Flavius Amaltheia
Mitglied
Ich saß am Frühstückstisch an einem ganz gewöhnlichen Dienstagmorgen. Mein Vater fütterte gerade unsere Meerschweinchen und hatte sich dazu hinter dem Tisch auf eine alte Decke gekniet.
Das Radio lief, der Wasserkocher blubberte lustig vor sich hin.
Auf einmal sah ich meinen Vater, wie er immer wieder nach einer leeren Milchflasche griff, die neben ihm auf dem Flur lag. Sein Kopf pendelte ohne Halt hin und her. Ich eilte zu ihm und fragte, was denn los sei.
In diesem Moment fiel sein Kopf in den Nacken.
Seine Augen waren tot und leer.
Er stürzte nach hinten, versuchte noch mit schwacher Hand sich irgendwo festzuhalten und rutschte am Türrahmen herunter. Mit einem Seufzer streckte er alle Glieder von sich und lag still. Sein Gesicht, ja sein ganzer Körper hatten jegliche Färbung verloren. Waren so grau wie seine stahlgrauen Haare.
Es war, als ob das Leben einfach aus ihm herausgeflossen wäre.
--
Dieser Vorfall hat sich erst vor wenigen Tagen zugetragen. Zuerst dachte ich, mein Vater sei gestorben. Doch das ist er nicht. Medizinisch gesehen war das ein simpler Kreislaufzusammenbruch. Er hatte die Grippe und die Anstrengung des Aufstehens hat seinen Körper überfordert.
Doch für mich war es mehr.
Ich habe schon öfters Leute gesehen, die bewusstlos wurden. Meistens waren das Mädchen, die theatralisch zusammensanken, auf einem Konzert oder während eines Tanzturniers. Das war nie ein Problem für mich, da immer eine Distanz zwischen ihnen und mir bestand. Aber mein Vater, mein Vater.
Mein Vater ist schon immer die letzte Stütze für mich gewesen. Den Vater ruft man, wenn man es im Leben einmal wieder total vermasselt hat. Er kommt dann und sagt mit tiefer, männlicher Stimme: „Mach dir keine Sorgen. Ich bin für dich da. Ich regele das.“
Ich. Bin. Für. Dich. Da. So einfach ist das. Eine starke Figur, ein Mann, der mich beschützt. Der vor allem schon immer da war. Krank werden, das tun andere. Sterben auch. Nicht mein Vater. Der ist doch stark.
An diesem Tag war es, als habe Gott mir mit einer riesigen Keule auf den Hinterkopf geschlagen.
Es wurde mir mit einer solch schmerzhaften Klarheit bewusst, wie vergänglich alles ist.
Alles.
Ich werde nicht von Leben verschont, meine Familie wird nicht vom Leben verschont, niemand wird vom Leben verschont. Es war schrecklich. In den Augen meines Vaters habe ich nicht den Frieden gesehen, von dem jeder so unbewusst immer träumt. Ich habe das Grauen darin gesehen.
Aber ich habe auch diese letzte, verzweifelte Kraft darin gesehen, die in jedem steckt. Die sich an das Leben klammert, bis zum bitteren Ende.
Und diese Kraft hat mir gezeigt, wie stark wir Menschen wirklich sind. Und wie sehr ich meinen Vater liebe.
Und ich liebe ihn so sehr, dass es wehtut.
Das Radio lief, der Wasserkocher blubberte lustig vor sich hin.
Auf einmal sah ich meinen Vater, wie er immer wieder nach einer leeren Milchflasche griff, die neben ihm auf dem Flur lag. Sein Kopf pendelte ohne Halt hin und her. Ich eilte zu ihm und fragte, was denn los sei.
In diesem Moment fiel sein Kopf in den Nacken.
Seine Augen waren tot und leer.
Er stürzte nach hinten, versuchte noch mit schwacher Hand sich irgendwo festzuhalten und rutschte am Türrahmen herunter. Mit einem Seufzer streckte er alle Glieder von sich und lag still. Sein Gesicht, ja sein ganzer Körper hatten jegliche Färbung verloren. Waren so grau wie seine stahlgrauen Haare.
Es war, als ob das Leben einfach aus ihm herausgeflossen wäre.
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Dieser Vorfall hat sich erst vor wenigen Tagen zugetragen. Zuerst dachte ich, mein Vater sei gestorben. Doch das ist er nicht. Medizinisch gesehen war das ein simpler Kreislaufzusammenbruch. Er hatte die Grippe und die Anstrengung des Aufstehens hat seinen Körper überfordert.
Doch für mich war es mehr.
Ich habe schon öfters Leute gesehen, die bewusstlos wurden. Meistens waren das Mädchen, die theatralisch zusammensanken, auf einem Konzert oder während eines Tanzturniers. Das war nie ein Problem für mich, da immer eine Distanz zwischen ihnen und mir bestand. Aber mein Vater, mein Vater.
Mein Vater ist schon immer die letzte Stütze für mich gewesen. Den Vater ruft man, wenn man es im Leben einmal wieder total vermasselt hat. Er kommt dann und sagt mit tiefer, männlicher Stimme: „Mach dir keine Sorgen. Ich bin für dich da. Ich regele das.“
Ich. Bin. Für. Dich. Da. So einfach ist das. Eine starke Figur, ein Mann, der mich beschützt. Der vor allem schon immer da war. Krank werden, das tun andere. Sterben auch. Nicht mein Vater. Der ist doch stark.
An diesem Tag war es, als habe Gott mir mit einer riesigen Keule auf den Hinterkopf geschlagen.
Es wurde mir mit einer solch schmerzhaften Klarheit bewusst, wie vergänglich alles ist.
Alles.
Ich werde nicht von Leben verschont, meine Familie wird nicht vom Leben verschont, niemand wird vom Leben verschont. Es war schrecklich. In den Augen meines Vaters habe ich nicht den Frieden gesehen, von dem jeder so unbewusst immer träumt. Ich habe das Grauen darin gesehen.
Aber ich habe auch diese letzte, verzweifelte Kraft darin gesehen, die in jedem steckt. Die sich an das Leben klammert, bis zum bitteren Ende.
Und diese Kraft hat mir gezeigt, wie stark wir Menschen wirklich sind. Und wie sehr ich meinen Vater liebe.
Und ich liebe ihn so sehr, dass es wehtut.