Kuhle Kühe.

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pleistoneun

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Kastagnetten spielende, heilige Kuhhälften, das wären Attraktionen auf indischen Bauernhöfen, die man sich wieder anschauen würde. Doch das einzige was auf den dortigen, schmuddeligen Gehöften angeboten wird, sind lustlose, abgemagerte und von der großen Unzahl ihrer Auftritte ausgezehrte Rindsgesichter mit Salzkartoffeln. Das Naturschnitzel schaut ihnen schon über die Schulter. Mit neumodernen Showacts wie Chantmärschen und Choralgemuhe versuchen indische Bauern das beinah erloschene Feuer der touristischen Spannung anzufachen. Rinder, besser Schnitzel, gelten ja bekanntlich seit je her als schwer erziehbar und bringen so manchen Besitzer beim Training zur Weißglut, zum sogenannten Inderwahn. Schon längst wird das heilige Pariser Schnitzel mit Vogerlsalat und frischem Gemüse im fernen Indien nicht mehr zur Milchproduktion oder zur Fleischgewinnung gehalten, vielmehr verspricht man sich durch die Vorzeigerindskuhlaschsuppen Profit anderer Art. Das tugendhafte Tier verschwendet kaum Ressourcen beim Weiden, läuft nicht davon, oder wenn, dann viel zu langsam oder direkt in den Fleischwolf und rebelliert so gut wie nie über einseitige Nahrung. Das Filet, halbdurch, fein gepfeffert, geklopft und garniert mit etwas Rotwein und Koreander spiegelt das beispiellose karge Leben des gesamten Landes wider.

In der sengenden, indischen Hitze werden also bestimmt noch zahllose Rindsbäuche und Bansen in den Jausenbroten angehender Kuhhirtenjungen wandern, die dann wieder mit modernen Mitteln versuchen werden, Innovatorisches, Bahnbrechendes und Rinderschändendes am hart umkämpften indischen Bauernmarkt zu etablieren. Solange es Rindergulasch gibt, wird es auch Rinder geben. Zumindest indische, zumindest totgeweihte.
 



 
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