Romananfang: Der Wandler

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Tungdil

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Es war eine warme Nacht. Die Sterne funkelten in der Dunkelheit und der Mond war voller Pracht.
Vollmond. Diese Nächte mochte Trelao überaus gerne. So konnte er seine Heimat von der schönsten Seite betrachten.
Er saß auf einem Felsen, der an einem steilen Hang lag und sah über das Tal, welches sich vor ihm ausbreitete.
Seine Heimat nannte man Fre’handor. Was in der Sprache der Menschen Friedensland hieß.
Menschen. Er verachtete sie nicht, konnte sie dennoch nicht leiden. Er wusste keinen Grund darauf, weil er noch nie einen Menschen gesehen hatte.
Er blickte nach Westen, dort wo das Reich der Menschen war und seufzte.
Warum bin ich noch nie auf die Idee gekommen, meine kleine Welt zu verlassen?
Er war 63 Jahre alt und dennoch in seiner Familie der jüngste.
Anders wie bei den Menschen, hatte er noch nicht das meiste seines Lebens gelebt. Er stand förmlich noch am Anfang seines Lebens.
Sein Vater starb vor drei Wintern an einer schweren Grippe. Er war 183 Jahre alt geworden.
Wieder seufzte er und blickte über sein Heimat-Tal: Fre’handor.
Ein breiter Fluss, der Pert, floss durch das Tal und teilte sein Heim in einer Nord und einer Südhälfte.
Der Norden des Tals war voller Wälder und gut geeignet für die Jagd. Der Süden war etwas felsiger und war der Vorläufer zu einem Gebirge und einem Hang, an dessen Rand ein Felsen lag, auf dem Trelao hockte.
Genüsslich sog er die Nachtluft ein. Sie war ein wenig kühler geworden. Dankbar lächelte er. Der Tag war nicht leicht gewesen. Die Hitze hatte seine Freunde, seine Familie und ihn selber in die Hütten getrieben, weil es dort ein wenig kühler war.
Trelao stand auf und sah sich um. Er fand, er war alt genug, die große Welt zu sehen. Diesen Entschluss faste er ganz spontan und ballte sogar die Hände zu Fäusten, weil er wusste, dass seine Mutter ganz und gar nicht von ihm begeistert sein würde.
„Da ist einer“, drang an sein Ohr.
Trelao erschrak und drehte sich um. Er konnte sich nicht bewegen und starrte die drei Männer an, die sich ihm entgegen gestellt hatten. Trelao wustte aus Erzählungen seiner Mutter, dass es sich um Menschen handelte. Leider sah man ihnen an, dass sie nicht sonderlich freundlich waren.
„Einen schönen Abend wünsche ich euch“, sagte Trelao und kämpfte seine Angst hinunter.
Die drei Männer lachten kalt und der mittlere kam einen Schritt näher und musterte Treloa von Kopf bis Fuß.
„Seht ihn euch an. Seht ihn euch genau an“, sagte der Mann.
Er war groß gewachsen, hatte breite Schultern und Trelao erkannte trotz der Dunkelheit ein Schwert an der Hüfte des Mannes. Ein kurzer Blick zu den anderen beiden enthüllte seine schlimmsten Befürchtungen. Auch sie waren bewaffnet.
Die anderen Männer beobachteten ihn ebenfalls. Trelao überlegte, ob sie ihn beobachten sollten, um andere seines Volkes zu erkennen.
Obwohl die Relari den Menschen ähnlich sahen, unterschieden sie sich in einigen Merkmalen.
Ihre Augen waren immer von einem dunklen Rot und ihre Haut war ein wenig gelblich, dass es bald schon krank aussah.
Auch trug Trelao die typische Kleidung eines Relari. Eine braune Hose und ein dunkelgrünes Hemd. Darüber eine grünbraune Weste aus feinem Rehleder. So sah ein Relari aus. So würden die Männer ihn sehen.
„Was wollt ihr?“, fragte Trelao ernst.
Der mittlere Mann, der anscheinend den Anführer spielte, lächelte.
„Ich bin Soltan. Und wir sind auf der Suche nach unschönen Kreaturen, wie euch, Wandler.“
Wandler. Ein Stich durchzog sein Herz. Niemand nannte sein Volk Wandler. Es war eine Beleidigung.
„Nennt ihr jeden, der hier sitzt einen Wandler?“, fragte Trelao und aus Furcht wurde Wut. „Wenn ihr die Güte hättet, es sind Relari, über die wir sprechen.“
