Quynh dreht durch

Mary Cury

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Ich erwachte von Klingeln meines Weckers und hörte meine Mutter rufen: „Quynh, hopp hopp, aufstehen, Zeit fürs Frühstück!“ Ich quälte mich aus meinem Bett hervor, obwohl ich noch gerne ein wenig länger geschlafen hätte und die Verführung einfach wieder ins weiche Kissen zurückzusinken und die Augen zu schließen war enorm. Aber natürlich ging das nicht, schließlich war heute Schule und zu spät kommen zum Mathematikunterricht mit der Nessel war nicht besonders empfehlenswert, wenn ihr versteht was ich meine. Apropos Mathe, fiel mir gerade ein, bestand die unerfreuliche Möglichkeit, das wir heute eine Mathearbeit schreiben?

Dieser Gedanke war nahezu ungeheuerlich, denn ich hatte nicht eine Nanosekunde dazu verschwendet, für sie zu üben. Ich ging einfach davon, das ich unrecht hatte oder die Nessel krank war... irgendwas würde schon dazwischen kommen. Doch natürlich hatte ich gerade was dieses Thema betraf recht. „Na los, Quynh, schläfst du etwas noch? Du kommst noch zu spät zur Schule“ , rief meine Mutter erneut, „Ihr schreibt doch heute die Mathearbeit, ich habe dir dein Pausenbrot schon in den Ranzen gepackt.“

Schnell zog ich mich an, musste dabei allerdings feststellen, das mein Lieblings Shirt in der Wäsche war und Klatschnass konnte ich es ja wohl kaum anziehen. So blieb mir nichts anderes übrig als den Rot Schwarz gestreiften Winterpullover anzuziehen. Und das, obwohl es mitten im Sommer mit 40 Grad Celsius waren. Ich hätte natürlich noch das andere Shirt anziehen können, aber mein kleiner Bruder hatte dort mit Textil-stift so einen Winnie Pooh, Gonzo, Monster- irgendwas draufgekritzelt, darum hätte ich dieses Shirt nicht mal über meine Leiche angezogen. Ich putzte mir die Zähne und zog meine Sandalen an. (welche natürlich einen verdammt krassen Gegensatz zu dem Winterpullover bildeten).

Schon klingelte es an der Tür und mein Freund Zac stand da, um mich zur Schule abzuholen. „Na, hallo Quinnie“ , ich hasse diesen Spitznamen, aber er besteht darauf mich so zu nennen. „Bock auf Mathe?“ , fragte ich ihn. „Eigentlich Ja, doch , aaaaaaaaaaaah, wir schreiben heute die Arbeit, habe ich recht, nein....“ „Zac, hallo? Noch da?“ „Hilfe, Mathe, Hilfe, rette sich wer kann, die Nessel wird mich killen, wenn ich schon wieder die Arbeit verhaue, nein...Hilfe“ „Zac, es ist alles in bester Ordnung, die Welt ist noch nicht untergegangen....“ „NOCH nicht“ , unterbrach er mich, „du wirst Mathe überleben, das verspreche ich dir“ „Da wäre ich mir allerdings nicht wirklich sicher! Ein Gammastrahlenblitz könnte die Erde treffen, ein Meteorit auf uns abstürzen, eine Atombombe auf abgeworfen werden, es könnten Terroristen das Schulgebäude sprengen und...“ „Sieh es doch Positiv: falls doch die Welt untergeht, brauchst du die Mathearbeit nicht schreiben“, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Hmmm... das Stimmt allerdings!“

Wir gingen die Straße entlang, als mein Blick auf die Rathausuhr fiel: 7:59 und 49 Sekunden. „Shit, Zac, in 11 Sekunden beginnt der Unterricht! Wir müssen uns beeilen! Renn!“ Wir rannten so schnell, wir wir es noch nie in unserem Leben getan hatten und oh wunder schafften wir es die 2, 5 Kilometer entfernte Schule noch rechtzeitig zu erreichen (mich beschlich allerdings der Verdacht das die Rathausuhr falsch ging) und gerade als es klingelte den Schulhof betraten. „Schneller!“, rief ich Zack zu und wir sprinteten gemeinsam auf das Schulgebäude zu. Da, die Tür, los, los spornte ich mich in Gedanken an. Wir haben es schon fast geschafft.

