das Kind des Knappen dürfte ich aber empfangen, auch ohne mit ihm verheiratet zu sein?
König: So ist es. Immerhin gehört er zum gemeinen Volk.
Frau: Einverstanden.
Knappe: Dann darf ich euch jetzt ein Kind machen?
Frau: Nicht so voreilig, alter Mann. Nicht gleich hier. Lasst uns in das Hinterzimmer gehen, in dem ich sonst das Waschpulver anmische. Ich denke dieser Ort ist den Geschehnissen angemessener als die Waschmaschinenhalle.
König: Ah, ich stelle fest, ihr legt wert auf Etikette. Das ist sehr von Vorteil für eine zukünftige Königin. Folge der Wäscherin geschwind, edler Knappe und erfülle deine Aufgabe pflichtgemäß.
Knappe: Ich werde mein Bestes geben.

Neun Monate später gebar die junge Frau einen stattlichen Jungen. Er wurde Julius getauft.

Schwere Zeiten kamen danach auf den König zu. Denn direkt nach der Geburt, noch im Kreissaal, forderte die ehemalige Waschsaloninhaberin ihre Vermählung mit ihm ein. Zwar hatte die junge Frau inzwischen längst spitz gekriegt, wie es um den König und seine finanziellen Mittel stand, doch hielt sie sich für clever genug, um aus seinem Titel dennoch jede Menge Profit für sich selbst heraus zu schlagen. Der sicherste Weg dorthin führte über die Kontrolle sämtlicher geschäftlicher Angelegenheiten. Alles was in Zukunft mit Geld zu tun haben würde, sollte über ihren Schreibtisch laufen. Sollte dem König das nicht gefallen, würde sie ihn nach der Hochzeit eben einfach vergiften, nahm sich die junge Frau vor.
Kaum waren die beiden verheiratet, erdrosselte die junge Frau den alten Knappen, als er vom Markt mit den Brötchen für das Frühstück zurückkam. Die Brötchen ließ sie dabei ebenso spurlos verschwinden, wie die Leiche des Knappen.
Beim Frühstück fiel dem König auf, dass der sonst so prall gefüllte Brötchenkorb heute leer vor ihm stand. In diesem Zusammenhang erkundigte er sich dann auch gleich nach dem Verbleib des Knappen, den er ebenfalls vermisste. Die Königin fuhr ihren Gatten daraufhin garstig an und nannte den Knappen einen alten Faulenzer und Nichtsnutz, der sich nun wohl endgültig zum Teufel geschert hatte. Denn er sei zwar heute Morgen mit dem Geld für die Einkäufe fort gegangen, doch zurückgekommen sei er nicht mehr. Eine Träne müsse man so einem ganz sicher nicht nachweinen.
Der König erinnerte sich daran, wie er dem Knappen vor vielen Monaten das Gleichnis von der handlungsunfähigen Ameise erzählte hatte, die letztlich von einem Falken aufgefressen worden war. War vielleicht seine Frau dieser Raubvogel und waren er und sein Knappe in diesem Bild die Ameise? Nein, so durfte er nicht denken. Das hatte die Königin wirklich nicht verdient. Die Ehe zwischen ihnen verlief zwar nicht sonderlich glücklich, wie der König empfand, aber dieser Umstand gab ihm noch lange kein Recht, der Königin schlimme Taten zu unterstellen – oder sie mit einem Raubvogel auf eine Stufe zu stellen.

Innerhalb weniger Jahre schaffte die Königin ein ihr würdig erscheinendes Reich. Sie residierte in einem gewaltigen Schloss, welches sie nach eigenen Plänen auf der Spitze des Matterhorns errichten ließ. Ihre drei Kinder saßen in den Vorständen der sieben größten Weltkonzerne. Der König, ihr Gatte, war während einer Radtour im Hunsrück in eine tiefe Schlucht gefallen und tödlich verunglückt. Zwei Tage nachdem er in seinem Testament alle königlichen Rechte vollständig auf seine Ehefrau übertragen hatte. Der Ehrgeiz, die Rücksichtslosigkeit und Boshaftigkeit der Monarchin kannte von da an keine Grenzen mehr. Niemand wagte es mehr sich ihr in den Weg zu stellen. Einzig der junge Julius hatte damit keine Probleme, er bot ihr immer wieder die Stirn – weshalb die Herrscherin ihn bodenlos hasste. Doch wie sehr sie sich auch mühte, sie wurde den Jungen einfach nicht los. Dank glücklicher Fügungen überstand er stets unbehelligt alle von der Mutter eingefädelten Anschläge auf sein Leben. Es schien als wachte eine unsichtbare Macht über ihn.

