Nach der Tagesschau

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Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Manchmal stelle ich mir vor
ein Leben
wie all die anderen
ein Haus
eine Frau
zwei Kinder
vielleicht einen Baum
und die Fernsehzeitung
wäre mir Lektüre genug

Ich könnte es beschreiben
dieses Wörtchen Glück
die Füße hochgelegt
bei einer Flasche Bier

Stattdessen
schlage ich dein Bild
an jeden Baum
mit der bloßen Hand
oder hämmere meinen Kopf
stundenlang auf die Schreibmaschine
damit es endlich nicht mehr wehtut
 

revilo

Mitglied
Hallo Franke,dieses Ding erinnert mich an mein Gedicht "Arschloch", in dem mein Protagonist im Anzug wohnt und den Schlips um die Eier trägt. Hier erzählst Du von unglücklicher oder unerwiderter Liebe, die stärker als ein Reihenhaus ist. Ein wenig erinnert mich das Schlagen des Bildes an den Baum an Ina Deter ( Ich sprühs´an jede Wand....)
Nur kommt hier die Schreibmaschine dazwischen, die Zeilen aussspuckt...........Klasse revilo
PS: Nur der Titel will nicht so recht passen, der Typ ist
irgendwie......nett
 
H

Heidrun D.

Gast
Hallo Manfred,

vom Ansatz her ein ansprechendes Gedicht.

Leider hast du die 3. Strophe m. E. klanglich ziemlich versaubeutelt, denn sie zeigt einen völlig anderen Rhythmus. Wie wäre es beispielsweise mit:


Manchmal stelle ich mir vor
ein Leben
wie all die anderen
ein Haus
eine Frau
zwei Kinder
vielleicht einen Baum
und die Fernsehzeitung
wäre mir Lektüre genug

Ich könnte es beschreiben
dieses Wörtchen Glück
die Füße hochgelegt
bei einer Flasche Bier

Stattdessen
schlage ich dein Bild
an jeden Baum
mit [strike]der[/strike] [blue]bloßer[/blue] Hand
[strike]oder[/strike] und hämmere [strike]meinen[/strike] [blue]den[/blue] Kopf
[strike]stundenlang[/strike] auf [strike]die[/strike] [blue]meine[/blue] Schreibmaschine
damit es endlich nicht mehr wehtut

so wäre es o. k. ;)

Wohlmeinende Grüße
Heidrun
 

MarenS

Mitglied
Der Prolet ist für mich der Typ mit dem Haus, den Kindern und der Fernsehzeitung...ähm

Hab ich da was in den falschen Hals gekriegt?

die Maren
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Heidrun!

Deine Änderungen übernehme ich gerne, danke dafür!

An alle anderen:

Unser Protagonist will eigentlich gar kein Prolet sein. Er stellt es sich nur manchmal vor, denn dann wäre sein Leben viel einfacher.

Liebe Grüße
Manfred
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Manchmal stelle ich mir vor
ein Leben
wie all die anderen
ein Haus
eine Frau
zwei Kinder
vielleicht einen Baum
und die Fernsehzeitung
wäre mir Lektüre genug

Ich könnte es beschreiben
dieses Wörtchen Glück
die Füße hochgelegt
bei einer Flasche Bier

Stattdessen
schlage ich dein Bild
an jeden Baum
mit bloßer Hand
oder hämmere den Kopf
stundenlang auf meine Schreibmaschine
damit es endlich nicht mehr wehtut
 

Perry

Mitglied
Hallo Franke,

der Titel ist tatsächlich etwas probelamtisch, weil du mehr den Prolo meinst, den ich wiederum in deinem Text so gar nicht finde. Der biertrinkende Familienmensch ist eher Otto Normalverbraucher, wenn auch mehr in den unteren Gesellschaftsschichten.
Näher zu erforschen wäre vielleicht noch der Grund des Schmerzes.
Ich interpretiere einen Verlust, weil Bilder an Bäume hämmern nach einer Suche klingt. Wurde das LD entführt, ist es spurlos verschwunden, aber dann wäre ja zumindest noch Hoffnung da. Der nicht zu beseitigende Schmerz scheint aber auf etwas anderes zu deuten.
Jedenfalls ein Text der Fragen offen lässt.
LG
Manfred
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Manfred!

