Püttmanns ehrliche Grabreden - Folge 6

Baron und Bartrine

Mit die Grabreden lief dat wie geschmiert. Da kam ganz schön wat bei rum.

Wenne aber n richtig guten Grabredner werden wolltest, dann war Weiterbildung angesacht. Ich arbeitete streng autotiktaktisch. Ich flitzte in meiner Freizeit von einer christlichen Beerdigung zur anderen. So als Spion, wenn Se verstehen tun.
Ich lauschte hochkonzentriert den Grabpredigten vonne Kirchenkollegen, prägte mir jeden Redetrick ein und hab deren Gesti …, die Gestiko …, also die Körpersprache intensiv studiert. Ich staunte nich schlecht. Die Pastoren waren wirklich echte Profis. Na ja, die Kerle hatten dat ja auch jahrelang richtig studiert und auffe Kirchenseminare eingebläut gekriegt. Dat waren hervorragende Schauspieler. Wat sach ich, Schauspieler? Dat waren Staatsschauspieler in Sultaninen.
Gekonnt hoben und senkten die Brüder ihre Stimme, redeten ma leise, dann weckten se mit lauter Stimme die Trauergäste und zogen se wieder in ihren Bann.

Tolle Sing-Sang-Solos schmetterten manche Popen mit ihren aufgedonnerten Amtstrachten, schmissen die Arme dramatisch inne Luft, bekreuzigten sich murmelnd und haben ihr ausgekochtet rituellet Gedöns mit die Messdiener, Weihrauchkanister und Weihwasserbottiche zelebriert.
Einmal war ich von som Redetrick mit akrobatischer Einlage so begeistert, dat ich spontan geklatscht hab. Ehrlich, die meisten frommen Brüder taten mir aber leid. Die mussten sich streng an ihre Vorgaben aus Rom halten, wat ja ne gute Rede kaputtmachen tat und die Trauergäste zum Gähnen brachte.

Spionage war aber noch längst nich allet. Inne Bahnhofspfandleihe kaufte ich n gebrauchtet Tonbandgerät, nahm damit meine vorbereiteten Reden auf und hörte sie dann mit Berta ab. Sie war meine beste und objektivste Kritikerin. Berta bemerkte, dat meine Reden von Monat zu Monat besser wurden. Ja, Sie lesen richtig, sie lobte mich, wenn auch nur sehr verhalten.
So wat tat mir gut und spornte mich noch mehr an.
Einen mannshohen Spiegel erstand ich auffem Trödel für ganz Kleinet und stellte dat riesige Dingen in unser kleinet Flürken.
Hier übte ich jeden Abend ähnliche Verrenkungen, wie dat einem Chaplin ähnlichen Typen zum Tausendjährigen Reich verholfen hatte. Keine Sorge – so weit wollte ich dat nich bringen.
Einmal im Monat annoncierte ich im Sonntagsblättchen:
„Willi Püttmann, freier Grabredner – Spezialist für schwierige Fälle.“
Ich kann Ihnen wat sagen, jetz ging erst ma richtig die Post ab. Anrufe über Anrufe. Nie hätte ich geglaubt, dat et so viele schwierige Fälle beim Ableben geben könnte. Ich raste von einem Termin zum anderen. Berta begleitete mich mit Block und Bleistift und war für mich sonne Art Privatsekretärin.

Durch dat gute Essen wurde mein Ranzen leicht rundlich, und Berta meinte, ich müsste dringend ma wat für meine Gesundheit tun, Leibesertüchtigung oder so wat in der Art. „Willi, dir faulen die Beine ab“, sachte se, „du schrumpfst. Du musst dich mehr bewegen, du hass schon keine Muckis mehr am Hintern.“
Ich befolgte ihren Rat und latschte nach jeder Grabrede noch zweimal übern Friedhof. Dabei kuckte ich nebenbei auf ausgefallene Grabinschriften, wat mich wiederum inspiritieren tat.