Julius war das vollständige Gegenstück seiner Mutter. Er lag den ganzen Tag auf einer Decke vor dem warmen Ofen in der Küche und stopfte sich alles in den Mund, was ihm die Köche zu essen gaben. Er liebte den Müßiggang, konnte den ganzen Tag mit Träumen verbringen. Selten erhob er sich von seinem Lager. Wenn er das aber tat, staunte jeder über ihn – und das nicht schlecht. Julius war ein Riese, wohlbeleibt, stattlich, kräftig; trotz seiner enormen Größe flink und wendig wie ein Eichhörnchen. Ein ausgesprochen hübscher Kerl dazu.

Offiziell nahm Julius den Rang des obersten und einzigen Knappen der Königin ein. Doch weder er noch die Königin legten Wert auf die pflichtgemäße Ausübung des Dienstes. Ihm war die Arbeit zuwider und die Herrscherin wollte ihn nicht in ihrem direkten Umfeld wissen. Sie empfand diesen Kerl als zu absonderlich, zu unkontrollierbar, am Ende würde er ihr gar noch aus einer Laune heraus den Thron streitig machen wollen – immerhin war er ihr erstgeborener Sohn, der erstgeborene Sohn der Königin also.

Einmal hatte die Königin auf dem kleinen Regal über der Lagerstätte des ungeliebten Sohnes unzählige Säcke von Weizenmehl ablegen lassen. Weil die Vorratskammer bis zum Bersten voll gewesen war und sie keinen besseren Platz gewusst habe, hatte es geheißen. Stören ließ Julius sich dadurch nicht. Etwa 200 Tonnen Weizenmehl lagerten da auf dem dünnen Holzbrettchen über ihm. In der Nacht brach das Regal und alles krachte auf Julius herunter. Regelrecht begraben wurde er von dem Mehl. Als am Morgen die ersten Köche den Raum betraten, läuteten sie sofort die Alarmglocken. Überall in der Küche lag Mehl. Nur dort wo Julius schlief befand sich kein einziges Körnchen. Der Junge hatte von dem Unfall nicht das Geringste bemerkt. Wenn Julius schlief, da schnarchte er so laut und fest, dass ihm solche Dinge einfach nicht auffielen. Durch eben dieses Schnarchen erklärte sich auch, wie er das schlimme Unglück hatte unbeschadet überstehen können. Nachdem der Mehlberg nämlich über ihm zusammengebrochen war, verteilte sein heftiges Ausatmen beim Schnarchen die eine Hälfte des Weizenmehls in der großen Küche, die andere Hälfte sog er beim Einatmen in seine riesigen Lungen auf. Beim Aufwachen hustete er zweimal kurz, ein paar kleine Wölkchen bildeten sich vor seinem Mund und damit war die Sache für ihn auch schon erledigt. Die Anderen säuberten noch die Küche, da döste Julius bereits wieder gedankenverloren vor sich hin.

Seit frühester Jugend gab es einen Traum den Julius immer wieder durchlebte – in Form einer Fortsetzungsgeschichte. Darin leckte er an einer Kugel Vanilleeis, deren Durchmesser einem dreistöckigen Haus entsprach. Jedes Mal wenn Julius davon träumte, hatte er von der Eiskugel etwas mehr weggeleckt. Im Zentrum gab es einen Kern der aussah wie ein überdimensionaler Pfirsich. Manchmal dauerte es recht lange, bis es in der Traumgeschichte weiter ging, denn es gab nicht jede Nacht eine Fortsetzung. Es konnte durchaus sein, dass er ein bis zwei Jahre von ganz anderen Dingen träumte. Wurde der Traum dann aber wieder fortgesetzt, überkam Julius stets aufs Neue die Befürchtung, dass ihm dadurch etwas mitgeteilt werden sollte. Etwas worauf ihn sein Unterbewusstsein schonend aufmerksam zu machen versuchte. Etwas schlimmes also aller Wahrscheinlichkeit nach. Und dieses schlimme Etwas trieb ihm einen heftigen Schauer über den Rücken. Wenn der Traum über einen längeren Zeitraum keine Fortsetzung fand, wie das in den vergangenen beiden Jahren der Fall gewesen war, zog Julius es vor ihn dem Reich der Hirngespinste zuzuordnen. War der Traum dorthin verbannt, fühlte Julius sich glücklich und zufrieden. Allerdings war genau dann auch der Zeitpunkt erreicht, an dem der Traum in der Regel eine Fortsetzung fand.

