Kurzbesuch und Kammerjäger - Püttmann ...Folge 10

Kurzbesuch und Kammerjäger.

Nach der Ameisenattacke in Kalles Ferienbude hatten wir noch ne gute Woche auffe Trauminsel Ibiza.

„Berta, dat Telefon klingelt, geh ma schnell dran, ich sitz grad aufm Häusken!“ Berta rannte zum Telefon.
„Ach, Kurti, du biss dat, seid ihr schon in Denia?
Na klar kommen wir, dat haben wir doch am Stammtisch besprochen. Drei Tage bei euch im Haus, gerne, danke, ja, am Samstag, wir freuen uns, ich ruf an, wenn die Fähre im Hafen einläuft. Ja, prima, ihr holt uns dann ab.“

Ich bin fast vom Pott geflogen! Da machte meine Berta einfach wat fest – ohne meine Einwilligung abzuwarten! Dat iss letzte Zeit typisch für sie. Vollendete Tatsachen schaffen, dat scheint ihr Hobby zu werden! Nich mit mir!
Wir hatten zwar ganz locker beim Bier so wat in Erwägung gezogen, aber so flott sollte dat ja auch wieder nich entschieden werden.
Unsere Stammtischfreunde hatten sich vor zwei Jahren vom Schwattgeld ne Immobilie zugelegt, die wir jetz bekucken sollten.

Ich wollte heute ausnahmsweise keinen Streit, ich hab Berta lediglich ma vorgerechnet, wat son kleinen Ausflug auf dat spanische Festland kosten tut. Mit nem Taxi vonne Ferienwohnung nach San Antoni, und für die Fähre hin und zurück waren dat locker und flockig fünfhundert Märker. Ja gut, die Mark gibt et jetz nich mehr. Ich rechne aber trotzdem noch gerne in unserer guten, alten DM, weil ich dat besser im Kopp umsetzen kann, und merk dann auch viel schneller, wenn se mich betuppen.

„Berta, ich wiederhole: Dat sind fünfhundert Mark nur für die Hin- und Rückfahrt! Dann musse für die beiden auch noch wat mitbringen und mindestens auf zwei Essen für die nette Gastfreundschaft einladen! Sauferei inklusive! Summa summarum bisse en Riesen quitt für diese nette Einladung. Eintausend Mark kostet der Spaß! Für dat Geld musste Omma Püttmann verdammt lange stricken.“

Berta erwiderte nix darauf. Sie setzte nur wieder ihren abscheulichen Blick auf, der mich als Erbsenzähler abstrafen tat!
Warum sollte ich weiter Rumsülzen, et hätt ja doch nix mehr gebracht!

Wir schipperten also am Samstag mit der ersten Fähre von Ibiza nach Denia. So einen fiesen Seegang bei klarem Himmel können Se sich nich vorstellen! Richtig Bammel hatten wir. Berta war weiß wie die Wand und fragte ängstlich: „Williken, werden wir ohne Abzusaufen je dat Festland erreichen? Dat iss dat Ende! Wären wir doch nur zu Hause geblieben.“
Kreidebleich und mit schlotternden Knien verließen wir nach vier Stunden diese elende Schiffschaukel.

Die Freude bei der Ankunft in Denia, laut Reiseführer ein kleinet, verträumtet Fischerdorf, war ehrlich. Küsschen, Küsschen und Hallo. Wir haben neidisch dat prächtige Haus am Südwest-Hang bewundert, richtig tofte einen am Pool verpitscht, Heimatlieder gesungen und von unseren "eindrucksvollen" Erlebnissen in Kalles Wohnung berichtet. Wir hatten sogar noch ne halbe Stunde Zeit, uns dat „Dörfken“ son bissken näher anzusehen.
Die Reiseführerschilderung von dem „verträumten Fischerdorf“ musste wohl so gegen 1920 verfasst worden sein!
Beim Abschied war dat ne ganz andere Freude. Jeder freute sich, dat er wieder für sich und in seiner gewohnten Umgebung war. Besuch iss eben ganz schön nervig! Ein Tag länger und wir wären uns ganz schön auf'n Keks gegangen.