Ich war gerade ma zehn Minuten zu Hause, saß auffem Klo und las gemütlich die Zeitung, da ging schon wieder die verdammte Türklingel.
„Bertaaa, mach ma auf!“
Vom Pott kannze allet schön mitkriegen. Ich hörte ne weibliche Stimme:
„Guten Morgen, sind Sie die Sekretärin von Herrn Püttmann?“
„Nee, nich nur dat, ich bin auch seine Ehegattin, Putzfrau, Köchin, Waschfrau und Erzieherin seiner Blagen. Bitte nehmen Sie hier inne Küche Platz, mein Mann iss noch in einer dringenden Sitzung. Er müsste aber jeden Moment erscheinen.“
Nach drei Minuten trat ich mit gewichtiger Miene in unsere bescheidene Küche.
Junge, da saß ja n piekfeinet Fräuken. Die war so um die fünfzig, aber noch prima in Schuss. Die trug n elegantet grauet Kostüm und hatte n abscheulichen Strohhut mit schwattem Schleier auffem Kopp.
Ich stellte mich vor und fragte nach ihrem Anliegen. „Ich bin Baronin Konstanze von Strunz und Sorgenicht aus Herne-Süd. Sie kennen sicherlich meinen Namen von der ganzseitigen Traueranzeige,
Baron Ferdinand …“
„Nee“, log ich, „nie gehört. Wat iss passiert?“, fragte ich heuchelnd. „Kann ich irgendwie helfen, Frau von Strunz? Dat iss doch Ihre Anrede?“
„Nein, das ist nicht korrekt, Herr Püttmann. ‚Baronin’, bitte schön.“

„Wieso dat denn, ich hab ma gehört, die Rechte vonne Geburt wärn nachem Ersten Weltkrieg abgeschafft worden.“
„Nein, Herr Püttmann, wir legen in unseren Kreisen höchsten Wert auf diese Anrede. Nun zur Sache. Sie wurden mir vom Beerdigungsinstitut ‚Graf von Einsarg’ in Castrop-Rauxel empfohlen. Sie wissen schon …, wie soll ich sagen, es ist mir peinlich, ich meine …, mein Mann war kein Freund der Kirche. Jetzt will kein Geistlicher an seinem Grab reden.“
„Liebe Baronin, iss denn bei Ihrem tollen Stammbaum kein Mensch inne Lage, für Ihren lieben Mann ein paar Worte am Grab zu sprechen?“
„Herr Püttmann, es ist kein Grab, es ist natürlich eine Gruft. In unserer Familie gibt es leider Personen, die imstande wären, über meinen geliebten Ferdinand Dinge zu sagen, die seinem edlen Charakter und
seinem Leben nicht gerecht würden. Diese Herrschaften würden die wundervollen Seiten meines Mannes nicht gebührend würdigen, wie soll ich sagen …, vielleicht sein Andenken sogar in den Schmutz ziehen.
Ich brauche Sie als neutralen Grabredner. Bitte, Herr Püttmann, schlagen Sie meinen Wunsch nicht ab. Ich zahle selbstverständlich doppeltes Predigerhonorar. Sie können die Rede auch ein wenig in Ihre Worte kleiden, sonst aber halten Sie sich bitte streng an meine Textvorgabe.“
Berta trat mir unterm Tisch vor dat Schienbein. Dat hieß: „Sach endlich zu und frag nach der Knete.“
„Gut, Baronin, iss gebongt. Reichen Se mir bitte ma Ihr vorbereitetet Konzept.“
Ich überflog den Zettel.
„Gut, steht allet drauf. Wir sehen uns am Mittwoch um zehn anne Gruft.“
Berta trat mich schon wieder.
„Ach ja, Baronin, mein Honorar pflege ich vorher zu kassieren. ‚Wo der Handschlag noch gilt …’ gibt et nich bei mir. Sie wissen ja selbst, wie schnell dat mit dem Hinscheiden heutzutage geht, ich kuck nich gerne inne Röhre.“
Damit hatte sie nich gerechnet. Sie knallte mir unwirsch und überhaupt nicht mehr damenhaft einhundertfünfzig DM auf den Tisch.
„Verzeihung, Baronin, hatten Se nich wat von Honorarverdoppelung erzählt?“ Sie wirkte gereizt. Mit verkniffenen Augen blickte sie mich an und rümpfte ihren gepuderten Zinken.
„Na schön“, sachte se, „hier noch n Blauer, mehr gibt’s nicht.“
Ich hab nix mehr gesacht, hab se nur son bissken scheel vonne Seite angepeilt. Die Dame stand auf und verließ uns mit knappem Gruß.
„Berta, die Alte gefällt mir nich. Ich spür, mit der iss wat faul. Ich fahr nach dem Mittagessen inne Stadtbücherei und mach mich ma über die Adelsmischpoke schlau. Vorher fahr ich zum Haus von die Herrschaften und kuck mich da son bissken um.“
Kaum hatte ich meine Karre an der prunkvollen Villa abgestellt, da stürzte ne junge Frau heulend aus dem Haus. Sie fiel mir fast inne Arme – die Arme.
Ich sprach sie freundlich an, erklärte ihr kurz mein Anliegen und stellte mich vor. Wat ein Glück! Sie war Hausdame der Familie und hatte soeben von der Baronin die Kündigung erhalten.
Ich lud Fräulein Belinda von Schaumlöffel, so hieß die junge Frau, zu nem Tässchen Kaffee in dat Café „Tratsch bei Funke“ ein.
Sie sprudelte wie ne Quelle. Ich brauchte sie überhaupt nich ausquetschen, ich konnte mir sogar den Weg inne Bücherei sparen. Junge, da hörte ich ja schaurige Sachen.
Die Frau Baronin sei ne gemeine Hure, die et mit jedem Kerl trieb. Ob Briefträger, Chauffeur oder Milchmann, dat sei der alten Hexe egal gewesen.
Diese Personengruppe sei normalerweise dem weiblichen Dienstpersonal vorbehalten, bemerkte se verbittert.
Eine Nymphomanin wäre ihre Chefin, die alte Ziege, ein cholerisches Aas, eine Säufer- und Prasserin wäre sie. Dat Personal wechsele sie ständig und drangsaliere es mit ihren Launen.
Ihren herzkranken Mann hätte sie jahrelang mit ausschweifenden Eskapaden gequält.