„Gut, Relari“, sagte Soltan. „Wir wissen, dass du ein Wandler bist und jetzt wollen wir ein wenig mit dir spielen.“
Die beiden anderen Männer lachten dreckig und zogen langsam ihre Schwerter.
Trelaos Augen weiteten sich. Was haben die vor, fragte er sich, aber er wusste die Antwort bereits.
„Ich habe kein Geld“, sagte Trelao, weil ihm nichts Besseres einfiel.
„Wir wollen auch kein Geld“, sagte Soltan und kam ganz dicht zu ihm heran. „Wir wissen um eure Natur. Es ist unnormal, dass sich ein Wesen in ein anderes verwandeln kann und wir sind hier, dafür zu sorgen, dass es endlich aufhört.“
Was? Das kann nicht sein? Sie wollen mich töten.
„Ich habe euch nichts zu Leide getan…“
„Oh doch“, sagte Soltan scharf. „Die Wandler sind schuld an allem. Sie streifen umher und geben sich als Tiere, oder Menschen aus und beschmutzen das Blut derer, der ihnen vertraut.“
„Ich weiß nicht, wovon ihr redet“, sagte Trelao, aber der Anführer ging gar nicht auf die Frage ein.
Dieser packte ihm an den Kragen und zog ihn sich ganz nahe an sein Gesicht.
„Leute wie ihr, die den Drang in die Stadt nicht widerstehen konnten und sich mit den Frauen amüsieren und meinten, daraus würden Kinder werden. Wie ihr euch doch irrt.“
„Was?“, fragte Trelao fassungslos. „Die Relari meiden die Menschen. Wir wollen mit euch nichts zu tun haben.“
„Außer die Verstoßenen“, sagte Soltan. „Meine eigene Frau hat mich hintergangen und sich mit einem von euch vergnügt. Das Kind, was sie gebar, war nicht menschlich. Es war beharrt und hatte ein Gebiss wie ein Wolf.
Ich weiß was ihr anrichtet. Es ist an der Zeit, dass wir, die vom König keine Hilfe bekommen, endlich etwas unternehmen. Wir werden an euch ein Exempel statuieren.“
Langsam löste sich der Druck an seinem Hals und Trelao stolperte ein Stück zurück, so das er beinahe vom Felsen rutschte.
„Ich habe euch nichts zu Leide getan“, versuchte Trelao sich zu rechtfertigen.
„Falsch“, schrie Soltan, riss sein Schwert aus der Scheide, streckte seinen Arm, so als wolle er den Wandler aufspießen.
Wenige Fingerbreit vor dem Hals blieb die Spitze stehen. Trelao war starr vor Angst und sah in die hasserfüllten Augen des Mannes.
„Ihr seid schuld, dass so etwas passiert. Ihr seid wie Tiere. Wahrscheinlich paart ihr euch auch mit Tieren.“
Hass untermalte die Stimme des Mannes und Trelao schauderte. Was sollte er jetzt tun? Es gab kein entkommen.
Trelao sah dem Mann weiterhin in die Augen, als er plötzlich verschwand.
Nein, dachte Trelao, als er erkannte, dass sich gerade eine Wolke vor dem Vollmond schob. Das war die einzige Gelegenheit, die sich ihm bieten würde.
Trelao schloss seine Augen und griff nach einem Teil seines Geistes, den sein Volk so sehr mit den anderen unterschied.
Im nächsten Moment spürte er, wie seine Arme und Beine von der Macht durchflutet wurden, die in ihm schlummerte. Er öffnete die Augen wieder. Der Mond war noch immer verschwunden und die Klinge zeigte noch immer auf seinen ungeschützten Hals.
Nun griff Trelao an.
Sein rechter Arm schoss nach vorne, es sah aus, als würde der Arm flüssig und zog sich immer weiter in die Länge, bis Trelao mit der Faust dem Anderen auf die Brust schlug.
Soltan torkelte zurück und ließ sein Schwert fallen. Die anderen beiden reagierten im ersten Moment nicht, zogen dann aber auch ihre Schwerter.
Dafür hatte Trelao keine Zeit. Er drehte sich um und sprang von dem kleinen Felsen und rannte den Hang hinab.
Er kam fast zum Stolpern, aber er hielt nicht inne.
„Ihm nach“, hörte Trelao den Anführer schreien.
Trelao rannte und rannte, aber das Johlen und das Geschrei hinter ihm wurde nicht leiser sondern lauter.
Ich muss schneller sein, dachte Trelao und seine Lunge schmerzte bereits.
Da kam ihn die rettende Idee und er breitete seine Arme auseinander.
