Rotlichtaffäre

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Rotlichtaffäre

Alfred war in Eile! Diese verdammten Ampeln! Die nächste Verkehrsbremse schaltete von Grün auf Gelb – hier würde er noch durchkommen.
Aber es passierte doch. Zum Anhalten war es zu spät.
Alfred hatte ein mulmiges Gefühl. Innerlich noch mit seiner Fehlleistung beschäftigt, merkte er sehr spät, dass er auf die rechte Spur wechseln musste, um zu ALDI zu gelangen. Doch es gab noch etwas Spielraum für das windige Fahrmanöver.
Kaum war er ausgestiegen, als sich lautstark eine Dame bemerkbar machte, die sich bei dem Spurwechsel „abgeklemmt“ gefühlt hatte. Schlimmer aber: Sie hatte mitbekommen, dass er bei Rot über die Kreuzung gefahren war. Den Gedanken an einen Bestechungsversuch verwarf er sofort. Das war erst recht gefährlich. Nachdem die Frau ihrem Unmut wortreich Luft gemacht hatte, verschwand sie in der Markthalle.
Sicher hatte sie sich sein Autokennzeichen gemerkt! Als er nach Erledigung seines Einkaufs aus der Halle trat, sah er die Frau aus einiger Entfernung wieder. War sie nochmals bei seinem auf dem Präsentierteller stehenden Wagen gewesen?
Frauen können recht bösartig sein, besonders dann, wenn sie möglicherweise – und vielleicht aus ganz anderen Gründen – schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht haben. Sein Vergehen, ein willkommener Anlass, um einem Kerl eins auszuwischen. Andererseits tröstete er sich mit dem Sprichwort, dem zufolge bellende Hunde nicht zu beißen pflegen. Trotzdem war ihm gar nicht wohl.

Die nächsten Tage waren ausgesprochen ungemütlich. Ständig erwartete Alfred die Mitteilung, dass er 200 € Bußgeld zu zahlen und sich vier Wochen lang von seinem Führerschein zu trennen habe (verbunden mit dem Hinweis auf 4 Punkte in der Flensburger Sünderkartei). Am meisten fürchtete er die bissigen Kommentare von Frieda, seiner Angetrauten.

Nach sechs Wochen begann Alfred, Hoffnung zu schöpfen. Gottes Mühlen mahlen zwar langsam, aber so langsam? Wohl kaum.
Allmählich entwickelte er mildere Gefühle für die Dame vom Parkplatz, die sich schließlich in Dankbarkeit verwandelten. Wenn er sie noch einmal träfe, würde er sich erkenntlich zeigen. ALDI–Kunden sind Stammkunden. Sie sollte sich aus dem reichhaltigen Angebot aussuchen, wonach ihr Herz begehrte. Dennoch war Vorsicht geboten. An einem Tag, an dem Fernseher vertrieben wurden, sollte er sie besser nicht ansprechen. Aber für eine Flasche guten kalifornischen Rotwein oder eine Packung „Edle Herzkirschen“ wäre sie sicher empfänglich. Alfred freute sich schon fast auf die Wiederbegegnung .

Es wurde nichts draus. Die Hiobsbotschaft kam – nach weiteren sechs Wochen. Frauen sind doch bösartig.
 
I

Inky

Gast
Hallo, Eberhard - danke, daß Du mich aufgeklärt hast,was es mit der "Rotlichtaffäre" der Frau Wulff auf sich hat. Ich hätte nicht gedacht, daß die bei ALDI einkauft.
Mir hat die Geschichte gefallen und ich verstehe, daß Du Herr Jauch bist, der hier unter dem Nick "Eberhard" die wahren Hintergründe veröffentlicht.
Der letzte Satz ist verständlich, aber gemein.
Ich bin auch eine Frau - und benutze im Winter auch regelmäßig Rotlicht.
Daraus muß man ja nicht gleich eine Affäre machen...
 