Im Laufe der Jahre kam immer mehr von dem Kern in der großen Vanilleeiskugel zum Vorschein. In der Nacht als die Mehlsäcke auf Julius heruntergestürzt waren, hatte er den Kern erstmals in voller Größe gesehen. Riesig wie Julius selbst war er gewesen. Der junge Mann hatte die unbändige Lust verspürt dieses Ding zu zertrümmern. Nie zuvor in seinem Leben war er von einem derart heftigen Verlangen überkommen worden. Mit bloßen Fäusten hatte Julius auf den Kern eingeschlagen.

Kern: Los, du Anfänger. Zeig, was du kannst. Mal sehen wer von uns beiden aus härterem Material gemacht ist.

Dann war Julius aufgewacht.

Ein Wachhabender betrat das Gemach der Königin. Er hatte letzte Nacht beobachtet, wie die Monarchin aus der Küche mit einer Säge gekommen war. Mit diesem Wissen beabsichtigte der Mann seine Herrin nun zu erpressen. In einem Gespräch unter vier Augen brachte er sein Anliegen vor. Danach ward er nie mehr gesehen.

Punkt 10 Uhr nahm die Königin wie gewohnt ihren Platz im Thronsaal ein. Sie befahl Julius zu holen.

Königin: Wie du weißt, mein Sohn, betrachte ich dich als das Licht meiner Augen. Umso schmerzhafter ist es für mich dir, die nächsten Worte kund zu tun.
Julius: Ach komm Mutter, wir beide wissen, dass du keinen Pfifferling auf mich gibst. Spar dir also dieses schöne Gerede. Allen Anwesenden ist unser Verhältnis ebenso bestens bekannt.
Königin: Es tut mir weh, diese Worte von dir zu hören, wo doch gerade du es besser wissen solltest. Bist nicht gerade du es, den ich hier in meiner Nähe behalten habe, während deine Brüder in der Ferne weilen? Glaube mir, du tust deiner dich liebenden Mutter schweres Unrecht. Ich war wohl viel zu lange viel zu gnädig mit dir. Jedem meiner Untertanen der mich berauben würde, ließe ich den Kopf abschlagen. Dir aber erspare ich dieses Schicksal und spreche eine mildere Strafe aus.
Julius: Wofür willst du mich bestrafen?
Königin: Bist du derart nichts ahnend? Hast du soviel Blut deines Vaters in den Adern, dass du die Wirklichkeit nicht mehr erkennst?
Julius: Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.
Königin: Du hast mich eines großen Anteils meines Mehlvorrats beraubt. Das niedere Volk macht sich bereits Gedanken darüber, wem ich deiner statt die Schuld anlasten möge. Vor wenigen Minuten erst wurde ich von einer Wache darüber informiert. Davon gejagt habe ich den Mann, als er mir von den Gerüchten erzählte. Verbannt wurde der brave Mann, obwohl ihn doch nur die Ergebenheit zu seiner Königin jene Worte sprechen ließ. Recht hat er gehandelt – und gerecht werde nun auch ich handeln. Geh. Verlasse mein Reich.
Julius: So also legst du dir das Ganze zurecht. Ich verstehe. Nun denn. Es sei wie es sei. Ich werde gehen.
Königin: Sofort!

Äußerlich rannen der Herrscherin Tränen über das Antlitz. Innerlich vollführte sie einen Freudentanz. Endlich war es ihr gelungen, den Dorn aus ihrem Fleisch zu entfernen.

