Mein wunderschönes Blut

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Alice Knox

Mitglied
Mein wunderschönes Blud

Blut.
Alles voller Blut.
Mein Blut.

Meine Hände. Meine Sachen. Meine nackte Brust.
Der beißende Geruch hat bereits den ganzen Raum ausgefüllt und langsam wird mir schlecht.
Allerdings habe ich trotzdem nicht das Bedürfnis mich zu waschen. Ich will das Gefühl nicht missen, wenn das Blut langsam trocknet.
Sich dann fast schwarz färbt und schließlich abbröckelt.

Ich betrachte mich im Spiegel und muss unwillkürlich schmunzeln als ich meinen schwarzen Pony sehe. Ich kann mich gar nicht erinnern wie da so viel Blut hingekommen ist. Ich drehe meinen Kopf leicht zur Seite, sodass ich wieder meine blonden Haare erkennen kann. Mit meiner blutverschmierten Hand fahre ich mir durch mein - noch helles - Haar und lasse so rote Strähnen entstehen.
Wieder muss ich schmunzeln.

Über meinem rechten Auge hat sich eine längliche Blutlinie gezogen. Ich fahre mit meinen Finger die Linie nach und verlängere sie gleich noch. Dann ziehe ich einen diagonalen Strich über mein Auge. Das gleiche wiederhole ich mit meinem linken, sodass sich nun über beide Augen ein Kreuz legt. Dann male ich mir meine Nasenspitze rot an und auch meinen Mund ziehe ich großzügig nach. Während ich mein entstandenes Clownsgesicht mustere, zieht sich mein leichtes Lächeln zu einer breit grinsenden Fratze.

Ich bemale den Rand des Spiegels.
Umrande mein Spiegelbild.
Male passende Luftballons zu meiner rot glänzenden Clownsmaske.
Nachdem ich der Meinung bin, dass der Spiegel genug verziert ist, fange ich an, vor ihm zu posieren.
Ich werfe meinen Spiegelzwilling einen Luftkuss zu und schneide ihm verschiedene Grimassen.

Als ich mich genug mit meinem Gesicht amüsiert habe, fällt mir auf das meine Brust gar nicht clownsartig verschönert ist.
Ich fahre mit meinem Mittel- und meinen Zeigefinger über meinen nackten Unterarm. Doch ich spüre keine Flüssigkeit.
Die zahlreichen roten Linien sind bereits geronnen. Fast schon panisch taste ich meinen anderen Arm ab.
Auch an ihm sprudelt kein frisches Blut mehr.

Ungläubig streiche ich erneut über meine Unterarme.
Ich fange an, mit meinen Fingernägeln darüber zu kratzten.
Aber meine Nägel sind nicht lang genug, um meine selbst zugefügten Wunden wieder aufzureißen.

Ich muss neue Linien ziehen.
Ich will nicht, dass es schon vorbei ist.
Ich will weiter malen.

Wie wahnsinnig suche ich den Boden nach meiner perfekten Glasscherbe ab. Da ich vorhin mehrere Gläser auf dem Boden geschmissen habe und fast alle mit Blut befleckt sind, ist das gar nicht so einfach und ich brauche viel zu lange. Doch ich gebe nicht auf sie wieder zu finden.
Irgendwo hier muss sie ja sein.
Ich muss nur weiter suchen.
Dass ich mir dabei auch noch meine Knie zerschneide, interessiert mich wenig, meinen nackten Füßen erging es nicht anders.

Endlich!
Ich habe sie wieder!
Meine perfekte Glasscherbe.
Genussvoll reiße ich neue Wunden in meinen linken Unterarm. Sofort entstehen rote, helle Linien. Dann sammeln sich, auf diesen Linien viele kleine Blutpunkte, bis das Blut Sekunden später richtig aus meinen Adern fließt.

Glücklich beobachte ich meine Hand wie sie immer mehr Linien zieht.
Es ist fast so, als ob es gar nicht mein Körper wäre, den ich im Augenblick beobachte.
Es ist viel mehr, wie ein Schauspiel.
Eine Theatervorführung und ich schaue einfach nur zu, als unbeteiligter Beobachter.