Hallo Inky!
Danke, hat mir gut getan.
Ich beneide Dich um Deine Phantasie - und überhaupt um die Leichtgkeit Deiner Schreibe.
Die meisten Deiner Werke habe ich schon studiert. Demnächst mehr.
Gruß
Eberhard
 
E

eisblume

Gast
Hallo Eberhard,

mir hat deine Geschichte auch gefallen und ja, (manche) Frauen können durchaus bösartig sein ;)

Womit ich aber ein Problem habe, ist der Anfang.

Alfred war in Eile! Diese verdammten Ampeln! Die nächste Verkehrsbremse schaltete von Grün auf Gelb – hier würde er noch durchkommen.
Aber es passierte doch. Zum Anhalten war es zu spät.
Alfred hatte ein mulmiges Gefühl. Innerlich noch mit seiner Fehlleistung beschäftigt, merkte er sehr spät, dass er auf die rechte Spur wechseln musste, um zu ALDI zu gelangen. Doch es gab noch etwas Spielraum für das windige Fahrmanöver.
Das empfinde ich als recht schwerfällig und auch ungenau formuliert.
Was passierte doch? Dass er innerhalb der Gelbphase nicht mehr über die Ampel kam? Das ist als solches schon erkennbar, aber die Formulierung „Aber es passierte doch“ finde ich unpassend, das könnte man schon präzisieren.

Auch der Satz
Doch es gab noch etwas Spielraum für das windige Fahrmanöver.
sagt so gut wie nichts aus. Was spräche dagegen, das „windige Fahrmanöver“ näher zu beschreiben? Würde sich doch anbieten. Vor allem würde dann gleich zu Beginn das Kopfkino entsprechend bedient.

Insgesamt habe ich das aber gern gelesen.

Lieben Gruß
eisblume
 
U

USch

Gast
Hallo Eberhard,
schön geschriebene Geschichte! Unwahrscheinlich ist aber, dass die Frau durchkommt ohne Zeugen. Kann ja jeder behaupten, was er so will.
LG Uwe
 
Rotlichtaffäre

Alfred war in Eile! Diese verdammten Ampeln! Die nächste Verkehrsbremse schaltete von Grün auf Gelb – hier würde er noch durchkommen. Irrtum. Zum Anhalten war es zu spät.
Alfred hatte ein mulmiges Gefühl. Innerlich noch mit seiner Fehlleistung beschäftigt, merkte er praktisch in letzter Sekunde, dass er auf die rechte Spur wechseln musste, um zu ALDI zu gelangen.
Kaum war er ausgestiegen, als sich lautstark eine Dame bemerkbar machte, die sich bei dem Spurwechsel „abgeklemmt“ gefühlt hatte. Schlimmer aber: Sie hatte mitbekommen, dass er bei Rot über die Kreuzung gefahren war. Den Gedanken an einen Bestechungsversuch verwarf er sofort. Das war erst recht gefährlich. Nachdem die Frau ihrem Unmut wortreich Luft gemacht hatte, verschwand sie in der Markthalle.
Sicher hatte sie sich sein Autokennzeichen gemerkt! Als er nach Erledigung seines Einkaufs aus der Halle trat, sah er die Frau aus einiger Entfernung wieder. War sie nochmals bei seinem auf dem Präsentierteller stehenden Wagen gewesen?
Frauen können recht bösartig sein, besonders dann, wenn sie möglicherweise – und vielleicht aus ganz anderen Gründen – schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht haben. Sein Vergehen, ein willkommener Anlass, um einem Kerl eins auszuwischen. Andererseits tröstete er sich mit dem Sprichwort, dem zufolge bellende Hunde nicht zu beißen pflegen. Trotzdem war ihm gar nicht wohl.

Die nächsten Tage waren ausgesprochen ungemütlich. Ständig erwartete Alfred die Mitteilung, dass er 200 € Bußgeld zu zahlen und sich vier Wochen lang von seinem Führerschein zu trennen habe (verbunden mit dem Hinweis auf 4 Punkte in der Flensburger Sünderkartei). Am meisten fürchtete er die bissigen Kommentare von Frieda, seiner Angetrauten.

