Medizin

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SandyGrendel

Mitglied
Begleiter

Man hat für jedes Übel Pillen,
sei es ein Fieber, seien's Grillen,
behandelt auch homöopathisch
und zwar - dank Kassen! - bürokratisch.

Man operiert am offnen Herzen,
bekämpft erfolgreich schwere Schmerzen,
und man ersetzt den hohlen Zahn
durch eine Wurzel aus Titan.

Mit Genen wird manipuliert,
so ziemlich alles transplantiert,
und die Entwicklung schreitet weiter.
Der Tod bleibt ständiger Begleiter.
 
L

Lutz Menard

Gast
Hallo Sandy,

eine schöne satirische Aussage über die Entwicklung unseres Gesundheitswesens. Ulla Schmidt wäre sicherlich begeistert, wenn sie´s läse! Allerdings ist der abrupte Übergang zum Tod als Begleiter in der letzten Zeile nach meinem Gefühl selbst für eine Satire etwas zu krass. Vielleicht könnte man diesen Sinnwechsel noch mit einem weiteren Schuß Humor (in ein bis zwei Zeilen oder einem selbständigen Vers)dem ironischen Grundtenor des Gedichts mehr anpassen. Zunächst ließe sich sagen "...doch letztlich wird kein Mensch gescheiter".


Beste Grüße
LuMen
 

SandyGrendel

Mitglied
Gesundheitswesen

Lieber Lutz Menard,

Bei uns gilt: Tod = Misserfolg der Medizin! Und man spricht schliesslich nur von den Erfolgen.

Die Schweizer sind nicht besonders zartbesaitet und begreifen nur, wenn man ihnen tüchtig auf den Deckel haut. Meist auch dann nicht.

Mit bestem Dank und vielen Grüssen
SandyGrendel
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Tod steckt bereits in den ersten Zeilen mit drin, verborgen zwar, aber in einem sehr weiten Sinn.
So beginnt der Glaube an die Unfehlbarkeit mit dem Glauben daran, alles "reparieren" zu können.
Und doch ist es ein Glaube nur.

Und wenn so ziemlich alles transplantiert wird, ist der Tod auch immer mit anwesend.
1+1=1

In einem nur ist das Werk tatsächlich unvollständig:

Die Bürokratie ist nämlich immer und überall.

Liebe Grüße von bernd
 

SandyGrendel

Mitglied
Herbstliche Medizin

Hallo Bernd,

1. Schock
Deine Bemerkungen treffen den Nagel auf den Kopf. Der geneigte Leser spürt von allem Anfang an, dass etwas nicht ganz stimmt. Schon der Beginn des ersten Satzes ist mit seiner absoluten Aussage eigentlich völlig daneben, und es geht dann im selben Stil weiter. Wer sich einlullen lässt, kann den letzten Satz schon als Schock empfinden!

2. Sanfte Landung
Anders bei meinem "Herbst" in den "Jahreszeiten & Festtexten". Da wird im ersten Vers ein ähnlich absolutes, "romantisches" Bild des Herbstes skizziert. Und langsam, für den weniger geneigten Leser unbemerkt, wird diese Idylle Strophe für Strophe demontiert, und wir landen fast unheimlich sanft in der heutigen Realität.

Mit freundlichem Gruss!

SandyGrendel
 



 
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