Mir geht es nicht um den empfunden Schmerz und ich möchte auch nicht sterben.
Ich will einfach nur das Blut sehen.
Ich liebe Blut.
Seine Farbe.
Seine Konsistenz.

Ich weiß selber nicht, warum mich Blut so anzieht.
Es war schon immer so. Schon als kleiner Junge freute ich mich, wenn ich Nasenbluten bekam.
Schon damals stellte ich mich vor einen Spiegel und bemalte mein Gesicht. Und ich war immer todunglücklich wenn meine Eltern mitbekamen, dass ich Nasenbluten hatte und mir zu allem Überfluss auch noch halfen, meine Blutung zu stoppen.

Mit den Gedanken an meine Eltern,
muss ich laut anfangen zu lachen.
Wenn sie mich jetzt so sehen könnten!
Was würden sie wohl sagen?
Was würden sie über mich denken?

Mir wird allmählich schwummrig.
Ich sollte für heute aufhören, aufräumen und unter die Dusche gehen.

Denn schließlich ist ja morgen auch noch ein Tag...
 

Bad Rabbit

Mitglied
Hey Alice!

Netter Text! Und dazu noch Fehlerfrei - mit der Korrektur hast du dir sehr viel Mühe gegeben.
Nur bei einigen Stellen war ich nicht sicher, ob da ein Komma hin muss, aber egal. Gut gemacht.

Inhaltlich hat mich die Geschichte aber nicht 100%ig überzeugt.
Da ist jemand, der sich sich ritzt, und zwar extreme.
Ist schon recht eklig, doch für den Inhalt ist das einfach zu lang.
Irgendwann fing ich an, Textstellen zu überspringen, weil wirklich nichts passiert und der Prot nur jammert, dass er nicht genug blutet. Das nervt irgendwann :-(
Ausserdem gehst du da in deiner Wortwahl nicht weit genug.
Der Ausdruck ist recht simpel, fast schon harmlos, als wenn ein Kind einen Aufsatz über sein Wochenende schreibt (ok, nicht wirklich, aber du weisst was ich meine). Beschreibungen, wo überall Blut auf dem Körper ist, reichen nicht, um echt Horror zu erzeugen.
Es wäre schon mal besser, wenn du es um ein Drittel kürzt.
Ich könnte mir den Text sogar Prima als Prolog von einem Thriller vorstellen, um den Leser mit der kranken Gedankenwelt eines Serienkillers vertraut zu machen.

Fazit:
Handwerklich sauber, leichte Schwächen beim Ausdruck, aber sonst nicht übel.
Von dir werden bestimmt noch coole Sachen kommen!

MfG
Tim
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Nein, fehlerfrei ist der Text nun wirklich nicht, aber das nur am Rande. Als Horror oder Psycho empfand ich den Text nicht, aber als eine gelungene Skizze eines verhaltensgestörten Menschen. Die simple ("unaufgeregte", fast alltägliche) Sprache trägt dazu bei, auch wenn es manchmal doch eher den Eindruck macht, der Autor könne nur diese Sprache (weil es manchmal ZU simpler Stil ist).

Was die Länge angeht: Beim Lesen selbst störte es mich nicht, aber für den Schluss (der ohne Knalleffekt oder eine andere Art Pointe daherkommt) ist mir die Szene doch etwas zu breit gewalzt. Der Vergleich mit einem Prolog trifft es recht gut: Nach dieser ausführlichen Einstimmung geht nun die spannenden Geschichte los (bzw. sollte eine losgehen).

Inhaltsproblem: So viel Blut bekommt man nicht durchs Ritzen. Hier sind ja nicht nur Blutspuren auf der Haut, das Haar ist (zumindest im Pony-Bereich und dann an den Strähnen) damit getränk. (Am Boden kommt es von den zerschnittenen Füßen, aber da muss doch auch viel Blut geflossen sein – wieso steht der Protagonist noch aufrecht?)
Problem zwei: Um eben frisch verkrustete Wunden wieder zum Bluten zu bringen, braucht man keine langen Findernägel

Details:
Was mich richtig störte, war der zerfledderte Eindruck durch die Massen von Absätzen. Zum Teil sind sie nicht mal sinnvoll, weil enge Sinnzusammenhänge zerissen werden.