„Herr Püttmann, stellen Sie sich das mal vor, gestern beschimpfte diese ekelhafte Furie ihren Mann als Schlappschwanz, beschüttete ihn mit Whiskey und schlug ihm ins Gesicht. Der Herr Baron regte sich dabei so stark auf, dat sein armes Herz nich mehr mitmachte!“
Oh, ich ahnte et, die Tante war nich koscher.
„Fräulein Belinda, wat war denn der Baron fürn Mann? Erzählen Se doch ma wat von ihm.“
Ich hielt ihr ne Packung Eckstein vor die Nase. Sie angelte sich ne Zigarette und rauchte sie gierig. Ihre Hände zitterten vor Aufregung.
„Trinken Se mit mir noch nen kleinen Weinbrand zum Kaffee?“, fragte ich listig. Sie schaute mich vertrauensvoll und lieb an, ich wischte ihr die Tränen ausse Augen:
„Herr Püttmann, Sie sind so nett zu mir, das tut mir gut. Bitte, gerne, ein Gläschen aber nur.“
Wat soll ich lange herumreden, et wurden sieben Weinbrand, und beide hatten wir die Lampe an. Sie war ne tolle Erzählerin und kannte sich beim Adel bestens aus, klar, sie hatte ja selbst blauet Blut inne Adern.
Am nächsten Morgen brauchte ich Ruhe, nur absolute Ruhe. Ich schloss mich deshalb im Schlafzimmer ein und bereitete auffe Nachtkonsole die Grabrede für den Baron vor.