Da Stolperte Zac über seine Schnürsenkel und fiel der Länge nach hin. Ich rannte weiter, doch Zac schrie mir hinterher, ich solle doch gefälligst auf ihn warten und sagte irgendwas von Freundschaft. Also drehte ich mich und trottete zu ihm zurück. „Bin gleich fertig“, sagte er, nachdem er sich aufgerappelt hatte und damit begann, seine Schnürsenkel neu zu binden. Also wartete ich, und wartete, und wartete. Als er endlich die Senkel fertig gebunden hatte, was mehrere Stunden gedauert hat, stand er auf und im Schneckentempo gingen wir auf die Schule zu. „Zac? Wenn wir so weiter machen, kommen wir erst Morgen in der Schule an.“
Und so war es dann auch.
Wie es dazu kam, erzähle ich euch jetzt.

„Oh je, wir sind in der Wüste, wir brauchen unbedingt Wasser um zu überleben“ , sagte Zac auf einmal. Ich konnte mir denken, wieso er auf diese Idee gekommen war. Die Temperatur betrug mittlerweile 45 Grad Celsius, Tendenz: Steigend. Wahrscheinlich, so vermutete ich, hielt er das für einen schlechten Scherz. Aber nein, er hielt das alles ganz und gar für echt. So kam es, das er die nächsten paar Stunden zuerst versuchte, Wasser aus dem Teer zu gewinnen. Was ihm jedoch nicht gelang, was vermutlich damit zusammenhing, das es in Teer kein Wasser gibt.

„Ich brauche jetzt eine Pause im Schatten“ , sagte Zac nach seinem 179 Versuch, Wasser aus dem Teer zu gewinnen. Ich deutete auf den Großen Kastanienbaum, in der Mitte des Schulhofs: „Ich glaube, der spendet genügend Schatten!“ „Neee“, meinte Zac, „Das ist nur eine Fatamorgana.“
Um es mir zu beweisen lief auf den Baum zu, knallte dagegen und holte sich eine dicke Beule an der Stirn. Er fiel nicht hin, obwohl es fast so aussah, als würde er gleich hinfallen, sondern der Baum kippte um. Einfach so. Die Schulleitung hatte eigentlich gedacht, das der Baum noch einige Zeit lang auf dem Schulhof erhalten bleiben würde, aber da hatte sie sich wohl getäuscht. Das war´s dann wohl mit unserem Schattigen Plätzchen, dachte ich mir.

Doch da hatte ich auf einmal eine geniale Idee: „Zac, ich denke in der Schule ist auch Schattig und Kühl... ich denke, ich meine nur das wir auch dort hingehen könnten“ „Einverstanden“ , sagte Zac, „aber nur, wenn wir uns nicht überanstrengen, sonst bekommen wir womöglich noch einen Hitzschlag... wir sollten nicht zu schnell gehen, immerhin sind es noch 4 Meter bis zum Schulgebäude.“ „Okay, verstehe, Schneckentempo also“

So bewegten wir uns langsam vorwärts. Sehr langsam... Allerdings fiel uns das erst auf, als uns eine Schnecke überholte. „Hej, du da Schnecke, hier darf man die Geschwindigkeitsgrenze nicht überschreiten“ , rief Zac ihr zu. „Was fällt euch eigentlich ein ihr Lausebengel, einen Opa so zu beschimpfen!“ , meckerte die Schnecke, „ich übe gerade für die SchneckenOlympiade für Senioren, also wirklich... die Jugend von heute!“ und düste mit diesen Worten davon. „Hmmm...“ , ich zuckte mit den Schultern. Kurze Zeit Später kamen einige Ameisen an uns vorbei, eine fragte mich: „Wo ist die Gaunerschnecke? Habt ihr sie gesehen?“ „Sie ist da lang“ , ich deutete in die Richtung, in welche die Schnecke hinge düst war. „Gut... nehmt euch in acht vor ihr, sie ist tückisch“ , sagte eine der Ameisen zu uns und sie verschwanden in Richtung der Schnecke.

Vielleicht wundert ihr euch, weshalb ich es nicht seltsam fand, das Schnecken und Ameisen Sprechen konnten, aber an diesem Tag konnte mich wahr nichts mehr verwundern. Da hörten wir ein „Neeeein, bitte verschont mich, ihr lieben Ameisen... nur dieses eine Mal! AAAAAAHHHHHH!“ Plötzlich flog die Schnecke von vorhin durch die Luft und landete auf dem Dach des Schulgebäudes. Okay... seit diesem Tag hatte ich Angst vor Ameisen.
 



 
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