Mein schönes Blud
Blut

Der beißende Geruch
Blut mit beißendem Geruch? Eindringlich, aufdringlich, durchdringend … ok, aber beißend?

hat bereits den ganzen Raum ausgefüllt und langsam wird mir schlecht.
Allerdings habe ich trotzdem nicht das Bedürfnis[red]Komma[/red] mich zu waschen. Ich will das Gefühl nicht missen, wenn das Blut langsam trocknet. [blue]dieser Absatz hier z. B. zerreißt einen engen Zusammenhang[/blue]
Sich dann fast schwarz färbt und schließlich abbröckelt.
Ich betrachte mich im Spiegel und muss unwillkürlich schmunzeln[red]Komma[/red] als ich meinen schwarzen Pony sehe. Ich kann mich gar nicht erinnern[red]Komma[/red] wie da so viel Blut hingekommen ist. Ich drehe meinen Kopf leicht zur Seite, sodass ich wieder meine blonden Haare erkennen kann. Mit meiner blutverschmierten Hand fahre ich mir durch mein - noch helles - Haar und lasse so rote Strähnen entstehen.
Wieder muss ich schmunzeln.
blutBEschmierte Hand. Eine Schrift oder ein Zeichen kann blutVERschmiert sein.


Über meinem rechten Auge hat sich eine längliche Blutlinie gezogen.
Über mein rechtes Auge …
Gibt es auch rundliche oder eckige Blutlinien?

Ich fahre mit meinen Finger die Linie nach und verlängere sie gleich noch.
mit meinem Finger
zu simpler Stil: "verlängere sie gleich noch"

Dann ziehe ich einen diagonalen Strich über mein Auge. Das gleiche wiederhole ich mit meinem linken, sodass sich nun über beide Augen ein Kreuz legt. Dann male ich mir meine Nasenspitze rot an…
zu simpel: die Dopplung von "Dann", auch noch beide male am Satzanfang.

Ich bemale den Rand des Spiegels.
Umrande mein Spiegelbild.
Das läuft auf's selbe hinaus …


Nachdem ich der Meinung bin, dass der Spiegel genug verziert ist, fange ich an, vor ihm zu posieren.
zu simpel: "nachdem" statt "als" ("Nachdem ich der Meinung bin" heißt "Erst bin ich der Meinung, dann nicht mehr und NUN erst tue ich dies oder jenes)

Ich werfe meinen Spiegelzwilling einen Luftkuss zu und schneide ihm verschiedene Grimassen.
meinem Spiegelzwilling
"schneide ihm Grimassen" reicht, das sind schon verschiedene. Mit "verschiedene" klingt es, als beherrsche der Autor die Sprache nicht richtig und müsse sich mit dem Zusatz absichern.

Als ich mich genug mit meinem Gesicht amüsiert habe, fällt mir auf das meine Brust gar nicht clownsartig verschönert ist.
"fällt mir auf, dass meine"
Wie ein clownsartig "verschönertes "Gesicht aussieht, kann ich mir vorstellen, aber zu "clowsnartig verschönerter Brust" fällt mir gar nichts ein. Meinst du, da müsste auch ein Gesicht drauf (das ist aber nicht clownsartig)? Oder die nackte Brust müsste unter einem viel zu großen karierten Hemd versteckt werden (das wäre clownsartig, passt aber nicht zu der Szene)?

Ich fahre mit meinem Mittel- und meinen Zeigefinger über meinen nackten Unterarm.
Wenn nur eine Person da ist, frage ich bei solchen Sätzen instinktiv: Klar "meine" – wessen denn sonst? Hier wird das durch die dreifache Wiederholung sogar noch besonders provoziert.