Nach sechs Wochen begann Alfred, Hoffnung zu schöpfen. Gottes Mühlen mahlen zwar langsam, aber so langsam? Wohl kaum.
Allmählich entwickelte er mildere Gefühle für die Dame vom Parkplatz, die sich schließlich in Dankbarkeit verwandelten. Wenn er sie noch einmal träfe, würde er sich erkenntlich zeigen. ALDI–Kunden sind Stammkunden. Sie sollte sich aus dem reichhaltigen Angebot aussuchen, wonach ihr Herz begehrte. Dennoch war Vorsicht geboten. An einem Tag, an dem Fernseher vertrieben wurden, sollte er sie besser nicht ansprechen. Aber für eine Flasche guten kalifornischen Rotwein oder eine Packung „Edle Herzkirschen“ wäre sie sicher empfänglich. Alfred freute sich schon fast auf die Wiederbegegnung .

Es wurde nichts draus. Die Hiobsbotschaft kam – nach weiteren sechs Wochen. Frauen sind doch bösartig.
 
Hallo Eisblume!
Deinem ersten Einwand habe ich entsprochen, dem zweiten noch nicht.
Nach dem Satz mit "abgeklemmt" wäre folgender Einschub denkbar:

Er hatte wohl - ziemlich konfus - abgebremst und wahrscheinlich nicht den Blinker betätigt, so dass die Frau wohl bereits zum Rechtsüberholen angesetzt hatte.

So weit die exakte Korrektur in Fahrstunden-Deutsch. Das gefällt Dir doch sicher auch nicht, zu einer unterhaltsamen Übersetzung sehe ich mich allerdings außerstande.
Jedenfalls habe ich mit der ursprünglichen ungenauen Formulierung Dein Kopfkino ganz gut in Bewegung gesetzt.
Lieben Gruß
Eberhard
 
Hallo USch!
Dein Einwand ist so vernichtend, dass ich die Geschichte eigentlich löschen könnte. Dazu ist sie mir aber zu schade.
Du verstehst mich?
Lieben Gruß
Eberhard
 
U

USch

Gast
Ja klar!!! Allein der Titel ist erhaltenswert, weil er sicher viele Leser(innen) anlockt.
LG USch
 
E

eisblume

Gast
Hallo Eberhard,

du hast Recht, diese Korrektur in Fahrstundendeutsch würde mir nicht gefallen, aber Fahrstundendeutsch hätte ich jetzt nicht erwartet, wo man das doch viel ansprechender beschreiben könnte. Aber ich bin schon lange genug aktive Verkehrsteilnehmerin, daher schaffe ich es schon, mir die Situation vorzustellen, ohne eine genaue Anweisung dazu zu haben :)

Und bitte nicht löschen!! Es ist vielleicht nicht an der Tagesordnung, dass so etwas in der Form passiert, dennoch ist es schon vorgekommen (und noch andere, äußerst kuriose Vorfälle, die man nur glaubt, wenn man es selbst erlebt hat).

Lieben Gruß
eisblume
 
Hallo USch!

Die Macht reißerischer Überschriften habe ich bisher unterschätzt. Ich war daher diesbezüglich immer recht bescheiden.
Vielleicht kannst Du Dich mal mit meinen unscheinbaren Überschriften "Zeitvertreib" (in Kurzprosa) oder "Besuch aus England" (in Fantasy und Märchen) anfreunden. Wenn Du mal nichts Besseres zu tun hast ...
Lieben Gruß
Eberhard
 
U

USch

Gast
Hallo Eberhard,

Vielleicht kannst Du Dich mal mit meinen unscheinbaren Überschriften "Zeitvertreib" (in Kurzprosa)
[blue].Vielleicht <Randale im Prominentenviertel>[/blue]. Das würde auch zum Text passen. Aber ich meine nicht, dass eine reisserische Überschrift generell textadäquat ist. [red]Rotlichtaffäre[/red] läßt anderes erwarten. Deine Verkehrsstory hält diese Erwartung aber nicht. Insofern kann eine hohe Aufrufquote dein Ego zwar stärken, aber den Leser enttäuschen.
So long Uwe
 



 
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