Lauschangriff und Knast auf Ibiza - Püttmann ... 20.

Lauschangriff und Knast auf Ibiza

Man konnte keine Zeitung mehr zwischen die Handtücher vonne Pauschaltouristen und vonne Insulaner klemmen, so dicht lag heute wieder allet am Strand bei- und übereinander.

Ne kleine, unbedachte Drehung, schwupp, und man lag auf’m Handtuch vonne Strandnachbarin. Dat war ne sehr üppige Vollschlanke, so um die vierzig bis fünfundfünfzig. Die lag da mit son knappen Bikini rum, dat man einfach nich hinschielen mochte. Die Stoffreste an der Dame zähmten kaum ihre unheimlichen Fleischmassen.
Ich dachte: Kannze nix machen, musse eben heute ma deine Augen schonen. Willi, kuck einfach woanders hin.

Plötzlich bimmelte mein Handy inne Badehose. Melodei: „Mit dem Pfeil und Bogen“, wie im bayerischen Verkehrsfunk. War ja klar, dat von der heimischen Musik alle Nachbarn und Nachbarinnen die Löffel spitzten.

„Ja, hier Wilhelm Püttmann auf Ibiza. Ach, schau an, Friedhelm Fuchs lässt auch ma wat von sich hören.
Dat wurd auch höchste Zeit, ich war nämlich schon sehr beunruhigt! Hömma, Friedhelm, hasse dat Schwein endlich erledigt? Wat, der hat noch gezuckt und wollte abhauen? Da hasse ihm doch hoffentlich dat Messer inne Rippen gehaun? Nee, dat gibt et doch nich, immer noch bewegt? Ja, ja, dat war goldrichtig, dasse ihm noch den finalen Schuss in den Kopp gegeben hass. Der hat uns genug Ärger gemacht, der musste weg!
Danach warsse bestimmt von oben bis unten mit Blut besudelt? Ja, dat war vernünftig, datte die Klamotten sofort verbrannt hass. Wenne noch ma Ärger mit som Schwein hass, ruf sofort an, dann helf ich dir wieder.
Jau, lass gut sein, dat wird sonst zu teuer, bis bald, Berta iss gerade ma im Wasser, ja danke, werd ich ausrichten, Tschüss!“
Nach dem Gespräch legte ich mich vorsichtig auffe Seite und pennte erst ma ne Runde.
Dat Ratzen währte aber nich lange, denn ich wurde unsanft ich aus meinen Träumen gerissen. Ne schneidende männliche Stimme hörte ich über mir: „Buenas tardes, sind Sie Señor Püttmann?“
„Si, dat bin ich“, sachte ich, „wat iss denn los?“ Ich rekelte mich langsam hoch und blickte auf vier spanische Uniformierte mit gezückter Pistole!
„Señor Püttmann, Sie sind verhaftet, bitte anziehen, vamos, vamos!“
Die Handschellen klickten, ich wurde festgenommen! Und so wat ohne Grund in einem befreundeten Land!
Ich dachte nur noch: Die Welt geht jetz unter!
Berta kam aussem Wasser gerannt, wühlte sich energisch durch den Menschenauflauf und starrte ungläubig auf diese bedrohliche Szene: Mindestens hundert Badegäste standen um mich herum und tuschelten ganz aufgeregt. Berta versuchte noch lautstark, den Grund für meine Verhaftung rauszukriegen, aber die Herren Wachtmeister gaben ihr keine Antwort.

