Schwarzer Vogel Zeit

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Cirias

Mitglied
SCHWARZER VOGEL ZEIT


Es ist Zeit
die schwarzen Vögel
sind in fernen Himmeln versunken
das Licht in stillen Gärten ertrunken
Gib mir deine Hand
ich will mit dir in heimliche Stunden gehen
in tiefe Wasser ohne Strand
wo die Träume aus dem Stundenglas wehen

Es ist Zeit
zieh dich aus
deinen Körper leg ich in den Schimmer der Hügel
meine Hände malen dir sternenweiße Flügel
öffne mir deine Schenkel ganz leise
spürst du, ich bin wie das ungeborene Meer
unser Geheimnis verwandelt sich auf geliebte Weise
ein meeresstiller Schatten, so geht es immer vor uns her

Es ist Zeit
noch sind wir wie träumende Schwimmer
lass uns in das Dunkel tauchen
uns wie ein Echo aneinander verbrauchen
dann nenn mir einen verborgenen Ort
ach bitte, flüster mir die Zeit in Scherben
denn die schwarzen Vögel sind schon dort
und die letzte Welle lässt uns sterben
 

Venus

Mitglied
es zieht mich hin...

...doch irgendwie hätte ich hier gerne auf die Reimform verzichtet. Teilweise sind (für mich) hier ganz wundervolle Gedanken (zwangsläufig) in ein Schemata gepresst, dessen Notwendigkeit für mich verschlossen bleibt.

Beispiel:
gehen – wehen
das „schwächelt“ im Ausdruck und nimmt dem eigentlich Gesagten seine Kraft.

So hab ich dich gelesen.
So sind deine Worte bei mir zu Hause.
Bitte, ich hoffe sehr, du verzeihst mir den Aufenthalt in deinen Gedanken –

Gabi

es ist zeit
die schwarzen vögel
sind in fernen himmeln
das licht in stillen gärten
gib mir deine hand
ich will mit dir
in heimlichen stunden tiefe
wasser ohne strand
träume aus dem stundenglas

es ist zeit
zieh dich aus
deinen körper leg ich in den
schimmer der hügel
meine hände malen dir
sternenweißes
öffne mir die schenkel
spür das ungeborene meer unser
geheimnis
geliebte weise
stiller schatten,
so geht es immer
vor uns her

es ist zeit
noch sind wir träumende
lass uns ins
dunkel wie ein echo aneinander
nenn mir verborgenes
flüster mir die zeit in scherben
die schwarzen vögel sind schon dort
und die letzte welle lässt uns
sterben
(la petite mort?)
 

presque_rien

Mitglied
Aber bitte mit Reimen!

Hallo Cirias,

Ich finde dein Gedicht wundervoll, zerbrechlich schön, magisch, unbeschreiblich sanft und doch von überwältigender Kraft. Großartig.
Im gegensatz zu Venus finde ich gerade dein Reimschema sehr gelungen. Dadurch, daß du kein Versmaß benutzst, wirken die Verse eben nicht "in eine Form gepresst", sondern zwanglos, und doch liebevoll-melancholisch aneinandergeknüpft: das unterstreicht die Aussage des Werkes auf die bestmögliche Weise. Die Leichtigkeit. Die Vergänglichkeit. Das Festhalten, und doch Wissen, dass es nicht auf Dauer ist (ich hoffe, diese Interpretation ist nicht allzu weit hergeholt).
Wenn man Dein Gedicht liest, ist es fast, als fürde man die Brandung leise rauschen hören, die Wellen...

LG

presque_rien
 
I

IKT

Gast
Verführerisch...

