Mord am Tanganjikasee

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casagrande

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Mord am Tanganjikasee


Anfang Februar hatte ich in Kinshasa von Viktor die Geschichte zum ersten Mal gehört:
„Zwei Deutsche sind kürzlich in Haut Zaire, in der Nähe des Tanganjikasees, auf der Straße erschossen worden. Von der Polizei! Wegen Spionage! Dabei sind sie nur stehen geblieben und in eine Landkarte schauten um den richtigen Weg zu finden.“
Viktor war informiert und er informierte alle. Fünfunddreißig Jahre alt und seit einigen Jahren in Kinshasa als Niederlassungsleiter einer Baufirma tätig. Ihm passierten die unglaublichsten Dinge. War er in Nigeria, in Lagos, dann fand dort ein Aufstand statt, bei dem die Geschosse in seinem Hotelzimmer einschlugen. Oder, erst kürzlich in Angolas Hauptstadt, in Luanda, da war er ganz knapp bei einer Bombenexplosion davon gekommen. In Kinshasa war er schon zwei Mal im Haus überfallen worden. Einmal hatten die Räuber mit einem LKW die Eingangstüre eingedrückt. Seinem Wachhund hatten die Gangster ein Bein durch den Zaun gezogen und gebrochen. Der Hund lief seit Wochen mit einem geschienten und gegipsten Haxen herum. Also, zumindest in Kin, waren entstandene Schäden zu begutachten und bei seinen Festen zeigte er beflissen die Belege der Raubtaten. Aber er schmückte die Dinge gerne ein bisschen aus.
Etwa einen Monat später, im tausendfünfhundert Kilometer entfernten Lubumbashi, eine neue Variante der Geschichte: Nun waren es Italiener, und nicht Deutsche, die nördlich von Kalemie erschossen worden waren. Ein Bauunternehmer mit seinem Schwager, die eine Straße besichtigten, um ein Angebot für die Reparatur und Sanierung zu machen. Sie kamen in eine Militär- Patrouille, und die erschossen einen von ihnen wegen seines Geldes. Raubmord. Der Zweite palaverte mit den Militärs herum, die konnten aber keinen Zeugen gebrauchen und legten ihn kurzerhand auch um. Diese Version war von einem Belgier, der sie von einem Beteiligten, der flüchten konnte, gehört hatte.
Damit wurde die Geschichte zum Gerücht. Irgendetwas war wohl passiert, aber die gesamten Umstände passten nicht zusammen. Wie konnte jemand flüchten, wo doch die Täter keine Zeugen brauchen konnten?! Der Belgier reagierte beleidigt. Sein Bekannter wäre kein Lügner und wenn er sagte, er wäre geflüchtet, dann wäre das eben so. Nähere Umstände, ob man die Militärs gefunden und zur Verantwortung gezogen hatte - unbekannt.
Antwort:
„In einer Diktatur sind solche Fragen oft tödlich!! Aber wenn Sie so großes Interesse haben, können Sie sich die Finger gerne verbrennen!“
Der Belgier war seit 25 Jahren im Land, seine Kinder waren hier geboren und aufgewachsen. Er wusste, wovon er redete. Und, er wollte weiter hier bleiben. Gerüchte ja, Neugierde nein.
Ende März war ich wegen eines Brückenbaues in Kalemie, dem Fischereizentrum am Tanganjikasee, im Nordosten des Kongo. Dort traf ich den „Beteiligten“. Er war der frühere Direktor des Straßenbaubüros (Office de Route), ein großer, voluminöser, lustig wirkender Kongolese.
Eine neue Schilderung des Überfalls! Er sei tatsächlich dabei gewesen, als das Militär die beiden Italiener umgebracht hat. Bei der Besichtigung der Straße für ein Angebot der Sanierung. Er war der Repräsentant der Baubehörde gewesen. Die Schilderung war unspektakulär und er führte seine gelungene Fluch nur auf den Umstand zurück, dass die Soldaten mit sich selbst beschäftigt waren, die Schuld am ersten Mord sich gegenseitig zuzuschieben.
Also kurz: Die Bewaffneten hatten den Wagen gestoppt und nach Matabisch (Trinkgeld) gefragt. Sie bekamen schon seit Monaten keinen Sold mehr. Der Bauunternehmer war wohl ausgerastet und hatte sie beschimpft, als Wegelagerer und schlimmeres. Und das war einem der Soldaten zuviel geworden und er hatte den Abzug der Maschinenpistole gezogen. Ob nun aus Absicht oder Versehen oder Stress, Resultat war jedenfalls, dass der Weiße tot war. Jetzt verlor der andere Weiße völlig die Kontrolle und schrie mit den Soldaten herum, drohte ihnen, sie alle lebenslänglich in den Knast zu bringen und – das war der Augenblick, dass sich der „Beteiligte“ klammheimlich in den Busch verdrückte und rannte, wie er sagte:
„Ich rannte, wie er noch nie in meinem Leben gerannt bin.“
Nach seiner Figur zu urteilen, das konnte nicht sehr schnell gewesen sein! Aber offensichtlich ausreichend.
„Und, was wurde aus dem zweiten Weißen?“ fragte ich.
Der Herr Direktor a.D. schaute mich zweifelnd an.
„Was hat der wohl erwartet? Man hat ihn ebenfalls erschossen gefunden. Von den Militärs keine Spur. Offizielle Angaben:
die Rebellen haben sie erschossen, um sie auszurauben“
Er lächelte und meinte abschließend
„Ich habe mich dieser offiziellen Meinung angeschlossen. Es waren Rebellen, die sich als Militärs verkleidet hatten. Diese Verkleidung muss man aber nicht erwähnen!“
Alles klar!
„Übrigens! Das ist schon eine ganze Weile her. Das war vor ungefähr zwei Jahren!“
Ich hielt es für wahrscheinlich, dass der Herr Direktor die Soldaten gekannt hatte. Er war hier geboren und kannte jede Familie. Für die Militärs war es üblich, dass sie mit ihrer Familie im Militärlager lebten. Und damit das ohne größere Probleme möglich war, wurden die Leute in der Nähe oder gar in ihrem früheren Wohnort eingesetzt. War dies für sein Überleben von Bedeutung?
Das einzige Tatsache an dieser Geschichte waren die Toten. Die Umstände blieben Gerücht.
Zurück in Kinshasa korrigierte ich Viktors Information und er meinte
„Interessant“
Nur zwei Monate später stand in einem deutschen Wochenmagazin zu lesen:
„Im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo , wo schon mehrmals Konvois beschossen wurden, kam es, wie erst jetzt bekannt wurde, im Januar zu einem Zwischenfall, der zwei Deutschen das Leben kostete. Obwohl die näheren Umstände nicht klar sind, kann man davon ausgehen, dass der Bauunternehmer Robert K., 52, und sein Schwager Günther F., 36, von marodierenden Soldaten ermordet und beraubt wurden. Wegen der unübersichtlichen Lage im Rebellengebiet, konnten bisher keine weiteren Ermittlungen durchgeführt werden.“
Ich rief sofort Viktor an und fragte ihn, ob er den Artikel gelesen hätte, der doch völliger Quatsch sei. Und er:
„Klar kenne ich den Artikel. Ich war doch an der Elfenbeinküste, in Abidjan, und habe an der Bar des Hotel Èbriè den Reportertyp getroffen und ihm Einiges über den Kongo erzählt. Der war ganz begeistert. Eine Einreise in den Kongo ist ja nicht so ohne Weiteres möglich, darum war alles neu für ihn. Er hat mitnotiert wie ein Irrer. Tja, und nun ist der Artikel drinnen. Bin gespannt, welch andere Stories er noch bringt. Erzählt habe ich ihm genug. Ist doch echt gut, oder?!“
Zur Enttäuschung Viktors erschienen keine weiteren Artikel in diesem Magazin. Das heißt aber nicht, dass die Gerüchte im Busch bleiben.
Zu finden in jeder Zeitung, nicht alle sind von Viktor!
 
A

Arno1808

Gast
Hallo casagrande,

ich möchte ehrlich sein: ich habe das letzte Drittel der Geschichte nicht mehr gelesen.
Warum? Weil der Text nicht mein Interesse am Fortgang geweckt hat, sondern ich mich im Gegenteil mit derart vielen Aussagen und Schilderungen bombardiert fühlte, dass ich schlicht den Überblick verloren habe.
Mir fehlt in dem Text der rote Faden, an dem ich mich entlanghangeln kann.

Es kommt mir ein wenig vor, als hättest Du versucht, möglichst schnell alle Einzelheiten niederzuschreiben, um nichts davon zu vergessen.
Das ist grundsätzlich kein Problem, aber danach sollte ein Ordnen, Streichen und Verdichten folgen, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Die einzelnen Sätze sind sprachlich durchaus in Ordnung, aber am Gesamtbild dibt es noch einiges zu Feilen.

Ich hoffe, Du nimmst meinen Kommentar nicht persönlich sondern als das, was er sein soll: Eine hoffentlich konstruktive Kritik, die Dir eine grundsätzliche Schwäche des Textes aufzeigen soll, ohne sich dabei in Einzelheiten zu ergehen.

Gruß

Arno
 



 
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