Trelao spürte wie die Macht durch seinen Körper schoß. Seine Füße veränderten sich und auch seine Arme, aus denen schon bald Flügel wuchsen. Sein ganzer Körper schrumpfte in sich zusammen und seine Augen wurden immer schärfer. Selbst die Kleidung verschwand in seinem Körper, denn auch sie war Teil von ihm.
Nach wenigen Momenten sprang Trelao in die Luft, schlug mit seinen Flügeln und erhob sich in den Himmel.
Hinter ihm hörte er noch, wie die Männer fluchten und wütend dem Adler nachsahen.
Das war knapp, dachte Trelao und flog in Richtung seiner Heimat. Er wollte einfach nur noch wieder da Heim sein, bei seiner Mutter. Der Plan, die Menschen zu besuchen hatte er sich mit der Ankunft der drei Männer sofort aus den Kopf geschlagen.
Lieber ein ruhiges gefahrloses Leben, als eines, in dem man Kopf und Kragen riskiert.
Er landete, kurz bevor er Fre’handor erreichte und verwandelte seinen Körper wieder zurück.
Schwer atmend entschloss er sich zu einer Rast.
Die Relari waren zwar in der Lage, ihren Körper zu verwandeln, aber je häufiger sie dies taten, umso schwieriger wurde es.
Trelao würde sich an diesem Tag sich nicht mehr verwandeln, um seine Kräfte zu schonen. Es war gefährlich eine Verwandlung zu versuchen, wenn man am Ende seiner Kräfte war. Schlimmstenfalls konnte es passieren, dass Organe sich nicht so verwandelten, wie vorgesehen, was zum Tode führen konnte.
Als Trelao sich ausgeruht hatte, tauchte der Mond wieder hinter den Wolken auf und Trelao musste lächeln.
Zufrieden betrat er Fre’handor und sein Blick richtete sich auf dem Platz, wo große Ankündigungen gemacht wurden. Eine große Schar von Relari hatte sich versammelt und hörte jemanden zu, der auf einem Podest stand. Rundherum standen Fackeln und beleuchteten den Platz.
Trelao trat näher. Es war sehr ungewöhnlich, dass Bekanntmachungen mitten in der Nacht mitgeteilt wurden. Deswegen beschloss Trelao sich anzuhören, was der Mann da sagte.
„…und der König hat mir berichtet, dass die Stärke des Feindes überaus groß ist. Er zweifelt nicht daran, dass sie stark genug sind, uns Schaden zuzufügen.“
Gemurmel machte sich breit und Trelao verstand nicht, was der Mann noch alles sagte.
Dann löste sich die Gruppe plötzlich auf und alle strömten in verschiedene Richtungen, ohne das Trelao wusste, was passiert war.
„Mutter“, rief er und hoffte sie zu finden.
„Da bist du ja“, sagte eine ältere Frau, die in Menschenjahren einer etwa dreißigjährigen entsprach.
Trelao trat an sie heran.
„Was ist passiert? Was hat der Mann berichtet?“, fragte er ungeduldig.
„Bist du gerade erst gekommen?“, fragte seine Mutter verwirrt. „Wo warst du?“
„Was ist passiert?“, fragte Trelao mit Nachdruck.
„Das war Botschafter Dreeja. Er wurde heute Morgen von einer Eskorte der Menschen abgeholt und kam gerade wieder zurück.“
„Und was sagt er?“, fragte Trelao und befürchtete schon, dass sich einige Menschen wie Soltan gefunden hatten und nun einen Krieg anzetteln wollten.
„Die Menschen werden angegriffen und wünschen unsere Hilfe“, sagte seine Mutter, dann wurde sie sehr ernst. „Trelao. Die Menschen werden von den Trollen angegriffen.“
Trelao fiel die Kinnlade herunter und blickte nach Südwesten.
Trolle, dachte er schaudernd. Sie werden die Menschen einfach niedertrampeln und uns dann gleich mit.
 

angela

Mitglied
die Story gefällt mir gut
vielleicht solltest du die Satzanfänge etwas mehr variieren, z.B. nicht so häufig 'Er' verwenden, aber sonst macht es mich neugierig, mehr davon zu lesen
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
zu

erst einmal herzlich wilkommen auf der lupe.
wenn deine spannende geschichte ein mehrteiler wird, bitte die regeln beachten. also hier einen klappentext einstellen und die fortsetzungen verlinken.
lg
 



 
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