Schatten vor dem Licht.

5,00 Stern(e) 5 Bewertungen

San Martin

Mitglied
Wir sind wie Schatten vor dem Licht,
wie Worte, die ein Schläfer spricht,
ein Flüstern, das im Wind verweht,
ein Funke, der zu Nichts vergeht.

Wir sind Momente in der Zeit,
ein Zwinkern der Unendlichkeit.
Wir sind die Träume eines Blinden,
die beim Erwachen rasch entschwinden,

nur eines Sterbenden Visionen,
nur Schattenspiel und Illusionen
in flackerndem, verbrauchtem Licht.
Ich hoffe, du verstehst mich nicht.

***

Dies ist eine Umsetzung dieses Textes der englischen Metalband Anathema:

Shroud Of False

We are just a moment in time,
a blink of an eye
a dream for the blind,
visions from a dying brain...
I hope you don't understand.
 

venividivici

Mitglied
Hallo San Martin

Ich bin ja kein Fan von Reimen,denn ich finde die haben was von Situationskomik,aber dieser Text ist gelungen und er gefällt mir sehr gut,ist sogar mal flüssiger zu lesen als das original!

Grüsse T.
 

Arezoo

Mitglied
Das ist doch mal was!
Zeitlos und schön.
Der Bodensatz der eigenen Bedeutung.
Gefällt mir sehr gut.
Und, da schließe ich mich an, besser als das englische Original!

Liebe Grüße,
Arezoo
 

San Martin

Mitglied
*schnurr* :)

Arezoo mag es, es übertrifft das Original, und die Wertungsmittelung ergibt sage und schreibe 6,66. Das Leben ist schön!
 

Arezoo

Mitglied
Ich stell eine Schale mit Milch vor die Tür... *zwinker*

Gib nichts auf die Bewertungen. Was sagt das aus?
Ein wunderschönes Gedicht und schon eine '10' wert...
Ja, das Leben ist schön!
 

Rudolfus

Mitglied
Hallo San Martin, du Grypius-Seele,

die barock-amlifikatorische Auffächerung des memento mori oder der vanitas als Paraphrase auf ein englisches Lied ist Dir wundervoll gelungen. Originell und in jeder Formulierung trefflich!
Der pointiert-paradoxe Schluss fügt sich dem antithetisch gestalteten und pessimistisch geprägten Welt- bzw. Menschenbild vollkommen ein. Denn wer sich, sein Leben und alle Spielarten der Kommunikation so düster sieht, darf nicht auf Verständigung hoffen. Nur die selbstgewählte Einsamkeit ist sein Bezirk und Lebenselixier...
Du hast mit (scheinbar) leichter Hand die Bürde der Existenz beschworen und für einen Augenblick den Gravitationsdruck gemildert. So haben gereimte Verse ein Überlebensrecht noch im 21. Jahrhundert!

Grüble weiter so einfallsreich!

Rudolfus Agricola weiland Ackermann aus Westfalen...

... die niedrige Bewertung ist mir unverständlich!
 

San Martin

Mitglied
Danke für diesen eloquenten Kommentar. ;) Gryphius' etwas düsterer Ausblick und die oft pessimistischen Texte der Band Anathema haben mir schon immer mehr gegeben als leichte, beschwingte Lyrik oder Musik. Zumindest bleiben die Ersteren mir stärker im Gedächtnis.

Reime im 21. Jhd haben, so hoffe ich doch sehr, bei weitem noch nicht ausgedient.
 

Rudolfus

Mitglied
San Martin,
Du hast ernsthaft-eloquente und analytische Auseinandersetzung verdient, denn Du bist der Meister des artistisch gesetzten Wortes. Gespannt warte ich auf weitere Deiner Pegasus-Flüge in die Tiefen des Gemüts. Denk an Old Novalis - sinngemäß: Was träumen wir von Flügen ins Universum? Nach innen führt der geheimnisvolle Weg.

Gute Reise in die Abgründe barock-existenzieller Selbsterfahrung - und wenn Du dabei Zwischenrast bei einer Metal-Band oder einem unserer Dichterfürsten einlegst - sie sei Dir von Herzen vergönnt, wenn sie so erfrischend und produktiv ist wie die Pausen Deiner bisherigen Reisen.
Bitte, Wunsch, poetischer Imperativ: Weiterreisen!

Das wünscht Dir

Rudolfus, der Ackermann vom Bodensee
 
M

mirami

Gast
Hallo San Martin,

ich kann mich nur der Lobeshymne aller Vorredner anschließen. Meisterhaft! Ich bin begeistert! Mehr davon :)

LG
mirami
 



 
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