Nachtwandler

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aquino

Mitglied
Nachtwandler der Literatur
oder von der Magie der Wörter


Lupaner
Mal wiederkäuend
Mal verschlafen
Mal zwischen ihren lucida intervalla
Sich zu Wort meldend
Spenden begeistert Beifall
Wenn der Apoll von ihren Gnaden
Sein hermetisches Gebräu über sie schüttet
Das sich ihnen freilich entzieht

Auch „wissenschaftlichen“ Beiträgen
Voller Narrheiten
Und Unvorstellbarkeiten
Mit –ismenkollektion
Und Zahlen irrlichternd
Vermeintlich dem Okkultismus wehrend
Aber notorisch Unwesentliches im Blick
Werden willfährig
Und vor allem ungeprüft
Von Ignoranten gehuldigt

Aufs „Literarische“ übertragen
Ähnelt die Begeisterung
Jener von Watzlawick beschriebenen Anekdote
In der ein Schwerkranker im Sterben liegt
Und scheinbar vergeblich
Des rettenden terminus technicus
Eines weißen Gottes harrt

Ihm wird aber bedeutet
Er würde wahrscheinlich geheilt
Wenn man die Diagnose nur wüsste

Ein berühmter Diagnostiker
So die hoffnungsschwangere Botschaft
Werde aber bald das Spital besuchen

Einige Zeit später macht die Koriphäe ihre Visite
Tritt an das Bett des Schwerkranken
Und murmelt:

„moribundus“

Jahre danach sucht der genesene Patient
Den Spezialisten auf und spricht:

Ich wollte Ihnen schon längst
für Ihre Diagnose danken.
Die Ärzte sagten mir, dass ich Aussicht hätte,
mit dem Leben davonzukommen,
wenn Sie meine Krankheit diagnostizieren könnten.
Und im Augenblick,
da Sie "moribundus" sagten,
wusste ich, dass ich es schaffen werde.


Frage: Welch heilende Kraft soll aber
Von ihrem Apoll ausgehen?
 

Horstingo

Mitglied
Lieber Aquino,
ich habe schon öfter Beiträge von die gelesen und ich muß sagen, dass ich mich etwas schwer damit tue. Dies ist keine Bewertung, lediglich meine Empfindung. Der "Nachtwandler...." scheint mir etwas surrealistisch angehaucht zu sein. Dein Text entspringt Gedanken, die für mich schwer nachvollziehbar sind. Nichtsdestotrotz ist es ein literarischer Erguss, der bei mir einen Hmm-Effekt nach sich zieht und mir sagt: Interessant, welche Gedankengänge manche Autoren zu vollziehen im Stande sind. Immerhin bemerkenswert. Nur, was ist die Quintessenz deines Textes? Was will uns der Künstler sagen? Was ist seine Absicht? Ich bin ernsthaft interessiert daran, das zu erfahren.
Danke für deine Antwort.
Horstingo

Ursprünglich veröffentlicht von aquino
Nachtwandler der Literatur
oder von der Magie der Wörter


Lupaner
Mal wiederkäuend
Mal verschlafen
Mal zwischen ihren lucida intervalla
Sich zu Wort meldend
Spenden begeistert Beifall
Wenn der Apoll von ihren Gnaden
Sein hermetisches Gebräu über sie schüttet
Das sich ihnen freilich entzieht

Auch „wissenschaftlichen“ Beiträgen
Voller Narrheiten
Und Unvorstellbarkeiten
Mit –ismenkollektion
Und Zahlen irrlichternd
Vermeintlich dem Okkultismus wehrend
Aber notorisch Unwesentliches im Blick
Werden willfährig
Und vor allem ungeprüft
Von Ignoranten gehuldigt

Aufs „Literarische“ übertragen
Ähnelt die Begeisterung
Jener von Watzlawick beschriebenen Anekdote
In der ein Schwerkranker im Sterben liegt
Und scheinbar vergeblich
Des rettenden terminus technicus
Eines weißen Gottes harrt