Die kommende Nacht verbrachte Julius im Wald. Er legte sich im dichten Moos unter einer stämmigen Eiche zur Ruhe. Manchmal ging das Leben schon seltsame Wege, dachte der junge Mann. Sein gesamtes früheres Leben erschien ihm nun nur noch wie ein Traum. Wie hatte das geschehen können? Er hatte doch im Grunde genommen gar nichts getan. War das der Fehler gewesen? Hätte er für seinen Machtanspruch streiten sollen? Doch weshalb? Der Thron bedeutete ihm nichts. Er wollte ihn gar nicht, auch wenn ihm seine Mutter das nicht glaubte. Er hatte andere Pläne. Wirklich? Welche Pläne denn? War es nicht eher so, dass er seine Zeit sinnlos verplemperte? Was tat er denn schon? Vom Leben war er mit wunderbaren Talenten gesegnet worden. Genutzt hatte er die bisher kaum. Fehlte es ihm an Ehrgeiz? Sicherlich. Wenn er daran dachte, wozu seine Mutter durch ihren Ehrgeiz getrieben wurde, war er darüber auch recht froh. Wie sie wollte er nicht sein. Aber mussten alle Herrscher so wie seine Mutter sein? Hätte er an ihrer Stelle nicht viel Gutes bewirken können? Ja, das hätte er. Wären ihm auf dem Weg zur Macht aber nicht alle Ideale ausgetrieben worden? Nicht wenn er sich dagegen gewehrt hätte. Nicht wenn er für die Wahrung seiner Ideale gekämpft hätte. Über all diesen Gedanken bemerkte Julius nicht, wie sein Geist langsam ins Reich des Schlafes hinüber glitt.

Julius: Verdammt. Ich hätte etwas tun sollen. Früher. Jetzt ist alles zu spät. Meine Chancen sind verspielt. Was mache ich nun?
Kern: Schlag zu! Komm schon. Mach. Oder gibst du auch hier klein bei? Bist schon ein ziemlicher Feigling, mein Junge.
Julius: Kannst du nicht die Klappe halten. Ich versuche mir gerade Gedanken darüber zu machen, wie es in meinem Leben weiter gehen soll. Da wird es doch wohl nicht zu viel verlangt sein, wenn ich einige ruhige Minuten haben möchte.
Kern: Jammerlappen! Du hast schon oft genug darüber nachgedacht - und wir beide wissen, was es dir gebracht hat. Tu jetzt endlich mal etwas. Hau mich kaputt. Dann geht es dir anschließend besser. Glaub mir.
Julius: Wenn du es unbedingt so haben willst!

Mit aller Kraft schlug Julius auf den Kern. Ein Mal. Dann noch ein Mal. Und wieder. Immer wieder. Es schien ihm, als würde er bei jedem Schlag stärker werden. Die neu gewonnene Kraft legte er gleich in den nächsten Fausthieb hinein. Der Kern spaltete sich. Vor Julius stand ein Mann, der ihm in Statur und Anmut nicht unähnlich war.

Otmar: Cool. Ich spüre wie der Stolz die Gebeine euerer Vorfahren empor steigt. Endlich habt ihr die irdischen Fesseln durchtrennt und eine große Tat begangen. Durch euch wurde ich zurück ins Reich der Lebenden geführt, um die Königin für den Bruch des heiligen Gebots zu strafen. Lange schon ist es mir ein Anliegen durch Einflussnahme auf euer Geschick dem unwürdigen Treiben der Königin ein Ende zu setzen. Doch erst seit heute steht dies wahrhaft in meiner Macht. Tausend Dank dafür entbietet euch, junger Recke, König Otmar der Sechzehnte. Eben jener Otmar der Sechzehnte, auf dessen Geheiß die innige Verbindung zwischen Knappe und König zurückzuführen ist. Und in einer innigen Verbindung, werden auch ihr und ich die nächsten Tage miteinander verbringen – und zwar gemeinsam in EUREM Leib.
Julius: Wie das denn? Hey, hättest du mich vorher nicht wenigstens fragen können?
Otmar: Ihr seid nicht gerade für euere Entschlusskraft bekannt, junger Julius. Da erschien es mir ratsam, mich dieser Sache selbst anzunehmen. Lehnt euch also zurück und überlasst mir das handeln.
Julius: Was habt ihr denn vor?
Otmar: Gemeinsam werden wir euere Mutter enthaupten. Dann werden auch euere Brüder ihre Köpfe verlieren. Zuletzt werdet ihr zum neuen König gekrönt.
Julius: Und warum soll das so kommen?
Otmar: Die Königin hat gegen eines meiner Gebote verstoßen, wie euch sicherlich nicht verborgen geblieben ist. Der einzige Knappe der Königin muss aus der Blutlinie stammen, aus der auch ihr stammt, Julius. Ihr jedoch seid der letzte Nachkomme eben dieser Blutlinie. Gestern enthob euch die Königin euerer Aufgaben und eueren Ranges. Sie übertrug euere Aufgaben und eueren Rang an einen Mann aus dem gemeinen Hofstaat.
Julius: Deshalb müssen vier Menschen sterben?
Otmar: Ja.
Julius: Ist das nicht ein wenig unangemessen?
Otmar: Nein. Gebote sind da, um eingehalten zu werden. Die Ordnung muss wieder hergestellt werden.
Julius: Ordnung durch Tod?
Otmar: Ihr solltet das nicht allzu tragisch sehen. Bald gehört euch Krone und Zepter. Erfüllt das euer Herz nicht mit Freude?
Julius: Eigentlich möchte ich gar kein König werden.
Otmar: Euere Haltung birgt keine Lösung, sondern vergrößert nur das Problem. Das ist eines Edelmannes unwürdig – oder lehnt ihr es etwa auch ab als Edelmann angesehen zu werden? Entweder folgt ihr meinen Anweisungen, Julius – oder ich verdamme euch zum Schweigen, solange bis die Missetat der Königin gesühnt wurde.
Julius: Heißt das etwa, du kannst meinen Geist ausknipsen und hast dann die vollständige Kontrolle über meinen Körper?
Otmar: So ist es.
Julius: Dann muss ich mich ja wohl fügen. Ich tue das aber unter striktem Protest.