Ich war fix und fertig! Willi, dachte ich, wat hasse denn im Leben nur Schrecklichet getan, wat können die Brüder nur von dir wollen?
Berta begleitete mich heulend bis zum Polizeiwagen. „Wilhelm, dat iss bestimmt wegen dein Plattgeld, wat du hier inne Wohnung gesteckt has. Gib dat beim Verhör sofort zu, dann krisse en paar Jahre weniger!“

Nee, wat hatte ich mir mit die Eigentumswohnung angetan, aber Berta musste ja unbedingt die Bude auf Ibiza kaufen! Dat Schwattgeld haben se doch fast alle hier verbraten! Ausgerechnet den kleinen Wilhelm Püttmann aus Herne-Baukau mussten se dafür einlochen!
„Herr Oberwachtmeister“, fragte ich beherzt, „nun sagen Se mir doch ma endlich, wat hier gespielt wird.“
Da sachte der Schutzmann in prima Deutsch: „Señor Püttmann, Sie wurden verhaftet wegen Komplizenschaft bei einem Mord und Verdacht auf gemeinsam begangene Morde! Ich bin übrigens Hauptkommissar Antonio Lopez und kein Wachtmeister, Señor Püttmann, verstanden?“
Meine Berta, die Arme, fiel in Ohnmacht und wurde int Krankenhaus abtransportiert.
Hinter mir hörte ich noch ein kleinet Kind die verängstigte Mutter fragen: „Mama, warum nimmt die Polizei den Onkel mit?“ Da hörte ich wie im Rausch: „Kind, der Kerl ist ein Massenmörder, guck den bloß nicht an. So ein Verbrecher liegt da ganz harmlos neben uns im Sand. Das ist ja schrecklich, gar nicht auszudenken, wen der sich vielleicht hier schon als nächstes Opfer ausgesucht hat! Hoffentlich kriegt der Kerl die Todesstrafe!“
Verzweifelt fragte ich mich: Willi, wat hasse denn für ne Schande über die Familie gebracht? Hätte ich doch dat verdammte Ibiza nie gesehen, so eine Schei...!

Die blaue Minna brachte mich mit Sirenengeheul zu nem ollen Amtsgebäude nach Ibiza-Stadt. Man nahm mir den Tascheninhalt und dat Handy ab. Sogar auf meine Schnürsenkel waren se hier ganz scharf. Dann schloss man mich in sonne enge, überwarme Zelle ein, die ganz erbärmlich stank. Hier standen noch weitere acht „Mörder“, die auf ihr Lebenslänglich warteten.

Zu Williken Püttmann aus Herne-Baukau kam natürlich kein deutscher Kanzler oder der Außenminister, nich ma son kleiner Konsul, der ihn hier, fern vonne Heimat, rausboxen tat! Zwei Tage haben die Kerle mich da drin schmoren lassen!

Endlich schloss man diese gemütliche Zelle auf und führte mich hinaus. Meine Berta fiel mir schluchzend inne Arme rein. „Willi, et iss allet gut, du biss gar kein Mörder!“
Sie war in Begleitung von som deutschen Bossi-Verschnitt aus Ibiza-Stadt. Der erzählte, die deutsche Kripo hätte auch meinen Freund Friedhelm in Remscheid verhaftet und ausgequetscht. Friedhelm hätte sofort allet gestanden!

Er berichtete den Beamten, als Jäger hätte er en schweren Keiler beschossen, der jede Nacht die Kartoffelfelder umgepflügt und die Bauern fast zur Verzweiflung gebracht hätte. Friedhelm fing das Tier mit dem Messer ab und gab ihm den Fangschuss.
Dat verdammte Telefongespräch am Strand war an meiner Verhaftung schuld! Die Vollschlanke, die schwere Olle mit dem knappen Bikini, hatte bei meinem Gespräch entweder Ohren wie Rhabarberblätter oder hatte mir vonne Lippen abgelesen, allet total missgedeutet und die Polente in Sta. Eulalia heimlich verständigt!

Durch son gemeinen Lauschangriff hatte die dösige Kuh schweret Unheil angerichtet! Bei sowat krisse nämlich nen Knacks für dat Leben! Hoffentlich hat se wat daraus gelernt und schreibt sich dat hinter ihre Krautblätterohren.

Auf diese Art und Weise iss bestimmt schon so mancher unschuldige Mordgeselle unter dat Fallbeil oder auf son elektrifizierten Schemel gelandet!
 



 
Oben Unten