Danke für deinen Kommentar!

Wenn mein Text Fragen offen lässt, dann bin ich zufrieden, denn es ist mir prinzipiell ein Graus ein Gedicht zu verfassen, das dem Leser die Lesart vorgibt.

Ja, mit der Überschrift scheint das wirklich ein Problem zu sein. Ich bin da für Vorschläge offen.

Liebe Grüße
Manfred
 

Ralf Langer

Mitglied
Titel?

Hallo Franke,

Mir gefallen die beiden ersten Strophen für sich,
und mir gefällt die dritte Strophe für sich

Der Sprung vom Brett der zweiten Strophe
Hin zur Dritten ist gewaltig
( auch für den Leser)

Überlege ob wir es hier nicht mit „Zwei Menschen“
Bzw.
„ Zwei Seelen in einer Brust“
Zu tun haben.
Ich denke dieser Ansatz sollte im Titel erkennbar sein
Und Schlägt dann die Brücke zwischen den Strophen
Also z.B.

„ Zwei Herzen“
„ Nur ein Mensch?“
„ Der Andere“
„ Ich bin der Andere“
„ Nur ein (Alb)traum“

Letztendlich geht es nicht um den Prolet,als Person,
sondern um "das Zerrissene" bzw. „hin und her gerissene“

Was übrigens auch ein schöner Titel wäre!
LG
Ralf
P.S.
Das Zerrissene nähme auch das Schreiben an der Maschine
und die Bilder im Titel vorweg!
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ralf!

Danke für deine ausführlichen Überlegungen zu meinem Gedicht.

"Zerrissen" ist mir jetzt zu heftig für unseren Protagonisten, es ist vielmehr dieses leise Sehnen nach einem anderen Leben, das ich zum Ausdruck bringen wollte. Deshalb vielleicht auch die Brüche zwischen den Strophen.
Über den Titel allerdings sollte ich wirklich nachdenken.

Liebe Grüße
Manfred
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ralf!

Mir spukt gerade als Titel "Nach der Tagesschau" im Kopf herum.
Was hälst du davon?

Liebe Grüße
Manfred
 

Ralf Langer

Mitglied
Tagesschau gefällt mir
hat zum einen das Alltägliche,
hat gleichzeitig sozusagen den Rückblick auf den eigenen Tag,
und ganz leise schwingt für mich
noch ein bisschen Okkultismus mit;
im Sinne von Auslegen der Zukunft aus der Schau des Vogelfluges
(bei den Römern sehr beliebt)

warum also nicht!
Gefiele mir sehr gut
Lg
Ralf
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Manfred,

der Titel "Prolet" passt ausgezeichnet zu diesem Gedicht, das vordergründig bedauert, im gängigen Sinne nicht der Prolet wie jedermann sonst zu sein.

Im weiteren Verlauf aber zeigt sich, dass der Protagonist ein Prolet im anderen Sinne, nämlich dem des Zerlegens und Zersetzens, des Verdauens und Auflösens einer vollzogenen aber noch nicht durchlittenen Trennung ist. Tatsächlich ist diese Arbeit eine körperlich sehr anstrengende, die bis an die Grenze des Erträglichen geht und scheinbar kein Ende nehmen will.

Stattdessen
schlage ich dein Bild
an jeden Baum
mit bloßer Hand
oder hämmere den Kopf
stundenlang auf meine Schreibmaschine
damit es endlich nicht mehr wehtut
Und deshalb darf jede Zeile unbedingt so stehenbleiben wie sie ist.

Liebe Grüße,

Elke

p.s. 1 Die Erkenntnis sickerte eher langsam, aber dann um so deutlicher ca. nach dem dritten Lesen durch.

p.s. 2 Wahrscheinlich ist dir diese Stimmigkeit selbst nicht bewußt.
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Elke!

Dir besonderen Dank für deinen Kommentar, da du meine Intention sehr genau erfasst hast.

Du hast sicher bemerkt, dass jetzt schon einiges im Gedicht verändert wurde, auch der Titel.

Ich kann aber mit beiden Versionen gut leben und werde sie auch nebeneinander stehenlassen.

Liebe Grüße
Manfred
 



 
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