Mit roher Gewalt verschafften sich die beiden im Körper des einen Zutritt in das Schlafgemach der Königin.

Königin: Julius – du hier? Ich lasse dich in Ketten legen.
Julius: Das ist jetzt alles echt nicht so, wie es gerade scheint, Mutter.
Otmar: Ich bin der Geist von König Otmar dem Sechzehnten. Weil ihr gegen eines meiner Gebote verstoßen habt, werde ich euch nun enthaupten, Königin.
Königin: Wegen der Sache mit der Blutlinie des Knappen?
Otmar: Genau.
Königin: Verdammt.
Julius: Jeder macht Fehler.
Königin: Stimmt. Ich stell dich wieder als meinen obersten und einzigen Knappen ein und kündige dem derzeitigen Amtsinhaber augenblicklich.
Otmar: Das ist nicht zulässig.

Otmar ergriff ein Schwert und schlug der Königin den Kopf ab.

Otmar: Nun zu ihren Söhnen.
Julius: Ich glaub das nicht. Du hast das echt getan. Oh mein Gott, mir wird übel.
Otmar: Ihr werdet euch doch wohl nicht in das Blut euerer Mutter übergeben? So etwas gehört sich nicht.
Julius: So etwas gehört sich nicht? Aber Menschen den Kopf abschlagen ist in Ordnung? Wie kannst du nur ...
Otmar: Es reicht. Ich verdamme Euch jetzt zum Schweigen. Dieses Geplärre ist Gift für meine Ohren.

Schweigend musste Julius verfolgen, wie König Otmar der Sechzehnte innerhalb der nächsten Tage die drei Söhne der getöteten Königin ebenfalls ins Jenseits beförderte. Sehr diskret. Sehr zielstrebig. Ohne Spuren. Nicht der geringste Hinweis auf den Täter wurde entdeckt. Die Polizei tappte völlig im Dunkeln. Weil es sich bei den Morden um Verbrechen an hoch gestellten Persönlichkeiten handelte, musste man der Öffentlichkeit allerdings um jeden Preis möglichst schnell einen Täter präsentieren. So wurde der Gesanglehrer der Königin für schuldig erklärt. Der Mann war zwar blind, taub und an einen Rollstuhl gebunden, doch da ihn niemand leiden konnte, gab es keinen Widerspruch. Am Tag der Ernennung von Julius zum neuen König, hieb man den Leib des Gesanglehrers in vier Stücke.

Otmar war mit sich außerordentlich zufrieden. Es schien ihm an der Zeit sich aus dem Reich der Lebenden zu verabschieden. Er hob den Schweigebann von Julius auf. Immerhin musste Julius bei der Vereidigung zum König das eine oder andere Wort von sich geben.