Ihm wird aber bedeutet
Er würde wahrscheinlich geheilt
Wenn man die Diagnose nur wüsste

Ein berühmter Diagnostiker
So die hoffnungsschwangere Botschaft
Werde aber bald das Spital besuchen

Einige Zeit später macht die Koriphäe ihre Visite
Tritt an das Bett des Schwerkranken
Und murmelt:

„moribundus“

Jahre danach sucht der genesene Patient
Den Spezialisten auf und spricht:

Ich wollte Ihnen schon längst
für Ihre Diagnose danken.
Die Ärzte sagten mir, dass ich Aussicht hätte,
mit dem Leben davonzukommen,
wenn Sie meine Krankheit diagnostizieren könnten.
Und im Augenblick,
da Sie "moribundus" sagten,
wusste ich, dass ich es schaffen werde.


Frage: Welch heilende Kraft soll aber
Von ihrem Apoll ausgehen?
 
B

bonanza

Gast
also diese anekdote riß mich nicht vom hocker.
es gibt bessere witze. ich verstehe aber schon, was
aquino uns insgesamt mit seinem gedicht sagen will.
der titel "nachtwandler" entzieht sich mir allerdings.
besonders witzig ist sein text auch nicht.
eher eine art abrechnung mit den gepflogenheiten unter
den mitgliedern der leselupe.
der mensch ist ein herdentier, und er sucht sich seine
leitwölfe. die haben dann narrenfreiheit. denen wird
vom schnöden volk die füße geküßt - egal, welchen unsinn
sie an gedichten, prosa oder essays verzapfen.
genau genommen ist es eine klüngelwirtschaft wie in vielen
anderen gemeinschaften auch. entweder man gehört zu
einem der inneren kreise und wird hofiert, oder man
ist außen vor.
der beobachtung von aquino stimme ich im großen und ganzen
zu. bloß, was soll das bringen?

bon.
 

aquino

Mitglied
An Horstingo

Nur soviel: es gibt einen unter uns, der sich ständig mit einem pseudowissenschaftlichen (da nur angelesen, aber nicht richtig verdaut) Wortschwall zu eigentlich völlig unkomplizierten Themen meldet, und zwar dergestalt, dass die eigentliche Frage darunter verschüttet wird. Vielleicht ist das ja seine Taktik. Ein intelligentes und belesenes Kerlchen ist er schon. Es mangelt ihm aber zum Wissenschaftler an einer wichtigen Eigenschaft: Disziplin. Daher ist er wohl auch keiner geworden, obwohl er es versucht zu haben scheint. Dieser, nennen wir ihn Mr. X, ist auch in anderen Zusammenhängen im Internet zu finden und wird als "Faker" oder gar "ernsthaft krank" beschrieben, da er sich Titel und Kompetenzen anmaßt, die er nicht hat, und wissenschaftlich haarsträubende Thesen in Foren vertritt, wo wirkliche Wissenschaftler sich tummeln. Auch ich war zunächst geblendet und machte meinen Kotau. Andere wiederum frönen ihm wohl schon seit längerem und wollen oder können nicht aufwachen, da sie sich die Mühe nicht machen wollen oder sich nicht zutrauen, mal genauer hinzuschauen und selbst nachzudenken. (Das wäre nach Kant die selbst verschuldete Unmündigkeit). Ihr Verhältnis zu ihm hat m. E. etwas von dem des Schwerkranken zum weißen Gott. Kurzum: Wenn man etwas nicht kapiert, dann muss es was Großes sein. Nur kann ich, wie gesagt, nicht so recht das Heilsame in diesem Verhalten erkennen.
aquino
 

aquino

Mitglied
An bonanza

Es heißt "Humor und Satire" und nicht "Humor gleich Satire". Es geht hier also gar nicht darum, gute Witze zu machen. Zum "Nachtwandler": So wie der Patient nicht weiß, was er tut, als er sein Todesurteil für eine heilsame Diagnose hält, aber immerhin dann spontan gesund wird, weiß auch ein Nachtwandler nicht, was er tut. Beiden mangelt es an Bewusstein. Der Unterschied ist halt, dass m.E. den hier gemeinten Nachtwandlern keine heilsame Wirkung winkt. Aber vielleicht täusche ich mich ja.
aquino
 