Montagmorgens hatte ich meinen Auftritt. Ich schwang mich auf mein Rad und fuhr zum Friedhof. Von weitem sah ich schon ne Schlange internationaler Luxuskarossen vor dem Friedhof stehen, mit Chauffeure und so wat allet.
Ungefähr zwanzig Leute tuschelten vor der Gruft. Sagte ich Leute? Dat waren ganz feine Pinkel, so richtige Herrschaften waren dat, mit echten Nobelschnauzen. Einige Kerle trugen eingeklemmte Monokels inne Augen, und Trauerklamotten hatten die am Hintern, wie ich elegantere noch nie gesehen hatte.
Die Damen sahen nich so gut gekleidet aus. Die hatten schreckliche Hüte auffem Kopp, wie die Queen vonne Tommys, mit dunklen, durchlöcherten Schleiern dran, und trugen unmodische schwatte Mäntel. Die meisten Hutschleier passten gut zu den alten Eulengesichtern. Kränze aus aller Herren Länder lagen vor der Gruft. Von Fürsten, Grafen und Politikern. Ein besonders großer Kranz vonne Leibstandarte A. H. war dabei. Wer weiß, wat dat fürn großzügiger Verein war.
Hier sollte ich kleiner Arsch, der arbeitslose Willi Püttmann, dat Maul aufmachen? Dat Herz hing mir inne Bux.
Mir fiel auf, dat diese Trauerherrschaften kein einziget Wort mit der Baronin sprachen. Sie begrüßten die Frau nich ma, sie würdigten sie mit keinem Blick.
Frau Baronin stand isoliert auffe Treppe zur Gruft, allerdings trotzig und mit erhobenem Haupt.
Ich fragte: „Baronin, wo steckt denn der Baron?“
Sie grinste teuflisch und zischte: „Der iss schon inne Gruft gestiegen, für immer!“
Nee, so wat Pietätloses. Die Olle machte mich wütend. Wat glaubte dat Weib denn, wer se war!
Ich fragte sie: „Kann et bald losgehn? Ich hab noch nen Anschlusstermin.“
Sie nickte.
Ich stellte mich direkt neben sie, räusperte mich laut, grüßte mit leicht gelüfteten Schappo inne Runde und bat um ein offenet Ohr.
„Herrschaften, bitte kommen Se doch n bissken näher, damit ich nicht so laut sprechen muss.“ Ich hörte da unten französische und englische Wortfetzen.
Gut, dachte ich, die Brüder verstehen mich sowieso nich, da kannze ruhig ma Blödsinn reden.

„Glück auf!“, begann ich, „schönet Wetter heute, dat passt leider überhaupt nich zu diesem traurigen Anlass. Ich begrüße euch alle ganz herzlich, besonders den internationalen Hochadel im schönen grünen Herne, im Herzen vom Ruhrpott.
Ich soll euch vonne Baronin bestellen, dat sie heute keinen von euch wegen ihrer tiefen Trauer sprechen möchte. Et möge auch keiner wagen, den Mund aufzumachen, um für ihren lieben Ferdinand noch son paar Abschiedsworte zu sprechen. Sie dankt euch im Namen vom Baron für dat Erscheinen und lässt über mich verlauten, dat sie keine Hotelkosten für die auswärtigen Gäste übernehmen tut und die üblichen alkoholischen Exzesse nach der Trauerfeier ins Wasser fallen. Ich soll euch ganz besonders darauf hinweisen, dat der Baron nix mehr auffe Tasche hatte, als er verschied. Et gäb deshalb auch nix zu erben.“
Ich hörte aus meinem erlauchten Publikum ein Raunen: „Unerhört! Frechheit!“
Ich machte ne kleine Pause und beruhigte die aufgebrachten Trauergäste:
„Ja, liebe Festgäste, dat hab ich gehört mit der ‚unerhörten Frechheit’. Da habt ihr verdammt Recht, dat iss wirklich ne Frechheit, wat mir die Baronin hier aufgetragen hat. Ich möchte mich dafür entschuldigen.“
Wütend stieß mir meine Auftraggeberin die Ellbogen inne Seite. Mir blieb die Luft weg. Die Alte konnte mich ma. Ich sprach keuchend weiter:
„Der Baron war ein tapferer, hoch dekorierter Oberst im Zweiten Weltkrieg. Er kämpfte an allen Fronten für unser Vaterland, verlor in Russland sein rechtet Bein und war durch eine Splitterverletzung der Wirbelsäule an einen Rollstuhl gefesselt. Er war ein anständiger Mensch, n echten Mecklenburger Landadeligen. Die Russen vertrieben Baron Ferdinand und seine betagten Eltern von ihrem Rittergut. Ländereien, Forstbestände und die Heimat waren für immer verloren. Welch trauriget deutschet Schicksal.“
„Hört, hört!“, rief ein begeisterter Zuhörer. Ihm fiel dabei dat Monokel ausm Auge.
„Mit den Almosen von fast fünf Millionen DM aus der Lastenausgleichskasse der Bundesrepublik musste fortan der Baron sein armseliget Dasein fristen.
Leider sah er kaum wat von dem Geld. Sein ohnehin schweret Schicksal verschlimmerte sich, als er inne ‚Titten-Sophie-Bar’ seine Frau kennenlernte, die dort als Bartrine beschäftigt war.“
Ich erhob meine rechte Hand und zeigte wie ein zorniger Staatsanwalt mit dem Zeigefinger auf dat Luder neben mir.
„Diese Thekenschlampe machte den armen Baron sexuell hörig und zwang ihn zur Heirat. Sie wollte unbedingt Baronin und – vor allem – reich sein. Mit ihren verlotterten unehelichen Söhnen brachte sie Ferdinands Geld in internationalen Hotels, auf Luxusschiffen und Casinos durch, während der Baron zu Hause still leidend sein Unglück ertrug. Sie schlug, demütigte und betrog ihn.“
Baronin Konstanze wurde kreidebleich, verlor jede Konte …, also die Beherrschung und schrie: „Verfluchter Verräter!“, stürzte sich auf mich, trat mir gezielt zwischen die Beine und haute mir den Abschiedsstrauß Rosen über die Birne. Ich heulte auf wie ein Köter und segelte rückwärts auf die Gruftplatte. Mein Schappo flog im hohen Bogen in dat Gruftloch. Ich starrte in die keifende Fratze dieser Furie. Sie kannte kein Erbarmen, verpasste mir auch noch n Tritt inne Nieren - mir wurde schwindelig.