Wieder im Edificio Paridiso angekommen, schließt Berta die Wohnung auf und ruft entsetzt: „Willi, hasse gesehn, wat ich gesehn hab?“
„Wat hasse denn gesehn, Berta?“
„Mäuse! Mäuse!“
„Du muss noch Restalkohol im Kopp haben, et gibt hier im dritten Stock keine Mäuse!“
Jetz wurde Berta richtig kiebig: „Und wat iss dat hier?“
Dat gute Sofa wies große Fraßlöcher auf, datselbe bei die Kissen, die Bettbezüge waren übersät mit Mäuseknitteln, die Vorhänge angenagt, und der Fußboden war schwatt von der Mäuseschei ...!
„Nee“, sach ich, „wat iss dat hier fürn Loch, ne Sauerei iss dat! Wat hat uns der Kalle da für ne Bruchbude angedreht!“
„Willi, ruf den Mistkerl sofort an, so geht dat hier nich weiter! So ein Saustall!“
Kalle konnte ich leider nich erreichen. Da hatte er schwer Glück! Der Köter hätte richtig wat zu hörn gekriegt!
Plötzlich schrie Berta wieder ihr markzersetzendet „Iiiiiih“! Zwei Mäuse hatten sich in ihrer Reizwäsche versteckt und huschten inne Freiheit rein.
In nur drei Tagen Abwesenheit sonne Veränderung unserer Urlaubsqualität!

„Willi, so wat nennt man bei die Rechtsverdreher entgangene Lebensfreuden, dafür kriegen Pauschaltouristen normalerweise Schmerzensgeld, dat machen wir beim Kalle auch geltend! Und kuck ma auf dat Schwatte Brett, ob da wat vonne Blockwartverwaltung draufsteht.“
Ich gehorchte. „Aha, hier hab ich ihn, Blockwartverwalter Quiros Maturo, mit Telefonnummer!“
Gott sei Dank, der Mann sprach son bissken Deutsch. Er beruhigte mich und versprach rasche Hilfe. Er hat dann einen Kammerjäger für mañana angekündigt. Der kam auch, landesüblich erst am übernächsten Tag gegen 20.00 Uhr!

In der Zwischenzeit hatte ich in sonne „Ferumtoria“ oder wie dat heißen tut, zehn Mäusefallen gekauft, diese mit sauteurem Iberico-Schinken fängisch gestellt und überaus raffiniert inne ganzen Wohnung verteilt. Wat meinen Se wohl, am nächsten Morgen hatte ich bereits ein ansehnliches Waidmannsheil von sage und schreibe acht Nagern inne Fallen drin!
Leider tappte auch mein armet Bertaken mit die Finger in son Ding rein. Dat hatte ich zwischen ihrer Wäsche versteckt. Den Schrei und die Attentatsvorwürfe hab ich noch bis heute inne Ohren.
Der Kammerjäger untersuchte alle Installationsöffnungen, Dunstabzugsschächte, schnitt von den riesigen Außenpalmen Zweige mit Verbindungen zum Haus ab und verteilte gezielt Giftweizen.
„Mäuse leben im ganzen Haus in Hohlräumen und Kabelschächten, das ist nichts Ungewöhnliches, die schaffen es sogar bis hin zum fünften Stock!“
Der Kammerjäger verlangte einhundertachtzig Euro und empfahl, auch weiterhin Fallen aufzustellen. Für den Mäusespaß wird Kalle, allein für die angenagten Möbel, mindestens zweitausend Euro ausse eigenen Tasche berappen müssen!
Der Geizkragen hatte nämlich keine „Mäusefraßversicherung“!
 



 
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