Doch ich spüre keine Flüssigkeit. [blue]Absatz zerreißt den Zusammenhang[/blue]
Die zahlre roten Linien sind bereits geronnen.
Linien geronnenen Blutes gibt es, aber keine geronnenen Linien

Fast schon panisch taste ich meinen anderen Arm ab. [blue]Absatz zerreißt den Zusammenhang[/blue]
Auch an ihm sprudelt kein frisches Blut mehr.
Nicht übertreiben! Es sprudelte auch vorher nicht, selbst wenn der Protagonist die Arm-Schlagader getroffen hätte. Dann wäre er aber schon wegen Blutverlust zu Boden gegangen. (PS: Soweit ich weiß, könnte man höchstens das Austreten des Blutes aus der Oberschenkel-Schlagader oder bei geöffnetem Brustkorb aus der Aorta als "Sprudeln" bezeichnen.)

Ungläubig streiche ich erneut über meine Unterarme. [blue]Absatz zerreißt den Zusammenhang[/blue]
Ich fange an, mit meinen Fingernägeln darüber zu kratzten. [blue]Absatz zerreißt den Zusammenhang[/blue]
Aber meine Nägel sind nicht lang genug, um meine selbst zugefügten Wunden wieder aufzureißen.
kratzen

Ich muss neue Linien ziehen.
Ich will nicht, dass es schon vorbei ist.
Ich will weiter malen.
Das ist die für mich beste Stelle im Text, das beste Schlaglicht auf diese Figur. Deshalb stört mich (beim zweiten Lesen), dass nun noch mal kräftig gewalzt wird. Die Suche nach der Scherbe setzt nur noch einen schwachen weiteren Akzent (das mit der perfekten Glassscherbe – es darf nicht irgendeine sein. Aber das ist schon ein neues Thema), der zur "Blutliebe" nichts mehr beiträgt.

Wie wahnsinnig suche ich den Boden nach meiner perfekten Glasscherbe ab.
Da ich vorhin mehrere Gläser auf dem Boden geschmissen habe und fast alle mit Blut befleckt sind, ist das gar nicht so einfach und ich brauche viel zu lange. Doch ich gebe nicht auf[red]Komma[/red] sie wieder zu finden.
Irgendwo hier muss sie ja sein.
Ich muss nur weiter suchen.
Dass ich mir dabei auch noch meine Knie zerschneide, interessiert mich wenig, meinen nackten Füßen erging es nicht anders.
Er sucht vom ersten Moment an "wie wahnsinnig" – ok. Aber dann hat er nicht so viele Gedanken frei, noch die Erklärung zu denken, wo die Glasscherben herkommen und warum die Suche so schwer ist. Jedenfalls nicht mit so kühlen Worten.
zu simpler Stil: geschmissen. Zumal die Scherben dann "befleckt" sind. "Geschmissen" und "beschmiert" würden zueinander passen oder "geworfen" und "befleckt".
"wiederzufinden"
"auf den Boden geschmissen"
Viel zu lange für was?

Sofort entstehen rote, helle Linien.
Nur eine Feinheit, aber: Wenn auf Haut helle Linien entstehen, dann sind sie von "heller Hautfarbe", nicht rot (die Linien sind also nicht rot UND hell, wie das Komma nahelegt). Besser wäre "Sofort entstehen hellrote Linien."

Dann sammeln sich,[red]kein Komma[/red] auf diesen Linien viele kleine Blutpunkte, bis das Blut Sekunden später richtig aus meinen Adern fließt.
… kenn ich anders: Entweder man ritzt nur die Haut an, dann kommen diese Perlen, die dann zu einer durchgehenden Linie verschmelzen ODER das Blut fließt(!), wenn man größere Adern erwischt.
Kann es auch falsch fließen? (zu simpel!)


Glücklich beobachte ich meine Hand[red]Komma[/red] wie sie immer mehr Linien zieht.
Es ist fast so, als ob es gar nicht mein Körper wäre, den ich im Augenblick beobachte.
Es ist viel mehr, wie ein Schauspiel. [blue]Absatz zerreißt den Zusammenhang[/blue]
Eine Theatervorführung[red]Komma[/red] und ich schaue einfach nur zu, als unbeteiligter Beobachter.
Es ist viel mehr als was? Oder meinst du "Es ist vielmehr wie ein Schauspiel."?

