Eigentlich wollten Jenny und ich uns im Café am Stadtpark zur „Live-Musik mit Tommy“ treffen, aber wie üblich hatte sie mich versetzt.
Ich sitze verärgert am Springbrunnen, als ich dich ganz in meiner Nähe sehe.
Merkwürdig, wie harmlose Sonntag-Nachmittag-Verabredungen ganze Entwicklungsprozesse umstürzen können, elementare Bedeutung gewinnen und wie sie mich von meiner längst abgeschlossen geglaubten Vergangenheit einholen lassen.
Erst an einem regnerischen Donnerstag vor zwei Wochen hatte ich mich mit einem Geschenk endgültig bei dir verabschiedet. Ich hatte dir ein Buch gekauft. Es hatte mich viel Mühe gekostet, es zu besorgen, da es limitiert und mittlerweile vergriffen war, aber du wolltest es schon immer haben.
Da niemand bei dir anzutreffen war, schob ich es einfach in den Briefkasten, bis es sich dann verklemmte. Es ließ sich weder vorwärts noch rückwärts bewegen und blockierte die gesamte Öfffnung.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Also stand ich im strömenden Regen und habe gewartet, dass du nach Hause kommst, eine ganze Stunde lang.
Aber niemand kam. Tropfnass mit einem unguten Gefühl im Bauch und dem Wunsch, dich nie mehr wiedersehen zu wollen, ging ich.
Und jetzt bist du hier, vor dem sonnenumfluteten Café, fast nur eine Berührung entfernt.
„Danke für das Buch. War ganz schön schwer, das da rauszukriegen“, sagst du gleich nachdem ich dich angesprochen habe.
„Äh, tut mir leid. Ich hatte geklingelt, aber war keiner da.“
„Das macht weiter nichts. Ich hatte nur gedacht, du hättest diese Stadt verlassen, weil du in deine Widmung ‚Leb wohl!’ geschrieben hast.“ Du siehst mich böse an, so als wolltest du eher ausdrücken: Du hast mich also angelogen!
„Ja wollte ich auch, aber ich muss noch einen Monat länger arbeiten, als geplant“, verteidige ich mich.
„Bis Ende Juli dann?“
„Ja,hm.“
Inzwischen hast du dich auf die kleine Mauer gesetzt, die uns von den anderen Besuchern im Park trennt.
„Willst du mir was Bestimmtes sagen?“
Ich habe wirklich keine Ahnung, worauf du hinaus willst, ob du überhaupt auf irgendetwas Bestimmtes hinaus willst.
„??? Was meinst du?“
„Wie was ich meine?“
„Na, das klingt so komisch.“
„Ja, es klingt komisch, aber du stehst halt da und sagst nichts und das ist auch unangenehm für mich, weil ich das Gefühl habe, du willst irgendwas und sagst es nicht... Und du hast mich so direkt angesprochen.“
„Ist es denn verboten, dich direkt anzusprechen?“
„Nein, aber ich dachte, du hättest vielleicht was auf dem Herzen, das du mir sagen willst.“
Ich erinnere mich an deine letzten Worte, damals:
„Ich möchte nicht, dass wir uns noch mal treffen, aber ich kann trotzdem für dich da sein.“
Lange Zeit wusste ich nicht, ob du das wirklich gesagt hattest oder die Worte nur in meiner Fantasie existierten, zu einem Bild in meinem Kopf passten, das ich von dir hatte. Einem Bild, das allmählich verblasste, das ganz verloren gehen konnte und von dem es keine Kopie gab.
Dann tauche ich auf und sage: “Ich werde ja wohl das Recht haben, dich zu grüßen wenn ich dich sehe..“. Eigentlich will ich noch weiterreden und dir eine Standpauke halten, denn deine ewige Arroganz und diese Art Zweideutigkeit ohne Flirtcharakter, von der ich nicht weiß, ob sie nun doppelsinnig ist oder nicht, macht mich echt sauer, aber „Du hast jedes Recht dieser Welt und ich hab auch nur gefragt, ob du mir was bestimmtes sagen willst“, sprichst du mir dazwischen.