Otmar: Seid ihr bereit über euere Untertanen zu herrschen?
Julius: Gut heißen kann ich das Geschehene nicht. Auch halte ich es nicht für richtig, als neuer König aus der Sache hervor zu gehen. Das ist nicht fair gegenüber den Anderen, die um dieses Amt gekämpft haben.
Otmar: Gibt es irgendwo einen, der ernsthaft behaupten kann das Leben sei gerecht? Dieser Mensch möge sich mir zeigen. Nein, mein junger Recke. Das Leben ist nicht gerecht. Ihr könnt es von jetzt an aber sein und euere Untertanen daran Anteil haben lassen. Ist das nicht cool?
Julius: Wie ist das nun mit meinem Knappen? Wen darf ich dazu bestimmen?
Otmar: Da gibt es keinen. Ihr seid es, aus dessen Knappenblut auf wundersame Weise Königsblut wurde. Von heute an ist es euch nur noch möglich Könige zu zeugen. Die Blutlinie der Knappen ist versiegt. Wenn es euch dennoch nach einem Knappen verlangt und ihr einen erwählt, so geschieht das in Widerspruch zu meinen Geboten. Dann erhebe ich mich erneut aus dem Grab und werde auch euch den Kopf abschlagen. Denn so wird es verlangt.
Julius: Mir gefällt das alles nicht. Ich will so ein Leben nicht führen.
Otmar: Das Volk verlangt nach einem König. Ohne kann es nicht sein. Euch ist es auferlegt diese Bürde zu tragen. So ist es nun einmal bestimmt.
Julius: Ich werde dieser König nicht sein. Nie und nimmer. Mach du es doch. Du bist doch ohnehin gerade wieder da. Bleib doch einfach da.
Otmar: Meine Aufgabe ist erfüllt. Ordentliche Verhältnisse wurden wieder hergestellt. Alles nimmt seinen gewohnten Lauf. Sobald der neue König den Eid geschworen hat, kehre ich zurück ins Reich der Schatten.
Julius: Nichts nimmt seinen gewohnten Lauf. Es gibt keinen neuen König.
Otmar: Ihr seid der neue König. Außer euch gibt es keinen, der ein ordentliches Anrecht auf den Thron hat.
Julius: Dann musst eben doch du den Job übernehmen.
Otmar: Ich gehöre zu den Toten und nicht zu den Lebenden.
Julius: Nicht so ganz.
Otmar: Was wollt ihr mir damit sagen?
Julius: Ich passe nicht in die Rolle eines Königs. Ich passe auch nicht in diese Zeit oder in diesen Körper. Nimm du meinen Leib. Die letzten Tage in denen ich zum Schweigen verurteilt war, waren die besten meines Lebens.
Otmar: Empfindet ihr so wenig Freude an euerem Körper und Leben?
Julius: Nicht unter den Bedingungen, die mir ständig auferlegt werden. Ich ziehe mich lieber vollständig zurück, als auf diese Art zu leben.
Otmar: Wenn dem so ist, soll alles so bleiben, wie in den letzten Tagen, denn euer Leib gefällt mir wohl. Nur zu gern bin ich bereit darin zu verweilen. Ich empfinde das als cool.

So wurde König Otmar der Sechzehnte zum zweiten Mal König. Diesmal unter dem Namen Julius der Erste.

Er fügte seinen ursprünglichen Geboten um den Königsthron noch zahllose weitere hinzu und veröffentlichte im 11. Jahr seiner Amtszeit eine Schrift mit vielen trendigen Adjektiven, von denen jedoch keines den Verbreitungsgrad des Wörtchens COOL erreichte.
 

jon

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Den Eindruck hatte ich auch. Dadurch bin ich irgendwann "abgerutscht", habe anscheinend pure Spielerei-Passagen (also Teile, bei denen anscheinend die Fantasie mit dem Autor durchging und er das Konzept – so es eins gab - aus den Augen verlor) überflogen. Dabei ist mir allerdings z. B. der Tod des Königs entgangen. Oder? (scroll scroll) Tatsächlich: Er findet statt, war mir wirklich nur entgangen.

... und wieder: Warum nicht "echte Prosa" auch bei den Dialogteilen? Warum überhaupt am Anfang dieser ausgeprägte Dialog, später geht es doch auch vor allem "erzählend" zur Sache, und das funktioniert ganz gut.

Der Klang im Ganzen: "Süffig", irgendwie alles mit einem "Atem" zu lesen - mehr Struktur würde einem so langen Text gut tun, denk ich.
 



 
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