Was nun kommt, wirkt breitgewalzt. Ohne das – also der direkte Sprung von "ich ritze weiter" zu "Mir wird schwummrig … morgen ist auch noch ein Tag" – würde siche eine viel bessere Pointe ergeben, die genau das auch sagt: "Ich will nicht sterben". ("Es geht nicht um den Schmerz" steht vorn schon, wo es ums Malen geht.)

Aber noch ein bisschen Detailarbeit in diesem Stück:

Mir geht es nicht um den empfunden Schmerz und ich möchte auch nicht sterben. [blue]Absatz zerreißt[/blue]
Ich will einfach nur das Blut sehen.
Ich liebe Blut.
Seine Farbe.
Seine Konsistenz.

Ich weiß selber[red]selbst[/red] nicht, warum mich Blut so anzieht.
Es war schon immer so. Schon als kleiner Junge freute ich mich, wenn ich Nasenbluten bekam. [blue]Absatz zerreißt[/blue]
Schon [blue]zu simpel: Das dritte mal "schon"[/blue] damals stellte ich mich vor einen Spiegel und bemalte mein Gesicht. Und ich war immer todunglücklich[red]Komma[/red] wenn meine Eltern mitbekamen, dass ich Nasenbluten hatte[red]Komma[/red] und mir zu allem Überfluss auch noch halfen, meine Blutung zu stoppen.
Kicher: Das arme Kind hatte schon Blutungen? Nein im Ernst: "die Blutung" ist besser, das andere ist (auch) mit einem anderen Sinn belegt.

Mit den Gedanken an meine Eltern, [blue]Absatz mitten im Satz[/blue]
muss ich laut anfangen zu lachen.
Wenn sie mich jetzt so sehen könnten! [blue]Absatz zerreißt zu sehr den Zusammenhang[/blue]
Was würden sie wohl sagen?
Was würden sie über mich denken?
Mir wird allmählich schwummrig.
Ich sollte für heute aufhören, aufräumen und unter die Dusche gehen.
[blue](Leerzeilen-)Absatz zerreißt zu sehr den Zusammenhang[/blue]
Denn schließlich ist ja morgen auch noch ein Tag...
Leerzeichen vor den drei Punkten


Noch mal zusammengefasst: Als kleine Studie darüber, wie sich eine solche Störung äußert/anfühlt, recht gelungen. Als Geschichte etwas mager. Und: Auch wenn ich zum Stil einiges angemerkt habe, fand ich es im Gesamteindruck durchaus gut. Ich bin sicher, ein "sehr gut" liegt durchaus in deiner Reichweite.
 

Bad Rabbit

Mitglied
@Jon

Peinlich. Ich sollte aufhören, Texte zu lesen, wenn ich nen vergrippten Kopf habe. Ich habe die Fehler echt nicht gesehen!
Die Welt wird es vergessen ...

Was den Inhalt betrifft, so bleibe ich bei meiner Meinung.
 

Alice Knox

Mitglied
Mein wunderschönes Blut

Blut.
Alles voller Blut.
Mein Blut.