„Nein will ich nicht“
Aber ich beginne mich zu fragen, ob es nicht doch ein Fehler war, dich anzusprechen. Ob es nicht besser gewesen wäre, Dinge so sein zu lassen wie sie sind. Weiter in der Illusion zu leben, ich hätte mich weiterentwickelt und dem Leben geöffnet. Denn wenn ich mir nicht nur einrede, ich wäre mittlerweile eine unabhängige, selbstsichere Frau, warum kann ich dir gegenüber nicht einmal etwas sagen, ohne dabei Puddingbeine zu bekommen? Warum denke ich bei dir noch immer über jeden Satz, jeden Blick, über jede meiner Bewegungen nach? Wieso bin ich bei anderen Männern so locker, so aufgeschlossen und wieso bin ich in deiner Gegenwart so taub und blind für das was um mich geschieht? Gesichter von Passanten, den Lärm an der Straße, meine eigene Stimme... alles nehme ich wie durch Watte wahr; und ich tue zwar so, als höre ich Tommy zu, aber ich bin weit weg, irgendwo zwischen meiner-unserer Vergangenheit, Selbstanalyse und dem Versuch, mit meinen Gefühlen klar zu kommen.
Darum merke ich auch nicht, wie du von der Mauer gesprungen bist und einen Abschiedsgruß gemurmelt hast.
Du gehst.
Dann drehst du dich noch mal um lächelst: „Ich hab übrigens schon ganz viele Fotos mit der alten Kamera geschossen.“
Ich staune. Ich fasse es nicht, dass du sie tatsächlich benutzt. Dass du verstanden hast, worum es mir ging, als ich sie dir zum Geburtstag schenkte. Dass sie vielmehr ist, als eine bloße Gabe: ein Zeichen meines aufrichtigen Interesses an dir in allem, was du bist und sein willst.
Und in diesem Moment mag ich dich umso mehr und dieser Abschied fällt mir so unendlich schwer,
doch irgendwie weiß ich:
Ich kann damit leben, dich so gehen zu lassen, auch wenn das heute die letzten Worte waren, die wir miteinander gesprochen haben.
Ich sitze verärgert am Springbrunnen, als ich dich ganz in meiner Nähe sehe.
Merkwürdig, wie harmlose Sonntag-Nachmittag-Verabredungen ganze Entwicklungsprozesse umstürzen können, elementare Bedeutung gewinnen und wie sie mich von meiner längst abgeschlossen geglaubten Vergangenheit einholen lassen.
Erst an einem regnerischen Donnerstag vor zwei Wochen hatte ich mich mit einem Geschenk endgültig bei dir verabschiedet. Ich hatte dir ein Buch gekauft. Es hatte mich viel Mühe gekostet, es zu besorgen, da es limitiert und mittlerweile vergriffen war, aber du wolltest es schon immer haben.
Da niemand bei dir anzutreffen war, schob ich es einfach in den Briefkasten, bis es sich dann verklemmte. Es ließ sich weder vorwärts noch rückwärts bewegen und blockierte die gesamte Öfffnung.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Also stand ich im strömenden Regen und habe gewartet, dass du nach Hause kommst, eine ganze Stunde lang.
Aber niemand kam. Tropfnass mit einem unguten Gefühl im Bauch und dem Wunsch, dich nie mehr wiedersehen zu wollen, ging ich.
Und jetzt bist du hier, vor dem sonnenumfluteten Café, fast nur eine Berührung entfernt.
„Danke für das Buch. War ganz schön schwer, das da rauszukriegen“, sagst du gleich nachdem ich dich angesprochen habe.
„Äh, tut mir leid. Ich hatte geklingelt, aber war keiner da.“
„Das macht weiter nichts. Ich hatte nur gedacht, du hättest diese Stadt verlassen, weil du in deine Widmung ‚Leb wohl!’ geschrieben hast.“ Du siehst mich böse an, so als wolltest du eher ausdrücken: Du hast mich also angelogen!
„Ja wollte ich auch, aber ich muss noch einen Monat länger arbeiten, als geplant“, verteidige ich mich.