... sinnlich, gefühlvoll und traurig zugleich! Ich muß presque_rien Recht geben, was die Reimform betrifft. Gerade durch sie bekommt das Ganze diesen zerbrechlichen Touch. So wie Gabi es vorschlägt,ist es auch nicht schlecht, aber ich finde, es wirkt nicht ganz so weich/anschmiegsam. Mir gefällt es so, wie es ist!
LG IKT
 
S

Sandra

Gast
Hallo,

oft empfinde ich es, wie Venus beschrieben hat - dass der Reim dem Sinn nicht folgen kann, dass es reigepresst erscheint. Jedoch hier auf gar keinen Fall. Tief und doch leicht und zart. Es fließt in meinen Ohren und Worte werden zum Strom, die mich mehr und mehr in dein Gedicht ziehen. Lass es bitte so, wie es ist - nämlich wunderschön.

lg
sandra
 

Cirias

Mitglied
Liebe Venus,

du siehst- ich krieg mächtig Ärger, wenn ich den Reim herausoperiere... Ich finde deine Gedicht-Antwort aber wundervoll-whow!-könnte glatt von mir sein(zwinker). Nein, im Ernst, du hast das Gedicht mit ungeheurer Sensibilität von seinen Zwängen(?) befreit, es gefällt mir so, dass ich es mir ausgedruckt habe und als zweite Version meinen "gesammelten Werken" einfügen werde. Grundsätzlich bin ich deiner Meinung, aber das Korsett des Reims fordert mich auch und presque-rien hat ja ganz zurecht darauf hingewiesen, dass der Reim frei bleibt. Ich glaube, dass deine Version mehr poetische Kraft entfaltet, dass meine aber musikalischer ist und ihre Bilder aus dem Inneren heraus entfaltet.
Danke dir sehr, Cirias
 

Cirias

Mitglied
Hallo presque_rien,

danke für dein Lob- hat mich sehr gefreut. Deine Interpretation fand ich keineswegs weit hergeholt, sondern sehr treffend, sie ist in Venus` "la petite mort" gleichfalls gespiegelt, es ist schön, dass ich dich für eine Weile das Meer rauschen lassen hören konnte...
LG, Cirias
 

Cirias

Mitglied
Hallo Sandra, hallo IKT,
vielen Dank für euer Lob. Es war wichtig für mich, zu lesen, wie der Reim auf euch wirkt- das habt ihr sehr nachfühlbar beschrieben und ich fühle mich, zumindest was dieses gedicht betrifft, in der Form bestätigt.
Herzliche Grüße euch beiden, Cirias
 

Venus

Mitglied
Cirias,
die Kraft, die sein will, kommt immer aus dem Menschen selbst. Gelesen muss sie können sein. Gefühlt. Geahnt.
Ich verstehe, dass der menschliche Autor an der "weiteren" Anforderung wachsen will.
Es ist gut so.
Hätt' ich's nicht interpretieren wollen, hätt ich's nie kommentiert. Es ist und bleibt ein gutes. Deins.

Mit deiner Erklärung bin ich ein Stückchen weiter im Verstehen -

Recht lieben Gruß,
Gabi
 
hallo,

eine wahnsinnspoesie.die worte und die aussage lassen an mythen umd märchen denken. viele bilder tauchen auf. ich bin gänsehautüberflutet. durch die gebrochenen reimform verlirrt es beiml esen etwas.daher meine bewertung. gruß heike
 

Cirias

Mitglied
Hallo heike,
danke! Die Bilder waren beim Schreiben kaum zu bändigen, so blieb nur die gebrochene Reimform als adäquate Antwort auf den Fluss der Bilder,
Herzliche Grüße, Cirias
 

Jongleur

Mitglied
Schwarze Vögel - Schatten

Anmutig und zart - und die ganze Zeit höre ich in der Wiederholung des sanft auffordernden "Es ist Zeit" beschwörend Rilke mitschwingen. Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß, / leg Deinen Schatten auf die Sonnenuhren ...
Jongleur
 

Cirias

Mitglied
Hallo Jongleur,
danke. Rilke schätze ich sehr, deshalb darf er auch mitschwingen...und die von dir zitierte Textzeile passt gut zu meinem Gedicht.
LG, Cirias
 



 
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