Meine Hände. Meine Sachen. Meine nackte Brust.
Der beißende Geruch hat bereits den ganzen Raum ausgefüllt und langsam wird mir schlecht.
Allerdings habe ich trotzdem nicht das Bedürfnis, mich zu waschen. Ich will das Gefühl nicht missen, wenn das Blut langsam trocknet.
Sich dann fast schwarz färbt und schließlich abbröckelt.
Ich betrachte mich im Spiegel und muss unwillkürlich schmunzeln, als ich meinen schwarzen Pony sehe. Ich kann mich gar nicht erinnern, wie da so viel Blut hingekommen ist. Ich drehe meinen Kopf leicht zur Seite, sodass ich wieder meine blonden Haare erkennen kann. Mit meiner blutverschmierten Hand fahre ich mir durch mein - noch helles - Haar und lasse so rote Strähnen entstehen.
Wieder muss ich schmunzeln.
Über meinem rechten Auge hat sich eine längliche Blutlinie gezogen. Ich fahre mit meinen Finger die Linie nach und verlängere sie gleich noch. Dann ziehe ich einen diagonalen Strich über mein Auge. Das gleiche wiederhole ich mit meinem linken, sodass sich nun über beide Augen ein Kreuz legt. Dann male ich mir meine Nasenspitze rot an und auch meinen Mund ziehe ich großzügig nach. Während ich mein entstandenes Clownsgesicht mustere, zieht sich mein leichtes Lächeln zu einer breit grinsenden Fratze.
Ich bemale den Rand des Spiegels.
Umrande mein Spiegelbild.
Male passende Luftballons zu meiner rot glänzenden Clownsmaske.
Nachdem ich der Meinung bin, dass der Spiegel genug verziert ist, fange ich an vor ihm zu posieren.
Ich werfe meinen Spiegelzwilling einen Luftkuss zu und schneide ihm verschiedene Grimassen.
Als ich mich genug mit meinem Gesicht amüsiert habe, fällt mir auf das meine Brust gar nicht clownsartig verschönert ist.
Ich fahre mit meinem Mittel- und meinen Zeigefinger über meinen nackten Unterarm. Doch ich spüre keine Flüssigkeit. Die zahlreichen roten Linien sind bereits geronnen. Fast schon panisch taste ich meinen anderen Arm ab.
Auch an ihm sprudelt kein frisches Blut mehr.
Ungläubig streiche ich erneut über meine Unterarme.
Ich fange an, mit meinen Fingernägeln darüber zu kratzten.
Aber meine Nägel sind nicht lang genug, um meine selbst zugefügten Wunden wieder aufzureißen.
Ich muss neue Linien ziehen.
Ich will nicht, dass es schon vorbei ist.
Ich will weiter malen.
Wie wahnsinnig suche ich den Boden nach meiner perfekten Glasscherbe ab. Da ich vorhin mehrere Gläser auf dem Boden geschmissen habe und fast alle mit Blut befleckt sind, ist das gar nicht so einfach und ich brauche viel zu lange. Doch ich gebe nicht auf, sie wieder zu finden.
Irgendwo hier muss sie ja sein.
Ich muss nur weiter suchen.
Dass ich mir dabei auch noch meine Knie zerschneide, interessiert mich wenig, meinen nackten Füßen erging es nicht anders.
Endlich!
Ich habe sie wieder!
Meine perfekte Glasscherbe.
Genussvoll reiße ich neue Wunden in meinen linken Unterarm. Sofort entstehen rote, helle Linien. Dann sammeln sich auf diesen Linien viele kleine Blutpunkte, bis das Blut Sekunden später richtig aus meinen Adern fließt.
Glücklich beobachte ich meine Hand, wie sie immer mehr Linien zieht.
Es ist fast so, als ob es gar nicht mein Körper wäre, den ich im Augenblick beobachte.
Es ist viel mehr, wie ein Schauspiel.
Eine Theatervorführung, und ich schaue einfach nur zu, als unbeteiligter Beobachter.
Mir geht es nicht um den empfunden Schmerz und ich möchte auch nicht sterben.
Ich will einfach nur das Blut sehen.
Ich liebe Blut.
Seine Farbe.
Seine Konsistenz.
Ich weiß selber nicht, warum mich Blut so anzieht.
Es war schon immer so. Schon als kleiner Junge freute ich mich, wenn ich Nasenbluten bekam.
Schon damals stellte ich mich vor einen Spiegel und bemalte mein Gesicht. Und ich war immer todunglücklich, wenn meine Eltern mitbekamen, dass ich Nasenbluten hatte und mir zu allem Überfluss auch noch halfen, meine Blutung zu stoppen.
Mit den Gedanken an meine Eltern, muss ich laut anfangen zu lachen.
Wenn sie mich jetzt so sehen könnten!
Was würden sie wohl sagen?
Was würden sie über mich denken?
Mir wird allmählich schwummrig.
Ich sollte für heute aufhören, aufräumen und unter die Dusche gehen.
Denn schließlich ist ja morgen auch noch ein Tag ...
 



 
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