Nach dieser Attacke auf mein Leben verließ dieser adelige Misthaufen drohend und fluchend die Trauerstätte. Ich hörte, wie sie noch von weitem den Hochadel als eilose Eunuchen, Inzucht-Kretins und dreckiges Erbschleicherpack beleidigte.
Ein Monokelträger, son ollen Sabbergreis, half mir auf die Beine, klopfte mir anerkennend auffe Schulter und fragte: „Mein Herr, welchem Adelshaus darf ich Sie zuordnen?“
Ich überlegte kurz: „Wilhelm Püttmann v o n Zeche Shamrock, westfälischer Bergmannsadel.“
„Vortrefflich, Ihre aufrichtige, mutige Rede.“
Der Herr neben ihm stellte sich vor: Wilhelm-Maximilian Fürst von Fron und Landklau. „Formidabel gesprochen! Nehmen Sie meinen fürstlichen Dank entgegen, Ihre ritterliche Gesinnung adelt Sie.“
Son alter, zäher Knochen schlug vor mir die Hacken zusammen und grüßte zackig mit der rechten Hand am Kopp: „Kolossal, kolossal, mutig und tapfer, Drachen mit Worten geschlagen. Respekt, Respekt, mein Lieber.“
Eine hübsche junge Dame drängte sich zu mir, hob ihren Schleier und flüsterte: „Ich bin Prinzessin Camilla, ich möchte Ihnen danken. Eine verehrungswürdige Rede war das.“
Sie hauchte einen Kuss auf meine Stirn. Gerade wollte ich dat Camilla auch so richtig abschmatzen, da drehte sie doch einfach ihre Schnüss weg.
Ich hab se ganz enttäuscht angekuckt und gefragt: „War dat allet?“
„Für heute ja, Herr von Püttmann.“ Sie steckte mir ihre Visitenkarte in dat kleine Jackentäschken, oben links.
Ich besann mich wieder auf meine Aufgabe:
„Liebe Trauergäste, wir stehen endlich ohne diese ungehobelte, gewalttätige Frau hier anne Gruft. Baron Ferdinand kriegt noch n Trompetensolo geblasen. Dann iss dat Trauerspiel beendet. Glück auf, und kommt alle wieder gut auf eure Schlösser.“
Auf einen Wink von mir trat ein junger Mann auf die Grufttreppe, stemmte den linken Arm inne Hüfte, hob die Trompete an den Mund und spielte: „Ich hatt’ einen Kameraden, einen besseren findst du nicht …“
Fünf Herren salutierten, die anderen führten die rechte Hand zum Herzen. Die Damen schluchzten.
Ich verließ mit den letzten Tönen unauffällig die Trauergesellschaft, stieg unter schweren Schmerzen auf mein Fahrrad und freute mich wie ein König auf Bertakens leckeren Linseneintopf mit geräucherter Mettwurst.

Autor
Wolfgang M. A. Bessel
http://www.bessel-autor.info
 



 
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