Narrenball

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Narrenball

Es war fürwahr ein großes Fest
Der ganze Hofstaat nahm d’ran teil.
Man saß im weich gemachten Nest
... gut bewacht und satt und geil.

Denn das Volk ließ man vor’m Tor,
weil Hunger, Elend, Krankheit stört.
Das läßt man besser außen vor,
... weil’s nicht auf so ein Fest gehört.

Auch würden soviel Glanz und Pracht
das dumme Volk nur irritier’n.
Nicht daß es sich Gedanken macht,
... es wär’ dann schwerer zu regier’n.

„Es ist doch unser gutes Recht!
Wir kennen schon das rechte Maß!
Denn ohne uns ging’s Euch doch schlecht!
... drum gönnt uns doch das bißchen Spaß!“

So dreht sich bei Musik und Tanz
die Macht mit Geld und Gier im Kreis.
Und für den Luxus und den Glanz
... da zahlt das dumme Volk den Preis.

Es wird getrunken und gelacht,
wenn mittendrin der dumme Narr
dann seine dreisten Späße macht
... fühlt er sich auch vor Furcht oft starr.

Auch wenn der Hofstaat applaudiert,
hat er jedoch in dieser Nacht,
manchen Schranzen attackiert
... und lebenslang zum Feind gemacht

Und später nach dem großen Mahl
nach Suff und Fraß im Übermaß
kehrt langsam Stille ein im Saal
... der Narr hofft, daß man ihn vergaß.

Der König liegt in seinem Bett.
Der Schlaf hat ihn dahingerafft,
war auch die Buhlschaft sehr kokett
... der Wein nahm ihm die Manneskraft.

Die Königin seufzt still entzückt,
weil bei der Beichte sie der Abt
mit seinem Bischofsstab beglückt
... nachdem den Knappen er gehabt.

Der General kämpft unter’m Tisch
erlegt dort Feinde ohne Zahl.
Als Schwert dient ihm ein halber Fisch
... bekotzt hat ihn der Kardinal.

Der Minister der Finanzen
weiß, daß die Kassen fast schon leer,
füllt sich trotzdem noch den Ranzen
... dann müssen neue Steuern her.

Und der Minister der Justiz
beugt sich das Recht in dieser Nacht,
fälscht en passant noch ein Indiz,
... denn Recht hat immer nur die Macht.

Nur noch der Narr sitzt am Kamin.
Der Wein will ihm nicht helfen heut’
und dunkle Ängste quälen ihn,
... er ahnt was wohl der Menscheit dräut.

Er sieht, daß die Moral der Macht
nur eine dünne Tünche ist.
Denn alle haben heute nacht
... gezeigt, wie schnell man sie vergißt.

Wie sich der neue Tag erhellt,
sinkt ihm der allerletzte Mut,
er kündet das Geschick der Welt
... mit dunklen Wolken - rot wie Blut.
 
P

Prosaiker

Gast
gefällt mir gut, der neckische narrenball, bissig und böse ohne großartig moralisieren zu wollen, leicht und flüssig zu lesen, gestolpert bin ich nirgends (wenn doch, dann unerheblich ;) )

"Der General kämpft umter’m Tisch
erlegt dort Feinde ohne Zahl."

achtung, tippfehler!

lg,
Prosa.
 



 
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