B

bonanza

Gast
satirisch finde ich deinen text auch nicht, aquino.
etwas verbittert mit einem schuß anklage. eine unvoll-
kommene würzmischung für den konsumenten.

mit nachtwandler meinst du schlafwandler. ach so.
dachte ich mir fast, war mir aber unsicher.
ein unzutreffender vergleich. mit sehr viel phantasie
vielleicht. aber dann hättest du den text anders
schreiben müssen.

du wolltest deiner aussage unbedingt durch titel und
schlußanekdote nachhaltige bedeutung verleihen.
ich finde, dass dir das mißglückte.

bon.
 

Elias

Mitglied
Hallo Thomas,

hatte durchaus meinen Spaß an deinem Teil, auch oder gerade weil du einen ziemlich satt durch Paradoxien hindurchschleifst, die sich gewaschen haben. Ja, ja, der Schizophrene ist dann nicht Schizophren, wenn er weiß, daß er schizophren ist. Aus gleichem Grunde lebt der Totgeweihte (homerisches Lachen).
Bon, gerade der Schluß bringts...

Tschüß Elias
 
B

bonanza

Gast
für den schluß bin ich nicht intelligent genug.
der kranke zieht sich an der diagnose hoch, die da
lautet: sterbenskrank. er gesundet und dankt dem
typen für seine diagnose. schön für ihn, dass er
diesen placeboeffekt erleben durfte.
wahrscheinlich liegt ein tieferer sinn darin, den ich
aber nicht entdecken kann.
dann die assoziation zum schlafwandler. mit etwas mühe
bringe ich birnen und äpfel zusammen - aber da war doch
die anfangsintention des autoren: es hatte was mit den
lupanern zu tun. kann mir jemand auf die sprünge helfen?

bon.
 
S

Stoffel

Gast
Hi,
mal meine eigne Interpretation:


Nachtwandler im Spital
oder von der Magie der Wörter

Lupaner
selbstgebärend
wiederkäuend
verschlafen - ausgeschlafen
Sich zu Wort meldend
hörend was sehend
beifallhaschend
beifallspendend
immer im "grünen" Bereich.

Ignoratissimo!

Begeisterung erflehend-
erzeugend.

Manch Spitalisten
verlassen ihr Bett.
Selbsternannte Koriphäen zur Visite
werden Besserem gelehrt.

Und der schwerkranke Dichter murmelt:
Gib mir eine Feder -
und ich bring mich damit um!


*Stoffel*
 

Elias

Mitglied
Falle Intelligenz

Hi bon,

es ist eigentlich grad umgekehrt. Deine Intelligenz wird zum Problem. Ansonsten kann aquin sicher kaum was dafür, wenn du ihn nicht verstehts. Was heißt auch schon Verstehen, da ja aquin grad eine gelungene Kostprobe der Wirkung des Gegenteiligen gab?
hallo Stoffel, grüß dich erstmal. Weiß auch nicht, ob mich dein literarisches "moribundus" überzeugt. Hat auf seine Art aber einen gewissen Reiz.
aquin, Todgeweihte mit sachkundiger Diagnose bleiben am Leben. Wen oder was willst du eigentlich unfreiwillig retten?

Elias
 

aquino

Mitglied
Re: an Elias

aquin, Todgeweihte mit sachkundiger Diagnose bleiben am Leben. Wen oder was willst du eigentlich unfreiwillig retten?

Vermutlich nur mich selbst, aber absichtlich!
aquino
 

Elias

Mitglied
Re: Re: an Elias

OK ich helf dir ein bisschen:

"depresivastu mechalertinum"

Komm jetzt raus aus deinem Jammertal. Immerhin hab ich ´ne ordentliche Diagnose gestellt.

Liebe Grüße

Elias
 



 
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