„Bis Ende Juli dann?“
„Ja,hm.“
Inzwischen hast du dich auf die kleine Mauer gesetzt, die uns von den anderen Besuchern im Park trennt.
„Willst du mir was Bestimmtes sagen?“
Ich habe wirklich keine Ahnung, worauf du hinaus willst, ob du überhaupt auf irgendetwas Bestimmtes hinaus willst.
„??? Was meinst du?“
„Wie was ich meine?“
„Na, das klingt so komisch.“
„Ja, es klingt komisch, aber du stehst halt da und sagst nichts und das ist auch unangenehm für mich, weil ich das Gefühl habe, du willst irgendwas und sagst es nicht... Und du hast mich so direkt angesprochen.“
„Ist es denn verboten, dich direkt anzusprechen?“
„Nein, aber ich dachte, du hättest vielleicht was auf dem Herzen, das du mir sagen willst.“
Ich erinnere mich an deine letzten Worte, damals:
„Ich möchte nicht, dass wir uns noch mal treffen, aber ich kann trotzdem für dich da sein.“
Lange Zeit wusste ich nicht, ob du das wirklich gesagt hattest oder die Worte nur in meiner Fantasie existierten, zu einem Bild in meinem Kopf passten, das ich von dir hatte. Einem Bild, das allmählich verblasste, das ganz verloren gehen konnte und von dem es keine Kopie gab.
Dann tauche ich auf und sage: “Ich werde ja wohl das Recht haben, dich zu grüßen wenn ich dich sehe..“. Eigentlich will ich noch weiterreden und dir eine Standpauke halten, denn deine ewige Arroganz und diese Art Zweideutigkeit ohne Flirtcharakter, von der ich nicht weiß, ob sie nun doppelsinnig ist oder nicht, macht mich echt sauer, aber „Du hast jedes Recht dieser Welt und ich hab auch nur gefragt, ob du mir was bestimmtes sagen willst“, sprichst du mir dazwischen.
„Nein will ich nicht“
Aber ich beginne mich zu fragen, ob es nicht doch ein Fehler war, dich anzusprechen. Ob es nicht besser gewesen wäre, Dinge so sein zu lassen wie sie sind. Weiter in der Illusion zu leben, ich hätte mich weiterentwickelt und dem Leben geöffnet. Denn wenn ich mir nicht nur einrede, ich wäre mittlerweile eine unabhängige, selbstsichere Frau, warum kann ich dir gegenüber nicht einmal etwas sagen, ohne dabei Puddingbeine zu bekommen? Warum denke ich bei dir noch immer über jeden Satz, jeden Blick, über jede meiner Bewegungen nach? Wieso bin ich bei anderen Männern so locker, so aufgeschlossen und wieso bin ich in deiner Gegenwart so taub und blind für das was um mich geschieht? Gesichter von Passanten, den Lärm an der Straße, meine eigene Stimme... alles nehme ich wie durch Watte wahr; und ich tue zwar so, als höre ich Tommy zu, aber ich bin weit weg, irgendwo zwischen meiner-unserer Vergangenheit, Selbstanalyse und dem Versuch, mit meinen Gefühlen klar zu kommen.
Darum merke ich auch nicht, wie du von der Mauer gesprungen bist und einen Abschiedsgruß gemurmelt hast.
Du gehst.
Dann drehst du dich noch mal um lächelst: „Ich hab übrigens schon ganz viele Fotos mit der alten Kamera geschossen.“
Ich staune. Ich fasse es nicht, dass du sie tatsächlich benutzt. Dass du verstanden hast, worum es mir ging, als ich sie dir zum Geburtstag schenkte. Dass sie vielmehr ist, als eine bloße Gabe: ein Zeichen meines aufrichtigen Interesses an dir in allem, was du bist und sein willst.
Und in diesem Moment mag ich dich umso mehr und dieser Abschied fällt mir so unendlich schwer,
doch irgendwie weiß ich:
Ich kann damit leben, dich so gehen zu lassen, auch wenn das heute die letzten Worte waren, die wir miteinander gesprochen haben.